Protocol of the Session on September 27, 2017

Wenn Sie und das CDU-geführte Ministerium sich darum bemüht hätten, diesen Hinweisen aus der Wissenschaft nachzugehen und den Schutzstatus einer Sonderpopulation, die nicht gesichert ist, endlich aufzuheben, hätten wir schon lange nicht mehr das Problem, dass wir die Wölfe in Sachsen nicht jagen dürfen.

Ich möchte noch etwas sagen: Das Wolfsmanagement,

(Heiterkeit bei den LINKEN)

das von Ihnen immer so gelobt wird, spricht bei uns in Sachsen von „Problemwölfen“, die man in einem Stufenmechanismus dann auch irgendwann abschießen kann. Diese Definition eines Problemwolfs ist von Grund auf falsch. Wölfe, die an Schafsherden herangehen, sind keine Problemwölfe, sie sind nicht untypisch. Der Wolf ist ein intelligentes Tier, er ist lernfähig. Er lernt, mit einer Schafsherde umzugehen, mit einem Zaun umzugehen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Das ist kein Problemwolf, es ist ein ganz normaler Wolf, der am Ende einen Schafsriss macht. Diesen ganz normalen Wolf, der zu einer großen Population gehört, müssen wir in Sachsen jagen dürfen. Da ist Ihr Ministerium mit in der Pflicht.

(Beifall bei der AfD)

Herr Heinz, Sie möchten darauf erwidern?

Ja. – Wir erleben zurzeit einen Streit zwischen Wissenschaftlern und interessierten Kreisen. Haben wir eine isolierte, eine mitteleuropäischwestpolnische Population? Dann fehlen noch viele, viele Tiere, um sie als selbstragend bezeichnen zu können. Oder haben wir eine gesamteuropäische, miteinander vernetzte, in genetischem Austausch stehende Population?

Genetiker sagen uns, wir haben das. Interessierte Kreise verneinen das. Wir bemühen uns zurzeit, die entsprechenden Nachweise zu führen. Wir hoffen, dass es irgendwann im Bundesumweltministerium akzeptiert wird. Erstens würde das uns dann bei der Bewertung des Schutzstatus neue Freiheiten geben.

Zweitens habe ich gesagt, es geht um den Wolf auf der Weide. Ich habe nicht von Problemwölfen, sondern vom Schutz des Eigentums gesprochen. Dass die Wölfe hochintelligent sind und lernen, ist unbestritten. Wenn alle Schafweiden gesichert wurden, sodass der Wolf nicht mehr hineinkommt, dann wird er feststellen, dass man es auch bei Rindern und Pferden probieren könnte. Diese Weiden werden wir nicht in dieser Form schützen können, weil die Rinder- und Pferdehalter nicht bereit sind, Weiden so zu bauen, wie die Schafhalter das tun müssen. Die Tiere sind einfach kleiner und brauchen dadurch andere Zäune.

Wir werden noch spannende Entwicklungen erleben. Wir müssen uns aber trotzdem an Recht und Gesetz halten. Ich

hoffe, dass das so schnell wie möglich im gewünschten Sinne geändert wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Das ist der Fall. Herr Staatsminister Schmidt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute über ein Thema gesprochen, welches bundesweit aktuell ist, aber nicht immer in dieser Form im Fokus der öffentlichen Diskussion steht. Deshalb halte ich es für richtig und wichtig, das in einem Parlament zu diskutieren und dadurch in die Öffentlichkeit zu bringen.

Vieles wurde schon von den Vorrednern gesagt. Verschiedene Sprüche wurden angeführt. Eines möchte ich noch hinzufügen: Ziegen und Schafe ernähren den Bauern im Schlafe – das gibt es schon lange nicht mehr. Die Zeiten sind längst vorbei. Die Population ist seit Jahren rückläufig. Somit haben sich in Deutschland in den letzten Jahren die Bestände reduziert, genauso wie EU-weit. In Sachsen sind es derzeit noch knapp 70 000 Tiere, das ist eine Halbierung seit dem Jahr 2000.

Für mich ist trotzdem der Schaf- und Ziegenhalter ein wichtiger Bestandteil unserer Landwirtschaft. Er produziert wertvolle Lebensmittel und bringt wichtige Mehrwerte, zum einem im Naturschutz und zum anderen auch bei der Deichpflege.

Wir haben umfangreiche Fördermaßnahmen im Angebot. Das möchte ich an dieser Stelle sagen. Direktzahlungen gibt es im Freistaat Sachsen zwischen 300 und 324 Euro nicht nur, aber auch für die Schaf- und Ziegenhalter. Es gibt weiterhin einen Zuschuss über die Flächenförderung der zweiten Säule. Das sind zum einen die Ausgleichszulagen. Zum anderen sind es die Agrar- und Umweltmaßnahmen. Für die speziell für die Schäfer gemachte naturschutzgerechte Hütehaltung und Beweidung mit Schafen und Ziegen gibt es beispielsweise noch einmal einen Fördersatz von 342 bis 413 Euro pro Hektar. Die Schafhalter erhalten über den Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband nach der Förderrichtlinie Tierzucht auch Zuschüsse für die Leistungsprüfung und Zuchtbuchführung. Gegenwärtig sind wir dabei, das Verfahren zu erleichtern und die Fördersätze zu erhöhen. Hinzu kommen weitere Hilfen für investive Herdenschutzmaßnahmen. Sie sind mit 80 % und anderen Investitionen mit mindestens 25 bis maximal 45 % förderfähig. Damit sind wir auch im Vergleich zu anderen Bundesländern gut aufgestellt.

Für eine wirtschaftliche und tragfähige Schafhaltung reicht es trotzdem nicht aus, weil die Schafhalter nicht in jedem Fall eigene Flächen zur Verfügung haben, über die sie Fördermöglichkeiten nutzen können. Deshalb ist dies

ein Grund der stagnierenden wirtschaftlichen Situation in spezialisierten Schafbetrieben in Sachsen.

Analysen in Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg

Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben ein durchschnittliches Ergebnis in Höhe von 18 300 Euro pro Arbeitskraft und Jahr ergeben. Dies entspricht lediglich 59 % des durchschnittlichen Niveaus aller sächsischen Landwirtschaftsbetriebe. Diese erzielen 30 900 Euro pro Arbeitskraft und Jahr. Diese geringen Ergebnisse sind eine Folge der stark gestiegenen Aufwendungen bei gleichbleibend oder zum Teil fallenden Erlösen. Die sächsischen Schafbetriebe erhielten im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre knapp 46 000 Euro pro Arbeitskraft und Jahr an Zulagen. Allein das macht deutlich, wie sehr die sächsischen Schafhalter an öffentlichen Transferleistungen hängen.

Insofern begrüße ich den vorliegenden Antrag, der im Rahmen einer öffentlichen Diskussion möglicherweise neue Lösungsansätze hervorbringt. Wir werden in Vorbereitung auf die kommende Förderperiode ebenfalls weitere Optionen prüfen. In der derzeitigen Förderperiode nutzen wir weitestgehend das aus, was möglich ist.

Mit Blick auf die Vergangenheit ist der Gedanke der Wiedereinführung einer Mutterschafprämie naheliegend. Das wurde im Plenum bereits erläutert. Der Sächsische Schaf- und Ziegenzuchtverband hat diesen Vorschlag in Abstimmung mit dem Sächsischen Landesbauernverband an uns herangetragen. Ich halte dies für ein sehr zielgerichtetes und einfaches Instrument, um die Schafhaltung in Sachsen zu unterstützen. Die Sächsische Staatsregierung steht dieser Diskussion offen gegenüber. Zu bedenken dabei ist natürlich, dass wir diese Veränderung nicht kurzfristig umsetzen können. Es kann erst in der nächsten Förderperiode der gemeinsamen Agrarpolitik, nach dem Jahr 2020, eingebunden werden. Hierfür müssen wir gemeinsam mit dem Bund und der EU mit ihren 27 Mitgliedsstaaten werben. Die Hürden dafür sind also ziemlich hoch. Trotzdem werden wir uns dafür entscheidend einsetzen.

Natürlich ist in dem Antrag nicht unmittelbar, nur über die Unterstützungsleistungen, auf das Thema Wolf Bezug genommen. Trotzdem wurde es im Plenum sehr intensiv diskutiert. Herr Urban, ich möchte es entschieden zurückweisen und klarstellen, dass der Freistaat Sachsen nicht einfach selbst entscheiden kann: einen Erlass „like Trump“ unterschreiben und daraufhin kann der Wolf in Sachsen abgeschossen werden. So ist es nun einmal nicht, auch wenn Sie sich das vielleicht wünschen würden. Herr Heinz hatte bereits darauf hingewiesen: Wir stehen auf dem Boden des Grundgesetzes. Wir befinden uns in rechtlichen Bindungen, die durch den Bund und die EU vorgegeben werden.

Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass die Wolfspopulation immer wieder neu bewertet und eingeschätzt wird und daraus abgeleitet auch andere Maßnahmen möglich sein könnten. Der Freistaat Sachsen agiert hier sehr intensiv in den Umwelt- und Agrarministerkon

ferenzen und im Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, um eine gerechte und aktuelle Einschätzung der Population der Wölfe herbeizuführen. Noch sind wir nicht so weit. Wir sind aber aktiv. Der Wolfsschutz ist uns genauso wie die Interessen der Schafhalter auch wichtig.

Wir danken für den Antrag. Wir werden in den Bemühungen nicht nachlassen. Wir sollten einfach einmal Danke sagen für die Arbeit unserer sächsischen Schaf- und Ziegenhalter. Diese ist wichtig für uns alle. Sie ist eine harte Arbeit, die man einfach einmal anerkennen sollte.

Meinen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren, das Schlusswort haben die Fraktionen CDU und SPD. Es hält für die Fraktionen Herr Heinz, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was möchten wir tun, um den Schafhaltern in Sachsen zu helfen? Notwendig ist eine stärkere Berücksichtigung im Rahmen der Agrarförderung, sodass auch extensiv genutztes Grünland und Naturschutzflächen weiterhin verstärkt als LN gewertet werden können und damit prämienberechtigt sind. Es ist notwendig, eine bessere Förderung von extensiver Weidehaltung zu unternehmen. Wir waren uns bis hin zur Einführung der Mutterschafsprämie einig. Die Deichbeweidung, die derzeit gut honoriert wird, sollte noch besser honoriert werden. Zahlungen im Vertragsnaturschutz sind an den tatsächlichen Aufwand bzw. an den Erlösausfall anzupassen.

Zu den Kosten für Herdenschutz und Entschädigungen bei Übergriffen hatte ich etwas gesagt.

Dazu gehört, die erhöhte Arbeitszeit zu vergüten. Futter- und Tierarztkosten für Hunde scheitern im Moment etwas an der De-minimus-Regelung. Aber wir sollten zumindest im kommenden Haushalt die finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen. Auch muss es möglich sein, Beutegreifer der Natur zu entnehmen, wenn sie in Nutztierbeständen eingedrungen sind. Das hatte ich schon gesagt.

Ich möchte an dieser Stelle an die Schäfer einen Dank für ihre tägliche Arbeit aussprechen, für einen schönen Beruf mitten in der Natur werben, um Nachsicht bitten, wenn die Schafe einmal über eine Straße oder einen Radweg getrieben werden, und schließe mit der Bemerkung: Schäfer – nie waren sie so wertvoll wie heute.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer der Drucksache 6/10468 seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. – Bei Stimmenthaltungen, keinen Gegenstimmen ist die Drucksache beschlossen.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Ministerpräsidenten-Versprechen erfüllen – Bundesratsinitiative zur

Einführung eines flächendeckenden Versicherungsschutzes gegen

Elementarschäden endlich auf den Weg bringen!

Drucksache 6/10012, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Fraktionen sprechen in folgender Reihenfolge: Zunächst die einbringende Fraktion DIE LINKE, danach CDU, SPD, die AfD-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Pfau. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Es wird Zeit zum Handeln. Bereits seit nunmehr 15 Jahren wird über die Notwendigkeit einer Versicherungspflicht gegen Elementarschäden bei Unwetter bzw. Extremwetterereignissen diskutiert. Das Bild der Schadensereignisse wandelt sich in zunehmendem Maße. Immer häufiger sind ganz normale Straßen, Orte und Gebäude, welche nicht in Hochwasserregionen oder bestimmten Gefahrenzonen liegen, von extremen Wetterereignissen wie Starkregen, Hagelschlag und

Schlammlawinen betroffen. Die Kraft der Natur kann innerhalb von Sekunden enorme Schäden an Wohngebäuden verursachen und damit zu finanziellen Existenznöten führen. Ebenso sind auch Gewerbe- und Industriebetriebe und kommunale Gebäude bei solchen Ereignissen von umfangreichen Schäden betroffen.

Nach Aussage von Klimaforscherinnen und Klimaforschern wird sich die Zahl der auftretenden Extremwetterereignisse in den kommenden Jahren vervielfachen.

Wir begrüßen die ungewöhnliche Allianz der Ministerpräsidenten aus Sachsen und Thüringen, sich im Bundesrat für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden stark zu machen. Aus diesem gemeinsamen Vorstoß einer linken und einer CDU-geführten Landesregierung können Sie deutlich sehen, dass für diese wichtigen Anliegen