(Zuruf von der CDU: Das ist unglaublich! – Christian Piwarz, CDU: Ihnen kann man es sowieso nicht recht machen! Sie wissen alles besser!)
Meine Damen und Herren, uns ist es deshalb sehr wichtig, allen zu danken, die genau das tun, was im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von der Staatsregierung erwartet wird: sich nämlich entschieden gegen jegliche rassistische, antisemitische und sonstige diskriminierende Hetze von Pegida und anderen zu stellen. Und liebe Petra: Das ist für mich eine Hoffnung im Vergleich zu 1991/1992.
Übergriffe von Hoyerswerda von 1991 – RostockLichtenhagen, Solingen und Mölln will ich in der Reihe auch nennen – haben sich sicherlich in das Gedächtnis der jüngeren deutschen Geschichte eingebrannt – und das zu Recht. Sie haben gezeigt, dass selbst die elementarsten Grundwerte, die wir für Konsens, für absoluten Konsens in dieser Gesellschaft halten, nicht selbstverständlich sind und dass so etwas wie ein gewaltfreies Zusammenleben, das gegenseitige Achten der körperlichen Unversehrtheit, selbst diese grundsätzlichen Werte Dinge sind, die jeden Tag neu verteidigt, neu erstritten, neu erklärt, neu vermittelt werden müssen.
Als damals junger Mensch kann ich mich an diese Fernsehbilder erinnern. Sie haben mich befremden lassen; denn das waren Bilder, die ich aus Deutschland damals so nicht kannte. Vielleicht war das auch ein Grund, warum ich zusammen mit Freunden und Bekannten zehn Jahre später, 2001, eine Aktionswoche in Hoyerswerda organisiert habe: um genau an diese Situation damals zu erinnern. Das war vor dem Einzug der NPD und bevor man anders in Sachsen über das Thema Rechtsextremismus reden konnte, und ich habe damals am eigenen Leibe mitbekommen, wie schwierig es ist, eine solch schwierige Geschichte in dieser Stadt aufzuarbeiten und das Schweigen zu durchbrechen.
Zehn Jahre später, 2011, war ich wieder in Hoyerswerda. Und ja, es hat sich etwas bewegt. Es geht in kleinen Schritten voran. Man kann über das Gewesene sprechen, man muss über das Gewesene sprechen, und genau an dieser Stelle sieht man auch, dass wir nicht mehr im Jahre 1991 leben.
Trotzdem: Als jemand, der in den Neunzigerjahren in den ländlichen Regionen Sachsens groß geworden ist, ertappe auch ich mich in den letzten Wochen immer wieder dabei, dass mich dieses mulmige Gefühl der Neunzigerjahre beschleicht. Ich selbst habe in meinem heutigen Wahlkreis mehrere Brandanschläge auf Asylsuchendeneinrichtungen gehabt.
In Leisnig zum Beispiel und auch in Döbeln. – Es ist heute so – das zeigen auch die vorgetragenen Zahlen, und es macht auch keinen Sinn, das wegzureden –, dass die gesellschaftliche Debatte zum Thema Asyl und Flüchtlinge schwieriger geworden ist. Ich glaube, wir müssen das sehr ernst nehmen, weil wir nicht dieselben Fehler wie früher machen dürfen. Wir müssen ernst nehmen, dass die Zahl der Angriffe auf Einrichtungen gestiegen ist. Wir müssen ernst nehmen, dass die Zahl der Angriffe auf Personen gestiegen ist, und auch die Kundgebungen – auch wenn sie ein demokratisches Mittel sind – geben eine Auskunft über das gesellschaftliche Klima. An dieser Stelle müssen wir Haltung zeigen. Wir dürfen nicht dieselben Fehler machen. Deshalb ist für mich die wichtigste Aussage in diesen Tagen: Das Grundrecht auf Asyl steht nicht zur Debatte.
Es gehört auch dazu, jene zu Wort kommen zu lassen, die in unserem Land leben, die wir hier willkommen heißen und die, wie ich finde, zu Recht Angst haben vor der Situation und der Art und Weise, wie wir aktuell Debatten führen. Deshalb – das ist auch ein Unterschied zu 1991 –: Ich bedanke mich bei allen Menschen, die heute in vielen hundert Initiativen in Sachsen dabei mittun, Willkommenskultur praktisch zu organisieren; das ist Willkommenskultur live.
Mit Blick auf den Antrag möchte ich darauf hinweisen, dass ich glaube, dass sich die aktuelle Situation immer wieder schnell verändert, teilweise von Woche zu Woche, teilweise von Tag zu Tag. Deshalb möchte ich die Antworten der Staatsregierung auf diesen Antrag nicht kommentieren.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir, wie ich finde, einen Schritt weiter sind, als einen Berichtsantrag zu stellen. Es ist absolut richtig, sich nicht nur im Rahmen von Verfassungsschutzarbeit, sondern auch auf einer qualitativen Ebene mit den Erscheinungsformen, mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Rassismus auseinanderzusetzen. Deshalb ist es richtig, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ab 2016 einen Sachsen-Monitor einzuführen. Damit sind wir einen Schritt weiter, wie ich finde, als es dieser Antrag ist.
Eines habe ich in den vielen Jahren, in denen ich mich engagiere, auch gelernt: dass es unterschiedliche Formen gibt, wie man seine Ablehnung von Rassismus zum Ausdruck bringt. Ich habe gelernt, dass Symbolpolitik allein nicht reicht.
Da bin ich beim zweiten Teil des Antrags: Ja, natürlich kann man sich hinter solch eine Aussage stellen, aber das reicht mir nicht. Ich möchte mehr als nur Bekenntnisse und Symbolpolitik. Auch hier, sage ich, ist es wichtig, wenn wir eine langfristige Strategie wollen – wir sind gerade dabei –, dass wir das weltoffene Sachsen aufstocken, um die Initiativenlandschaft zu unterstützen.
Wir schaffen die Extremismusklausel ab, um hier eine neue Kultur der Zusammenarbeit zu schaffen. Wir haben uns im Rahmen eines Beirats verpflichtet, in einem Dialog gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, mit der Wissenschaft eine Gesamtstrategie zu entwickeln.
Wir sind auch im Bereich der Integrationspolitik einen Schritt weiter. Dieser Koalitionsvertrag ist – zumindest im Bereich der Integrationspolitik – ein Politikwechsel, wenn man zum ersten Mal Zuwanderung als etwas Gewinnbringendes für Sachsen beschreibt – das ist richtig und dringend notwendig –, und wir unterlegen es praktisch: Wir werden Sprachkurse auf dem Niveau A2 für alle Menschen, die zu uns kommen – auch für Flüchtlinge –, ermöglichen und damit den Integrationsmotor in Gang setzen. Wir werden die Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen, indem wir die Anerkennungsfristen bei
ausländischen Schul- und Berufsabschlüssen verkürzen. Wir sind gerade im Rahmen einer Bundesratsinitiative dabei, auch die Situation für Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, und – ganz wichtig –: Wir werden durch die Förderung von Migrantenorganisationen diesen Menschen helfen, ihre Stimme zu erheben, denn das ist dringend notwendig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns springt dieser Antrag zu kurz, und deshalb werden wir gegen ihn stimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Parlaments! Als Erstes möchte ich mich bei meinen Vorrednern bedanken, weil ich im Leben nicht gedacht hätte, dass man aus solch einem Antrag so viel herausholen und so viel dazu sagen kann.
Bei der Vorbereitung dieses Redebeitrages konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass in diesem Plenum immer wieder Anträge landen, die nicht dazu gedacht sind, aus der Debatte heraus Erkenntnisse zu gewinnen, sondern dem Antragsteller als Selbstzweck dienen.
Sehr schön, vielen Dank. – Dieser Antrag der GRÜNEFraktion wurde am 05.12. in den Innenausschuss überwiesen. Die Staatsregierung, das Staatsministerium des Innern, hat am 06.01. die Fragen ausführlich beantwortet, die im Übrigen diesem Antrag als Anlage beigefügt sind. Mir stellt sich somit die Frage, was dieser Antrag hier im Plenum zu suchen hat.
Die Zeit im Plenum ist immer knapp bemessen, und dieser Antrag ist auf diese Art und Weise nichts anderes als Beschäftigungstherapie, weil alle Fragen bereits im Vorfeld beantwortet wurden.
Wenn wir gerade von Beschäftigungstherapie sprechen, muss ich feststellen, dass die Flut Kleiner Anfragen zum Teil sinnlose Verschwendung von Steuergeldern und Ressourcen ist. Offensichtlich geht es einigen Abgeordneten eher um Masse als um Klasse. Herr Richter, Sie hatten vorhin angeführt, dass es eher um Qualität statt um Quantität gehen sollte. Aber Ihre Fraktion ist der König der Anfragensteller.
Wir mögen Neulinge hier im Sächsische Landtag sein und haben gewiss noch viel zu lernen, aber wir haben dennoch bereits gute Erfahrung damit gemacht, anstelle inflationär gestellte Anfragen zu tätigen, einfach mal den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und die Fachabteilung des jeweiligen Ministeriums zu kontaktieren.
Wird von den Fraktionen weiterhin das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung. Herr Minister Ulbig, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so, dass auf der Grundlage dieses Antrages ziemlich breit diskutiert worden ist. Ich will jetzt versuchen, aus der Perspektive der Staatsregierung das eine oder andere noch einmal herauszugreifen, um nicht zu allen Dingen, aber zu einigen Positionen Stellung zu beziehen.
Als Erstes, Frau Zais, zum grundsätzlichen Antrag und zu dem, was Sie vorgetragen haben: Ich denke, in der Diskussion, die wir hier im Parlament gerade führen, und in der Diskussion, die wir derzeit in unserer Gesellschaft haben, sollten wir bezüglich der Begriffe klar unterscheiden. Wenn wir über Zuwanderung sprechen und deutlich machen, dass wir auch Fachkräfte bei uns brauchen, dann ist das richtig. Ich will an die Initiative der Sächsischen Staatsregierung der letzten Legislaturperiode erinnern, mit der wir unter dem Stichwort „Klugen Köpfen die Türen öffnen“ mit einer Bundesratsinitiative dafür gesorgt haben, dass das Recht zur Arbeitsmarktmigration deutlich verändert worden ist. Mittlerweile wird auch von der OSZE bescheinigt, dass wir eines der liberalsten Zuwanderungsrechte haben, die es gibt.
Ich will daran erinnern, dass wir aufgrund der sächsischen Initiative einen Titel zur Suche nach Arbeit haben. Dadurch wird es ermöglicht, dass man, wenn man für den eigenen Lebensunterhalt sorgen kann, für ein halbes Jahr hier in Deutschland einen Titel bekommt und sich hier nach Arbeit umschauen kann. Das ist gerade im Zusammenhang damit wichtig, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, nach Deutschland zu kommen.
Das Zweite ist das Thema, wenn es um den Schutz von Asylsuchenden, von Flüchtlingen geht. Darüber haben wir in den letzten Wochen und Monaten schon intensiv diskutiert. Christian Hartmann hat herausgestellt, dass wir bei diesem Thema die unterschiedlichen Seiten der gleichen Medaille immer im Blick behalten müssen. Das eine ist – das wird mittlerweile von fast niemandem mehr
in Zweifel gestellt –, dass diejenigen, die wirklich Schutz brauchen, diesen Schutz bei uns tatsächlich bekommen.
Sie haben über die Verwaltung gesprochen. Im Bereich des Verwaltungsvollzuges haben wir tatsächlich Defizite an unterschiedlichen Stellen, und wir müssen dafür sorgen, dass diese Verwaltungsdefizite abgebaut werden.