Protocol of the Session on January 28, 2015

Neben der Festlegung der Beitragshöhe reguliert der vorliegende Staatsvertrag zudem die Verteilung der Rundfunkbeitragsmittel auf die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten wie den MDR, das ZDF und das Deutschlandradio sowie den europäischen Kulturkanal Arte. Darüber hinaus werden die Mittel des bestehenden ARD-Finanzausgleichs zugunsten des

Saarländischen Rundfunks und von Radio Bremen erhöht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstmalig können wir heute über eine Absenkung des Rundfunkbei

trages abstimmen. Für diesen Vorschlag und für die dafür im Vorfeld geleistete Arbeit danken wir der Staatsregierung und stimmen der Vorlage heute gern zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die Linksfraktion Herr Abg. Neubert, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rundfunkstaatsverträge waren immer der Anlass von Auseinandersetzungen. Ich erinnere hier an die Anhebung der Rundfunkgebühr in der Vergangenheit, an die Neuregelung der Fernsehwerbung, zum Jugendmedienschutz oder – besonders heftig umstritten – die Einführung des neuen Beitragsmodells, welches die klassischen gerätebezogenen Rundfunkgebühren ablöste. Die Nachwirkungen des Letzteren sind bis heute zu spüren. Immer noch bekommen wir viel Post von Menschen, die sich über tatsächliche oder vermeintliche Ungerechtigkeiten dieses Systems beklagen.

Demgegenüber haben wir heute einen Vertrag vorliegen, der kaum irgendwo auf ernsthaften Widerspruch stoßen wird, jedenfalls nicht für die Dinge, die darin stehen, höchstens für die Dinge, die nicht darin stehen. Der wesentliche Inhalt des Vertrages ist die Absenkung des Rundfunkbeitrages von monatlich 17,98 Euro auf

17,50 Euro, also genau um 48 Cent. Im Wesentlichen ergibt sich dies aus dem neuen Beitragsmodell, welches das Gesamtaufkommen des Rundfunkbeitrages entsprechend erhöht hat. Im Jahr macht das stolze 5,76 Euro, um die das Budget eines Haushaltes dadurch entlastet wird. Das reicht noch nicht einmal für eine Kinokarte, vielleicht gerade einmal für eine Flasche Sekt, um auf diese sozialpolitische Großtat anzustoßen.

Weniger als 3 % Senkung sind eigentlich lächerlich, wurden aber als Symbol gebraucht. Sicher: Es wurde alles korrekt begründet und ausgeführt durch die entsprechende Empfehlung der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Selbstverständlich kann man da nur zustimmen.

Damit könnte man eigentlich aufhören, wenn es nicht Grund gäbe, über Dinge zu reden, die leider in diesem Rundfunkstaatsvertrag noch nicht stehen, deren Regelung allerdings in diesem Jahr noch ansteht. Nicht ausgeräumt sind nach wie vor die Ungerechtigkeiten, die mit der Einführung des neuen Modells verbunden waren. Ja, es besteht noch nicht einmal Konsens darüber, was alles ungerecht ist. Nein, ich meine damit ausdrücklich nicht die früheren Schwarzseher, die nun zur Kasse gebeten werden. Deshalb erwähne ich noch einmal gern, was DIE LINKE als ungerecht empfindet.

Zuallererst halten wir es für ungerecht, dass der Beitrag haushaltsbezogen und pauschal statt personenbezogen und einkommensabhängig erhoben wird. Das ist sozial

ungerecht und ginge anders. Wir machen uns nicht die Illusion, dass sich daran etwas nach der im Frühjahr vorliegenden Evaluierung des Beitragsmodells ändern wird. Aber es gibt darüber hinaus bestimmte Dinge, bei denen eine Veränderung dringend nottut, die mit etwas gutem Willen bei der Neuaushandlung des Rundfunkstaatsvertrages erreichbar wäre.

Ich nenne zuerst die höchst unfaire Belastung behinderter Menschen, die bis vor zwei Jahren als Nachteilsausgleich für ihre Behinderung von der Rundfunkgebühr befreit waren, jetzt aber zahlen müssen. Man sollte noch einmal prüfen, ob dies angesichts der steigenden Einnahmen wirklich notwendig war.

Ich nenne eine weitere Ungerechtigkeit: Überproportional belastet wurde eine Reihe mittelständischer Unternehmen, nämlich solche, die über besonders viele Filialen verfügen, zum Beispiel Bäckereien mit mehreren Verkaufsstellen. Für jede dieser Verkaufsstellen wird der Rundfunkbeitrag fällig. Gleiches gilt übrigens für Handwerksbetriebe, die auf mehrere Firmenautos angewiesen sind.

Ein besonders dramatischer Kasus war Gegenstand unserer Ausschussanhörung. Die Hostels, die früher allenfalls für einen Fernseher oder ein Radio bezahlen mussten, müssen jetzt aber wie Hotels für jedes Zimmer diesen Beitrag leisten. Abgesehen davon, dass in diesen Zimmern überhaupt kein Rundfunkgerät steht, trifft es diese Beherbergungsbetriebe aufgrund ihrer vergleichsweise niedrigen Übernachtungspreise besonders hart. Sie werden genauso für jedes Zimmer zur Kasse gebeten wie Viersternehotels.

Unsere Anhörung hat ein paar vergleichsweise einfache und pragmatische Wege aufgezeigt, wie man diese Ungerechtigkeiten beseitigen oder wenigstens abmildern könnte.

Erinnern möchte ich daran, dass auch unsere Städte und Gemeinden über zum Teil auf das Mehrfache angestiegene Beiträge für ihre eigenen Einrichtungen klagen.

Aber auch etwas anderes gehört zu den Ungerechtigkeiten und wurde in unserer Anhörung deutlich angesprochen. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rundfunk, egal ob als freie Mitarbeiter oder in Produktionsfirmen tätig, sind alles andere als überbezahlt. Da geht es nicht um den Startalkmaster, sondern um jene, die Technik auf- oder abbauen, um jene, die Trickfilme zeichnen, oder jene, die für Dokumentationen recherchieren. Für viele von diesen stellt der Mindestlohn einen echten Einkommensgewinn dar.

Bevor wir das nächste Mal den Rundfunkbeitrag im Sendebereich für alle senken, sollten wir an alle diese Menschen denken, an die, die zu viel zahlen, und an die, die zu wenig bekommen.

Zum Schluss möchte ich noch an eine weitere unerledigte Hausaufgabe im Rundfunkbereich erinnern.

Im vergangenen Jahr hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Aufsichtsgremien im öffentlich

rechtlichen Rundfunk deutlich staatsferner zu besetzen sind, als das bisher der Fall war. Konkret bezog sich das Urteil auf das ZDF. Aber auch darüber hinaus hat es seine Gültigkeit.

Dabei ist es nicht das Problem, dass Regierungen und politische Parteien in den Rundfunkräten vertreten sind. Das ist laut Urteil bis zu einer Obergrenze von einem Drittel durchaus zulässig. Womit das Urteil aber aufgeräumt hat, ist die Praxis, dass aktive Politiker, insbesondere aus Regierungsparteien, unter falscher Flagge in den Rundfunkräten Platz nehmen. Ich erinnere nur daran, dass ein gewisser Holger Zastrow Sachsen im ZDF-Fernsehrat vertritt, und zwar die Bereiche – ich zitiere – „des Erziehungs- und Bildungswesens, der Wissenschaft, der Kunst, der Kultur, der Filmwirtschaft, der freien Berufe, der Familienarbeit, des Kinderschutzes, der Jugendarbeit, des Verbraucherschutzes und des Tierschutzes.“

(Zuruf von den LINKEN: Kann der alles!)

Sicher erinnern Sie sich noch an unseren ehemaligen Kollegen. Man kann jetzt sagen, dass es nicht so schlimm ist, da der Besagte inzwischen staatsfern genug sei. Aber im Ernst: Solchen verdeckten politischen Einfluss, über den viele Menschen zu Recht sauer sind, darf es künftig nicht mehr geben. Dazu müssen sowohl der ZDFStaatsvertrag als auch der MDR-Staatsvertrag in diesem Jahr noch geändert werden.

Für die Änderung des Letzteren gibt es übrigens noch eine Reihe weiterer Gründe, gilt es doch, die ungeheuren Veränderungen in den letzten 25 Jahren in der Medienwelt in dem etwas angestaubten MDR-Staatsvertrag nachzuvollziehen. Das ist unsere Verantwortung.

Wir wollen für eine gesicherte und auskömmliche Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sorgen. Wir wollen dabei aber auch die Ungerechtigkeiten beseitigen. Das ist die eigentliche anspruchsvolle Aufgabe für das Jahr 2015.

Stimmen wir dieser kleinen Veränderung heute zu und reden wir dann über das wirklich Wichtige.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPDFraktion spricht Herr Abg. Panter; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, ich bin bezüglich der Rede meines Vorredners, Kollegen Neubert, ein wenig irritiert.

(Falk Neubert, DIE LINKE: Kann ich mir gar nicht vorstellen!)

Nicht nur, dass er über Dinge gesprochen hat, die mit dem Staatsvertrag gar nichts zu tun haben – natürlich ist es richtig, dass wir über den MDR-Staatsvertrag sprechen müssen, ich glaube, das ist auch allen Medienpolitikerinnen und -politikern hier im Haus bewusst, sicherlich ist

das auch dem CdS, dem Chef der Staatskanzlei, bewusst –, mir ist aber nicht ganz klar, was das mit diesem Gesetz konkret zu tun hatte.

Auch die Wiederholung von Vorschlägen, die schon mehrfach als untauglich klassifiziert und auch in den Anhörungen genauso diskutiert wurden, will sich mir nicht recht erschließen. Ich will nicht noch einmal auf das eingehen, was Kollegin Fiedler zum Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ganz sachlich und richtig gesagt hat – das ist ein Gesetzentwurf, der auf dem Vorschlag der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten basiert, der wiederum einer Empfehlung der KEF – zumindest in Teilen – folgt, es geht um eine Senkung von 48 Cent im Beitrag; das wissen wir jetzt alles schon. Ich möchte hier sagen, dass wir diesem Gesetzentwurf zustimmen werden.

Zum Vorschlag der LINKEN noch einmal ganz kurz, Kollege Neubert: Dass der personenbezogene und einkommensbezogene Beitrag gar nicht möglich ist bzw. einen unglaublichen Aufwand darstellen und zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen würde, ist hinlänglich bekannt und auch schon diskutiert worden. So interessant der Vorschlag vielleicht gewesen sein mag, eine steuerähnliche Erhebung ist nicht möglich.

Jetzt will ich noch einmal darauf eingehen, dass wir heute nur deshalb über eine Senkung des Rundfunkbeitrags, der Haushaltsabgabe sprechen können, weil wir über eine Reform der Rundfunkfinanzierung generell sprechen. Dadurch – das ist auch schon deutlich geworden – werden Mehreinnahmen generiert. Diese Mehreinnahmen sind noch nicht genau zu beziffern. Wir werden die Evaluation abwarten müssen. Ich denke, dass wir uns in den nächsten Monaten – das gehört wirklich zum Sechzehn

ten Rundfunkänderungsstaatsvertrag – damit ganz intensiv politisch befassen werden. Deshalb möchte ich die vier Bereiche, die ich sehe und über die wir diskutieren werden, ganz kurz umreißen.

Erstens: Es wird in Zukunft sicherlich zum einen diejenigen geben, die sagen: Wir müssen auch zukünftig den Beitrag weiter senken. – Dazu kann ich sagen: Wir haben jetzt eine Senkung vorgenommen. Das ist ein historischer Schritt. Wenn wir die verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anerkennen – das kann ich für die SPD sagen –, dann wird es aus unserer Sicht wahrscheinlich keine weiteren Senkungsschritte geben. Aber wir werden sehen, wie sich die Mehreinnahmen am Ende genau beziffern.

Wir haben – das darf ich an dieser Stelle sagen – im Koalitionsvertrag aber auch festgehalten, dass wir die Menschen in Sachsen, was die öffentlich-rechtlichen Beiträge angeht, entlasten wollen. Diesen Schritt vollziehen wir jetzt mit dem Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. So viel zur ersten Kategorie.

Die zweite Kategorie betrifft Nachbesserungen bei der Haushaltsabgabe. Es sind viele richtige Punkte von Kollegen Neubert angesprochen worden. Diese Punkte werden wir auch noch diskutieren. Wir haben über Hotels

und Hostels, die Kommunen und die Einbindung der Wirtschaft gesprochen. Es sind von Kollegen Neubert auch die Menschen mit Behinderungen und die Erhebung bei selbigen angesprochen worden. Das ist ein sehr schwieriges Feld, denn wir halten uns mit der Haushaltsabgabe an dieser Stelle an ein Urteil des Bundessozialgerichts, das klipp und klar besagt, dass leistungsfähige Menschen mit Behinderungen auch bei der Beitragserhebung heranzuziehen sind. Das heißt, es ist nicht eine Ungerechtigkeit – man kann das zwar gern weiterhin postulieren und immer wieder herausposaunen –, sondern eine gerichtliche Vorgabe, an die wir uns halten.

Dazu muss man auch sagen, dass die öffentlichrechtlichen Anstalten – insbesondere der MDR – in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen und die Barrierefreiheit deutlich ausgebaut haben. Von daher sind auch dort Mehreinnahmen bzw. generell Beitragseinnahmen gut verwandt worden.

Die dritte Kategorie, über die wir diskutieren werden, ist die Werbefreiheit. Richtig ist, dass viele sagen, es muss Werbefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben. Die einen sagen das mit Blick auf Alleinstellungsmerkmale im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und sind der Meinung, dass das eine Stärkung des öffentlichrechtlichen Rundfunks wäre, die zu mehr Akzeptanz führen würde.

Dann gibt es die anderen, die das eher aus einem ökonomischen Blickwinkel sehen und sagen: Na ja, die privaten Rundfunkanbieter sind Not leidend. Wir müssen denen helfen, indem wir von dem knappen Werbemarkt nicht noch mehr durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzweigen. – Darüber lässt sich trefflich diskutieren. Man sollte aber auch einmal über den Unterschied zwischen Hörfunk und Fernsehen sprechen. Ich kann als Vertreter der SPD grundsätzlich sagen, dass wir in diesem Bereich eher skeptisch sind.

Ein vierter Bereich, der uns wirklich wichtig ist, ist die Qualitätssicherung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es gehört einerseits zur Wahrheit, dass wir über Mehreinnahmen sprechen, die durch die Rundfunkreform der Finanzierung anfallen. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass die öffentlich-rechtlichen Sender – insbesondere der MDR – in den letzten Jahren ganz intensive Sparmaßnahmen durchgeführt haben. Diese Kombination aus Mehreinnahmen und Sparmaßnahmen versetzt uns jetzt in die Lage, diesem Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zuzustimmen.

Gleichzeitig haben wir aber auch nicht nur im Rahmen der Anhörung gehört, dass die Sicherung der Meinungsvielfalt und auch die Entwicklung des öffentlichrechtlichen Rundfunks nur mit dem Fokus auf Qualitätsjournalismus wirklich funktionieren. Das heißt, wir müssen die Programmqualität auch in Zukunft absichern. Dort geht es sowohl um Entlohnung von Film- und Fernsehproduzenten – das ist angesprochen worden –, aber auch im Allgemeinen um den Qualitätsjournalismus, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk darstellen muss.

Das kostet – das müssen wir uns immer wieder klarmachen – Geld. Da geht es nicht nur um ständige Absenkungen, sondern auch darum, wie wir die Mittel, die den öffentlich-rechtlichen Sendern zur Verfügung gestellt werden, verwenden.