Protocol of the Session on August 31, 2017

Das war die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es sprach Herr

Kollege Zschocke. Es geht jetzt weiter mit der CDU, mit der Fraktion DIE LINKE, SPD, AfD, Staatsregierung – vielleicht in dieser Runde, vielleicht in der nächsten. Für die CDU hat nun Herr Kollege Heinz das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zschocke, Ihr Beitrag war in vielen Teilen durchaus sachlich, aber ein paar grüne Beißreflexe haben immer wieder durchgeschimmert – so mit Gülleverschmutzung usw. Ich denke, wir müssen uns dazu den wahren Werten nähern.

Vielleicht erst noch ein kurzes Wort zu dem von Ihnen angesprochenen Verklagen durch die EU. Hintergrund ist, man hat, als man vor vielen Jahren bemerkte, Nitrat könnte ein Problem werden, ein sogenanntes Belastungsstellenmessnetz aufgebaut und dort tatsächlich etwas gefunden. Dann wurden von interessierten Kreisen – ich sage bewusst, von interessierten Kreisen – diese Werte hochgerechnet auf ganz Deutschland. Das hat man verallgemeinert und gesagt: Wir haben ein Problem. Das wäre, wie wenn Sie im Sommer die Schneehöhen messen. Das ist natürlich nur sinnvoll in den Alpen, weil es dort Schnee und damit eine durchschnittliche Schneehöhe gibt. Dann sagen wir, wir rechnen einmal diese durchschnittliche Schneehöhe auf ganz Deutschland hoch und fordern den Einsatz von Winterreifen und Streudienst usw.

Das ist also völlig am Thema vorbei. Auch die Studie vom Umweltbundesamt hat grobe methodische Mängel. Dazu werde ich noch etwas sagen. Ansonsten passt alles, was Sie so vortragen, wunderbar mit den Grundsätzen einer Kampagne zusammen, die ich Ihnen gern einmal erläutern möchte. Das Problem haben wir ja gefunden, mit dem man versuchen kann, eine Kampagne zu starten. Das hat auch einen wahren Kern. Es gibt diese Probleme punktuell. Das will und das wird auch niemand bestreiten. Jetzt muss man kräftig Misstrauen säen gegen „die da oben“, gegen Wissenschaft, Politik und Eliten. Dann muss ich mich kräftig moralisch empören. Rational zu debattieren bringt nichts und Fakten belasten nur. Idealerweise muss ich noch Tabus brechen und brauche ein klares Feindbild auf dem Rücken von Minderheiten. Da tun mir die Landwirte meistens leid.

Zu guter Letzt, wenn Sie das dann alles gemacht haben, erklären Sie den Leuten, dass sie Opfer sind und dass Sie als Dienstleistung die Probleme lösen werden. Wenn es ganz gut läuft, können Sie auch noch reichlich Spenden generieren, damit Sie Ihre Arbeit „ordentlich“ machen können.

Die Zahlen hat Ihnen der Minister auf Ihre Kleine Anfrage hin zugearbeitet, und das kann man natürlich völlig unterschiedlich bewerten. Ich sage gleich noch etwas dazu. Noch einmal kurz ein paar Worte zu der Studie. Traue keiner Studie, die du nicht selbst aufgestellt hast. Hier erleben wir wieder, dass, wenn man sich mit Details befasst, der Nitratgehalt unter deutschen Siedlungsflächen deutlich höher ist als zum Beispiel unter Grünland. Ein methodischer Fehler der UBA-Studie, die Sie ansprechen, ist zum Beispiel, dass das neue Dünge

recht überhaupt nicht mit eingebracht wird. GeorgLudwig von Breitenbuch wird dann etwas dazu sagen. Es werden wesentliche Einflussfaktoren ausgeblendet, zum Beispiel Abbau von Nitrat während der Versickerung. Bei den Kosten für die Trinkwasseraufbereitung wird nicht das verwendete Rohwasser zugrunde gelegt, sondern es werden oberflächennahe Nitratgehalte beim Austritt aus der durchwurzelten Bodenzone zugrunde gelegt, während Rohwasser erst aus einer Tiefe von 30 bis 60 Metern genommen wird. Als Zielwert wird nicht der gesetzlich geforderte Wert von 50 Milligramm pro Liter, sondern werden 25 Milligramm pro Liter verwendet. Das sind große methodische Fehler.

Wenn man es vernünftig und richtig bewerten würde, müsste man zu folgender Einschätzung kommen – und das ist in Sachsen zum Beispiel so: Nur 17 von 70 Grundwasserkörpern liegen über dem Grenzwert. Von den 664 Oberflächenwasserkörpern haben wir 38, die darüber liegen. Das sind 6 %.

Gewässer I. Ordnung überschreiten die Grenzwerte überhaupt nicht. In Elbe, Neiße und Mulde messen wir Werte von 2 bis 6 Milligramm pro Liter. Der Grenzwert ist hier 50 Milligramm pro Liter.

Im Klartext: Bei 27 % der Grundwasserproben haben wir diese Überschreitungen, aber nur 15 % der Messstellen liegen unter landwirtschaftlicher Nutzfläche. Allein das zeigt schon, dass Ihre Ausführungen in Richtung Gülleverschmutzung und Einprügeln auf die Landwirte in keiner Weise seriös und richtig sein können.

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege.

Dann muss ich jetzt leider aufhören. Den restlichen Teil wird Kollege von Breitenbuch übernehmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Das war Herr Kollege Heinz von der CDU-Fraktion. Jetzt nimmt Herr Kollege Zschocke die Möglichkeit einer Kurzintervention wahr, vermute ich jedenfalls.

Herr Kollege Heinz, ich möchte mich deutlich gegen Ihre Formulierung verwahren, ich hätte hier auf Landwirte eingeprügelt. – Danke.

Nun die Reaktion des Kollegen Heinz.

Der Tenor Ihres Berichtes ist – ich bleibe hier bei dem Wort Gülleverschmutzung –, dass einseitig Schuldige gesucht werden. Das schürt ein Klima der Unterstellung gegenüber Landwirten, die versuchen – das werden wir dann von Georg-Ludwig von Breitenbuch hören –, diese Prozesse immer besser zu beherrschen.

Das waren Kurzintervention und Reaktion darauf.

Wir gehen in unserer Rednerrunde weiter. Es spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Pinka.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich habe mit Schrecken Ihre Pressemitteilung zur Kenntnis genommen. Dort haben die Kollegen Zschocke und Günther die Kleine Anfrage zur Stickstoffkonzentration in den verschiedensten Verbindungen in sächsischen Grundwassermessstellen ausgewertet. Das ist per se nicht schlimm. Aber was die Kollegen mit den übermittelten Daten des Umweltministeriums angefangen haben und was sie offenbar heute für die Aktuelle Debatte nutzen, das halte ich gelinde gesagt für grenzwertig, gefährlich in der Argumentation und inakzeptabel, denn Grundwasser ist nicht gleich Trinkwasser.

(Beifall des Abg. Volkmar Winkler, SPD)

Von den Nitratgehalten in Grundwassermessstellen auf die Qualität von Trinkwasser in Sachsen zu schließen, ohne einen einzigen Bezug hierfür vorzulegen, sondern unmittelbar Äpfel mit Birnen zu vergleichen und Panik unter der Bevölkerung zu verbreiten, ist und bleibt für mich grenzwertig. Durch diese Themenvermischung führen Sie die berechtigte Kritik an den Stoffeinträgen aus der Landwirtschaft nämlich ad absurdum.

Natürlich haben wir es teilweise mit zu hohen Nitratgehalten in sächsischen Oberflächen- und Grundwässern zu tun. Die Tendenz der mittleren Nitratgehalte an den sächsischen Messstellen und den angesprochenen EUMessstellen ist steigend. Natürlich hat die Bundesregierung sträflich und fahrlässig die Nitratrichtlinie nicht umgesetzt, aber das nicht etwa aktuell, sondern schon jahrelang. Sie hat natürlich unter Druck reagiert und spät das Düngegesetz und die dazugehörende Düngemittelverordnung novelliert.

Kurz: Die Nitratsituation ist nicht zufriedenstellend, auch in Sachsen nicht. Aber damit ist nicht die Trinkwasserqualität per se in Sachsen schlecht, wie durch die Debatte aktuell glauben gemacht werden soll. Im schlimmsten Fall trinken nämlich die Menschen kein Wasser mehr aus der Leitung und kaufen im Supermarkt Wasser, das eventuell aus den Alpen zu uns transportiert wurde.

Tatsächlich haben nach meinen Recherchen nur etwa 650 Personen in Sachsen mit erhöhten Nitratgehalten im Wasserhahn Probleme. Hier geben die Jahresberichte der Landesuntersuchungsanstalt Auskunft. Diese Menschen werden schon um ihre Nitratgehalte wissen. Sie haben ja ein Beispiel dazu genannt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gern.

Bitte, Herr Zschocke.

Kollegin Pinka, können Sie mir eine Stelle nennen, wo ich in meinem Beitrag dargestellt habe, dass die Trinkwasserqualität in Sachsen schlecht wäre?

Ich habe in meinem Redebeitrag auf Ihre Pressemitteilung Bezug genommen, in der Sie suggerieren, dass aus den übermittelten Grundwassermessstellendaten, also den Gütewasserdaten,

unmittelbar eine schlechte Trinkwassersituation in Sachsen resultiert.

Sie haben das meines Erachtens jetzt auch wiederholt, indem Sie gesagt haben: Ein Viertel aller Messstellen hat den Bezug zu den 50 Milligramm pro Liter Nitratkonzentration in der Trinkwasserverordnung. Das ist unzulässig. Man kann nur Grundwassermessstellen mit der Grundwasserverordnung und die Trinkwassermessstellen mit der Trinkwasserverordnung vergleichen.

Wirklich ein Problem ist vielleicht die Anzahl der noch vorhandenen Grundwasserversorgungsanlagen. 1992

existierten in Sachsen noch 2 000 öffentliche Versorgungsanlagen. Heute sind es 450 zentrale Versorgungsanlagen. Das ist sicherlich in Bezug auf Resilienz und Fehlerfreundlichkeit kein Erfolg.

Schutzgebiete ohne aktive Wassergewinnung für die Trinkwasserversorgung, schwer schützbare Wasserdargebote oder Wasserdargebote mit schlechter Rohwasserbeschaffenheit wurden auf die Aufhebung hin untersucht. Häufig wurden diese Schutzgebiete aufgehoben, manchmal auch aus wirtschaftlichen Gründen. Im Vergleich zu 1992 hatte sich 2011 die Fläche der Trinkwasserschutzgebiete in Sachsen halbiert.

Ein Problem ist, dass die stofflichen Wasserprobleme nicht dadurch gelöst werden, dass die Stickstoffeinträge in das Grundwasser betrachtet werden, sondern dass die Wasserversorger sauberes Wasser gegebenenfalls aus ortsfernen Quellen dazukaufen oder zumischen. Das ist so nicht vorgesehen, da das Wasserhaushaltsgesetz eindeutig kleinräumige Wasserversorgungsanlagen bevorzugt und als Regel ansieht. Die ortsnahen verfügbaren Wasserversorgungsanlagen sollen ausdrücklich nach dem Wasserrecht geschützt werden. Das Gebot der ortsnahen Wasserversorgung soll auch ein Beitrag zum flächendeckenden Grundwasserschutz sein.

Ich werde in einem zweiten Redebeitrag noch einmal auf diese Probleme eingehen.

Für mich ist die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher auch eine Herzenssache. Daher halte ich den Inhalt der Aktuellen Debatte, sich auf Nitrat und indirekt auf die Landwirtschaft zu konzentrieren, für viel zu kurz gesprungen.

Es gibt in manchen Gegenden Sachsens eine schwierige Situation – bei den Grundwasser- und Oberflächenwasserkörpern, aber auch in der Trinkwasserversorgung. Es gibt sogar Sonderbeispiele. Wer Mitglied im Umweltaus

schuss ist, der hat eine BIM des Umweltministers zur Verfügung gestellt bekommen. Da hatte ich nach der Talsperre Rauschenbach nachgefragt. In Rauschenbach brauchen wir im Moment sogar geringste Nitrateinträge, damit uns zum Beispiel der gelöste organische Kohlenstoffgehalt nicht durch die Decke schnellt. Letztens haben wir schon beim Waldzustandsbericht über diese Zusammenhänge diskutiert.

Nitrat ist also nicht immer nur per se schlimm, an mancher Stelle aber schon. An manchen Stellen, zum Beispiel bei den Trinkwassertalsperren, brauchen wir einige Anionen, damit uns ein anderer Schadstoff nicht durch die Decke schnellt.

Da Sie von den Grundwassermessstellen sprachen: Hätten Sie zum Beispiel einmal das Sulfat hergenommen – Sie können im Internet auf der Homepage des Umweltministeriums alle Grundwasser- und Gütemessstellen sehen –, dann hätten Sie festgestellt, dass es Grundwassermessstellen gibt, bei denen wir im Grammbereich liegen: –

Ihre Redezeit, Frau Kollegin!

Entschuldigung! Darf ich den Satz noch zu Ende sprechen?

Ja, bitte. Das andere kommt ja dann später.

– 20 Gramm Sulfat pro Liter Wasser. Stellen Sie sich einmal vor, Sie hätten das auf die Trinkwasserqualität von 250 Milligramm pro Liter übertragen. Da wären Sie aber durch die Decke gegangen!

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Frau Dr. Pinka. Sie sprach für die Fraktion DIE LINKE. Nun kommt Herr Kollege Winkler für seine SPD-Fraktion zu Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist das erste Mal, seitdem ich hier im Landtag bin, dass ich den Redebeitrag von Frau Dr. Pinka fast gänzlich unterstreichen kann.