Protocol of the Session on August 30, 2017

Ich finde, diese Anti-Diesel-Hexenjagd ist völlig überzogen. Dabei rede ich besonders den GRÜNEN ins Stammbuch. Das sind Ihre ideologischen Ziele, die Sie schon vor 30 Jahren hatten: Weg mit den Autos, hin zum ÖPNV. Der ÖPNV ist wichtig. Das hat auch der Sächsische Landtag in der Haushaltsberatung festgelegt. Das haben wir hier mehrheitlich beschlossen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Da brauchen wir uns im Übrigen auch nicht zu verstecken; denn über 600 Millionen Euro für den ÖPNV sind kein Pappenstiel.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Das Geld kommt doch vom Bund!)

Wo das Geld herkommt, spielt erst einmal keine Rolle.

(Lachen und Zurufe bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Dass es dafür eingesetzt wird, ist doch die entscheidende Frage.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ob das Geld vom Bund oder vom Freistaat kommt – letztendlich kommt es vom Steuerzahler, Herr Böhme.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Aber ich weiß nicht, ob Sie sich daran beteiligen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Träumen Sie ruhig weiter! Geld kann gedruckt werden. Das kann man hier auch einmal sagen. Das wäre das Ergebnis dessen, was Sie hier sagen. Aber Sie haben keine Ahnung davon. Geld wird von dem kleinen Mann hart erarbeitet, und dieser kleine Mann soll mit der Dieselaffäre und der Dieseldiskussion geschröpft und letztendlich dazu verdonnert werden.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Marco Böhme, DIE LINKE: Das hat niemand gesagt!)

Das machen wir nicht mit! Wenn Ihnen das so wichtig wäre – damit spreche ich besonders die Damen und Herren von der GRÜNEN-Fraktion an –, müssten Sie hier einmal die eigentlichen Luftverschmutzer benennen. Wer bringt denn Ihr Tofu und Ihr Müsli morgens an den Frühstückstisch?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der SPD)

Wer bringt denn das? Das sind die Lkws. Das sind die Schiffe, die hier pünktlich Ihren Frühstückstisch decken. So sieht es nämlich aus. Darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen.

Wenn BHKW-Heizkraftwerke entstehen, die mit Öl befeuert werden – was ist das denn für eine Technologie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN? Das können Sie jetzt einmal nachschauen.

Ich finde, wir sollten hier die Diskussion versachlichen.

(Lachen bei den LINKEN und den GRÜNEN – Beifall bei den GRÜNEN)

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege.

Wir sollten zu einer Sachlichkeit zurückkommen,

(Beifall bei der CDU und der SPD – Lachen bei den GRÜNEN)

die den Dieselmotor nicht ins Abseits stellt.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Kollege Heidan sprach für die einbringende CDU-Fraktion. Jetzt kommt Herr Kollege Vieweg für die einbringende SPD-Fraktion zu Wort.

(Unruhe)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde versuchen, die Sachlichkeit etwas zu vertiefen, und am Anfang noch einmal auf meine Aussage vom Oktober 2015 hinweisen. Wir haben damals hier im Hohen Haus um die VW-Krise gestritten. Das war eine gute, eine wichtige Debatte. Für mich gilt nach wie vor die Aussage: Wenn es der Automobilbranche in Sachsen schlecht geht, geht es auch Sachsen schlecht, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. Dieser Satz gilt nach wie vor.

Wir reden über die größte Industriebranche, über das größte Industriecluster im Freistaat mit 81 000 Beschäftigten. Der Minister hat es gesagt. Wir haben in den letzten 25 Jahren ein Revival erlebt – 1989 vom Trabi bis 2017 zum Elektro-Golf. Das war eine sehr große Leistung. Das war sozusagen Strukturwandel im Automobilbau von Sachsen live. Das haben wir nicht den Herren in den Chefetagen zu verdanken, sondern den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das haben wir der Belegschaft zu verdanken. Das haben wir den Ingenieuren zu verdanken, die an die Technologie glauben. Die brennen für ihre Jobs. Aus diesem Grund habe ich ein hohes Vertrauen – nicht in die Herren in Nadelstreifen: Sie haben getäuscht, gelogen und betrogen. Sie haben das Flaggschiff der deutschen Industrie, den Automobilbau, fast – sage ich – an die Wand gefahren.

Aus diesem Grund fühlen sich viele Kolleginnen und Kollegen in den Werken als Buh-Männer und Buh-Frauen der Nation. Das ist für mich eine schreiende Ungerechtigkeit, und ich sage: Hier ist die Politik gefragt. Es muss Schluss sein mit dem Schweigen. Es muss Schluss sein mit Ausreden. Wir brauchen eine massive Verbesserung beim Verbrauchschutz. Ich sage auch: Es muss Schluss sein mit dem Hickhack auf Bundesebene. Das Kabinett in Berlin muss sich einigen. Es müssen Musterklagen,

Feststellungsklagen möglich sein. Hier wünsche ich mir, dass der Koalitionspartner seine Blockadehaltung aufgibt.

Die Fristen werden eng. Die Zeitfenster werden eng. Die ersten Garantiefristen laufen Ende 2017 aus. Die Klagemöglichkeiten aus diesen Garantieansprüchen, die ersten Zeitfenster, laufen Ende 2018 aus. Es wird also eng für einen wirksamen Verbraucherschutz. Aus diesem Grund ist das wichtigste Signal für den Verbraucherschutz, jetzt und so schnell wie möglich, vielleicht sogar noch in dieser Legislaturperiode für wirksamen Verbraucherschutz, für Muster- und Feststellungsklagen zu sorgen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Katja Meier, GRÜNE)

Im Übrigen auch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern: Wenn Sie sich vorstellen, Sie sind Pendler, Sie sind Handwerker, und Sie haben vor drei Jahren ein Dieselfahrzeug gekauft – Kollege Baum hat es angesprochen –, dann haben Sie jetzt vielleicht noch einen Restwert von 7 000 Euro, aber das Fahrzeug ist nichts wert. Das ist Enteignung. Hierfür sind die Entscheider auf Wirtschaftsebene verantwortlich. Hier ist auch die Politik in Verantwortung, endlich zu handeln, nichts mehr auszusitzen und das Schweigen zu beenden.

Wo geht die Reise hin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen? Ich glaube, die Zukunft wird elektrisch sein, egal, ob wir über Batteriespeicher reden, egal, ob wir über alternative Antriebstechnologien wie die Brennstoffzelle sprechen: Am Ende der Kette steht der Elektromotor. Dort steht vernetzte Mobilität, und da geht es um autonomes Fahren. Das hat in Sachsen hohe Beschäftigungsrisiken, aber wir haben in Sachsen Chancen. Wir haben gezeigt, wie die Arbeitnehmerschaft im Automobilbau in Sachsen die Karre aus dem Dreck ziehen kann. Das schaffen wir auch wieder.

Wir haben mit der Ansiedlung des Batteriewerks in Kamenz bereits wichtige Zeichen gesetzt. Herr Kollege Urban, ich weiß nicht, ob in Kamenz Kinderarbeit durchgeführt wird. Ich glaube, das sind gute Arbeitsplätze und hohe Wertschöpfung. Es sind ordentliche Jobs, die wir mit Strukturpolitik in Sachsen geschaffen haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Wir haben große Chancen mit Blick auf den Karosserie- und Leichtbau. Ich verweise auf die Automobil- bzw. Leichtbaucluster in Chemnitz und Dresden.

Es geht um das Thema Mikroelektronik. Wir haben in Sachsen Patente für Sensorik und Motorik. Hierbei haben wir große Chancen für neue Jobs und eine hohe Wertschöpfung. Am Ende geht es auch hier bei uns im Parlament um mehr Anreize für den öffentlichen Personennahverkehr, um neue Mobilität und die Vernetzung von

ÖPNV, Auto und Fahrrad. Über die Themen Carsharing und Fußwege werden wir heute noch debattieren.

Am Ende des Tages habe ich hohes Vertrauen in die Belegschaften der Automobilindustrie. Wir stehen genau wie bei der Energiewende vor einem Strukturwandel auch mit Blick auf den sächsischen Automobilbau. Hierbei hilft uns auch wie bei der Energiewende eine Brückentechnologie.

Die Redezeit ist zu Ende.

Deswegen sage ich Folgendes: Die Dieseltechnologie ist unsere Brückentechnologie. Enden möchte ich mit dem salomonischen Satz: Der Diesel ist tot. Es lebe der Diesel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Herr Kollege Vieweg sprach für die SPD-Fraktion. Jetzt spricht Herr Kollege Brünler für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Kollege hatte es bereits gesagt: Wir LINKEN sind gegen die immer wieder diskutierten Fahrverbote. Ich möchte Ihnen noch einmal genau sagen, warum wir dagegen sind. Wir glauben nämlich, dass wir das Pferd von hinten aufzäumen, getreu dem Motto: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Wir haben von der Verantwortung der Automobilindustrie gesprochen. Das ist mit Sicherheit richtig. Über einen Punkt, dass die Situation so ist wie sie ist, haben wir aber noch nicht gesprochen: die Verantwortung der Politik. Wir müssen vor allen Dingen über die Verantwortung von SPD und CDU sprechen, die mit der Debatte so getan haben, als hätten sie damit gar nichts zu tun.

Seit Jahrzehnten wird der Diesel steuerlich bevorzugt. Eingeführt wurde die Bevorzugung damals mit dem Argument, dass der Dieselkraftstoff eigentlich nur für den Lkw- und Transportverkehr sei. Für den Privatverkehr würde dies nicht gelten, weil man privat keinen Diesel fahren würde. Inzwischen gilt das Dieselprivileg jedoch für alle. Der Staat hat das Signal gesendet und sendet es noch immer: Fahr Diesel, das ist billiger für dich, gut für die Wirtschaft, und außerdem ist auch deine CO2-Bilanz besser.

(Andreas Nowak, CDU: Das ist übrigens auch gut für die Umwelt!)