Protocol of the Session on August 30, 2017

Unterhaltsberechnungen, Bescheid von Leistungen, ein aktueller Bescheid der Leistungen nach dem SGB XII. Wenn die Kinder über 15 Jahre sind, dann gehören dazu auch der Schülerausweis, der Ausbildungsvertrag, ein Einkommensnachweis des Kindes usw. usf.

Ich denke, das zeigt, dass dieser Antrag gar nicht so unwichtig ist, damit wir einmal genauer darauf schauen, wie effektiv unsere Behörden derzeit arbeiten. Wenn man Elternteile, die jetzt schon vom Unterhaltsvorschuss ausgeschlossen sind, auffordert, diese Anträge zu stellen, obwohl man im Vorfeld weiß, dass sie doch nichts bekommen, dann ist das für mich kein effektives Arbeiten und etwas, das wir den Kommunen mitgeben müssen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Lauterbach. Bitte sehr, Frau Lauterbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Das Unterhaltsvorschussgesetz beschäftigt uns, alle anderen Landtage und den Bundestag seit 2006, also über zehn Jahre. Nun wurde es doch mit vielen Ecken und Kanten – Frau Pfeil-Zabel sagte es gerade – im Juni dieses Jahres verabschiedet, und zwar mit Wirkung zum 1. Juli. Es ist einfach nicht bis zu Ende gedacht.

Schlecht für Alleinerziehende war, dass das Gesetz erst Mitte August vom Bundespräsidenten unterschrieben wurde, also nach sechs Wochen. Es gab also erst einmal kein Geld, obwohl es Monat für Monat bei den Alleinerziehenden wirklich gebraucht wird. Familienunfreundlich nenne ich das. Das war auch schlecht für die Landratsämter, die in Vorkasse gehen mussten, wenn sie denn pünktlich ihren Pflichten nachkommen wollten. Für den Landkreis Meißen hieß das, vier Mitarbeiter einzustellen und vorerst 950 neue Anträge zu bearbeiten. Da wäre ein schnelle Entscheidung auf Bundesebene wirklich sehr hilfreich gewesen.

Sie kümmern sich aber erst einmal um die Rückholquote, nachdem wir als LINKE bereits eine Kleine Anfrage gestellt haben. Sie kommen mit einem Berichtsantrag und lassen der Ministerin nicht einmal die Zeit für eine Antwort. Im Gegenteil, Sie schreiben als Begründung: „Der vorliegende Antrag soll dazu dienen, eine sachsenspezifische Situation darzustellen.“ Lassen Sie Ihre Ministerin in Ruhe ihre Arbeit machen, die Situation darstellen und verwertbare Ergebnisse vorlegen. Was Sie machen, ist einfach ein schlechtes Miteinander.

Werte Abgeordnete! Der Unterhaltsvorschuss soll die finanzielle Situation von Alleinerziehenden und ihren Kindern verbessern, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil seinen Unterhaltspflichten nicht oder nicht ausreichend nachkommen kann oder will. Der Unterhaltsvorschuss kommt damit unmittelbar den Kindern von Alleinerziehenden zugute. Damit werden alleinerziehende Elternteile unterstützt, wenn sie nicht gerade Hartz-IVBezieher sind und diesen Zuschuss gegenrechnen müssen.

Nach dem Sinn des Unterhaltsvorschussgesetzes muss die gegenwärtige gesellschaftliche Situation berücksichtigt werden. Der Armuts- und Reichtumsbericht sagt, dass die Kinderarmut in alleinerziehenden Haushalten bei elf Prozent liegt – Tendenz steigend. Die Dauer der Armutsphasen wird immer länger, die Armutsgefahr steigt, und die Zahl derer, die armutsgefährdet leben, wird größer. Letztlich sind Kinder und Jugendliche die Leidtragenden, wenn die Eltern aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit keinen Unterhalt zahlen können oder wollen. Sie wollen aber eben auch am Ende des Monats noch eine Zeitung.

Es ist, mit Verlaub, eine Milchmädchenrechnung: Acht Stunden täglich mal 20 Arbeitstage im Monat mal 8,84 Euro Mindestlohn. Das sind 1 400 Euro brutto. Die Pfändungsfreigrenze liegt beim Unterhaltspflichtigen in Arbeit bei 1 080 Euro. Das heißt, selbst wenn der Unterhaltspflichtige eine Arbeit hat und Unterhalt zahlen möchte, ist er oft nicht für einen vollen Unterhalt heranziehbar. In den meisten Fällen wird eine Rückholung nicht möglich sein. Viel Wind um nichts?

Ja, Frau Kuge und Herr Krauß, es gibt durchaus Rabenmütter und Rabenväter. Es gibt Mütter und Väter, die nicht zahlen wollen, die nicht zum Kind stehen, die sich drücken, die sehr kreativ, aber durchaus leistungsfähig sind. Ja, hier müssen wir Mittel und Wege finden, die Rückholquote zu erhöhen, aber eben nur hier.

Schauen wir uns neben diesem Berichtsantrag die weiteren Punkte an. Die Staatsregierung wird aufgefordert sicherzustellen, dass das Landesjugendamt seine Aufgaben wahrnimmt. War das bisher nicht so? Das kann ich mir bei dem Landesjugendamt nicht vorstellen. Wer hat da versagt? Die Staatsregierung soll prüfen, welche Institutionen welche Aufgaben erfüllen können. Aufgaben verschieben, das können Sie gut. Ob es Sinn macht, ist nicht Bedingung. Mehr Rückholung wird es nicht bringen, aber Bürokratie.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Es ist ein Sammelsurium an Wünsch-dir-was. Das kann man alles fordern. Das ist alles nicht falsch. Sie haben aber vergessen, in Ihrem Antrag einen guten Mindestlohn zu fordern, damit die Zahlungspflichtigen auch zahlen können, wenn sie es wollen.

Der Antrag ist nicht schädlich. Deshalb können wir zustimmen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die AfD-Fraktion ist an der Reihe, Herr Abg. Wendt. Herr Wendt, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir die Rückholquote beim Unterhaltsvorschuss erhöhen müssen, ist unstreitig. Der Freistaat Sachsen liegt schon seit Jahren weit unter dem Bundesdurchschnitt von derzeit 23 %. Mich wundert nur, dass CDU und SPD erst jetzt hellhörig geworden sind und sich dieses Themas annehmen.

Ja, wir müssen uns tatsächlich fragen, welchen Weg wir gehen wollen, um die Rückholquote zu erhöhen. Frau Kuge, Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auf die Rückholquote in Bayern, die derzeit bei 36 % liegt. Als trauriges Beispiel nenne ich in diesem Zusammenhang die Rückholquote in Bremen, die mit 11 % geradezu lächerlich wirkt.

Die Gründe für den ausbleibenden Rückgriffserfolg sind durchaus vielschichtig. Hier gibt es Überschneidungen zwischen den Feststellungen der Bundesregierung und der Heinrich-Böll-Stiftung. Auffällig dabei ist aber, dass als Hauptgrund für den fehlenden Rückgriff die fehlende Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen angegeben wird. Dennoch wird sowohl von der Bundesregierung als auch von der Heinrich-Böll-Stiftung darauf verwiesen, dass es keine empirischen Erkenntnisse gibt, warum Kindesunterhalt nicht gezahlt wird.

Wenn Sie unserem Antrag im August letzten Jahres zugestimmt hätten, wären wir sicherlich schon einen Schritt weiter und könnten daraus folgend schon jetzt eine Strategie ableiten und entsprechende Maßnahmen einleiten. Das haben Sie leider nicht getan. Aber sei es drum. Ich möchte heute nicht über bereits vergossene Milch debattieren.

Um die Rückholquote zu erhöhen, sind mehrere Maßnahmen zu ergreifen, auf die ich heute nicht mehr geson

dert eingehen möchte, da diese bereits genannt worden sind bzw. in der Publikation der Heinrich-Böll-Stiftung nachgelesen werden können. Klar sein dürfte jedoch, dass die Rückholquote in den meisten Fällen von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und von der Arbeitsweise der Behörden abhängig ist.

Zudem ist unbestritten, dass ein Zusammenhang zwischen SGB-II-Bezugsquoten und dem Rückgrifferfolg besteht. Da in Bayern im Gegensatz zu Sachsen weniger Menschen auf Sozialleistungen angewiesen sind und dort auch bessere Löhne gezahlt werden, werden wir die bayerischen Zahlen mittelfristig nicht erreichen können. Das ist ein Fakt. Aber eine Rückholquote, die sich über dem Bundesdurchschnitt ansiedelt, wäre in Sachsen in absehbarer Zeit durchaus erreichbar.

Kommen wir nun zu Ihren Antragspunkten. Ihrem Punkt I können wir zustimmen, da wir auf umfangreiche Informationen angewiesen sind, um ansetzen zu können. Bei Punkt II Ihres Antrags sieht es schon ganz anders aus. Die Zielrichtung ist nachvollziehbar, aber mit der sehr dünnen Personaldecke des Landesjugendamtes – die Sie übrigens zu verantworten haben – einfach nicht machbar.

Frau Kuge, haben Sie mal beim Landesjugendamt nachgefragt, ob es überhaupt leistbar ist, diese Fortbildungen durchzuführen? Ich vermute mal, nein. Des Weiteren ist es erforderlich, dass unnötige bürokratische Hürden abgebaut werden, um Personal freizusetzen. Hierbei verweise ich wieder auf unseren Antrag zum Unterhaltsvorschussgesetz, der, wie bereits erwähnt, von Ihnen logischerweise abgelehnt worden ist.

Zudem müssen Sie bedenken, dass die Kommunen seit der Leistungserweiterung zusätzlich tausende Neuanträge zu bewältigen haben. Mit dem derzeitig eingestellten Personal, welches dann noch an regelmäßigen Fachtagungen, Qualifizierungen und Beratungen teilnehmen soll, ist dies schlicht und ergreifend nicht zu bewältigen.

In Punkt III nehmen Sie Bezug auf den Freistaat Bayern, der diesbezüglich wahrlich gut arbeitet. Eine zentrale Stelle, die dafür sorgt, dass Ansprüche nach dem UVG gegenüber den Unterhaltspflichtigen geltend gemacht werden, könnte durchaus auch in Sachsen für eine erhöhte Rückholquote sorgen. Hierzu bedarf es aber erst einmal einer Abfrage, ob dies überhaupt durch den KSV oder die staatliche Finanzverwaltung zu stemmen wäre. Dabei sind insbesondere die finanziellen und die personellen Aspekte zu betrachten. Ich denke einmal, dass Sie diese Abfrage ebenfalls nicht durchgeführt haben.

Zudem sei erwähnt, dass Ihr Prüfauftrag einen rein spekulativen Charakter besitzt, wenn erst einmal geprüft werden sollte, ob eine zentrale Zuständigkeit eine erhöhte Rückholquote bewirken könnte. Woher sollen Sie das wissen? Hierzu könnte man über ein Pilotprojekt nachdenken, um den Erfolg messbar machen zu können.

Kurzum: Dem Punkt I können wir noch zustimmen. Die Punkte II und III müssen wir aufgrund bereits genannter Mängel und vieler Unklarheiten ablehnen. Gut gemeint ist

eben nicht immer gut gemacht. Deshalb bitten wir um punktweise Abstimmung über die Punkte I bis III.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das werden wir beachten. – Meine Damen und Herren, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rufe ich jetzt auf, Herr Abg. Zschocke. Bitte sehr, Herr Zschocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegen einen Berichts- und Prüfauftrag ist sicherlich nichts einzuwenden, doch er kann nicht über fehlendes und dringend notwendiges Handeln hinwegtäuschen.

Wir hatten bereits im Februar eine solche Ankündigungsdebatte. In der Aktuellen Stunde haben Sie angekündigt, die Rolle der Kinder zu stärken, die Kommunen zu entlasten und Unterhaltsschuldner heranzuziehen. Sie versprachen, das neue Unterhaltsvorschussgesetz konsequent umzusetzen. Passiert ist seitdem auf Landesebene nicht viel.

Im Doppelhaushalt stehen zwar jetzt mehr Mittel bereit, um die Kostensteigerung durch die Reform abzufedern, eine finanzielle Entlastung der Kommunen ist allerdings noch nicht in Sicht. Das Ziel des Koalitionsantrages stößt im Landtag sicherlich erst einmal fraktionsübergreifend auf Einigkeit. Natürlich müssen zahlungsfähige Unterhaltsschuldner in die Pflicht genommen werden. Beide Elternteile tragen nun einmal die Verantwortung, und das endet eben nicht nach einer Trennung, meine Damen und Herren. Nur im Notfall sollte der Staat die Familie mit einem Unterhaltsvorschuss unterstützen.

Die Realität sieht aber anders aus. Nur bei knapp einem Viertel der Unterhaltsschuldner gelingt es dem Staat, das vorgestreckte Geld zurückzuholen. Bayern und BadenWürttemberg zeigen, dass es ein bisschen besser geht: mit 36 % und 32 %.

Jetzt schaue ich mir Ihre Antragspunkte einmal genauer an. In Punkt I Ihres Antrages werden Fragen zur Verwaltungspraxis gestellt. Natürlich können Sie statt Kleiner Anfragen auch einen Antrag stellen, Sie können danach fragen, was die Kommunen tun oder nicht tun, um die Rückholquote zu verbessern. Diese Fragen sind alle legitim. Sie lenken aber von der Verantwortung der Staatsregierung ab. Warum fragen Sie nicht, inwiefern das Land die Kommunen bereits unterstützt und welche zusätzliche Unterstützung erfolgen wird?

Die entscheidende Frage, nämlich die nach der Personalausstattung in den Unterhaltsvorschussstellen, greift deutlich zu kurz. In Buchstabe f) wäre danach zu fragen, wie viel zusätzliches Personal benötigt wird, um das Bundesgesetz in vollem Umfang ausführen zu können.

Nur ein Beispiel: Die Landeshauptstadt Dresden hat einen Personalbedarf von 22 Vollzeitstellen ausgemacht. Das zusätzliche Personal braucht zudem Räume und Arbeits

mittel. Die Umsetzung des Bundesgesetzes kostet Dresden für die Jahre 2017 und 2018 rund 850 000 Euro mehr. Inwiefern sich der Freistaat an diesen zusätzlichen Kosten beteiligen wird, ist völlig offen.

Die kommunalen Spitzenverbände verhandeln mit dem Land noch immer über die Frage, obwohl viele Eltern seit dem 1. Juli einen Anspruch auf zusätzliche Gelder haben und eine gute Beratung bei der Antragstellung im Jugendamt auch erwarten können.

Wenn Sie in der Sache wirklich eine Verbesserung bewirken wollen, dann sollten Sie darauf drängen, dass der Freistaat Sachsen die Kommunen bei den neuen Aufgaben und finanziellen Mehrbelastungen auch unterstützt. Sie sollten die Staatsregierung auffordern, das Sächsische Ausführungsgesetz zum Unterhaltsvorschussgesetz jetzt zügig anzupassen, damit die Kommunen nicht auf sich allein gestellt bleiben. Regieren heißt handeln und nicht nur prüfen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vom Landesjugendamt erwarten Sie Handeln. Dieses Amt soll die fachliche Unterstützung für die Unterhaltsvorschussstellen und diese ganzen neuen Regelungen sicherstellen. Ich würde gern wissen, ob die Kolleginnen und Kollegen dort schon von ihrem Glück wissen. Dazu kann die Ministerin dann Ausführungen machen. Wer soll das dort machen? Gerade in diesem Amt ist in den letzten Jahren besonders viel Personal abgebaut worden.

Die Fehlerquellen der Verwaltung beim Zurückholen des Unterhaltsvorschusses müssen analysiert und abgebaut werden. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat aufgezeigt, wie es gelingen kann. Im Begründungstext beziehen Sie sich auch auf diese Studie. Das müssen wir machen, und das ist auch richtig. Auch der Prüfauftrag unter Punkt III greift den Vorschlag der GRÜNEN auf. Wir wollen nicht mehr die Jugendämter für das Eintreiben der Gelder in die Pflicht nehmen, sondern stärker die Finanzämter.

Meine Damen und Herren von der Koalition, also bitte nicht nur prüfen, sondern auch machen und die notwendigen Ressourcen bereitstellen, denn sonst bleibt der Antrag nur heiße Luft.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es bei den Fraktionen noch weiteren Redebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann frage ich die Staatsregierung? – Frau Ministerin Klepsch.