Protocol of the Session on June 22, 2017

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Sie wollen nicht.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Ich will schon!)

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen heraus? – Ja, dann wird doch eine zweite Rederunde eröffnet, aber von der CDU-Fraktion. Das Wort hat jetzt Herr Kollege Schreiber.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gott sei Dank ist der Redebeitrag von Frau Falken schon wieder ein paar Minuten her, sodass man sich innerlich wieder herunterregeln konnte. Fakt ist eins, Frau Falken – das sage ich hier ganz deutlich –: Das, was Sie heute hier gemacht haben, ist eine absolute und bodenlose Frechheit.

(Falk Neubert, DIE LINKE: Weil?)

Weil – das begründe ich. Wer hat das jetzt gefragt?

(Falk Neubert, DIE LINKE: Ich!)

Herr Neubert.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir die letzte Schulausschusssitzung hatten. Man muss deutlich sagen – ich verbinde das nicht mit einem Lob, weil mir das gar nicht zusteht, aber mit einer Anerkennung –, dass sich insbesondere die Berichterstattung des Kultusministeriums im Schulausschuss zu den Vorgängen um die Vorbereitung eines Schuljahres im Vergleich zu den vergangenen Jahren in der Transparenz und in den Aussagen massiv verbessert hat und richtig gut geworden ist. Das ist sogar von Ihrer, Herr Neubert, Fraktionskollegin Falken mehrfach positiv im Schulausschuss angemerkt worden. Uns sind dort alle Informationen gegeben worden. Heute wird extra eine Kamera eingeladen, weil man vorher schon ankündigt, dass man hier den Rücktritt der Ministerin fordern will. Da wird hier ein Schauspiel aufgezogen.

Was wir heute von Ihrer Vertreterin, Herr Neubert, gehört haben, ist einzig und allein ein riesengroßes Schauspiel gewesen. Aber es war noch nicht so gut, dass es hollywoodreif gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte jetzt noch auf die letzte Bemerkung von Frau Zais eingehen. Man muss, wenn man diese Debatte führt, diese ehrlich führen. Ich habe gerade noch einmal im Handy gegoogelt: Lehrermangel in Thüringen, Lehrermangel in Sachsen-Anhalt, Lehrermangel in Branden

burg. Ich glaube nicht, Frau Zais, dass wir ein Problem haben. Wo ist sie denn eigentlich?

(Petra Zais, GRÜNE: Hier, Herr Schreiber!)

Ich glaube nicht, dass wir – das ist immer wieder von der Kultusministerin betont worden – zu wenige Stellen haben, dass wir zu wenig Geld im System haben oder irgend so etwas.

Sie haben gerade gesagt, dass Sie schon wieder ein neues Bildungspaket schnüren wollen.

(Petra Zais, GRÜNE: Einen Bildungspakt!)

Von mir aus auch einen Pakt, was auch immer das dann sein soll.

Wir haben das Problem, dass wir mittlerweile in der Realität angekommen sind. Das heißt, dass wir dort angekommen sind, wo die freie Wirtschaft seit Jahren angelangt ist, dass das Ringen um die besten Köpfe deutschland- und europaweit geschieht und man sich in dem Zusammenhang natürlich fragen muss: Welche Rahmenbedingungen hat man im Freistaat Sachsen um die guten Köpfe, die wir hier ausbilden, im Land zu halten?

Da kann ich so manchen Vorhalt hier nicht verstehen, Frau Falken. Sie wollen eine reibungslose Vorbereitung des Schuljahres. Das will irgendwie jeder. Aber immer nur reibungslos ist auch langweilig, da hätten wir hier gar nichts mehr zu diskutieren.

Frau Falken, schauen Sie sich das Einstellungsverfahren an. Der Freistaat Sachsen hat als erstes Bundesland deutschlandweit mit dem Einstellungsverfahren für das kommende Schuljahr begonnen. Schon beim Einstellungstermin im Februar waren wir das erste Bundesland mit den vorgelagerten Fristen für die Bewerbung usw. für das Einstellungsverfahren. Warum machen wir das denn? Doch nicht, weil die Mitarbeiter in den SBA oder im Kultusministerium sonst nichts zu tun haben. Wir machen das deshalb, weil wir so früh wie möglich versuchen wollen, die Leute, die hier studieren oder die aus welchen Gründen auch immer sagen, dass sie nach Sachsen gehen wollen, hier an uns zu binden. Andere Bundesländer haben erst vor drei oder vier Wochen mit ihren Verfahren angefangen.

Es ist leider so, Frau Falken, dass Menschen, die einen Arbeitsvertrag bei der SBA unterschreiben, möglicherweise in Nordsachsen oder bei Ihnen, Frau Falken, in Leipzig wohnen und dann bemerken, dass SachsenAnhalt ebenfalls mit den Bewerbungen anfängt und sie dort verbeamtet werden. Dann bewerben sie sich noch einmal dort. Da interessiert es im Übrigen den jungen Bewerber nicht mehr, ob er dem Freistaat Sachsen schon einmal ein Wort gegeben und einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Da ist man dann einfach weg. Ich muss es deutlich sagen: Es hat in einer Art und Weise zugenommen, dass man zu dem Freistaat Sachsen, in dem man zum Lehramt ausgebildet wird und der in seinen Lehramtsstudenten viel Geld investiert, keine Verbundenheit

mehr hat. Man sagt nicht: Ich gebe hier etwas zurück und bleibe.

(Beifall der Abg. Ines Springer, CDU)

Wir haben eine Veränderung in der Gesellschaft, einen Egoismus in der Gesellschaft, der dazu führt, dass es nur noch um die Frage geht: Wo bekomme ich für mich das Beste und meiste?

Frau Falken, ich frage mich, wann Sie oder Ihre eigene Partei Ihre Kultusministerin Klaubert in Thüringen zum Rücktritt auffordern. In Thüringen steht man genau vor dem gleichen Problem. In Thüringen hat man aber im Gegensatz zum Freistaat Sachsen noch nicht so ein Bildungspaket vorgelegt, wie wir es hier gemacht haben.

Das Umsteuern im Freistaat Sachsen – das will ich deutlich sagen – hat nicht erst im letzten Jahr angefangen. Das hat im Jahr 2011 angefangen. Ich sage selbstkritisch: Bis 2011 hat man sich mit Aussagen begnügt, dass man genügend Lehrer hätte. Wir hatten vielleicht zahlenmäßig genügend Lehrer. Aber wir hatten definitiv nicht die richtigen Lehrer in den Schularten und schon gar nicht die richtigen Lehrer in den Fächerkombinationen. Heute spüren wir die Auswirkungen. Das ist richtig. Das sage ich ganz selbstkritisch. Dafür gibt es menschliche Verantwortungen. Ich glaube, dass diese klar sind. Die muss man nicht jedes Mal wieder vorbeten. Das wissen die Menschen schon.

Es bringt aber nichts, wenn man jegliche Bestrebungen, es besser zu machen – und das Lehrermaßnahmenpaket enthält viele gute Maßnahmen –, von früh bis spät schlechtredet.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das bringt keinem irgendetwas.

Frau Falken – ich sage es bewusst so –, es widert mich mittlerweile wirklich an, wie Sie immer nur mit Einzelbeispielen ein ganzes System schlechtreden. Ich schließe mich Lothar Bienst an und bestreite das gar nicht. Ich bekomme genügend Mails, in denen von Problemen berichtet wird und wobei ich mich manchmal frage: Wie kann man nur so dämlich sein? Das ist keine Frage. Aber Sie reden ein gesamtes System schlecht, insbesondere auch die Personen, die federführend in diesem System arbeiten. Ich sage deutlich, dass ich damit nicht Frau Staatsministerin Kurth oder die Abteilungsleiter und den Staatssekretär meine, sondern die Schulleiterinnen und Schulleiter, die Lehrerinnen und Lehrer, die in den Schulen Verantwortung tragen. Sie unterstellen ihnen permanent und pauschal, dass sie alles nicht mehr auf die Reihe bekommen und draußen gleich die Welt untergeht, auch wenn es heute nur das Wetter ist. Das ist einfach eine Art und Weise, bei der ich jeden jungen Menschen verstehen kann, der sagt: Weißt du, ich fahre mit der S-Bahn 20 Minuten bis Halle, habe eine schicke Wohnung in Leipzig, und wenn ich mich in Halle verbeamten lasse, habe ich 500 Euro mehr. Das ist ja chic.

Dass der junge Mensch im Freistaat Sachsen aber mit über 3 500 Euro am Gymnasium ein Einstiegsgehalt hat, das der gleiche junge Mensch, der irgendwo in der freien Wirtschaft gelernt hat, nicht einmal ansatzweise hat und er auch nicht nach zehn Jahren, wenn er verheiratet ist und zwei Kinder hat, bei 5 500 Euro brutto liegt, das sagen Sie draußen nirgends. Wenn Sie diese Diskussion führen, weil es eben nicht nur Lehrer in dieser Gesellschaft gibt, sondern diese auch aus einigen anderen Berufsgruppen besteht, die für eine funktionierende Gesellschaft ebenfalls dringend notwendig sind, dann ist nämlich ganz schnell Ruhe in den Diskussionsrunden. Dann schämt sich mancher Lehrer sogar dafür, dass er – im Vergleich zu anderen – mit 5 500 Euro brutto nach Hause geht. Auch das ist Realität.

Sabine: Davon zu reden, dass ein Kind in den Brunnen gefallen ist – nehmt es mir nicht übel und schaut auch einmal auf die konkrete Situation. Zur konkreten Situation in diesem Schuljahr gehört eines – jetzt ist Frau Dr. Stange gerade nicht hier –: Lehramtsausbildung, Umstellung vom Staatsexamen auf Bachelor und Master – –

(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Nein, Entschuldigung! Das war der größte Fehler, den wir in der Lehramtsausbildung jemals machen konnten. Er hat dazu geführt, dass – –

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Das hat damit nichts zu tun. Das sind Fakten, Herr Lippmann, Fakten, keine Alternativen, sondern wirkliche Fakten.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Herr Gebhardt, Sie verstehen es doch sowieso nicht.

Für die Umstellung von Staatsexamen auf Bachelor und Master und die Rückumstellung auf das Staatsexamen – was die Verlängerung des Referendariats vom einjährigen auf das anderthalbjährige betrifft –, so ist genau jetzt der Zeitpunkt, an dem die Umstellungsgeneration mit dem Referendariat eben nicht fertig ist, sondern noch das halbe Jahr dranhängen muss.

(Holger Mann, SPD: 2012!)

Das war eine Konsequenz aus dem Bachelor und Master, Herr Mann.

Genau aus diesem Grund haben wir in diesem Jahr hier wesentlich weniger grundständig ausgebildete Bewerber, da jetzt kaum Referendare mit dem Sommersemester fertig werden. Das sieht im nächsten Halbjahr wieder anders aus, ändert aber noch lange nichts an der Situation, dass wir auch im nächsten Schuljahr 1 500 plus x Lehrer einstellen müssen und alle Bundesländer um uns herum verbeamten und wir an dieser Stelle aus meiner Sicht einen Standortnachteil haben.

Zur Lehramtsausbildung, Frau Friedel, gehört auch, dass es momentan – zumindest für mich gefühlt – an Bereit

schaft fehlt, insbesondere auch im SMWK – aus welchen Gründen auch immer –, noch einmal darüber nachzudenken: Sind die Zahlen – jetzt geht wirklich gleich die Welt unter –, die wir ausbilden – ich sage nur: Grundschulausbildung in Chemnitz –, ein vehementes Verwehren seitens des SMWK, dort etwas mehr zu tun? Uns hat man gesagt: Die Grundschulausbildungszahlen, die wir haben, genügen. Wir haben festgestellt, dass die 1 700, die wir einmal hatten, nicht genügen. Wir sind jetzt bei 2 300, und man muss sich an dieser Stelle tatsächlich fragen: Was passiert in den nächsten Jahren?

Ein letzter Satz zum Thema Einstellen über Bedarf. Auch das haben wir schon diskutiert, insbesondere ist es immer wieder von Frau Dr. Stange vorgebracht worden, als die SPD in der Oppositionszeit war. Das kann man tun. Liebe Sabine, das Problem ist nur, dass ich, wenn ich heute über Bedarf Gymnasiallehrer in den drei großen Städten einstelle, immer noch keinen Oberschullehrer im ländlichen Raum habe.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Das ist unser Grundproblem, Frau Falken, und zu diesem Problem gehören Sie ebenfalls; denn man muss auch einmal deutlich sagen: Der größte Bremser, auch in kurzfristigen flexiblen Maßnahmen, ist zum großen Teil der Lehrerhauptpersonalrat. Das wissen Sie ganz genau, und wenn Sie über Seiteneinsteiger, andere Flexibilisierungsmaßnahmen usw. reden, dann gehören dazu auch Wahrheiten, dass so mancher Vorschlag und so manche Maßnahme einfach deshalb verzögert umgesetzt worden ist, weil ewig und fünf Tage im Lehrerhauptpersonalrat gebremst worden ist. Es gibt beispielsweise auch Seiteneinsteiger, die sehr wohl vor ihrer Einstellung in den Schulen waren. Immer diese Einzelbeispiele – es ist schwierig!

Abschließend will ich sagen: Wir haben ein Problem. Das ist so. Wir sind dabei, dieses Problem zu lösen. Es ist immer wieder deutlich gesagt worden, dass wir es nicht von heute auf morgen lösen. Eine Lehramtsausbildung dauert nun einmal sieben Jahre. Wir tun alles dafür, dass wir die Qualität, die wir im sächsischen Bildungssystem haben und die zuallererst den Lehrerinnen und Lehrern sowie den Eltern zu verdanken ist, halten.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass teilweise in den Lehrerzimmern insbesondere gegenüber Seiteneinsteigern eine Stimmung erzeugt wird, bei der mir persönlich richtig schlecht wird. Da Frau Falken auch immer mit ihren Einzelbeispielen kommt, möchte ich ebenfalls einmal ein Zitat bringen. Ich saß in einem Lehrerzimmer einer Grundschule in Dresden. Dort saß ein Lehrerkollegium – es waren ungefähr 25 Leute –, und eine Lehrerin, die etwas über 40 Jahre alt war – ich weiß es nicht genau, sie war noch relativ jung im Vergleich zum Rest –, sagte in einem Nebensatz zu mir, als es um die Seiteneinsteiger ging – Zitat –: „Ich sehe doch gar nicht ein, dass ich mein Rüstzeug, meinen Instrumentenkoffer“, also das, was sie in ihrem Kopf hat, ihre Befähigung usw., „anderen Leh