Protocol of the Session on June 22, 2017

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag zeigt, dass es wieder an der Zeit ist, das Thema in den Landtag zu bringen und auch in den nächsten Monaten mit dem entsprechenden Bericht zu untersetzen; denn sorbische Sprache und Kultur sind nicht nur für die Sorben wichtig. Sie haben vollkommen recht, Herr Schiemann: Es kann nicht sein, dass immer die Sorben selbst darauf aufmerksam machen müssen, wenn Lücken entstanden sind. Es gibt in den nächsten Jahren sicherlich noch vieles zu beraten und es ist bedeutsam für uns in Sachsen, in Deutschland und in Europa; denn es gibt die Sorben eben nur einmal. Die sorbische Sprache und die Kultur sind Bestandteil unserer Geschichte, unserer Gegenwart und auch unserer Zukunft.

Zentrales Anliegen dieses Antrags ist der Erhalt und die Fortentwicklung der sorbischen Sprache. Dieses Anliegen für insbesondere die in kleineren Gemeinschaften gesprochene Sprache in ganz Europa anerkennend, wurde schon 1992 die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen von Deutschland unterzeichnet und im Jahr 1998 ratifiziert – das liegt schon ein bisschen zurück.

Die gleichen Ziele verfolgt das Grundsatzpapier „ChartaSprachen in Deutschland – Gemeinsame Verantwortung“, das am 26. November 2014 in Berlin feierlich verabschiedet wurde. Ich hatte die Gelegenheit, bei dieser Veranstaltung dabei sein zu dürfen und dort auch das Anliegen der sächsischen Regierung zu vertreten. Es war

dann erst im Dezember 2016, weil es eben doch nicht selbstverständlich war, als diese Charta verabschiedet wurde, dass sie auch automatisch im Rahmen der Kultusministerkonferenz und in den Ländern ihren Widerhall findet. Deshalb hat die Kultusministerkonferenz 2016 dieses Grundsatzpapier nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch in diesem Rahmen festgehalten, dass der Schutz aller Minderheitensprachen und regionalen Sprachvarietäten eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.

Wenn jetzt der Sächsische Landtag das Grundsatzpapier aufgreift und ausdrücklich unterstützt – so habe ich die meisten Fraktionen verstanden –, dann ist dies ein positives Signal nicht nur für die sorbische Sprache und Kultur, sondern für alle Minderheiten und Regionalsprachen in Deutschland sowie in Europa.

In diesem Zusammenhang möchte ich nicht unerwähnt lassen – auch das spielte bereits eine Rolle –, dass sich derzeit die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten stark für eine Bürgerinitiative mit der Bezeichnung „Minority SafePack“ einsetzt.

Nach längeren Bemühungen, die auch eine Befassung vor dem Gericht der Europäischen Union einschlossen, hat die Europäische Kommission im März dieses Jahres beschlossen, eine europäische Bürgerinitiative zu registrieren, die die Kommission auffordert – ich zitiere –, „den Schutz der nationalen und sprachlichen Minderheiten zu verbessern und die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union zu stärken“.

Sollte die Bürgerinitiative innerhalb eines Jahres eine Million Unterstützungserklärungen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedsstaaten erhalten, muss die Kommission innerhalb von drei Monaten reagieren. Ich denke, es ist nicht falsch, wenn ich auch im Sinne der sorbischen Sprache und Kultur dieser Bürgerinitiative an dieser Stelle viel Erfolg wünsche.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gemäß § 7 des Sächsischen Sorbengesetzes erstattet die Staatsregierung dem Sächsischen Landtag mindestens einmal in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Lage des sorbischen Volkes im Freistaat. An diesem Bericht arbeitet die Staatsregierung derzeit und, Herr Kosel, wir werden nicht bis zum Ende dieser Legislaturperiode warten. Es ist vorgesehen, den Bericht im Herbst dieses Jahres dem Landtag vorzulegen. An der Erarbeitung des Berichts sind – neben den Ministerien – unter anderem natürlich auch der Rat der sorbischen Angelegenheiten, die Stiftung für das sorbische Volk, die Domowina, der Bund Lausitzer Sorben sowie das Evangelische Büro Sachsen und das Katholische Büro Sachsen beteiligt.

Ein Bestandteil dieses Berichts wird auch eine Bilanz des Maßnahmenplanes der Staatsregierung zur Ermutigung und zur Belebung des Gebrauchs der sorbischen Sprache sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht selbstverständlich gewesen, dass dieser Maßnahmenplan

verabschiedet wurde, denn er stellt schon auch in Bezug auf die anderen Minderheiten in Deutschland eine Besonderheit dar. Für das Jahr 2018 hat das SMWK eine Fortschreibung des Maßnahmenplanes vorgesehen, also im Anschluss an diese Evaluierung. Dabei werden in dem heute hier vorliegenden Antrag aufgegriffene Sachverhalte Berücksichtigung finden und sicherlich auch das eine oder andere, was heute schon als Anregung gekommen ist, zum Beispiel das Thema Sprachschule, das auch Herrn Schiemann sehr wichtig gewesen ist, oder die Unterstützung außerhalb des sorbischen Gebietes, also in Dresden oder Leipzig, denn auch die Sorben sind mobil und nicht nur auf das sorbische Gebiet beschränkt. Deshalb sollte auch die Unterstützung der sorbischen Stiftung ausgeweitet werden.

Einiges ist aber auch schon umgesetzt worden – ich will nur wenige Punkte nennen.

Als Erstes möchte ich den Preis für sorbische Sprache, den Zejler-Preis, nennen, der mittlerweile zweimal ausgelobt wurde für herausragende Leistungen auf dem Gebiet des Erwerbs, des Gebrauchs und der Vermittlung der sorbischen Sprache. Die Preisverleihung findet aller zwei Jahre statt. Der letzte Preis wurde 2014 verliehen und ich denke, die Klosterkirche St. Annen in Kamenz ist ein symbolträchtiger Ort, den wir auch in Zukunft gern für diese Preisverleihung nutzen möchten;

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

dieser Ort, der seit der Reformation für den evangelischen Gottesdienst der sorbischen Einwohner genutzt wurde und deshalb auch die Bezeichnung „Wendische Kirche“ erhielt.

Ein zweites Beispiel für eine von zahlreichen umgesetzten Maßnahmen, zu der auch dieses Parlament maßgeblich beigetragen hat, ist die Berücksichtigung vertiefender Kenntnisse der sorbischen Sprache im Hochschulzulassungsgesetz. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja in der vergangenen Landtagssitzung beschlossen worden, dass wir das Hochschulzulassungsgesetz jetzt novelliert und damit einen ganz wichtigen Weg für sorbisch sprechende junge Menschen freigemacht haben, ein Lehramtsstudium nicht nur dann mit einem besonderen Bonus aufnehmen zu können, wenn sie Sorabistik studieren wollen, sondern für alle Lehramtsstudiengänge. Ich hoffe, dass das ein Anreiz ist für den einen oder anderen der Abiturientinnen und Abiturienten auch aus einem nicht-sorbischen Gymnasium oder aus dem beruflichen Gymnasium, ein Lehramtsstudium aufzunehmen – egal, in welchen Fächern –, denn die Zweisprachigkeit wird auch in den Fachwissenschaften benötigt.

Drittens möchte ich über den Maßnahmenplan hinaus – der aber durchaus im Zusammenhang damit steht – darauf hinweisen, dass sich die gesamte Landesregierung derzeit für eine Unterstützung des Strukturwandels in der Lausitz starkmacht. Das ist hier schon angeklungen. Lassen Sie es mich noch einmal verstärken; denn die beiden Landesregierungen Brandenburg und Sachsen haben Mitte dieses

Monats gemeinsam getagt und sich bei dieser gemeinsamen Beratung auch mit den Angelegenheiten der Sorben befasst. Unter anderem wurde über die Fortschreibung und weitere Verhandlungen zum Abkommen über die gemeinsame Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk beraten.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich dem Bund sowie dem Bundestag als auch der Bundesregierung für die ausgesprochen aufgeschlossene und dem Verhandlungsanliegen zugewandte Position bei den letzten Verhandlungen danken. Ich kann mich entsinnen, dass wir schon schwierigere Verhandlungen geführt haben.

Das ist eine gute Grundlage, auch für die Zukunft. Beide Landesregierungen, die von Brandenburg und von Sachsen, bekunden ihre Bereitschaft, bereits vor dem Ende der Laufzeit 2021 die Verhandlungen aufzunehmen und damit eine kontinuierliche und verlässliche Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk fortzuführen.

Brandenburg und Sachsen haben sich nochmals zu dem Sorbischen Institut und dessen Weiterentwicklung bekannt, eines Instituts, das mir auch persönlich wichtig ist, weil es das einzige Forschungsinstitut ist, das sich mit den Angelegenheiten der Sorben, mit deren Kultur und Sprache befasst. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates werden konsequent umgesetzt. Aktuell sind wir bei der Besetzung der Direktorenposition. Ich hoffe, dass wir mit der Fortentwicklung des Abkommens über die Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk weiterhin eine angemessene finanzielle Ausstattung des Instituts erreichen können.

Beide Landesregierungen bekennen sich zum Fach Sorabistik und den diesbezüglichen Studienangeboten. Es ist uns besonders wichtig, dass nicht nur in Sachsen, sondern auch in Brandenburg verstärkt in anderen Schulen, nicht nur in den zweisprachigen Gymnasien, für den Beruf des Lehrers im sorbischsprachigen Bereich geworben wird und die Zulassungsbedingungen auch im Brandenburger Raum verändert werden. Meine Kollegin aus Brandenburg ist sehr interessiert an der Änderung ihres Hochschulzulassungsgesetzes. Es ist unser Ziel, auch für die wendische Sprache noch mehr Lehrkräfte ausbilden zu können.

So weit einige erste Anmerkungen; denn hier ist nicht der Raum, um den Bericht über die Lage des sorbischen Volkes vorzutragen oder schon den evaluierten Maßnahmenkatalog vorzulegen. Ich habe gesagt, dass wir das im Herbst machen werden.

Ich danke Ihnen, dass Sie sich in dem Antrag mit der Förderung und Entwicklung von sorbischer Sprache und Kultur so intensiv beschäftigt haben. Damit wird im Sinne des Grundsatzpapiers der Konferenz „Charta-Sprachen in Deutschland – Gemeinsame Verantwortung“ eine gemeinsame Verantwortung für die Sprachenpolitik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen. Wenn das, was der Landtagspräsident angeschoben hat, nämlich die zweisprachige Beschilderung des Landtags, umgesetzt

wird, dann ist das ein weiteres sichtbares Zeichen, ein weiterer wichtiger Schritt, um auch nach außen zu dokumentieren, dass die Sorben ein Teil Sachsens sind, der auch im Landtag seinen Niederschlag findet, und zwar nicht nur in den Debatten, sondern auch im äußeren Erscheinungsbild.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich rufe nun zum Schlusswort auf. Herr Mikwauschk, bitte.

(Aloysius Mikwauschk, CDU: Danke!)

Kein Schlusswort mehr? Gut.

Meine Damen und Herren! Mir liegt vor der Abstimmung zu dem Antrag noch ein Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 6/9902 vor. Ich bitte kurz um Einbringung. Frau Schubert, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen einen Änderungsantrag zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen vor. Unser Änderungsantrag geht in den Schulbereich hinein. Er mag vielleicht als nur kleines Detail wahrgenommen werden, aber wir haben die Rückmeldungen aus der Praxis. Daher wollen wir den Antrag der Koalition mit einer ganz konkreten Forderung nach Förderung der Sprache des sorbischen Volkes untersetzen.

Wir wollen keine Brüche in der Sprachbiografie mehr haben. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist insoweit die Praxis. Der Freistaat ist auf dem Weg, Inklusion umzusetzen. Aber im Rahmen des Sorbisch-Unterrichts tut sich hier eine Lücke auf.

Wir haben dieses Thema schon im vorletzten Plenum angerissen. Das, worüber wir dort diskutiert und was wir erfahren haben, ist von uns in diesem Änderungsantrag umgesetzt worden. Deswegen bringen wir ihn ein.

In dem Änderungsantrag wird ganz klar eine Forderung der Praxis, unter anderem des Sorbischen Schulvereins, aufgegriffen, da bisher die Förderung der entsprechenden Schülerinnen und Schüler nicht hinreichend geregelt ist. Die Forderung nach gleichberechtigter Beschulung und Betreuung jener Schülerinnen und Schüler, die dem sorbischen Volk angehören, und eine zeitweilige Förderung, zum Beispiel im LRS-Bereich, benötigen, wollen wir unter Beachtung des Artikels 6 der Verfassung des Freistaates Sachsen mit einem konkreten Vorschlag ergänzen.

Wir bitten Sie, unseren Antrag zu unterstützen und damit einen konkreten Beitrag zur tatsächlichen Förderung der Sprache in der Praxis zu leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Wer möchte zu dem Änderungsantrag sprechen? – Herr Kosel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der GRÜNEN macht deutlich, dass der Koalitionsantrag in mehrfacher Hinsicht ergänzungswürdig und ergänzungsfähig ist. Die GRÜNEN haben ein Thema ausgewählt, nämlich die besondere Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche an sorbischen Schulen, das regelungsfähig und regelungsbedürftig ist. Deshalb werden wir diesem Antrag auf jeden Fall zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Mikwauschk, bitte.

Die CDU-Fraktion wird diesen Antrag ablehnen. Die besonderen Belange des sorbischen Volkes im Bildungsbereich werden bereits im Schulgesetz berücksichtigt. Zur Lese-Rechtschreib

Schwäche sind alle notwendigen Regelungen bereits in der Integrationsverordnung verankert. Die Maßnahmen zur Inklusion sind gegenwärtig in Vorbereitung, sodass wir gegenwärtig keinen Bedarf sehen, Änderungen zu treffen.

(Beifall bei der CDU)

Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE abstimmen.

Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe jetzt den Ursprungsantrag in der Drucksache 6/9816 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Eine Reihe von Stimmenthaltungen, keine Gegenstimmen. Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen worden.

Eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten? – Herr Kosel, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich möchte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abgeben. Ich habe gemeinsam mit meiner Fraktion für den Antrag der Koalition gestimmt – allerdings unter Zurückstellung erheblicher Bedenken und obwohl dem Änderungsantrag der GRÜNEN nicht gefolgt worden ist –, weil wir aufgrund der Zusagen, die wir der Rede der Staatsministerin entnommen haben, bereit sind, an dieser Stelle der Staatsregierung einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Wir hoffen stark, nicht enttäuscht zu werden.

(Beifall bei den LINKEN)