Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Herr Michel, ich bin ganz bei Ihnen und finde es sehr schön, dass Sie das heute gesagt haben: Beamtenrechtliche Regelungen für tarifbeschäftigte Lehrkräfte – das gehört nicht zusammen. Das heißt, der Freistaat Sachsen – das sind wir im Parlament – muss sich ernsthaft Gedanken darüber machen, zukünftig ordentliche und saubere Regelungen aufzustellen. Sie kennen meinen Vorschlag: Machen Sie einen ordentlichen Tarifvertrag,
Die Bezahlung der Überstunden für Lehrkräfte ist eine Forderung, die wir als LINKE eigentlich seit der Wende im Freistaat Sachsen aufgestellt haben. Wir sind der Auffassung, dass zusätzlich geleistete Arbeit auch vergütet werden muss. Wir gehen so weit, dass dies nicht nur auf die Unterrichtsstunde bezogen sein sollte, sondern auch für zusätzliche Leistungen, die ein Lehrer erbringt. Selbst die Ministerin hatte ja einmal vorgehabt – leider hat es nicht funktioniert –, dass sie besondere Leistungen auch besonders vergüten wollte.
Diese Möglichkeit ist in diesem Gesetz noch nicht gegeben. Sie haben es noch einmal deutlich gesagt. Ich halte es auch für wichtig, weil es Tarifpartner gibt, die bereits in den Lehrerzimmern erklären: Nicht nur die Überstunden, der reine Unterricht, wird künftig zusätzlich bezahlt, sondern alles darüber hinaus, was noch geleistet wird. Insofern war es gut, dass Sie das noch einmal dargestellt haben.
Die Staatsregierung hatte das Maßnahmenpaket ja bereits im vergangenen Jahr hier vorgestellt, veröffentlicht und beschlossen. Das ist schon eine ganze Weile her. Mit diesem Maßnahmenpaket sollte zum 1. Januar 2017 die Überstundenbezahlung erfolgen. Heute endlich haben wir das erforderliche Gesetz im Parlament. Damit wird es erst einmal ermöglicht.
Wir sind sehr froh darüber, dass es klare Aussagen sowohl aus dem Kultusministerium als auch aus dem Finanzministerium gegeben hat, dass die Bezahlung der Überstunden rückwirkend, zum 01.01.2017, geleistet wird, obwohl wir nun wissen, dass aufgrund der entsprechenden Verordnungen, die vom Finanzministerium noch geleistet werden müssen, die Bezahlung der Überstunden möglicherweise erst, höchstens, vielleicht – vielleicht sagt Herr Unland nachher noch etwas dazu, wenn er dazu sprechen wird – im November, Dezember erfolgen wird.
Wir sind darüber enttäuscht und entsetzt, dass Sie als Fraktionen im Sächsischen Landtag zu diesem Gesetzentwurf nicht einmal ein Gespräch mit den Tarifpartnern gesucht haben, um zumindest mit den Tarifpartnern über dieses Gesetz zu sprechen. Wie Sie wissen, will ich eine tarifliche Regelung. Ich weiß, dass Sie das nicht machen, aber das hätte ich mir schon gewünscht.
Dass die Mehrarbeitsstunden einheitlich vergütet werden müssen, ist eine klassische Forderung. Ich habe das heute der Presse entnommen. Ich bin darüber sehr froh, dass Sie eine Regelung gefunden haben, dass sie nicht unterschiedlich bezahlt werden, allerdings nur an Oberschule, Förderschule und Gymnasium. Meine Frage ist: Was ist mit den Grundschullehrern? In welche Bezahlungsbereiche nehmen Sie diese hinein?
Natürlich ist das eine andere Besoldungsgruppe. Das heißt ja noch lange nicht, dass sie für Überstunden nicht identisch bezahlt werden können. Also, so geht es ja auch nicht.
Dazu gibt es keine Aussage. Ich hoffe, dass es dazu noch eine gibt. Ich weiß nicht, ob man den Einwurf gehört hat; vielleicht kann man ihn im Protokoll ergänzen.
Überstunden – das muss nach unserer Auffassung in der entsprechenden Verwaltungsvorschrift fixiert werden – können und dürfen nur kurzfristig durchgeführt werden: wenn ein Lehrer krank ist, wenn er zur Fortbildung ist oder wenn es einen kurzfristigen Ausfall gibt.
Das, was Herr Michel soeben dargestellt hat, halte ich für sehr schwierig und problematisch. Überstunden und Mehrarbeit dürfen nicht dazu dienen, den existierenden Lehrermangel mit der regulären Absicherung der Stundentafel auszugleichen. Das wäre aus unserer Sicht der total falsche Weg. Das würde ja bedeuten, dass Lehrerinnen und Lehrer über ein ganzes Schuljahr hinweg Mehrarbeitsstunden per se in ihrer Lehrauftragsverteilung haben, und das halten wir eindeutig für falsch.
(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU – Jens Michel, CDU: Wenn sie wollen!)
Nein, auch nicht, wenn sie wollen. Überstundenregelungen haben eine ganz andere Bedeutung; denn Sie erhöhen damit automatisch die Pflichtstunden, und das halten wir für absolut falsch.
Ich möchte noch einmal darauf eingehen – Frau Friedel sagte es bereits –: Wir halten es auch für falsch, dass es einen Freizeitausgleich mit diesem Gesetzentwurf nicht mehr gibt. Ich glaube schon, es wäre besser und sinnvoller gewesen, dass die Lehrkräfte selbst entscheiden können, ob sie die Stunden bezahlt haben wollen oder sie „abhängen“ können. Sie haben natürlich recht, Frau Friedel: Die Stunden, die man noch abhängen kann, werden zunehmend schwieriger. Aber Ihre Aussage deutet ja darauf hin, dass die Stundentafel für das kommende Schuljahr nicht wirklich zu realisieren ist. Das ist auch meine Meinung. Bis jetzt habe ich das aus dem Kultusministerium noch nicht gehört. Wir werden uns mit diesem Thema morgen noch einmal – über unseren Antrag – inhaltlich beschäftigen können. Bis jetzt habe ich es nicht gehört. Wenn es aber nicht so ist, dass man die Stundentafel nach wie vor erfüllen will, dann gibt es von der Logik her natürlich Potenziale, bei denen man sagt: Ich kann auch einmal eine Stunde abhängen.
Die Frage der Prüfung klammern wir einmal ganz aus; denn dieses Verfahren wird seit der Wende genutzt. Das ging streckenweise an den sächsischen Schulen so weit, dass überhaupt keine Überstunden bezahlt werden durften, auch nicht bei einer Vollbeschäftigung bezüglich der über vier hinausgehenden Stunden. Dieses Verfahren der Verwaltung durch den stellvertretenden Schulleiter wird seit Jahren praktiziert, und nach meiner Kenntnis hat es bisher nie weder eine Beschwerde noch ein Problem gegeben, dass man ein solches Verfahren nicht durchführen kann. Mit dieser Regel, auch wenn sie freiwillig wäre, wäre der Verwaltungsaufwand nicht mehr so groß wie bisher.
Dazu kommt, dass wir für teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte – davon haben wir im Freistaat Sachsen sehr viele – Überstunden nicht anweisen können. Das geht nicht. Das ist ausgeklagt, und darüber müssen wir nicht lange diskutieren. Das heißt, ich muss den teilzeitbeschäftigten Lehrer fragen, und wenn er sagt, ja, wenn er die Stunde abhängen könne, würde er auch die Mathestunde übernehmen, und die Schulleiterin sagt, laut Gesetz sei dies nicht mehr möglich und er könne die Mathestunde machen oder nicht, dann bekomme er sie bezahlt, und der Lehrer sagt, er mache sie nicht, dann würden wir zukünftig gerade in den Kernfächern damit rechnen müssen, dass diese Überstunden nicht wirklich so geleistet werden, wie sie geleistet werden könnten. Das heißt, es wird dort aus meiner Sicht eine Verschiebung geben, bezogen auf die Stunden, die vertreten werden oder nicht vertreten werden.
Wir sehen Schwierigkeiten, Probleme, Bedenken, auch bezogen auf die Befristung – Herr Michel, Sie haben es noch einmal erwähnt – bis zum Jahr 2021; ich glaube, im Gesetzentwurf steht: bis Januar. Dort sehen wir auch eine Schwierigkeit, ein Problem: Die Thematik der Arbeitszeiten für Lehrerinnen und Lehrer wird möglicherweise auch bei uns im Parlament in der Diskussion sein. Dabei halten wir es für zwingend notwendig, dass man dort tarifliche Regelungen trifft und zumindest mit den Tarifpartnern darüber verhandelt und diskutiert, bevor man irgendetwas in dieser Richtung einführt. Wir wissen, dass es bis 2021 nicht mehr lange ist, es geht relativ zügig und schnell.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Änderungsantrag ist Teil der Umsetzung des von der Staatsregierung im Oktober 2016 beschlossenen Maßnahmenpaketes mit dem schönen Namen „Zukunftsfähige Schulen für Sachsen“. Die darin enthaltenen Regelungen, jede angefallene Vertretungsstunde oder den freiwillig erhöhten Beschäftigungsumfang finanziell voll auszugleichen, macht natürlich auch eine Änderung des Gesetzes erforderlich. Wir werden Ihrem Gesetzentwurf zustimmen, auch wenn wir im Anschluss noch einen eigenen Änderungsantrag einbringen werden.
Wer allerdings auf den Titel des Maßnahmenpaketes „Zukunftsfähige Schulen für Sachsen“ gekommen ist, der scheint ein wenig abgehoben zu sein; denn der Grund des Maßnahmenpaketes ist ja mitnichten die Gestaltung der Zukunft unserer Schule, sondern lediglich die Kaschierung der bildungspolitischen Misere. Es ist ein Flickenteppich an Maßnahmen. Es sind viele kleine Pflaster auf eine große Wunde des Tals der Tränen. Ich würde dieses Maßnahmenpaket eher als Verhinderungspanoptikum für den Schulkollaps bezeichnen. Das Paket mag zwar das
Mit dieser Regelung sollen unsere Lehrer auch noch zu mehr Überstunden motiviert werden. Das ist richtig und notwendig. Die Motivation soll darin bestehen, dass die geleisteten zusätzlichen Unterrichtstunden überhaupt und in voller Höhe bezahlt werden. Das ist aber eine Selbstverständlichkeit und keine Motivation.
Unsere Lehrer dürfen somit die fad schmeckende Suppe auslöffeln, die ihnen CDU-geführte Regierungen der letzten Jahre eingebrockt haben. Das wird dann als „eine neue Zukunft von Sachsens Schulen“ verkauft. – „Na toll!“, kann ich da nur sagen.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, das reicht bei Weitem nicht! Echte Motivation sieht nämlich anders aus. Wie genau, das erfahren Sie später auch durch unseren Änderungsantrag.
Im Übrigen ist meine Fraktion gespannt, wie sich die Langzeiterkrankungen der Lehrer in den nächsten Jahren entwickeln werden.
Zum Schluss möchte ich aber auch die Gelegenheit dazu nutzen, um neue Wege zu werben. Die bisherigen Maßnahmen des Maßnahmenpaketes sind offenbar übersichtlich. Das zeigen die in den letzten Tagen bekannt gewordenen Aktivitäten des Kultusministeriums: Lehramtsabsolventen aus Sachsen werden aktiv angeworben, Bachelor-Absolventen sollen für eine dauerhafte Lehrtätigkeit zugelassen werden. Das bisherige Kriterium einer abgeschlossenen Hochschulausbildung wird demnach de facto über Bord geworfen.
Das System aber muss grundsätzlich flexibler werden und schnellere Lösungen möglich machen, die wiederum auch in die Eigenverantwortung der jeweiligen Schule gelegt werden können. Im Mai 2016 hatte meine Fraktion im Antrag – Sie erinnern sich vielleicht – Sofortmaßnahmen zur Lehrergewinnung und den Vorschlag von Kooperationen mit Nachhilfeunternehmen eingebracht. Dieser Vorschlag kann weiter ausgebaut werden.
Warum werden Schulen nicht für freiberuflich Tätige geöffnet? In Volkshochschulen, in Weiterbildungsinstituten und bei der Schülerhilfe gibt es die notwendige Bildungserfahrung sowie pädagogische Kompetenzen. Hier gibt es ein großes Potenzial an Dozenten. Viele der Unternehmen sind seit Jahren am Markt etabliert. Dieses Potenzial könnte vor allem genutzt werden, um kurzfristig Unterrichtsausfälle abzudecken, so bei Klassenfahrten, kurzen, krankheitsbedingten Stundenausfällen oder aber, wenn Lehrer zu Weiterbildungsmaßnahmen abgeordnet werden. Der Einsatz der freiberuflichen Lehrkräfte kann – das sagte ich bereits – auch in die Verantwortung der jeweiligen Schule gelegt werden, möglicherweise durch ein eigens dafür eingerichtetes Budget.
Meine Damen und Herren, kommen wir nochmals zum Gesetzentwurf zurück. Wir werden dieser Änderung zustimmen, wie ich bereits sagte, auch wenn wir darin keine wirklichen Anreize für Mehrarbeit sehen. Aber eben aus diesem Grund legen wir anschließend unseren Änderungsantrag mit einem weiteren Vorschlag zu dieser Thematik vor.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor: Sie sind übermüdet, können nicht mehr und wollen sich erholen, und das Einzige, das Ihnen Ihr Chef anbietet, ist mehr Geld fürs Weitermachen. – Zu Recht würde jeder sagen: Das kann nicht die Lösung sein. Es sei denn, man ist die schwarz-rote Koalition in Sachsen, dann kann man das Ganze auch noch als Politik verkaufen, wie wir am vorliegenden Gesetzentwurf sehen. Was auf den ersten Blick aus unserer Sicht ganz passabel scheint – die Mehrarbeitsstunden werden zukünftig bei den Lehrerinnen und Lehrern vergütet, können aber nicht mehr ausgeglichen werden –, ist es auf den zweiten Blick nicht mehr.
Dieser Gesetzentwurf ist schlussendlich der papiergewordene Raubbau an der Gesundheit der Beschäftigten.