Es führt vielleicht kurzfristig zu einer besseren Stellensituation, aber es wird sich langfristig als das erweisen, was man gemeinhin einen Pyrrhussieg nennt. Vielleicht gewinnt man den einzelnen Kampf, verliert aber dann den Krieg.
Sie erkaufen sich nämlich eine mehr schlecht als recht funktionierende Sicherstellung des Unterrichts mit der Gesundheit derjenigen, für die Sie eine Fürsorgepflicht haben. Ruhe und Freizeitausgleich kann man nicht mit Geld aufwiegen. Das ist eine Binsenweisheit. Ich garantiere Ihnen, dass Sie diesen Schritt in einigen Jahren bitter bereuen werden, wenn die Ausfallzahlen eines steigenden Krankheitsstandes der Lehrerinnen und Lehrer so orbitant sind, dass sie noch größere Probleme haben könnten als jetzt.
Behaupten Sie aber dann bitte nicht, Sie hätten das vorher nicht gewusst und es hätte Sie auch keiner gewarnt.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Ausschuss hatten wir uns noch der Stimme enthalten. Nachdem aber klar geworden ist, dass mit den Tarifpartnern noch nicht einmal ein Gespräch über die neue Regelung geführt worden ist – das wäre angezeigt gewesen –, zeigt sich einmal mehr, dass die Koalition hier eine halbgewalkte Lösung durchzocken will. Dafür stehen wir als GRÜNE nicht zur Verfügung, und wir werden dagegen stimmen.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Hätte es eine Wahlmöglichkeit gegeben, Frau Kollegin Friedel, dann
hätten wir hier und heute zugestimmt. Aber es fehlt sowohl an der Wahlmöglichkeit wie auch an der Feststellung einer maximalen Zahl an Überstunden im Monat, was ebenfalls noch ein tauglicher Kompromiss gewesen wäre.
Hier läuft dann doch der komplette Arbeitsschutz ins Leere. Da nützt es auch nichts, wenn der Arbeitsminister beim Tag des offenen Regierungsviertels das Arbeitsschutzmaskottchen vortreten lässt, dessen Botschaft übrigens lautet: Gute Arbeitsbedingungen, gesunde Mitarbeiter, erfolgreiche Unternehmen! – Ja, das stimmt, ich empfehle der Koalition, sich dringend einmal von diesem Arbeitsschutzmaskottchen beraten zu lassen.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch aus der Sorge, dass hier eine Blaupause für weitere Teile des öffentlichen Dienstes geschaffen wird, die wir als GRÜNE aufgrund der Fürsorgeplicht gegenüber den Beamtinnen und Beamten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Sachsen einnehmen, sage ich Ihnen ganz deutlich: Vernünftige Politik für den öffentlichen Dienst macht man nicht mit Sonntagsreden, sondern mit guten Gesetzen. Dieses gehört nach unserer Auffassung nicht dazu. Deshalb werden wir es ablehnen.
Ich will zwei, drei Punkte, die jetzt angesprochen worden sind, noch einmal klarstellen. Sie tun so, als ginge es um eine große Maßnahme, um den Lehrermangel in Sachsen zu bekämpfen. Das ist bei diesem Punkt nicht der Fall. Es geht darum, die vereinzelt zu haltende Vertretungsstunde anstelle von Unterrichtsausfall angemessen zu würdigen und nicht wie bisher zu sagen: „Ach, weißt du, das bummelst du irgendwann einmal ab.“ – Um mehr geht es nicht.
Wenn Sie sich die Zahlen einmal vor Augen führen, die Herr Kollege Michel hier vorgetragen hat, und auch die Zahl von 30 000 Lehrkräften, die wir hier haben, heranziehen, dann können Sie sich selbst ausrechnen, dass damit keine Absicherung der Stundentafel erfolgt bzw. kein zusätzliches Lehrerarbeitsvermögen in großem Umfang generiert wird. Demzufolge wird das keine Säule für das Bestehen dieses Schulsystems sein.
Zum anderen haben Sie das Thema Tarifpartner erwähnt. Die Maßnahme ist in der Umsetzung des Lehrermaßnahmenpakets. Dem Lehrermaßnahmenpaket gingen monate
lange Verhandlungen zwischen der Staatsregierung auf der einen Seite und den Lehrergewerkschaften auf der anderen Seite voraus. Es gab viele Forderungen von den Tarifpartnern und viele Forderungen von den Lehrergewerkschaften, und das war eine davon.
Tun Sie bitte nicht so, als ob wir hier etwas gegen den Willen der Arbeitnehmer durchsetzen würden, sondern – Frau Falken hat darauf hingewiesen – hier wird eine Forderung erfüllt, die seit vielen Jahren im Raum steht.
Ein dritter Punkt zum Thema Arbeitsschutz. Ich habe dazu schon Ausführungen gemacht. Vielleicht füge ich noch etwas nach Ihrer Zwischenfrage, Herr Lippmann, hinzu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Kollegin Friedel, einmal zur Klarstellung, weil Sie das Maßnahmenpaket jetzt angesprochen haben. Wir lesen es nicht so, dass die Klarheit damals schon bestand, dass dann im Gegenzug generell keine Freizeitausgleichsmöglichkeit mehr besteht. Lesen Sie das anders?
Herr Lippmann, ich rede vielleicht noch kurz zu Ende. Ich habe Ihnen vorhin dargelegt, dass ich beide Positionen für vertretbar halte und man am Ende abwägen muss, welches Ziel man erreichen will und zu welchem Preis. Unsere Abwägung war, ein Verfahren, das so schlank wie möglich ist, für einen befristeten Zeitraum zu wählen. Diese Abwägung hat dazu geführt, zu sagen, dass wir bei Anerkennung dessen, dass es faktisch ohnehin nicht möglich sein wird, überzählige Stunden in großem Maße abzubummeln, dann lieber das schlanke Verfahren der automatischen Bezahlung – so nenne ich es einmal in Anführungsstrichen – nehmen.
Ich will noch einen Satz sagen, damit hier kein Zweifel bestehen bleibt. Die kleine Maßnahme der Bezahlung von Mehrarbeit ab der ersten Stunde enthebt uns nicht davon, weiterhin Lehrkräfte einzustellen, sie enthebt uns nicht davon, weiter dafür zu sorgen und zu kämpfen, dass wir nicht nur einen Grundbereich haben, der zu 100 % abgedeckt ist, sondern dass auch der Ergänzungsbereich mal wieder zu 100 % abgedeckt sein wird. Dies ist keine Maßnahme, welche in großem Stil Lehrerarbeitsvolumen generieren wird, sondern es ist eine Maßnahme, welche anerkennt, dass Lehrkräfte sich hinstellen und sagen:
Diese Anerkennung sind wir den Lehrkräften schuldig. Deshalb noch einmal: Stimmen Sie doch einfach zu!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gegenwärtige Situation im Lehrerbereich und in der Unterrichtsversorgung ist durch folgende Entwicklung gekennzeichnet: auf der einen Seite momentan steigende Schülerzahlen, auf der anderen Seite sinkendes Lehrerarbeitsvermögen aufgrund des altersbedingten Ausscheidens vieler Lehrkräfte und bundesweiter Schwierigkeiten bei der Lehrernachwuchsgewinnung. Der dadurch entstehende Lehrkräftebedarf kann kurzfristig nicht vollständig gedeckt werden.
Neben den weiteren im Maßnahmenpaket der Sächsischen Staatsregierung vom 25. Oktober 2016 vereinbarten Maßnahmen zur Sicherung der Lehrerversorgung ist deshalb für einen befristeten Zeitraum auch der finanzielle Ausgleich von Mehrarbeit für Unterrichtstätigkeit erforderlich. Dadurch lässt sich Unterrichtsausfall vermeiden, der dann entstünde, wenn bei den Lehrern der in § 95 Abs. 2 des Sächsischen Beamtengesetzes geregelte Vorrang von Freizeitausgleich bestehen bliebe.
Mit der vorgesehenen Neuregelung wird sichergestellt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich der gesamten geleisteten Mehrarbeit für die erbrachte Unterrichtstätigkeit entsteht. Tätigkeiten im Rahmen der hoheitlichen Schulleitung und außerunterrichtliche Tätigkeiten von Lehrkräften werden von der Sonderregelung dagegen nicht erfasst. Für sie verbleibt es bei den allgemeinen Regelungen, die für alle Beamten im Freistaat gelten.
Warum ist eine gesetzliche Regelung im Beamtenrecht notwendig, wenn die Mehrzahl der Lehrerinnen und Lehrer Angestellte sind? Nun, weil die tarifrechtlichen Regelungen für Angestellte auf die für Beamte des Freistaates geltenden Vorschriften verweisen. Eine tarifvertragliche Änderung ist somit nicht notwendig.
Die normative Umsetzung erfolgt nunmehr durch Aufnahme des Abs. 3 in § 95 des Sächsischen Beamtengesetzes. Die Begrenzung der vorrangigen Vergütung von Mehrarbeit im Rahmen der Unterrichtstätigkeit auf den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Januar 2021 trägt der prognostischen demografischen Entwicklung der Lehrkräfte Rechnung. Die Gesetzesänderung soll rück
wirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Entsprechende Haushaltsmittel wurden bereits für den Doppelhaushalt 2017/2018 eingeplant.
Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Sächsischen Beamtengesetzes. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses. Es liegt folgender Änderungsantrag vor: Drucksache 6/9880, Änderungsantrag der AfD-Fraktion. Herr Abg. Barth wird diesen jetzt einbringen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Änderungsantrag möchten wir die Vergütung von zusätzlichen Unterrichtsstunden auf das 1,5-Fache anheben – ganz einfach erklärt. Uns allen hier im Haus ist bewusst, dass in den künftigen Schuljahren zusätzliches überdurchschnittliches Engagement unserer Lehrer nötig sein wird. Mit unserem Antrag wollen wir daher einen echten Anreiz für wirkliche Mehrarbeit setzen.
Wir wissen, dass die Schulen in den kommenden Jahren Lehrer brauchen, die sich überdurchschnittlich engagieren. Wir brauchen Lehrer, die Lust haben, länger vor Klassen zu stehen. Dafür braucht es aber Motivationen, dafür braucht es Anreize. Eine überdurchschnittliche Vergütung kann genau das sein. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass nur die gehaltenen Unterrichtsstunden vergütet werden. Die erforderlichen Vor- und Nachbereitungszeiten werden nicht bezahlt und fallen trotzdem für Lehrkräfte an.
Im neuen Abs. 3, welcher dem § 95 des Beamtengesetzes angefügt werden soll, ist von angeordneter oder genehmigter Mehrarbeit zu lesen. Wir alle wissen, dass es das eine oder andere Mal angeordnete Mehrarbeit geben kann. Dies ist jedoch wenig zielführend und sollte nicht im Vordergrund stehen. Wem nützt ein demotivierter Lehrer? Weder der Schule, noch den Schülern und natürlich auch nicht der Lehrkraft.
Wir plädieren an dieser Stelle eindringlich dafür, dass möglichst wenig Mehrarbeitsstunden tatsächlich angeordnet werden. Wir setzen uns vielmehr für freiwillig gehaltene Überstunden ein und wollen dafür einen entsprechenden Anreiz schaffen. Bei dem von unserer Fraktion vorgelegten Aufschlag von 50 % auf die übliche Vergütung für Mehrarbeit sehen wir genau das.