Protocol of the Session on May 17, 2017

Dass Sachsens Hochschulen die Möglichkeit bekommen sollen, eine Profilquote unter anderem für junge Leistungssportlerinnen und Leistungssportler einzurichten, ist nicht nur notwendig, sondern auch ein wichtiger Schritt. Die Reformierung der Hochschulzulassung hat aber auch zahlreiche unterschiedliche Aspekte, und alle müssen in unseren Überlegungen eine Rolle spielen. Leider erfüllt der hier vorliegende Antrag diese Bedingungen augenscheinlich nicht und erscheint zum jetzigen Zeitpunkt eher wie ein Schnellschuss: in der Sache richtig, aber gänzlich zu kurz gegriffen und unausgereift.

(Lachen bei der AfD)

Ein Beispiel hierfür ist Punkt 2 des Antrages. Darin wird gefordert, dass zunächst Spitzensportlerinnen und Spitzensportler, die dem Kader einer Schwerpunktsportart des OSP angehören, bevorzugt werden. Die Antragstellerin scheint aber nicht zu wissen, dass Hochschulen bei einer Vorabquote allgemein nach Bedürftigkeit entscheiden und dazu eine Rangfolge erstellen. Diese Tatsache macht die gestellte Forderung daher überflüssig. Auch wirft die im Antrag geforderte Quote von bis zu 1 % grundsätzlich die Frage auf: Wie kommen Sie, liebe Damen und Herren der AfD, auf diese Zahl, und warum glauben Sie, dass 1 % ausreicht?

(Jörg Urban, AfD: Mal nachrechnen!)

Letztlich – das muss bei genauerer Betrachtung des Antrages festgestellt werden – scheint sich die AfD keinerlei Gedanken darüber gemacht zu haben, wie die Zukunft unseres Leistungssports aussehen soll. Wir haben im Dezember hier im Haus eine ausführliche Debatte zur

Leistungssportreform geführt. Darin ging es um die Inhalte. Da hätte man einiges lernen können.

Sie scheinen vergessen zu haben, dass in der Leistungssportreform des DOSB, die mit den Sportfachverbänden und in enger Zusammenarbeit mit den einzelnen Bundesländern angestoßen wird, die hier genannten A-, B-, C- und D/C-Kader in Zukunft so nicht mehr relevant sind; denn zukünftig sprechen wir über eine andere Kaderstruktur. Darauf sind Sie im Antrag überhaupt nicht eingegangen. Das heißt also, wenn wir jetzt dieses Gesetz fassen, dann hantieren wir sozusagen mit alten Strukturen, wie Sie es eben formuliert haben.

(Dr. Kirsten Muster, AfD: Ach!)

Sie sind in Sachen Sportfachpolitik nicht auf der Höhe der Zeit, das muss ich einmal so deutlich sagen. Wenn wir Ihrem Antrag zustimmen würden, dann wäre das Ergebnis, dass wir in kurzer Zeit, wenn die Leistungssportreform umgesetzt ist, das Gesetz noch einmal neu fassen müssten. Das wollen wir doch nicht. Wir sollten also jetzt schon ein Stück in die Zukunft arbeiten. Was die inhaltliche und fachliche Reife des vorliegenden Antrages betrifft, so muss man sagen: gut gemeint und schlecht gemacht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Es ist offensichtlich, dass sich das Hinzuziehen fachkundiger Meinungen, etwa durch Gespräche mit Fachverbänden und Hochschulen, hier nicht nur anbietet, sondern absolut notwendig ist. Eine Anhörung, wie für den gemeinsamen Antrag der SPD- und meiner Fraktion vorgesehen, wurde von der AfD nicht beantragt, obwohl sie sinnvoll wäre.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Novellierung, die den Bildungsweg unserer Sportlerinnen und Sportler an unseren Hochschulen betrifft, ist zu wichtig, als dass wir überstürzt und ohne jede Rücksprache mit Sportverbänden, Hochschulen und nicht zuletzt mit unseren Sportlern handeln sollten. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab und werden zu einem späteren Zeitpunkt nach Rücksprache mit allen Beteiligten über einen fundierten, ausgereiften Antrag, nämlich den der Koalitionsfraktionen, hier im Plenum entscheiden.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die Linksfraktion Frau Abg. Meiwald, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In meiner Rede zur Aktuellen Debatte im Dezember zum Thema Spitzensport habe ich zur Einführung einer Profilquote Folgendes gesagt: „Ganz wichtig ist die Einführung der sogenannten Profilquote für Spitzensportler und der erleichterte Zugang zu Hochschulen und Universitäten. Ich habe mich sehr gefreut, zu hören,“ – das war zum damaligen Zeitpunkt – „dass es diesbezüg

lich schon Gespräche zwischen Innenministerium und Wissenschaftsministerium gibt. Das fordert die Reform übrigens, und andere Bundesländer machen es vor.“

Nun hat Herr Rost bereits erläutert, dass die Koalitionsfraktionen eine Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes planen und in diesem Zusammenhang auch die im Zuge der Spitzensportreform geforderte Einführung einer Profilquote vorhaben. Dort übrigens, nämlich ins Hochschulzulassungsgesetz, gehört sie auch hin, und nicht ins Hochschulgesetz.

(Aline Fiedler, CDU: Genau!)

Ich hätte mir gewünscht, dass die Staatsregierung bei ihren bereits genannten Gesprächen im Dezember 2016 etwas weiter gekommen wäre. Aber sei es drum! Ich freue mich auf die Anhörung im Herbst.

Nun ist es allerdings etwas seltsam, dass gerade Sie, meine Damen und Herren von der AfD, diese Quote nun einfordern. Wirft man einen Blick in Ihre Programmatik, so kann man Folgendes lesen: Im Grundsatzprogramm der AfD steht auf Seite 53: „Planwirtschaftliche Zielvorgaben zu Studentenzahlen, Studienerfolg und Frauenanteil lehnen wir ab. Auch für Studienabschlüsse darf es keine Quoten geben.“

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha! So was! – Heiterkeit bei den LINKEN)

In Ihrem Wahlprogramm steht auf Seite 40: „Der durch planwirtschaftliche Zielvorgaben zu Studentenzahlen, Studienerfolg und andere Quoten erzeugte Zwang zur Nivellierung ist zu beenden.“

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ah! – Kerstin Köditz, DIE LINKE: Hört, hört! – Gegenruf des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Ich glaube, meine Damen und Herren von der AfD, Sie sollten sich erst einmal darüber klar werden, was Sie wollen: eine Quote oder keine Quote, und im Zweifel dann vielleicht auch nur für sogenannte geburtsdeutsche männliche Sportler.

(Zuruf von der AfD: Hallo! Sie dürfen auch mitmachen!)

Selbstverständlich gibt es in den meisten anderen Bundesländern, zum Beispiel in Brandenburg, im Hochschulzulassungsgesetz eine entsprechende Profilquote. Aber diese gilt dann nicht nur für Sportlerinnen und Sportler. In § 4 im Brandenburgischen Hochschulzulassungsgesetz steht folgender Passus unter den Vorabquoten: „... Bewerberinnen und Bewerber, die einem im öffentlichen Interesse zu berücksichtigenden und zu fördernden Personenkreis angehören und aufgrund begründeter Umstände an den Studienort gebunden sind (Profilquote).“ So hat Brandenburg die sechs Personengruppen im § 9 des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassungen übernommen und um diese siebte Personengruppe, worunter die Leistungssportlerinnen und Leistungssportler fallen, ergänzt.

(Jörg Urban, AfD: Das ist dann Planwirtschaft!)

Diese Regelung finde ich auch sinnvoller, da sie auch andere Gruppen einschließt. Zudem ist eine flexiblere Angabe zur Höhe der Quote besser als die von Ihnen geforderte und von Herrn Rost schon angemahnte von 1 %. Das ist eine doch recht starre Grenze. In Brandenburg gibt es eine Vorabquote für die Besetzung von Studienplätzen von mindestens 10 bis maximal 20 %. Darüber hinaus ist die bereits erwähnte Einteilung in A-, B-, C- und D-Kader ohnehin obsolet, wenn die Reform des Spitzensports ab 2019 gelten wird.

Sie werden sich sicherlich nicht großartig wundern, dass wir allein aus diesen Gründen Ihren Antrag ablehnen müssen. Aber lassen Sie mich zum Schluss doch noch eine Bemerkung machen. Sie zitieren den DOSB, dass Leistungssportler Vorbilder für viele Menschen seien, und schlussfolgern, dass sie Botschafter für die Bundesrepublik und damit auch für den Freistaat Sachsen sind. Sie gestatten, dass ich auch noch etwas zitiere, und zwar Ihren Spitzenkandidaten Herrn Gauland,

(Uwe Wurlitzer, AfD: Jetzt kommt wieder Boateng!)

der vor ziemlich genau einem Jahr über den Spitzensportler und Fußballnationalspieler Jérôme Boateng sagte: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut, aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ah!)

Ja, meine Damen und Herren, solche Nachbarn wie Jérôme Boateng sind Botschafter für unser Land – ganz im Gegensatz zu Ihnen, Sie schaden dem Ansehen des Landes und damit dem Sport.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Hannelore Dietzschold, CDU)

Für die SPD spricht Herr Mann; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch auf die Gefahr hin, dass alles schon gesagt wurde, aber noch nicht von jedem, will auch ich meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass die AfD jetzt ihr Herz für Quoten entdeckt hat. Wir hatten im letzten Plenum die Debatte über die Landarztquote, deren Antrag zur Anhörung in den Ausschuss gegeben werden musste. Mal schauen, was wir beim nächsten Mal besprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der AfD! Sie rufen ein Thema auf, das – wie schon mehrfach erwähnt – in den Fraktionen von CDU und SPD seit Längerem diskutiert wird und derzeit auch Gegenstand der Debatten um die Leistungssportreform ist.

Im Koalitionsvertrag 2014 heißt es wörtlich: „Die Vereinbarkeit von Leistungssport, Beruf und Studium fördern wir ebenso wie den Spitzensport und die Olympiastütz

punkte. Wir werden in Gesprächen mit den Hochschulen auch prüfen, inwiefern Leistungssportlern ein erleichterter Zugang zu Studienfächern gewährt werden kann.“ – Es ist also ohne Zweifel kein neues Thema.

Genau das haben wir getan und das tun wir auch weiterhin: mit den Hochschulen reden und sie anhören, bevor das Sächsische Hochschulzulassungsgesetz novelliert wird.

Bereits in der Debatte zum neuen Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung der Hochschulzulassung im März 2017 habe ich im Hohen Haus ausgeführt: „Sicherlich sind noch viele Aspekte zu diskutieren, ich denke dabei beispielsweise an die Vereinbarkeit von Leistungssport und Studium oder aber an einen erleichterten Zugang zum pädagogischen Studium bei beruflicher Vorqualifikation.“

Zudem werden darüber hinausgehende Aspekte auch in Zukunft Gegenstand des schon angesprochenen Sächsischen Hochschulzulassungsgesetzes sein, das nach Ratifizierung des Staatsvertrages novelliert werden muss.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Hochschulzulassung greift in verfassungsrechtlich verbriefte Rechte beim Zugang zum Beruf ein. Daher muss sehr genau geprüft und abgewogen werden oder, um es einmal deutlich zu sagen: Jeglicher Eingriff muss rechtssicher ausgestaltet werden, denn: Die Bevorzugung des einen ist de facto eine Benachteiligung des anderen, im Zweifelsfall auch leistungsstärkeren anderen oder anderer.

Die Koalition hat deshalb mit Drucksache 6/9648 einen Antrag eingebracht, der einerseits einen Bericht zur bisherigen Nutzung von Vorabquoten vorsieht, andererseits aber den Impuls zur Novellierung des Sächsischen Hochschulzulassungsgesetzes gibt, auch unter – aber nicht nur – dem Aspekt einer Vorabquote für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler.

Wie in der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschuss vom 8. Mai 2017 angekündigt, wollen wir diesen Antrag gern anhören. Über den Termin werden wir uns noch zu verständigen haben. Genau abgewogen werden muss aber die Ausgestaltung zum Hochschulzulassungsgesetz.

Nichtsdestotrotz ist es so: Es treibt uns nichts, denn auch die Novelle des Staatsvertrages auf Bundesebene muss noch in allen Bundesländern ratifiziert werden. Wir haben also noch genügend Zeit, uns dieser Sachdebatte zu stellen. Über die Kaderreform und die falschen Begrifflichkeiten in Ihrem Antrag ist schon gesprochen worden. Auch wir sind der Meinung, dass der AfD-Antrag mit einer starren Ein-Prozent-Quote das Ganze doch zu sehr verengen würde, und die Kriterien in Nr. 2 Ihres kurzen Antrages zu unspezifisch sind.

Aus diesen Gründen und weil wir als Koalitionsfraktion einen klaren Fahrplan wie Kurs haben, werden wir diesen Antrag ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU)