Protocol of the Session on April 12, 2017

(Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Man sollte ihn mal richtig durchlesen!)

Genau das gehört zu einer ernsthaften Beschäftigung mit diesem Thema. Sie aber spielen, wie so oft, in diesem Antrag mit Gefühlen und Stimmungen von Menschen. Sie liefern nichts weiter ab als billigen Populismus, den wir nicht unterstützen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Nun für die SPDFraktion Herr Abg. Mann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag „Tierleiden verringern – Alternative Methoden zu Tierversuchen erforschen“ ist jetzt schon, wie ich finde, hinreichend besprochen worden. Die meisten Argumente hier im Plenum sind ähnlich.

Wir sind uns sicherlich einig: Die Zahlen zeigen, dass es immer noch viele, sicherlich zu viele, Tierversuche sind. Jedes Tier, das leiden muss – nicht zuletzt jedes Tier, das leiden muss, weil wir Menschen das so entscheiden –, mag eines zu viel sein, und es bringt uns jedes Mal in schwierige ethische Abwägungen, die nur dadurch zu rechtfertigen sind, dass zum Beispiel menschliche Leben gerettet werden können.

Wir haben aber diese ethische Verantwortung, und wir nehmen diese Verantwortung in Deutschland und nicht zuletzt auch in Sachsen wahr. Es ist uneingeschränkter Konsens, so würde ich das lesen, zwischen Politik, Wissenschaft und Gesellschaft: Tierversuche sind auf ein unerlässliches Maß zu beschränken. Deswegen gibt es in

Deutschland seit dem Jahr 1998 ein Verbot von Tierversuchen für Kosmetikprodukte bzw. auch ein Verbot von Tierversuchen für die Entwicklung von Tabakprodukten, Waschmitteln etc.

Die AfD-Fraktion hat dennoch in ihrem Antrag einige Forderungen aufgestellt. Zusammenfassend muss ich sagen: Sie beschreiben in weiten Teilen nichts anderes als den Status quo, den wir glücklicherweise in Deutschland bereits erreicht haben. Über die „3R“ bei den Tierversuchen wurde schon gesprochen, also auf Deutsch: ersetzen, reduzieren und vermindern. Das ist uns als SPD-Fraktion wichtig.

Deshalb gab es nicht nur in Sachsen, sondern auch auf Bundesebene zahlreiche Initiativen. Eine möchte ich aus dem Wissenschaftsbereich prominent dafür nennen: Die Wissenschaft selbst geht in Verantwortung mit der Initiative „Tierversuche verstehen“. Mitglieder dieser Allianz sind unter anderem die Alexander-von-Humboldt

Stiftung, die Nationale Akademie der Wissenschaften, die vier großen Forschungsgemeinschaften, die DFG und die Hochschulrektorenkonferenz.

Die Wissenschaft benennt also selbst ihre Verantwortungsträger für Tierversuche; versucht Einblicke in diese Forschung zu geben, aber auch die Notwendigkeit eines verantwortungsbewussten Umgangs damit darzustellen und das zu vermitteln. All das geschieht in Abwägung zwischen Schutz und Wohl des Tieres und der Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnis auch für das Wohl von uns Menschen; nicht zuletzt, aber eben auch von Tieren.

Verantwortungsbewusst handeln heißt aber auch, alternative Methoden zu entwickeln. Dazu wurden schon verschiedene Förderprogramme und Fördermittelhöhen

dargestellt. Auch hierzu hat sich die Verbraucherschutzministerkonferenz bereits im April letzten Jahres mit einem Beschluss deutlich für die „3R“ ausgesprochen und Weiteres folgen lassen.

Es gibt die strengen gesetzlichen Regelungen. Dies ist nicht zuletzt geregelt im Tierschutzgesetz vom August 2013, mit dem die Vorschriften in Deutschland noch einmal verschärft wurden, sodass zum Beispiel inzwischen auch Eingriffe und Behandlungen von Larven und Föten von Wirbeltieren als Tierversuche genehmigungspflichtig wurden. Hier hat man also in den letzten Jahren regulatorisch weitere Vorkehrungen getroffen und strengere Vorgaben an die Haltung, die Zucht und die Verwendung von Nutztieren erlassen.

Zur Transparenz, die Ihr Antrag einfordert: In Sachsen gab es den letzten Tierschutzbericht im Jahr 2012. Darauf wurde teilweise schon Bezug genommen. Um es konkret zu sagen, worüber wir reden: In Sachsen waren es damals circa 75 000 Tierversuche, davon 29 von 30 Tieren aus dem Bereich Fische oder Kleinnager, konkret Mäuse oder Ratten. Es wurde auch schon gesagt – das kann man den Tabellen entnehmen –: Großsäuger sind die absolute Seltenheit bei den Tierversuchen.

Zu guter Letzt: Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht jährlich seine Tierversuchszahlen und prüft anhand dieser Zahlen mit einem Expertengremium, wo noch stärker in alternative Forschungsmethoden investiert werden muss.

Ich erspare es Ihnen, dass ich jetzt noch einmal über die Fördermittelhöhen referiere, aber auch hierbei gibt es durchaus erfreuliche Fortschritte – nicht zuletzt in der Veterinärmedizin. Ein anderes Beispiel aus Leipzig: Dort gibt es Verfahren, die jetzt schon in die industrielle Anwendung kommen, die verhindern, dass wir in Zukunft männliche Küken schreddern müssen, weil sie nicht mehr ausgebrütet werden und somit das Tierleiden minimieren.

Zusammenfassend will ich sagen: Der Antrag der AfDFraktion beschreibt weitgehend einen bereits vorhandenen Status quo. Die Initiativen und die Förderungen sind in den letzten Jahren erfreulicherweise gewachsen. Nicht zuletzt – auch das als Botschaft in Richtung AfD – ist es der EU-Richtlinie zu verdanken, dass die Initiativen europaweit vereinheitlicht wurden, stärkere Anstrengungen unternommen werden und Tierversuche nicht, wie es schnell denkbar wäre, über die nationale Grenze einfach ausgelagert werden, nur weil wir bestimmte Standards anheben.

Aus diesen Gründen werden wir diesem Antrag heute nicht zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Zschocke, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen. Wir alle kennen ja die schlimmen Bilder von Tieren in trostlosen Behältern, die nach einem kurzen Leben voller Qualen getötet werden. Wenn Tiere mit Substanzen oder Erregern infiziert werden, wenn ihnen zu Forschungszwecken Gliedmaßen amputiert oder auch Organe entnommen werden, dann ist das ein ethisches Problem. Das haben die Vorredner deutlich gemacht. Natürlich lassen sich mit solchen Bildern auch regelmäßig erheblich öffentliche emotionale Reaktionen hervorrufen.

Wer sich allerdings anschickt, Tierleiden ernsthaft verringern zu wollen, der sollte eine umfassende konsistente und vor allem glaubwürdige Tierschutzagenda haben; denn das Thema ist viel zu komplex, um lediglich aus der emotionalen Betroffenheit über Tierleid politisch Kapital schlagen zu wollen.

Deshalb will ich einmal der Frage nachgehen, wie ernst Sie es insgesamt mit dem Tierschutz meinen. Zum ersten Punkt Ihres Antrages. Ich gehe davon aus, dass Sie wissen, wie Bundesgesetze entstehen. Da spielt es für den Tierschutz überhaupt keine Rolle, ob die AfD den Grundsatz des Tierschutzgesetzes hier auch noch einmal im Sächsischen Landtag zur Abstimmung stellt. Da Sie das aber trotzdem tun, muss ich davon ausgehen, dass es

Ihnen gar nicht um den Tierschutz geht, sondern um Ihre wie immer billige Masche, mit der Ablehnung Ihres Antrags durch den Landtag hinterher dann öffentliche Empörung zu erzeugen, und deshalb sage ich es Ihnen noch einmal ganz klar zum Mitschreiben: Der § 1 des Tierschutzgesetzes gilt in Sachsen unabhängig von Anträgen der AfD, und das ist gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Dr. Frauke Petry, AfD: Das war ja eine echte Glanzleistung!)

Ein Blick auf Punkt 5 ist ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich hier lediglich um eine tierschutzpolitische Nebelkerze handelt. Sie listen all die Einschränkungen auf, durch die Tierversuche bereits eingeschränkt sind. Wir brauchen aber auch die Tierschutzversuchstierverordnung hier nicht auf Antrag der AfD noch einmal zu beschließen. Wenn wir Ihren überflüssigen Antrag ablehnen, dann heißt das natürlich nicht, dass wir gegen geltende Rechtsnormen wären.

Punkt 6 ist besonders verräterisch, denn hier stellen Sie das Argument der Forschungseffizienz in den Vordergrund. Würden Sie es ernst meinen mit dem Tierschutz, würden Sie anders argumentieren. Denn um Tierleid zu vermindern, ist es natürlich hinnehmbar, auch weniger effiziente Versuchsverfahren zu nutzen, meine Damen und Herren.

Die Zahl der Tierversuche hat sich deutschlandweit seit 2000 um rund 70 % erhöht. Hauptgrund ist die Gentechnik. Die Versuche mit gentechnisch veränderten Tieren haben sich seit 2004 verdreifacht. Mit solchen Veränderungen sind oft gravierende Schmerzen und Leiden sowie auch eine hohe Mortalitätsrate verbunden.

Ein Blick in Ihr Grundsatzprogramm zeigt, dass Sie eben keine konsistente Tierschutzagenda haben; denn Sie scheinen ja regelrecht fasziniert zu sein von den Möglichkeiten der Gentechnik. Auf jeden Fall wollen Sie sich der Forschung und Entwicklung in diesem Bereich und damit noch mehr Tierversuchen weiter öffnen. Das passt irgendwie nicht zum vorliegenden Antrag, meine Damen und Herren.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Doch, das passt!)

Wie ernst Sie es mit dem Tierschutz meinen, konnten wir ja auch in den Verhandlungen zum Doppelhaushalt sehen. Da haben Sie den Tierschutz vor allem benutzt, um Stimmung zu machen gegen Gleichstellungspolitik; wir können uns alle noch daran erinnern. Sie benutzen übrigens alle möglichen Themen, um dann Stimmung damit zu machen: gegen Gruppen, die nicht in Ihr Weltbild passen, gegen den unfähigen Staat, der die Probleme nicht löst, gegen die ignoranten Altparteien, natürlich gegen die GRÜNEN, die heute den Tierschutz verraten werden, Frau Petry, weil wir eben nicht über Ihr Stöckchen springen. Genau das ist Ihre Masche.

(Lachen der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Aktuell benutzen Sie zum Beispiel eine Denkmalschutzanfrage von meinem Kollegen Günther, um sächsische Behördenmitarbeiter als „Kulturtalibane" zu brandmarken. Genauso wenig, wie es Ihnen dort um Denkmalschutz geht, geht es Ihnen hier um Tierschutz. Ich darf Ihnen für dieses durchschaubare Agieren unsere aufrichtige Ablehnung versichern.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Frau Dr. Petry, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich weiß, dass Sie in einem Dilemma stecken, wenn wir einen Antrag zu einem Thema machen, bei dem Sie sich in Ihrer angeblichen Kernkompetenz ertappt fühlen, Herr Zschocke. Aber es stünde Ihnen trotzdem gut zu Gesicht, sachlich zu bleiben – genau das haben Sie nämlich nicht geschafft.

Herr Fischer, wenn Sie Ihre ersten Sätze weggelassen hätten, dann wäre Zustimmung zur grundsätzlichen Zielrichtung unseres Antrags herausgekommen. Dass Sie das nicht schaffen, zeigt, wie viel Rückgrat in der CDU übrig geblieben ist. Herr Mann, bei Ihnen bedanke ich mich ausdrücklich und ganz ehrlich dafür, dass Sie einen sachlichen Redebeitrag gehalten haben. Wenn wir uns einig sind, dass Tierschutz ein wichtiges Ziel ist, dann kann man natürlich der Meinung sein, dass der Status quo genug ist; wenn wir es nicht sind, ist das eine demokratische Meinung, die man vertreten kann.

Meine Damen und Herren, wir wollen diesen Antrag aber auch nutzen, um Frau Staatsministerin Klepsch aufzufordern, in ihrer Funktion im Vorsitz der Verbraucherschutzministerkonferenz Weiteres zu erreichen und die Gelegenheit zu nutzen. Wir möchten, dass Sie Ihre Länderkollegen für dieses wichtige Thema weiter sensibilisieren, und wir möchten selbstverständlich auch, dass noch bestehende Mängel in der Umsetzung der EU-Richtlinie von 2010 beseitigt werden.

Die Tierschutzgesetze, von denen wir wissen, dass sie in den Mitgliedsstaaten gelten, fanden 2013 Eingang in das Deutsche Tierschutzgesetz. Wie wichtig der Großen Koalition der Tierschutz bei der Umsetzung allerdings war, ist bezeichnend, denn ein Gutachten belegte sage und schreibe 18 Verstöße bei der Umsetzung in nationales Recht.

Nun sind wir dafür bekannt, dass wir die EU durchaus kritisch sehen; aber trotzdem sind wir hier der Meinung, dass eine Standardisierung bei diesem Thema sinnvoll ist. Die ohnehin schwierigen Tierschutzstandards wurden allerdings weiter zurückgefahren und ich nenne Ihnen gern zwei Beispiele dafür: Artikel 42 der EU-Richtlinie fordert ein Antragsverfahren für Tierversuche, das Tierschutzgesetz allerdings in § 8 a nur eine Anzeigepflicht.

Weiterhin reicht in Deutschland eine Erklärung statt eines Nachweises, dass alle verfügbaren Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch ausgeschöpft worden sind. Sie haben im Rahmen der Verbraucherschutzministerkonferenz die Möglichkeit, diese Versäumnisse zu korrigieren und sich praktisch zum Tierschutz zu bekennen. Dass dies nicht nur theoretischen Charakter, sondern praktische Relevanz hat, habe ich über zwei Jahre in der Tierversuchsthematik selbst erfahren. Viel zu häufig wird die Möglichkeit, Tierversuche zu absolvieren, genutzt. Die Notwendigkeit solcher Versuche, Frau Klepsch, wird viel zu häufig auch an deutschen Forschungseinrichtungen nicht hinterfragt, wenn man einmal die Genehmigung dazu erhalten hat.

Das 3R-Prinzip ist mehrfach von Kollegen benannt worden. Was Sie aber vergessen haben zu erwähnen, ist, dass ein klarer Auftrag zur Förderung und Verbreitung dieser 3R-Methoden sowie der Vorrang von tierversuchsfreier Forschung tatsächlich umgesetzt wird, auch bei uns in Sachsen.

Vielleicht noch eines zu den Mitteln, die dazu aufgewandt wurden: Seit 1980 schon fördert der Bund über 500 Projekte zur Vermeidung von Tierversuchen zur Erforschung alternativer Methoden. 170 Millionen Euro sind dort hineingeflossen. Aber wir sehen keine substanzielle Abnahme bei der Anzahl von Tierversuchen und seit 2013 in Sachsen sogar einen erneuten Anstieg.

Meine Damen und Herren, wir möchten, dass der Wissenschaftler mehr Möglichkeiten bekommt, sich für Alternativen zum Tierversuch zu entscheiden. Wir möchten mit unserem Antrag sensibilisieren und gehen damit in der Tat über den Status quo hinaus. Wir möchten auf ein gemeinsames Vorgehen der Länder hinwirken, die Situation von Versuchstieren endlich zu verbessern – durch Forschung und durch Initiativen des Gesetzgebers.

(Beifall bei der AfD)