Protocol of the Session on April 12, 2017

Zu den Rechtsgrundlagen: Die Richtlinie 2010/63 EU der Europäischen Union aus dem Jahr 2010 ermöglicht den Mitgliedsstaaten, grundsätzlich wirksame Einschränkun

gen bei Tierversuchen festzulegen. Artikel 4 – auf diesen möchte ich hinweisen – besagt, dass der Grundsatz der Vermeidung und Verminderung sowie der Verbesserung gilt. Weiterhin steht in Abs. 1 – ich zitiere –: „Die Mitgliedsstaaten gewährleisten, dass, wo immer dies möglich ist, anstelle eines Verfahrens eine wissenschaftlich zufriedenstellende Methode oder Versuchsstrategie angewendet wird, bei der keine lebenden Tiere verwendet werden.“ Diese Richtlinien gibt es.

Wir haben auch eine Tierschutznovelle, die im Jahr 2013 umgesetzt worden ist. In der EU müssen zudem seit dem Jahr 2012 beantragte Tierversuche in die Schweregrade „geringe“, „mittlere“ oder „schwere Belastungen“ sowie „keine Wiederherstellung der Lebensfunktionen“ für das Versuchstier eingestuft werden.

2015 haben in Sachsen Genehmigungen für Versuchsvorhaben an Wirbeltieren erhalten: die Universität Leipzig, die TU Dresden, das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, das Max-Planck-Institut sowie das Fraunhofer-Institut in Leipzig. Diese wurden durch die Landesdirektion erteilt.

Meine Damen und Herren, die Bewertung von Tierversuchen ist schwierig, da sie emotional besetzt ist. Für uns Menschen sind leidende Tiere oft nur sehr schwer zu ertragen, denn wir haben eine Verantwortung für diese Lebewesen als ein Teil der Schöpfung Gottes. Die Richtlinie der EU drückt dies in ihren Erwägungen ebenfalls aus. Ich zitiere die Erwägung Nr. 13: „Tiere haben einen Wert, der respektiert werden muss. Auch bestehen seitens der Öffentlichkeit ethische Bedenken hinsichtlich der Verwendung von Tieren und Verfahren. Aus diesem Grund sollten Tiere stets als fühlende Wesen behandelt werden und ihre Verwendung im Verfahren sollte auf Bereiche beschränkt werden, die letztlich einen Nutzen für die Gesundheit von Mensch und Tier oder für die Umwelt nach sich ziehen können. Der Einsatz von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken oder zu Bildungszwecken sollte deshalb nur dann erfolgen, wenn es keine tierversuchsfreie Alternative gibt. Der Einsatz von Tieren in wissenschaftlichen Verfahren in anderen Bereichen, die in den Zuständigkeitsbereich der Union fallen, sollte untersagt werden.“

Es gibt weitere Erwägungen, in diesem Fall die Erwägung 10 – ich zitiere weiter –: „Obwohl es erstrebenswert ist, den Einsatz lebender Tiere in Verfahren möglichst durch andere Methoden zu ersetzen, bei denen keine lebenden Tiere verwendet werden, ist der Einsatz lebender Tiere weiterhin notwendig, um die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt zu schützen“ usw. usf. Das Schutzniveau steht hierbei im Mittelpunkt.

Hier stellt sich die Frage nach der Umsetzung in der Praxis. Maßgeblich sind „3R“. Diese stehen für Replacement, Reduction, Refinement. Ich bin kein großer Freund von Anglizismen und möchte sie daher auch auf Deutsch benennen. Der erste Begriff steht für den Einsatz alternativer Methoden, der zweite für die Verminderung der

Anzahl benötigter Tiere und der dritte für die Verbesserung der Lebenssituation der Tiere.

Im Bundesministerium für Bildung und Forschung ist eine direkte Förderung alternativer Methoden zu Tierversuchen im Förderschwerpunkt „Ersatzmethoden zum Tierversuch“ vorgesehen. Die hierunter fallende, seit 1980 fortlaufende Fördermaßnahme „Alternativmethoden zum Tierversuch“ deckt ein breites wissenschaftliches Spektrum mit diesen 3R-Methoden ab. Da gibt es das In-vitroVerfahren, das In-silico-Verfahren sowie Vorhaben, die der Verbreitung von Alternativmethoden in Lehre und Forschung dienen.

Die eingestellten Fördermittel für 2016 betrugen 7 035 000 Euro. Im Bereich des Reduce wurden in den vergangenen fünf Jahren zur Erforschung von Alternativmethoden zu Tierversuchen für die TU Dresden Bundesmittel ausgereicht. In diesem Fall sind das 412 000 Euro. Die Universität Leipzig hat Bundesmittel in Höhe von 139 394 Euro bekommen, weiterhin auch EU-Mittel in Höhe von 432 526 Euro. Sie sehen, hier wird etwas getan. Aber wir konnten auch in der Beantwortung der Kleinen Anfrage, Drucksache 6/8529, nachlesen, dass es weitere aktuelle Methoden zur Verhinderung von Tierversuchen und zur Erforschung der Alternativen im Freistaat Sachsen gibt.

Im März 2017 wurde der 36. Tierschutzforschungspreis durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, kurz BML, ausgeschrieben. Es wurden Forschungsarbeiten gesucht, die dazu beitragen, Tierversuche zu ersetzen oder ihre Anzahl maßgeblich zu verringern. Das Thema Parkinson wurde hier bereits angesprochen. Ich habe selbst ein Beispiel in meiner Familie und kann das nur bestätigen. Wir werden also nicht dauerhaft ohne Tierversuche auskommen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wesentliche Ziele dieses Antrages werden bereits erfüllt und haben sich insoweit erledigt. Die ethische Frage hingegen nach dem Sinn und dem Unsinn von Tierversuchen ist schlichtweg nicht beantwortbar. Eine einzig richtige Wahrheit kann und wird es bei diesem Thema nicht geben. Ja, das ist auch für mich als Christ eine Last, die man tragen muss. Wir sollten auch zukünftig genau abwägen, Einzelfälle prüfen und immer wieder fallbezogen neu entscheiden. Besonders wichtig erscheint mir jedoch die engagierte Suche nach Alternativen zu Tierversuchen, um sie möglichst überflüssig zu machen.

Ich schließe wie immer mit einem Zitat, heute von Franz von Assisi, dem Namensgeber unseres Papstes, der einmal gesagt hat: „Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir... also sind sie uns gleichgestellte Werke des allmächtigen Schöpfers – unsere Brüder.“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die Linksfraktion Frau Abg. Schaper, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Zitat zurück zu den irdischen Problemen mit dem Leid dieses Antrags! Der Antrag „Tierleiden verringern – Alternative Methoden zu Tierversuchen erforschen“ verspricht im Titel, was er inhaltlich nicht ansatzweise halten kann.

(Zurufe von der AfD: Ach!)

Immerhin aber zeigt er, dass der AfD das Grundgesetz bekannt zu sein scheint, zumindest Artikel 20 a zum Tierschutz.

(Lachen bei der AfD – Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Überraschung!)

Würden Sie sich die Mühe machen, auch die Artikel davor zu studieren, dann würden Sie vielleicht auch die Grundrechte für Menschen endlich besser kennen und aufhören, das Grundrecht auf Asyl infrage zu stellen. – Aber das nur am Rande.

(Beifall bei den LINKEN – Lachen bei der AfD)

Zum Antrag: Zuallererst ist festzustellen, dass dieser Antrag nur einem Zweck dient: Er soll den Eindruck erwecken, dass sich die AfD für den Tierschutz engagiert, wohl, um vor der Bundestagswahl im September unentschlossene Wählergruppen einzufangen, die sich gegen Tierversuche richten. Denn hätten Sie, meine Damen und Herren von der AfD, sich tief gehend mit dem Thema beschäftigt, wären Sie wohl zu mehr als zu diesem nutzlosen Antrag gekommen.

(Zurufe von der AfD: Ach!)

Das Papier hätte man sich sparen können. Herr Fischer hat es eigentlich schon ausgeführt:

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das heißt viel!)

Sie fordern von der Staatsregierung, sie solle bis zum 31. Juli berichten, was sie unternehmen wird, um die Forschung nach alternativen Möglichkeiten zu Tierversuchen voranzutreiben. – Hätte es eine Kleine Anfrage dazu nicht auch getan? Denn bei diesem Thema ist es so, dass sich die Staatsregierung nicht so auskunftsscheu wie bei anderen Themen zeigt. Wenn Sie heute eine Kleine Anfrage stellen, dann wird sogar noch vor dem 31. Juli 2017 berichtet und geantwortet. Stören Sie sich auch nicht daran, dass ich schon seit zweieinhalb Jahren Kleine Anfragen zu diesem Thema gestellt habe. Sonst haben Sie ja auch keine Bedenken, Anfragen oder Anträge abzuschreiben.

Unter Punkt III fordern Sie die Staatsregierung auf – ich zitiere –: „1. das Thema Reduktion der Tierversuche... im Rahmen der Verbraucherschutzministerkonferenz und der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz zu thematisieren“.

Es lässt sich nicht erkennen, welches Ziel damit erreicht werden soll. Abgesehen davon, dass Sie mit einem solchen Deutsch wieder zeigen, dass Sie sich besser nicht als Beschützer unserer Landessprache darstellen sollten.

(Beifall bei den LINKEN)

Unter den Punkten 2 und 3 fordern Sie etwas, das es schon lange gibt, zum Beispiel in Form der Richtlinie 2010/63 EU, die sehr ausführlich von Herrn Fischer dargestellt wurde. Dort ist man sogar schon wesentlich weiter als in Ihrem Antrag. Diese Richtlinie gibt es seit dem Jahr 2010 und seit dem Jahr 2013, wie bereits ausgeführt, ist sie im Bundestierschutzgesetz umgesetzt. Gut, die AfD gab es damals noch nicht, aber das hätten Sie trotzdem wissen können.

Um die Forschung an den Universitäten zu stärken, gibt es vom Bundesministerium jede Menge Förderprogramme. Seit dem Jahr 1980 sind es mehr als 500 Projekte, die nach alternativen Methoden zum Tierversuch forschen nach der Devise: vermeiden, verringern, verbessern. Zusätzlich können weitere Fördermittel von der EU beantragt werden. Kurz gesagt: Was in Ihrem Antrag steht, wird bereits lange umgesetzt.

Was die Berichterstattung angeht, so ist das mit einer Kleinen Anfrage umsetzbar. Auch wir LINKE sehen Handlungsbedarf in diesem Bereich,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ach, nun doch!)

doch dazu muss das Bundestierschutzgesetz geändert werden, damit Forschungsmittel noch stärker zugunsten der Forschung zu alternativen Methoden umverteilt und Unternehmen unterstützt werden, die zum Beispiel schon Organchips oder menschliche Zellproben nutzen, um auf Tierversuche komplett zu verzichten. Wir fordern viel mehr Transparenz bei Tierversuchen.

Ein richtiger Schritt wäre aus unserer Sicht ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine, Verbände und Stiftungen sowie ein generelles Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen.

(Beifall bei den LINKEN)

Darüber hinaus sind wir für ein generelles Verbot von Tierversuchen mit schweren und voraussichtlich lang anhaltenden Schmerzen und Leiden. Auch wir wollen Tierversuche einschränken, indem die Forschung für Alternativen gestärkt wird und alle bereits ersetzbaren, nicht medizinisch notwendigen Tierversuche verboten werden.

Da der Antrag unserer Bundestagsfraktion von der Mehrheit des Bundestages abgelehnt wurde, sind diese Forderungen für uns nach wie vor aktuell.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ach so!)

Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahlentechnik in Dresden hat erst im Jahr 2015 einen Miniorganismus in einem Mikrochip aufgebaut, wodurch sich sogar

komplexe Stoffwechselvorgänge im menschlichen Körper analysieren lassen.

(Sebastian Fischer, CDU, steht am Mikrofon.)

Mit diesem Chip lassen sich zukünftig Wirkstoffe von neuen Medikamenten testen, ebenso wie die Hautverträglichkeit von Kosmetika.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Schaper?

Aber, Herr Fischer, natürlich.

Frau Schaper, ist Ihnen bekannt, dass Menschenaffen nicht als Versuchstiere genutzt werden?

Sie werden noch in Baden-Württemberg genutzt. Hier in Sachsen – da haben Sie recht – werden keine Tiere dafür genutzt. Auch das zeigt die Antwort auf meine Kleine Anfrage.

(Zurufe von der CDU)

Deswegen sage ich ja, ist dieser Antrag überflüssig.

(Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Man sollte ihn mal richtig durchlesen!)