Was für mich aber viel schlimmer war, ist: Dass wir hier im Plenum nur zum Teil konstruktiv zusammenarbeiten, ist das eine, aber dass wir im Ausschuss nicht wirklich konstruktiv zusammenarbeiten, hat die letzte Ausschusssitzung gezeigt. In dieser Ausschusssitzung ist durch diese Änderungsanträge relativ schnell durchgegangen worden. Vielleicht ist das so.
Danach hat es eine Abstimmung über 60 Änderungsanträge gegeben, bei denen am Ende kein einziger Antrag der Opposition durchgegangen ist, obwohl viele Anträge ähnlich bzw. zum Teil deckungsgleich gewesen sind. Konstruktive Arbeit stelle ich mir anders vor.
Ich versuche es ohne Mikrofon. Erste Frage: Herr Wurlitzer, waren Sie bei der Obleuteberatung, als wir das Verfahren, wie wir im Schulausschuss das Schulgesetz und die Änderungsanträge behandelt haben, anwesend?
Zweite Frage: Hat Ihnen Frau Kersten, die anwesend war, mitgeteilt, dass sie das Verfahren kennt und sich mit dem Verfahren einverstanden erklärt hat?
Und die dritte Frage: Ist es für Sie eine nicht Ihren Vorstellungen entsprechende Behandlung eines Schulgesetzes im Schulausschuss, nur weil die Anträge der AfD keine Mehrheit gefunden haben?
Wir sind es mittlerweile gewöhnt, dass sie abgelehnt werden, egal, wie gut oder wie schlecht sie sind. Dabei geht es nicht nur um die Anträge der AfD. Es sind alle Anträge der Opposition abgelehnt worden. Sie werden mir sicherlich recht geben, dass bei so umfangreichen Änderungsanträgen, wie die Ihrer Fraktion und der anderen Fraktionen, im Normalfall in einer Ausschusssitzung nicht so hätte durchgaloppiert werden müssen. Man hätte sich die Zeit nehmen können und auch sollen, dort in aller Einzelheit – –
Und selbst wenn: Hätten Sie an dieser Stelle in aller Ruhe und Gemütlichkeit eine neue Sitzung anberaumt? – Das hätten Sie nicht. Also sparen Sie sich es doch. Das ist doch totaler Quatsch.
Ich habe die Frage beantwortet. – Ich würde mir an der Stelle wünschen, dass wir, wenn wir von Konstruktivität sprechen, es tatsächlich auch mal leben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich habe trotz alledem immer das Gefühl, da wir alle einen Eid auf das Land und auf die Bevölkerung abgelegt haben, dass es hier vorrangig nach Fraktion und Parteibuch geht.
(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Es geht nach Mehrheitsverhältnissen! Das müssten Sie eigentlich wissen, Herr Wurlitzer!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind hier im Parlament, und im Parlament hat jeder so seine Aufgabe. Liebe Sabine Friedel, es ist nicht die Aufgabe der Opposition, Kompromisse innerhalb der Regierung auszuhandeln, sondern es ist die Aufgabe der Opposition, den Finger in die Wunde zu legen. Es ist nicht unser Job, sozusagen Mitglied in der Smiley-Gruppe von SPD und CDU zum Schulgesetz zu werden. So viel vorab.
Seit dem Jahr 2015 haben nicht nur die von bildungspolitischen Entscheidungen direkt Betroffenen – dazu gehören Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Eltern, aber auch die Kommunen als Schulträger – mit großer Hoffnung auf das neue Schulgesetz gewartet, sondern auch – das ist dieses Mal tatsächlich das Besondere gewesen – die sächsische Wirtschaft, die Wissenschaft, die Lehrergewerkschaften und viele Interessen- und Zweckverbände haben den Prozess der Erarbeitung verfolgt und ihre Vorstellungen von künftiger zukunftsfähiger Bildungspolitik in einer Vielzahl von Stellungnahmen eingebracht.
Die erste große Enttäuschung kam dann im Mai 2016 in Form des von der Staatsregierung eingebrachten Gesetzentwurfs. Ich stehe bis heute zu meiner Einschätzung von damals: Dieser Gesetzentwurf war mutlos, kraftlos und stellte sich keinem der im Diskussionsprozess und in den Bürgerforen stringent vorgebrachten Änderungswünsche. Dazu gehört – ich wiederhole mich auch hier, mache das gern und immer öfter – natürlich die Möglichkeit des längeren gemeinsamen Lernens, ohne Bewährtes aufzugeben, die Forderung nach gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention einschließlich der dafür notwendigen Ressourcen ebenso wie
bei den zu schaffenden Bedingungen für den Umgang mit zunehmender Heterogenität an Sachsens Schulen; auch hier natürlich einschließlich der dafür nötigen Ressourcen, zum Beispiel für die Schulsozialarbeit.
Darüber hinaus erhielt der Gesetzentwurf Regelungen, die – das wurde heute hier schon genannt – an manchen Stellen eher wie ausgewürfelt daherkamen. Als Beispiel nenne ich diese 750 Schüler in Bezug auf die Berufsschulzentren.
Nach dem ersten Schock setzte erneute die Hoffnung ein – hier insbesondere auf die Lernfähigkeit der Bildungspolitiker von CDU und SPD, das sage ich aus ehrlicher Überzeugung –, aus den vielen Anhörungen und Stellungnahmen – wir hatten sehr gute, ausgezeichnete Anhörungen, vier an der Zahl, das ist schon etwas Besonderes bei einem Gesetzentwurf – tatsächlich die dringendsten Botschaften aufzunehmen. Diese Hoffnung – auch das muss ich sagen – wurde bis auf wenige Ausnahmen enttäuscht.
Sachsens Schulen sind mit Herausforderungen konfrontiert, auf die die vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport zur Novellierung des Schulgesetzes nur wenige Antworten liefert. Wachsende Disparitäten bei den Bildungschancen für junge Menschen aufgrund der sozioökonomischen und regionalen Herkunft, Migration und Inklusion, Urbanisierung und damit einhergehende Gefährdung von Schulstandorten – auch in den Mittelzentren –, Digitalisierung und die Frage nach neuen Lernmitteln, gestiegene Erwartungen an politische und gesellschaftliche Bildung – dies alles sind Punkte, die nur ansatzweise oder, wie im § 1, in überbordender Prosa im Gesetzentwurf Berücksichtigung gefunden haben.
Tatsächlich fehlt es – ich sage das noch einmal ausdrücklich – an substanziellen Antworten auf Fragen, die die Zukunft des sächsischen Bildungssystems betreffen.
Wir begrüßen – das sage ich aus vollem Herzen – den Erhalt von Grundschulstandorten im ländlichen Raum. Wir GRÜNE haben immer – nicht nur im Landtag, sondern auch in den Kreistagen, in den Gemeinderäten – für den Erhalt dieser Grundschulen gekämpft.
Wir begrüßen den Wegfall der Förderschulpflicht, und wir begrüßen auch die Möglichkeit, dass Schulsozialarbeit insbesondere an den Oberschulen ermöglicht werden soll. Anzumerken ist hierbei der Umstand, dass sich bezüglich der Schulsozialarbeit im Gesetz kein gesetzlicher Anspruch findet. Je nach Kassenlage kann demnach eine Entscheidung für oder gegen die Schulsozialarbeit getroffen werden. Das ist aus unserer Sicht unbefriedigend. Hierzu sollte sich der Freistaat ein Beispiel an Niedersachsen nehmen. Das Land Niedersachsen hat im Dezember 2016 entschieden, Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen in den Landesdienst einzustellen. Ob es der richtige Weg ist – wir werden heute noch über einen Entschließungsantrag „Festlegungen für künftige Haushalte“ sprechen – und ob das Parlament der nächsten
Dem Koalitionsantrag fehlt es an vielen Stellen an gesetzlicher Bestimmtheit. Wir haben dazu im Ausschuss und auf vielen Veranstaltungen schon unsere Meinung gesagt.
Ich möchte abschließend resümieren: Das neue Schulgesetz ist kein zukunftsorientiertes Gesetz, wie es Kollege Bienst vorhin dargestellt hat. Es regelt in großem Umfang Selbstverständlichkeiten oder Auflagen, die wir durch die Gerichte bekommen haben. Was als Kontinuität und Bewahrung verkauft wird, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist und bleibt Stillstand. Es ist – das ist unsere Einschätzung – ein Gesetz der vergebenen Chancen. Leider!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im neuen Schulgesetz gibt es einen § 4 c. Dieser regelt das Thema Inklusion in besonderem Maße neu. Deshalb möchte ich heute zu diesem Thema speziell etwas sagen.
Ich könnte Ihnen dazu jetzt eine Stunde lang einen Vortrag halten, aber ich glaube, das würde zu weit führen. Ich möchte mich deshalb auf das Wesentlichste beschränken.
Am Thema Inklusion scheiden sich die Geister. Die einen würden die Förderschulen gern komplett abschaffen und alle Kinder gemeinsam in die Gemeinschaftsschule schicken, und die anderen würden am liebsten gar keine Inklusion machen und alles so belassen, wie es ist, weil es so am besten ist.
Die Koalitionspartner haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, Inklusion schrittweise und mit Augenmaß voranzutreiben. Ich glaube, damit sind wir gut beraten. Inklusion steht als Ziel der Schulentwicklung für alle Schulen im Erziehungs- und Bildungsauftrag.
Wir, CDU und SPD, haben uns in dem parlamentarischen Verfahren intensiv damit beschäftigt. Ich glaube, Frau Friedel und Frau Kliese, am Ende sind wir sehr zufrieden damit, was dabei herausgekommen ist.