Auch Ihre Forderung unter Punkt 5 bringt leider keinen echten Mehrwert. Die Bilanzierung im Sinne des § 14 Kreislaufwirtschaftsgesetz muss nicht gesondert erfolgen, sondern sollte künftig einen Teil der Siedlungsabfallbilanz darstellen. Ein großer Zeitaufwand sollte sich hieraus nicht ergeben, sobald die einheitlichen Vorgaben zur Quotenermittlung bekannt sind.
Kompletter Unsinn sind aber die Punkte 2 und 3 in Ihrem Antrag. Punkt 2: Abfallwirtschaft wird in großen Teilen nicht durch den Staat und seine Kommunen übernommen, sondern es sind gewinnorientierte privatwirtschaftliche Unternehmen. Viele Fälle zeigen, dass es weniger an Gesetzen, sondern vielmehr an der Umsetzung mangelt. Ein Beispiel ist das Biomassekraftwerk Delitzsch: Das Landratsamt hat doch von den teilweise massiven Mängeln gewusst. Man hat sich aber trotzdem jahrelang an der Nase herumführen lassen. Kontrollen helfen einfach nicht, wenn man nicht durchgreift. Das schützt auch nicht vor schwarzen Schafen in der Branche. Das einzige, was hilft, ist Transparenz einzufordern. Daran hapert es aber sogar bei den kommunalen Unternehmen oftmals selbst. Das erleben die Vogtländer derzeit auch am eigenen Leib.
Bei dieser Gelegenheit, Herr Staatsminister Schmidt: Ich kann nur empfehlen, auf das Vogtland in dieser Angelegenheit einmal ein Auge zu werfen. Die Bürger sollen dort für intransparentes Verhalten massiv mit Abfallgebührenerhöhungen bezahlen.
Den Kreisräten im Vogtland wurde ein Plan vorgesetzt: Es ist dringend nötig, die Abfallgebühren massiv zu erhöhen, weil die Kosten gestiegen sind. – Sachsenweit hat einzig der Vogtlandkreis die Kosten angehoben. Keine Woche später kommt die Müllverbrennung im Vogtland wieder ins Gespräch. Das sind doch Zusammenhänge, die aufhorchen lassen. Darauf sollte man schon einmal ein Auge werfen.
Ich mache weiter im Antrag. Punkt 3, „Überkapazitäten“: Die kommunalen Anlagen sind oft nicht ausgelastet, teilweise nur zur Hälfte oder weniger. Oelsnitz, auf 100 000 Tonnen ausgelegt, liegt bei circa 65 % Auslastung. Cröbern ist für 300 000 Tonnen ausgelegt. Dort liegt die Auslastung zurzeit bei 151 000 Tonnen.
Frau Dr. Pinka, Sie sprechen die ganze Zeit nur vom Import des Abfalls. Ich habe Sie nur vom Import reden hören. Vom Export haben Sie kein Wort gesagt.
Aber große Teile des sächsischen Siedlungsabfalls werden nicht hier in Sachsen behandelt, sondern in Zorbau, in Leuna oder in Staßfurt verbrannt, allen voran der Zweckverband Oberes Elbtal und der Zweckverband Abfallwirtschaft Südwestsachsen. Diese exportieren unseren sächsischen Abfall.
Diese Prozesse unterliegen der kommunalen Selbstverwaltung. Das ist klar. Aber wir sollten darauf hinwirken, dass diese Abfälle in den bereits gebauten, näher liegenden und noch nicht einmal abgezahlten Anlagen zur Auslastung führen. Es widerspricht jeglicher Vernunft, dass es teurer sein soll als der derzeitige Export. Wir müssen nicht den Abfall noch exportieren, wenn wir selbst Anlagen haben, die ihn behandeln können. Die Umstellung ist natürlich nicht von jetzt auf gleich möglich, aber die Gespräche sollten jetzt begonnen werden, bevor die Verträge wieder auslaufen.
Mit Herrn Wild sind wir jetzt am Ende dieser Runde angekommen. Er sprach für die AfD-Fraktion. Aber es gibt natürlich noch Redezeiten. Sogar die einbringende Fraktion hat noch 50 Sekunden. Herr Zschocke, die wollen Sie aber nutzen und eröffnen damit eine zweite Runde.
benden Sekunden nutzen, um noch einmal auf den Vorwurf der ideologischen Formulierung von Antragspunkten einzugehen. Insbesondere, Herr Tiefensee, haben Sie gesagt, die Punkte 2 und 6 wären ideologisch formuliert. Ich kann Sie wirklich nur herzlich bitten: Lesen Sie einfach noch einmal ruhig, was da steht.
Das sind in die Zukunft gerichtete Forderungen, bei denen es darum geht, dass wir in den Abfallwirtschaftsplänen bisher Ziele festgelegt hatten – im letzten von 2010 und auch jetzt wieder im neuen. Uns geht es vor allem um die Zielüberprüfung, um die Erfolgskontrolle, es geht auch darum, aus den Erkenntnissen konkrete Maßnahmen abzuleiten. Dabei Ideologie zu unterstellen, meine Damen und Herren, geht wirklich ein Stück zu weit.
Die zweite Runde ist eröffnet. Gibt es noch weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Den kann ich nicht erkennen. Deshalb hat jetzt Herr Staatsminister Schmidt das Wort. Bitte, Herr Staatsminister.
Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon mehrmals angesprochen worden: Immer wieder diskutieren wir hier im Sächsischen Landtag über dieses Thema, über Abfallüberwachung, Entsorgungsautarkie, Abfallimporte usw.
In der letzten Legislaturperiode hatte der Landtag sogar einen ersten Untersuchungsausschuss eingesetzt – das war im Jahr 2014 –, um dieses Thema umfassend zu untersuchen. Schon damals kam der Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtags mehrheitlich zu folgendem Ergebnis – ich zitiere –: „Sachsen hat eines der modernsten Entsorgungskonzepte in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa. Die neuen, nach dem Jahr 1990 entstandenen Abfallentsorgungsunternehmen mit ihren modernen
Abfallbehandlungsanlagen und Deponien werden umfassend kontrolliert. Verstöße staatlicher und kommunaler Stellen werden nicht festgestellt. Die sächsischen Behörden haben die ihnen zugewiesenen Aufgaben so erledigt, wie es die gesetzlichen Regelungen und Verwaltungsvorschriften vorsehen. Es gibt vonseiten des Untersuchungsausschusses keinerlei Anlass, deren Verhalten zu kritisieren.“ So viel zur Feststellung des Untersuchungsausschusses in der letzten Legislaturperiode.
Zu diesen Schlussfolgerungen haben nicht zuletzt die umfangreichen Zeugenvernehmungen auch von bundesweit anerkannten Abfallexperten, zum Beispiel des Bundesumweltamtes und von Hochschulen, geführt. Zwischenzeitlich gab es keinen Anlass für den vorliegenden Antrag und die falschen Behauptungen in seiner Begründung.
Im Übrigen sind die Abfallimporte nach Sachsen seit dem Jahr 2008 bis zum Jahr 2014 um circa 30 % zurückgegangen.
Selbstverständlich kümmert sich die Staatsregierung um Fragen der Abfallvermeidung. Das Kabinett hat im Dezember 2016 den gegenwärtig aktuellen Abfallwirtschaftsplan verabschiedet, mit konkreten Zielen und Beiträgen, die eingebunden sind in umfangreiche Rahmenbedingungen, die natürlich von der EU und vom Bund vorgegeben werden. Die Bewertung der Maßnahmen zur Abfallvermeidung erfolgt durch Bund und Länder gemeinsam bis zum Ende des Jahres 2019.
Auch bei der Abfallüberwachung bedarf es keiner Anpassung. Wie in diesem Haus schon mehrfach ausgeführt, erfolgt die abfallrechtliche Überwachung im Freistaat Sachsen seit 1996 auf Basis von bewährten Überwachungskonzepten und mit modernen elektronischen Datenverarbeitungsinstrumenten. Die Konzepte beinhalten Vorgaben für regelmäßige Vor-Ort-Kontrollen, unter anderem zur Einhaltung der abfall-, emissionsschutz- und bodenschutzrechtlichen Vorschriften.
Die unteren Abfallbehörden können anlassbezogen und auf der Basis eigener Erfahrung über Überwachungsmaßnahmen entscheiden und diese unangekündigt durchführen. Sie machen das auch.
Die Entsorgung gefährlicher Abfälle wird zusätzlich zu diesen Vor-Ort-Kontrollen elektronisch überwacht, sodass ein Austausch zwischen den Ländern und mit den sonstigen auch Abfalltransporte kontrollierenden Behörden wie dem Bundesamt für Güterverkehr, dem Zoll, der Polizei und dem Landeskriminalamt möglich ist.
Meine Damen und Herren! Für die von den GRÜNEN geforderten Konzepte zur Reduzierung von Kapazitäten zur Abfallverwertung und Beseitigung bedarf es keines Antrags. Die Entsorgung der den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassenen Abfälle erfolgt im Rahmen – auch das ist mehrmals angesprochen worden – der kommunalen Selbstverwaltung. Für Eingriffe des Staates ist damit rechtlich kein Raum. Man kann nicht auf der einen Seite fordern, dass die Kommunen hier selbstverwaltend aktiv werden, und auf der anderen Seite ständig fordern, dass der Staat hier eingreift.
Im Übrigen hat der Untersuchungsausschuss die Fragen der Überdimensionierung und des staatlichen Zwangs exemplarisch am Beispiel Cröbern untersucht. Er hat keinerlei Hinweise darauf gefunden, dass die gesetzlichen Regelungen nicht eingehalten wurden oder dass bei der Planung derartiger Anlagen staatliche oder kommunale Fehler passiert wären.
Auch bei der Bioabfallverwertung handelt es sich um eine weisungsfreie Pflichtaufgabe der kommunalen Selbstverwaltung, der die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachkommen müssen.
Konkrete Maßnahmen oder technische Verfahren für die Kaskadennutzung von Bioabfällen, die hier angesprochen wurden, müssen und können die öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger selbst festlegen. Der Freistaat steht ihnen mit fachlichen Grundlagen wie der Bioabfallpotenzialstudie, gutachterlichen Untersuchungen zur Eigenverwertung und illegalen Beseitigung von Bioabfällen sowie der Richtlinie zur einheitlichen Abfallanalytik in Sachsen für die konzeptionelle Planung dieser Aufgabe zur Seite.
Auch wegen Ihres fünften Punktes bedarf es keines Antrages. Derzeit wird von der EU das Verfahren zur Bestimmung der Verwertungsquoten und Recyclingziele festgelegt. Daher können gegenwärtig zum Erfüllungsgrad noch keine Angaben gemacht werden. Wir werden das in geeigneter Weise veröffentlichen, sobald die Quoten nach einem rechtlich verbindlichen Verfahren ermittelt wurden.
Meine Damen und Herren! Der Antrag entbehrt damit jeder Grundlage. Insofern empfiehlt die Staatsregierung, den Antrag abzulehnen.
Nach Herrn Staatsminister Schmidt hat jetzt die einbringende GRÜNEFraktion die Möglichkeit ihres Schlusswortes, und das sind wieder 3 Minuten. Bitte, Herr Kollege Zschocke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war eine interessante Debatte. Zusammenfassend kann man sagen: Es läuft alles richtig. Es gibt keine Probleme. In Sachsen ist alles super. Die Staatsregierung hat alles im Griff.
Ich würde es anders zusammenfassen, meine Damen und Herren. Mir hat die Debatte gezeigt, dass die Abfallpolitik in Sachsen schlicht und ergreifend von einem fehlenden gestalterischen Anspruch geprägt ist. Es geht aber auch anders. Das zeigt zum Beispiel das Land BadenWürttemberg. Dort hat sich 1999, also mit CDU-geführter Regierung, das Land dafür entschieden, eine langfristige Abfallstrategie mit einer Autarkieverordnung, zum Bei
spiel für gemischte Siedlungsabfälle, zu verabschieden. Das Ergebnis dieser Strategie und dieser Umstellung ist: Heute sind alle Anlagen gut ausgelastet. Die Entsorgungswege sind kurz. Die Müllgebühren sind bei einem Vier-Personen-Haushalt mit 150 Euro pro Jahr die niedrigsten im Bundesgebiet, und das alles bei einem recht hohen ökologischen Standard. Nur zum Vergleich: In Sachsen liegen die Müllgebühren bei 220 Euro bei einem vergleichbaren Vier-Personen-Haushalt, in der Spitze sogar bei bis zu 300 Euro im Jahr. Bei einer solch langfristigen Strategie, wie sie in Baden-Württemberg verabschiedet wurde, gibt es auch mehr Planungssicherheit für die Betreiber. Sie können gezielt in Umstellungen und Kapazitätsanpassungen investieren.
(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Die Anlagen sind doch viel teurer! Das kann man doch gar nicht vergleichen!)
Aber ich möchte das nicht weiter ausführen, denn Sie werden unseren Antrag ohnehin ablehnen. Deshalb möchte ich an Sie appellieren: Beginnen Sie, mit den Kommunen und den Landkreisen sowie den Betreibern endlich ein Konzept für die langfristige Anpassung der in Sachsen real vorhandenen Überkapazitäten an den sächsischen Bedarf zu entwickeln. Das ist schon teilweise wegen der sehr hohen Müllgebühren, die wir in Sachsen haben, notwendig. Zudem wirken diese Kapazitäten nach wie vor wie ein Müllmagnet, verbunden mit hohen umweltschädlichen Abfalltransporten.
Zeigen Sie bitte auch mehr Interesse und Engagement bei der Umsetzung der Recyclingziele aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz, sonst wird das in Sachsen nichts mit einer echten Kreislaufwirtschaft ohne Gefährdung für Mensch und Umwelt, meine Damen und Herren. Ich bitte Sie trotzdem um Zustimmung, aber ich weiß, wie es ausgeht.