Eigentlich, meine Damen und Herren, sind die Brennstäbe in Rossendorf mein Thema. Wir haben darüber schon einiges gehört. Rossendorf hatte zwei Reaktoren, einen reinen Forschungsreaktor und einen Grundlagenforschungsreaktor. Wenn wir hier von einer Gleichbehandlung sprechen, setzen wir uns mit Jülich gleich; denn in Jülich bezahlt alles der Bund, und für Sachsen sind bis jetzt allein für den Rückbau, für die Lagerung und für den Transport mehr als 340 Millionen Euro angefallen.
Ich glaube, das ist kein Pappenstiel. Die Regierung konnte nicht davon ausgehen, dass wir die Brennstäbe selbst lagern müssen, weil immer noch das Atomgesetz galt, und nach Atomgesetz sind die Brennstäbe dort zu entsorgen, wo sie herkommen.
Meine Damen und Herren! Wenn wir hier davon ausgehen, dass wir im Moment „mit Sonderlasten ausgestattet sind“, dürfen wir wohl an den Bund die Forderung stellen, dass der Bund auch hier parallel zu Jülich die Verantwortung für die Kosten und die Lagerung übernimmt.
Das, meine Damen und Herren, hätte ich, ehrlich gesagt, heute viel lieber mit einem Antrag untermauert. Ich verstehe, dass der Koalitionspartner Gesprächsbedarf hat. Das ist alles in Ordnung. Aus diesem Grund führen wir heute hier eine Debatte zu diesem Thema.
Aber es ist wichtig für unsere sächsischen Verhandlungsführer in Berlin, unseren Staatsminister Schmidt und unseren Ministerpräsidenten, dass sie heute hier aus dem Plenarsaal eine deutliche Unterstützung für das sächsische Anliegen bekommen und nicht noch Schelte dafür, dass sich sie sich für Sachsen einsetzen.
Diese Forderungen, die ich etwas undiplomatisch ausgesprochen habe, haben mit sehr diplomatischen Worten und einer Bitte in den Abschlussbericht Eingang gefunden. Schon dafür gebührt all denen Dank, die an dem Abschlussbericht mitgearbeitet haben.
Meine Damen und Herren! Abschließend noch einmal: Wir sind hier der Sächsische Landtag, und wir haben dafür zu sorgen, dass wir genauso behandelt werden wie alle anderen Bundesländer. Ich fordere Sie daher auf, auch in der Debatte deutlich zu machen, dass das für Sie ein Anliegen ist!
Das war Frau Springer, CDU-Fraktion. Ich sehe, es gibt eine Kurzintervention. Dann muss Herr Kollege Vieweg noch ein wenig warten. Sie möchten eine Kurzintervention vortragen, Kollege Zschocke? – Bitte.
Ja. – Frau Springer, Sie haben gesagt, die Staatsregierung konnte nicht davon ausgehen, dass irgendwann ein Endlager zur Verfügung steht, in dem die Rossendorf-Brennstäbe eingelagert werden können. Das haben Sie gesagt, ja. Aber die Staatsregierung ist davon ausgegangen. Das haben wir auch schriftlich. Es gibt eine Drucksache mit der Aussage, wo der Müll aus Rossendorf, der zwischenzeitlich in Ahaus eingelagert ist, am Ende hinkommen soll. Darin wird ganz klar ausgeführt: In der Genehmigung wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz festgelegt, dass die radioaktiven Inventare in den einzelnen Behältern für maximal 40 Jahre aufbewahrt werden dürfen. Die Staatsregierung geht davon aus, dass – wie angekündigt – ein Endlager zur Verfügung steht. Deshalb ist aus derzeitiger Sicht ein Rücktransport nach Sachsen nicht notwendig. Unterschrieben von einem Herrn Stanislaw Tillich. Sie kennen den Herrn. Er ist jetzt Ministerpräsident in diesem Bundesland.
(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Sie müssen das Datum dazusagen, wann das war! Das ist nämlich wichtig! – Patrick Schreiber, CDU: Er war auch schon mal Finanzminister! – Zurufe von der CDU)
Das war eine Kurzintervention, die sich auf den Redebeitrag von Frau Kollegin Springer bezog. Sie reagiert jetzt darauf.
Meine Ausführungen beziehen sich auf das Atomgesetz, das für den gesamten Bund gilt bzw. zu dem Zeitpunkt galt, als es darum ging, die Brennstäbe nach Russland zurückzuführen. Da Herr Zschocke nicht sagte, von welchem Zeitpunkt diese Drucksache ist, kann ich dazu konkret keine Stellung nehmen. Aber wir durften als Sachsen davon ausgehen, dass wir nach Atomgesetz handeln dürfen.
Das waren Kurzintervention und Reaktion. Jetzt spricht für die einbringende SPD-Fraktion Kollege Vieweg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Grundlage der heutigen Diskussion ist der Abschlussbericht der Endlagerkommission, einem 33-köpfigen Gremium. Dies war auch Grundlage für die fraktionsübergreifende Gesetzesinitiative von CDU, CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die in der nächsten Woche im Bundestag zur Beschlussfassung vorliegt.
Prof. Dr. Georg Milbradt, ehemaliger Sächsischer Ministerpräsident, war hier in seiner Funktion als Vertreter der Katholischen Kirche in der Endlagerkommission intensiv in der Debatte. Er hat sich in der Anhörung im Deutschen Bundestag eindeutig für einen standortoffenen Prozess ausgesprochen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. Alle potenziellen Standorte müssten bei der Suche in einen Topf, sagte er, weil man sonst nicht erklären könne, dass das Auswahlverfahren nicht schon vorgeprägt sei: „Es ist nicht hinnehmbar, dass das Zeug 60 Jahre auf dem Acker steht, mehr oder weniger ungeschützt.“ Das sagte Georg Milbradt am 13. Mai 2016. Diese Haltung und auch dieser parteiübergreifende Ansatz zeigen für mich, dass wir ein überparteiliches und überregionales Verfahren haben, das auf Solidarität setzt.
Wunsch meiner Fraktion ist, dass wir genau diese überparteiliche, überregionale, solidarische Haltung und die Worte von Georg Milbradt bei unserem Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundesrat, wenn es um die Frage des Standortauswahlgesetzes geht, im Hintergrund auch bei unserem Abstimmungsverhalten berücksichtigen.
Mit dem Standortauswahlgesetz, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, haben wir ein mehrstufiges Auswahlverfahren mit viel Bürgerbeteiligung und Partizipation. Wir haben hier in Sachsen eine leidvolle Erfahrung gemacht; fast jeder von uns kennt in seiner Familie leidvolle Wismut-Geschichten. Hier wurden Menschen geopfert für die Idee des Atomzeitalters im letzten Jahrhundert. Hier wurden gesundheitliche Spätfolgen und Risiken ganz bewusst verschleiert. Aus diesem Grund glaube ich – darin sind wir uns alle einig –, dass wir beim Thema Ausstieg aus der Kernenergie einen breiten Konsens in der Bevölkerung haben. Übrigens haben wir auch eine breite Zustimmung für umweltfreundliche erneuerbare Energieerzeugung.
Daher, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, in der zweiten Runde meine diesbezüglichen Schlussbemerkungen: Für uns als Fraktion gilt das Prinzip der weißen Landkarte. Das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich sagen. Mein Kollege Holger Mann ist auf das Thema Rossendorf eingegangen – hier gibt es einen großen Konsens in der Koalition. Der gesamte Diskussionsprozess um die Risiken und die Gefahren der Kernenergie zeigt mir aber, dass es richtig war, dass wir als SPD eine klare Haltung gegen Kernenergie haben.
Was für mich sehr bemerkenswert ist, ist, dass wir heute genau mit den gleichen Leuten über die Frage einer standortoffenen Endlagersuche und über einen möglichen sächsischen Sonderweg diskutieren. Das ist für mich sehr bemerkenswert, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Deshalb plädiere ich dafür, hier abzurüsten und bei dieser Debatte für eine redliche, ehrliche und transparente sowie glaubwürdige Politik einzustehen, denn für uns steht viel auf dem Spiel. Wir haben viele eigene sächsische Energieinteressen. Wir reden heute noch über die bundeseinheitliche Geltung von Netzentgelten und wir reden – nicht nur heute – auch über das Thema Strukturwandel in der Lausitz. Wir sind auf Solidarität des Bundes und anderer Bundesländer angewiesen.
Wir haben saubere, fachlich fundierte, wissenschaftliche Argumente für unsere Haltung beim Thema Netze, beim Thema Strukturwandel und beim Thema erneuerbare Energien. Hier ist Glaubwürdigkeit ein hohes Gut. Insoweit plädiert meine Fraktion für eine glaubwürdige, wissenschaftlich fundierte Haltung. Dies bitten wir bei unserem Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundesrat zu berücksichtigen.
Es sprach Herr Kollege Vieweg für die SPD-Fraktion. Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE erneut Frau Dr. Pinka.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Herr Vieweg, für den sehr sachlichen Vortrag zur Aktuellen Debatte. Er stimmt mich wieder etwas versöhnlicher mit der Koalition.
Ich möchte trotzdem an der Stelle weitermachen, wo ich vorhin aufgehört habe, nämlich bei der Pressekonferenz des Umweltministers. Ich möchte dabei auf den Punkt Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Suche eingehen, zu dem der Umweltminister argumentiert hat, dass eine Gleichbehandlung der Standorte nicht stattfindet, sondern dass Sachsen benachteiligt würde, weil man über die technischen Barrieren andere Faktoren ansetzt. Gleichzeitig macht er darauf aufmerksam, dass Niedersachsen bei den Salzstöcken eine andere Temperaturregelung hineinverhandelt hatte.
Ich bin der Meinung, dass man beides gleichzeitig nicht machen kann. Man kann nicht bei den einen sagen: „Ihr habt jetzt diese Sonderregelung hineinverhandelt, jetzt wollen wir das aber auch – und ihr dürft keine Sonderregelung haben!“ Beides wird nicht funktionieren.
Ich meine, Sie kommen hier ein wenig zu spät mit Ihrem Beitrag dazu. Sie hätten schon die Chance gehabt, hier eher einzuwirken. Das würde ich als dritten Kritikpunkt zu Ihrer Pressekonferenz auch sagen wollen. Denn bestimmte Dinge sind ja schon in dem Standortegesetz geregelt. Hier wurden bereits Vorschläge gemacht, beispielsweise dass das Endlager, wenn es sicher sein soll, zumindest nicht durch Bergbau oder Geothermie durchlöchert sein darf. Das Gestein muss ausreichend mächtig und darf nicht erdbebengefährdet sein. Solche Dinge stehen in dem Entwurf des Gesetzes drin.
Von daher hätte man, wenn man 1994 den Bericht der Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe mit dem schönen Titel „Endlagerung stark wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle in tiefengeologischen Formationen Deutschlands – Untersuchung und Bewertung von Regionen in nichtsalinaren Formationen“ gründlich gelesen hätte, festgestellt, dass schon 1994 bestimmte Kristalline Sachsens untersucht worden sind und eine Wichtung stattgefunden hat, was an Standorten innerhalb Sachsens möglich wäre und was nicht. Hier gibt es beispielsweise Ausführungen zu den im Erzgebirge befindlichen Massiven, dass diese durch eine große Störungszone gekennzeichnet sind, nämlich die Gera-Jachymov-Störung. Dadurch sind die Gegebenheiten von Erzlagerstätten vorhanden. Darin steht auch, dass es unverritzte Gebirge gibt, wie den Granodiorit oder das Granulit. Darauf hätten Sie auch einmal reagieren können.
Hätten Sie das 1994er BGR-Gutachten vorgenommen, dann hätten Sie sagen können: „In der Zwischenzeit gibt
es in der Bundesrepublik eine Bundesrohstoffstrategie, eine Innovationsstrategie“. Wir haben eine sächsische Rohstoffstrategie. Wir haben im Erzgebirge durch diese Vererzungen so viele strategische Rohstoffe, dass es sinnlos wäre, diesen Standort in eine Endlagerdiskussion einzubringen. Er wird nämlich irgendwann herausfallen!
Ich habe Ihnen gerade eben gesagt, dass Ihr Nichthandeln dazu geführt hat, dass wir jetzt gewisse Veränderungssperren hinnehmen müssen. Hätten Sie darauf hingewirkt, dass genau diese in Genehmigung befindlichen Bergbaustandorte nicht mitbetrachtet werden, dann wäre das Erzgebirge vielleicht herausgefallen. Dann wären wir immer noch keine weiße Landschaft gewesen, aber zumindest wäre nicht halb Sachsen gesperrt, wie es im Moment ist. Das haben Sie quasi mit verhindert.