Protocol of the Session on March 15, 2017

Was hat sich bis jetzt getan oder verändert? Ja, die kommunale Pflichtaufgabe zur Beförderung der Schüler wird erfüllt. Aber darauf baut sich derzeit im ländlichen Raum der gesamte ÖPNV auf, und das spüren die Bürger zum Beispiel in den Schulferien und am Wochenende.

Auch im Entwurf zur Fortschreibung des Nahverkehrsplanes 2017 vom ZVON war nur ein „Weiter so“ zu erkennen, kaum Ansätze zu neuen innovativen Veränderungen bezüglich der Daseinsvorsorge und der demografischen Entwicklung.

Ein positives Beispiel ist, wie Herr Baum schon angeführt hat, das Muldentalprojekt rings um Leipzig. Aber, Herr Baum, bei diesem Projekt hat der Mitteldeutsche Verkehrsverbund schon lange vor Ihrer Zeit mit den Planungen begonnen und auch die Bürgermeister und die Unternehmen in den Gewerbegebieten finanziell eingebunden. Mobilität neu denken – das ist die Zukunft. Ich werde mich in der Strategiekommission auch dafür einsetzen, dass solche und andere effektive, flexible Angebote im Freistaat zukünftig den Nahverkehr attraktiver und nutzerfreundlicher machen. Gespannt bin ich auf die Verankerung der Handlungsempfehlungen der Strategiekommission im neuen Landesverkehrswegeplan.

Meine Damen und Herren, nun zum Thema Verlässlichkeit eine kurze Anmerkung. Pünktlichkeit im Bahn-, Flug- und Straßenverkehr ist für mich wichtiger als Verlässlichkeit; denn bisher konnten wir uns in puncto Verlässlichkeit beispielsweise darauf verlassen, dass die Qualität der Staatsstraßen kontinuierlich sinkt. In der Beratenden Äußerung des Sächsischen Rechnungshofes heißt es dazu nur: Das Vermögen sank seit seiner Erstbewertung 2006 stetig. 2013 befanden sich rund 42 % der Straßen in einem ungenügenden Zustand. Wir konnten uns bisher auch darauf verlassen, dass viel erdacht und wenig umgesetzt wurde.

Vielleicht schafft es die Staatsregierung in Zukunft, das Wort Verlässlichkeit im Zusammenhang mit ihrer Arbeit wieder positiv zu besetzen, zum Beispiel mit den 71 Maßnahmen im Straßenbau – wir werden sehen.

Für die AfD-Fraktion ist auch der attraktive Straßenverkehr wichtig und die Behebung der Winterschäden – im Gegensatz zu Herrn Böhme,

Herr Minister Dulig, eine der bisher fatalsten Entscheidungen Ihrer Verkehrspolitik war für mich als Oberlausitzerin gleich nach Ihrem Amtsantritt, dass der Lückenschluss der B 178n zwischen Weißenberg und Nostitz kurz vor dem Planfeststellungsbeschluss von Ihrem Ministerium gestoppt wurde, um neu dreispurig planen zu lassen. Der Zeithorizont für die Fertigstellung dafür wurde durch diese Aktion um fünf bis zehn Jahre zurückgeworfen,

(Staatsminister Martin Dulig: Das ist falsch!)

ganz zu schweigen von den Kosten.

(Staatsminister Martin Dulig: Das ist falsch, was Sie hier erzählen, einfach falsch!)

Die Planungsfirma DEGES unterstützte Sie dabei, indem sie sich völlig realitätsfremd vom Schreibtisch in Berlin aus nur auf die neue Bevölkerungsprognose der Region bezog

(Thomas Baum, SPD: Das ist völliger Blödsinn! Keine Ahnung! – Staatsminister Martin Dulig: Die Planungen werden gar nicht angenommen! Sie haben keine Ahnung!)

Der extrem anwachsende Lkw-Fernverkehr wurde außer Acht gelassen.

Die geplante Trasse befindet sich im transeuropäischen Verkehrskorridor E 3 und bietet eine topografisch günstige Anbindung nach Tschechien und weiter nach Südosteuropa, wodurch schon jetzt seit Fertigstellung der polnischen und tschechischen Seite ein erhöhter Transitverkehr zu beobachten ist.

(Andreas Nowak, CDU: Was hat das denn damit zu tun?)

Für mich ist auch eine gute Straßenanbindung wichtig für die Mobilität, vor allen Dingen in der Oberlausitz.

Zur Innovation, meine Damen und Herren. Unser Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat sich in seiner Rede zum Thema Innovation sehr stark auf die Elektromobilität, intelligente Verkehrssysteme inklusive vernetzter Mobilität und automatisiertes Fahren fokussiert. Wie schaut es denn aber mit der Infrastruktur dafür aus? Braucht es dafür nicht auch ein ausgewogenes Ladesäulennetz? Braucht es dafür nicht ein ausgebautes Breitbandnetz? Und braucht es dafür nicht auch sichere Rechtsgrundlagen?

(Staatsminister Martin Dulig: Ja!)

Sie wissen bestimmt, dass sich Sachsen im Rahmen der Infrastruktur sowohl bei der Ladesäulen-Infrastruktur als auch bei dem Breitbandausbau auf einem „Spitzenplatz“ befindet, nämlich ganz weit hinten im Länderranking.

Wie sich Innovation unter diesen Rahmenbedingungen entwickeln kann, darüber wird von der Staatsregierung wahrscheinlich gerade nachgedacht.

Wäre es nicht vernünftiger, die Mobilität im Gleichklang mit Angebot, Nachfrage und Rechtssicherheit zu entwickeln? Wie doppelt und dreifach unsinnig sind Kaufprämien für E-Autos, wenn kaum Nachfrage besteht, wenn sich das Auto nicht flächendeckend und batterieschonend auftanken lässt oder wenn bereits die Frage nach dem Ladestecker zum Politikum wird? Lösungsansätze bezüglich dieser Probleme haben wir in unserem Antrag Drucksache 6/5134 angeboten.

Ähnliche Fehler werden bei der Automatisierung des Fahrens begangen. So fehlen beispielsweise noch immer zufriedenstellende Rechtsgrundlagen für das automatisierte Fahren. Sicherlich ist die Forschung und Entwicklung hier schon sehr weit bei den verschiedenen Formen des automatisierten Fahrens – wobei die Bezeichnung an sich bereits undifferenziert ist. Hier ist zu unterscheiden zwischen dem assistierten Fahren, dem teilautomatisierten Fahren, dem hoch- und voll automatisierten Fahren, dem autonomen Fahren oder dem teleoperierten Fahren. Rechtliche Regelungen lassen derzeit aber lediglich assistiertes oder unter Umständen teilautomatisiertes Fahren zu.

(Staatsminister Martin Dulig: Das ist falsch! Das wurde im Bundesrat anders beschlossen!)

Das automatisierte Fahren wird hier also erprobt, ohne dass der rechtliche Rahmen dafür entsprechend geändert wurde.

(Staatsminister Martin Dulig: Stimmt nicht!)

So kann Innovation nicht funktionieren, und ob der Beschluss des Kabinetts vom 25. Januar 2017 sämtliche rechtlichen Bedenken auszuräumen vermag, bleibt abzuwarten.

Nun noch zum Bundesverkehrswegeplan, einem weiteren Kernpunkt. Für diesen Bundesverkehrswegeplan, der voriges Jahr schon beschlossen wurde, sollte sich die Staatsregierung nicht zu hoch loben lassen. Herr Minister Dulig hat selbst schon Kritik daran geübt, wie die Schienenprojekte dort berücksichtigt wurden. Sachsen hatte elf Schienenprojekte angemeldet, davon wurden fünf genehmigt, fünf stehen seit 2003 im Plan, die Elektrifizierung Plauen – Bad Brambach – Grenze hat es gar nicht in den Bundesverkehrswegeplan geschafft, und alle anderen wichtigen Strecken wie Cottbus – Görlitz, Dresden – Prag, Dresden – Görlitz und Chemnitz – Leipzig sind sehr weit hinten gelandet.

Auch die Carsharing-Angebote sind zurzeit nur in den großen Städten und Ballungsräumen umsetzbar. Anbieter, die es in Görlitz versucht haben, haben schon wieder aufgegeben; es lohnt sich einfach nicht in Städten, in denen die Nachfrage nicht so groß ist und wo nicht so viele junge Bewohner leben. Hier sind wir auch noch sehr weit von der Realität entfernt.

Zum Thema Radverkehr wird sicher Frau Meier nachher reichliche Ausführungen machen, deshalb habe ich mich dazu zurückgehalten.

(Unruhe bei den LINKEN und der SPD)

Ich schließe hiermit die Ausführungen der AfD-Fraktion zu der Erklärung des Ministers Dulig „Mobilität in Sachsen“.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Das war Frau Grimm, sie sprach für die AfD-Fraktion. Als Letzte in dieser Runde spricht für die Fraktion GRÜNE Frau Kollegin Meier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben heute eine Regierungserklärung zum Thema „Mobilität“ angemeldet. Das hat mich in der Tat etwas überrascht; denn üblicherweise ist es so, dass die Ministerinnen und Minister hier Stellung nehmen, wenn sie irgendwelche Skandale verzapft haben, oder um ihre Erfolge anzupreisen. Ich glaube, Ihnen ging es heute darum, Ihre Erfolge darzulegen. Aber wenn ich ehrlich bin, muss ich diese mit der Lupe suchen. Aufgrund der mangelnden offenbaren Erfolge ziehe ich meine ganz

persönliche Halbzeitbilanz. Was ist da naheliegender, als in den Koalitionsvertrag zu blicken?

Beginnen wir mit dem Thema, das uns hier monate-, wenn nicht gar jahrelang fast den letzten Nerv geraubt hat – den Regionalisierungsmitteln. Sie haben 2014 in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben, die Regionalisierungsmittel sollten „stärker an die Aufgabenträger zur Bestellung von Verkehrsleistungen“ weitergereicht werden. Ja, Sie haben mehr Mittel an die Aufgabenträger weitergereicht.

(Beifall bei der SPD)

Nicht genug, und auch erst auf unseren Druck hin! Wir mussten Sie zum Jagen tragen!

(Widerspruch von der SPD)

Ich darf Sie daran erinnern: Sie haben hier eine Ergänzungsvorlage zum Doppelhaushalt vorgelegt. Das mussten Sie deshalb tun, weil Sie im Bund noch einmal 50,2 Millionen Euro herausgeschlagen hatten. Das ist gut; aber davon wollten Sie tatsächlich nur 10 % an die Aufgabenträger weiterleiten und ansonsten Ihren Haushalt damit sanieren. Erst unsere Aktuelle Debatte hat den Kollegen hier die Augen geöffnet. Die Bürgerinnen und Bürger sowie die Zweckverbände sind auf die Barrikaden gegangen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, erst im letzten Moment hat die Koalition entsprechende Änderungsanträge eingebracht, um diesen absurden Verteilungsvorschlag abzumildern. Vielen Dank noch einmal dafür!

Aber zurück zum Koalitionsvertrag! Jetzt möchte ich zitieren: „Der Öffentliche Personennahverkehr … in Sachsen muss mit dem Ziel der wirksamen Anbindung des ländlichen Raums an die Ballungszentren weiterentwickelt werden. Die Erschließung einer Region ist Aufgabe der Daseinsvorsorge und darf nicht allein aus wirtschaftlicher Perspektive bewertet werden.“

Sehr schöne Sätze! Allein, ich vermisse das Engagement.

Wer eine andere Bahnpolitik will, der muss dafür kämpfen, dass die Bahn – nach mittlerweile 400 Tagen Unterbrechung! – wieder von Meißen über Nossen und Roßwein nach Döbeln fährt, der muss sich dafür engagieren, dass diese Region nicht länger vom Bahnverkehr abgehängt wird. Aber Sie ducken sich seit Amtsantritt bei diesem Thema weg.

Wenn Sie schon Ihren Koalitionsvertrag nicht ernst nehmen, dann nehmen Sie doch Ihren Parteikollegen Henning Homann und Steve Ittershagen von der CDU ernst, die sich dezidiert für diese Anbindung der Strecke einsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Organisieren Sie gemeinsam mit den Zweckverbänden, den Landräten, den Bürgermeistern und der BI einen Bahngipfel in der Region! Signalisieren Sie den politischen Willen, die Region wieder anzubinden – mit einem

attraktiven Bahnangebot. Nur mit einem starken Bekenntnis des Verkehrsministers zu der Strecke werden sich die Zweckverbände bewegen. Sie wissen genau, dass diese sich nicht im luftleeren politischen Raum bewegen.

(Andreas Nowak, CDU: Auch sie sind eigenverantwortlich!)