Natürlich müssen dabei die lokalen Bedürfnisse Berücksichtigung finden. Eine zentralisierte Ein-StandortLösung verbietet sich also. Aber ob die aktuelle Lösung der fünf Zentralen sinnvoll ist, ist fraglich. Das ist am Ende aber nur eine Frage der Organisation der Verantwortlichkeiten und Entscheiderebenen.
Das wird nicht ohne die Kolleginnen und Kollegen in den Landkreisen und kreisfreien Städten gehen. Ich habe einige Gespräche in dieser Ebene geführt und den Eindruck, dass wir auf einem guten Weg sind. Es wird eine der Hauptaufgaben der nächsten Jahre sein, hier eine Harmonisierung hinzubekommen.
Wir haben für die Zukunft des sächsischen ÖPNV mittel- und längerfristige Linien. Zu den mittelfristigen Aufgaben gehört die Anpassung des Systems an die aktuellen Herausforderungen. Mein Kollege Ronald Pohle beschreibt das gern mit einem Vier-Säulen-Modell.
Erstens, die Anpassung der aktuellen ÖPNVFinVO. Für mich gehört dazu die Synchronisierung mit der Ausreichung der Regionalisierungsmittel des Bundes bis zum Jahr 2031, auch die Übertragbarkeit der Mittel für längerfristige Investitionen. Ein Beispiel ist der geplante Neubau der S-Bahn-Station Leipzig/Porsche. Davon profitieren auch das lokale DHL-Verteilzentrum und die Logistikbranche in den Gewerbegebieten im Leipziger Norden. Das ist also eine sinnvolle Investition, die aber nur mehrjährig gestemmt werden kann.
Zweitens, die Neuorganisation der Schüler- und Auszubildendenverkehre im Rahmen des ÖPNVFinAusG. Das ist unmittelbar mit einem zentralen Vorhaben der Koalition gekoppelt, nämlich – drittens – der Einführung eines sachsenweit gleich organisierten Bildungstickets. Auch hier müssen wir für eine Harmonisierung im Rahmen der Zweckverbände sorgen. Es gelten die gleichen Bedingungen wie bei den technischen Innovationen und den autonomen ÖPNV-Systemen.
Viertens geht es um eine Neuordnung der Strukturorganisation des sächsischen ÖPNV. Darauf habe ich schon abgestellt. Wir müssen uns von den Bedürfnissen der Jahre 2017 bis 2031 leiten lassen und dürfen uns nicht an den Entscheidungen Ende der Neunzigerjahre, so richtig sie in dieser Zeit gewesen sein mögen, orientieren.
Die Chancen für einen neu organisierten ÖPNV standen nie so gut wie heute. Wir haben Planungssicherheit bei den Regionalisierungsmitteln. Wir haben uns deshalb in den letzten Haushaltsberatungen auf einen Fahrplan verständigt, der bis zum Jahr 2031 gelten soll. Wir stehen unmittelbar vor einer technischer Revolution, die uns ganz neue Möglichkeiten eröffnen wird. Wenn wir diese Möglichkeiten nutzen, werden künftig viel mehr Menschen im ÖPNV unterwegs sein. Wir werden damit die Herausforderungen in den großen Städten und urbanen Räumen lösen, ohne dass wir den ländlichen Raum vernachlässigen und dem Individualverkehr überlassen. Wir können den Verkehr in ganz Sachsen attraktiver machen. Es gibt viel zu tun. Unsere Koalition wird es anpacken. Los geht’s!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Mobilität für Sachsen“ – das ist der Titel der Fachregierungserklärung von Staatsminister Martin Dulig. Der Titel ist dabei nicht nur eine Beschreibung dessen, was wir bisher erreicht haben, sondern er ist Auftrag und Aufforderung zugleich.
Es ist unser Auftrag, die Mobilität der Menschen im Freistaat Sachsen weiter zu verbessern. Es ist die Aufforderung, sich dabei den veränderten Rahmenbedingungen zu stellen und anzupassen. Ich kann Ihnen ohne Umschweife sagen: Das ist genau das, was wir tun. Das alles ist aber nicht immer nur schwarz oder weiß, Herr Kollege Böhme, sondern es ist eine sehr bunte Welt.
Mobilität bedeutet Teilhabe. Mobilität ist die Grundvoraussetzung dafür, dass unsere Gesellschaft funktioniert, dass die Menschen zur Arbeit, zur Schule oder zum Arzt kommen und dass die Menschen ihre Freizeit auch genießen können. Mobilität bedeutet, dass auch Güter bewegt werden, dass Menschen zueinanderfinden und sich austauschen können.
Mobilität, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist mehr als nur eine sektorale Betrachtung der Verkehrsmittel. Mobil zu sein bedeutet, problemlos von A nach B zu kommen. Das ist zunächst unabhängig davon, welches Transportmittel dafür genutzt wird: ob wir zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad fahren, die Straßenbahn, den Bus oder den Zug nehmen oder mit dem eigenen oder geliehenen Auto fahren.
Unser Anspruch ist es, den Menschen im Freistaat Sachsen die Möglichkeiten zu schaffen, die sie brauchen, um weiterhin mobil zu bleiben. Diesen Anspruch haben wir im Koalitionsvertrag mit der CDU deutlich formuliert. Dort heißt es: „Grundlage einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik sind die Gewährleistung bezahlbarer und finanzierbarer Mobilität, die Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Infrastruktur und die Reduzierung der negativen Effekte auf Mensch, Umwelt und Natur.“
Daran – das ist völlig klar – müssen wir uns messen lassen, und ich sage Ihnen: Daran können wir uns auch messen lassen.
Nehmen wir zum Beispiel den öffentlichen Verkehr. Für uns ist ein funktionierender und bezahlbarer ÖPNV ein grundlegender Teil der Daseinsvorsorge. Je mehr Menschen wir dazu bewegen können, den ÖPNV zu nutzen, desto weniger verstopft sind unsere Straßen, desto weniger Umweltverschmutzung müssen wir bekämpfen. Dafür muss der ÖPNV aber für die Kunden bezahlbar bleiben und für den Freistaat finanzierbar sein.
Gleichzeitig brauchen wir attraktive Angebote sowohl in den wachsenden Ballungsräumen als auch in den vom
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie alle wissen, der ÖPNV – dazu zähle ich natürlich auch den SPNV, das heißt, die Regionalzüge, die durch Sachsen fahren – ist eine kommunale Aufgabe. Der Freistaat hat also auf die Aufgaben vor Ort nur mittelbaren Einfluss. Denn welche Züge und Busse fahren, entscheiden in Sachsen die Städte und Landkreise bzw. die Aufgabenträger. Das ist beim SPNV so, aber auch bei den Busverkehren oder dem Schülerverkehr.
Das, was wir als Regierungsfraktion aber tun können, ist, den kommunalen Aufgabenträgern die erforderliche Finanzierung zu sichern, und das haben wir mit dem letzten Doppelhaushalt deutlich getan.
Nachdem klar war, wie die Höhe und die Verteilung der Regionalisierungsmittel des Bundes aussehen würden, haben wir uns zur Aufgabe gemacht, auch für die sächsischen Aufgabenträger Planungssicherheit herzustellen. Trotz der ab 2022 zurückgehenden Zuweisungen des Bundes haben wir den Haushalt so aufgestellt, dass wir den Zweckverbänden eine jährliche Dynamisierung ihrer Zuweisungen um 1,8 % zusagen können.
Genau dafür haben wir eine Rücklage gebildet, mit der wir diese Zusage auch einhalten können und nicht, Herr Kollege Böhme, um das Geld nur zu bunkern.
Wir haben in unserer Koalition aber auch erreicht – und darauf bin ich besonders stolz –, dass den Aufgabenträgern in den nächsten beiden Jahren rund 30 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen, als im ursprünglichen Haushaltsansatz geplant. Diese Mittelerhöhung wollen wir aber nicht mit der Gießkanne verteilen, sondern konkret dort einsetzen, wo die Bedarfe am höchsten sind. Deshalb werden wir die Ballungsräume stärken, damit zum Beispiel der 15-Minuten-Takt der S-Bahn zwischen Dresden und Meißen zu den Hauptverkehrszeiten realisiert werden kann.
Unser besonderes Augenmerk gilt aber vor allem den ländlichen Regionen Sachsens, die sonst – hätten wir nicht gehandelt – in eine Abwärtsspirale geraten wären, die mit den Begriffen Ausdünnung und Abbestellung umschrieben werden kann. Diesen Trend, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir gemeinsam mit den Kollegen der CDU gestoppt.
Aus finanziellen Gründen müssen nun in den nächsten Jahren keine weiteren Zugverbindungen eingestellt werden. Dafür haben wir gesorgt.
Aber es geht ja nicht nur darum, den Status quo zu sichern, sondern es geht uns vor allem darum, Mobilität zu verbessern und zu erweitern. Deshalb fördern wir innovative Konzepte und Ideen. So wird dank der Unterstützung des Freistaates noch in diesem Jahr das Projekt „Muldental in Fahrt“ umgesetzt werden können. Das ist ein integriertes und innovatives Bussystem in vier kleinen Städten im Muldentalkreis.
Das Konzept sieht nicht nur ein Taktbussystem in den Städten Brandis, Colditz, Grimma und Bad Lausick vor, das vor allem die Wohn- und Gewerbegebiete mit den jeweiligen Stadtzentren vernetzt. Darüber hinaus wird mit der Einführung dieses Pilotprojektes sichergestellt, dass auch die Anschlüsse an überregionale Verbindungen, zum Beispiel im Schienenverkehr, hergestellt werden. Das ist ein weiterer Schritt zur Verknüpfung der Verkehrsträger.
Genau das ist die Mobilität, wie wir sie uns vorstellen. Ich hoffe, dass dieses Pilotprojekt nicht nur in den genannten Städten gut angenommen wird, sondern auch viele Nachahmer in anderen sächsischen Kommunen findet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal sind es auch die kleinen Dinge, die den Unterschied ausmachen können, wenn wir von einer besseren Vernetzung der Verkehrsträger sprechen. So ist es uns zum Beispiel gelungen, die Förderung von Fahrradstationen in der Richtlinie ÖPNV zu verankern. Fahrradstationen sind Einrichtungen an Verkehrsknotenpunkten, meist im Umfeld von Bahnhöfen, wo die Menschen ihr Fahrrad sicher und überdacht abstellen können, um dann in die Bahn oder den Bus umzusteigen. Viele Fahrradstationen bieten darüber hinaus noch zusätzliche Serviceleistungen wie kleinere Reparaturen an.
Aber ich sage der Ehrlichkeit halber dazu, dass wir als Freistaat nur den Bau bzw. die Errichtung solcher Fahrradstationen fördern können, jedoch nicht deren Betrieb. Das ist aus vergaberechtlichen Gründen nicht möglich. Ich bin mir aber sicher, dass sich Betreiber für solche Stationen finden lassen und dass diese wirtschaftlich betrieben werden können. Es gibt unzählige Beispiele dafür aus anderen Bundesländern, wo dies hervorragend funktioniert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben den kleinen Dingen haben wir auch das große Ganze im Blick. Zum ersten Mal in der Geschichte Sachsens haben wir eine Strategiekommission für den öffentlichen Nahverkehr eingerichtet, in der wir die zentralen Zukunftsfragen der Mobilität diskutieren und gemeinsam nach Lösungen suchen. Zum ersten Mal sitzen in diesem zentralen Gremium die Verantwortlichen der Verkehrsunternehmen zusammen. Dank der Initiative von Verkehrsminister Dulig sind auch Abgeordnete aus allen Fraktionen des Sächsischen Landtages in die Arbeit der Strategiekommission eingebunden.
In dieser Kommission geht es einzig und allein darum, wie wir in Sachsen auch in Zukunft bezahlbar, verlässlich und innovativ mobil sein können. In den unterschiedlichen Arbeitsgruppen werden seit mehr als einem Jahr die jeweiligen Schwerpunkte bearbeitet und es wird um Lösungen gerungen. Aus meiner eigenen Erfahrung als Leiter der Arbeitsgruppe Tarif und Vertrieb kann ich Ihnen sagen: Diese Aufgaben sind alles andere als trivial. Im Gegenteil, ich habe gelernt, wie hochkomplex die Organisation von öffentlichem Nahverkehr sein kann und dass gleichzeitig alle dort vertretenen Akteure mit großer Ernsthaftigkeit bei der Sache sind.
Nun kommt diese Strategiekommission auf die Zielgerade. Nach einer grundsätzlichen Analyse des sächsischen ÖPNV, die in dieser Form ebenfalls noch nie durchgeführt wurde, sind die insgesamt fünf Arbeitsgruppen gerade dabei, ihre Themenschwerpunkte auszuarbeiten und sogenannte Steckbriefe zu verfassen. In den kommenden Monaten wird es nun die Aufgabe der Strategiekommission sein, die Schwerpunkte der einzelnen Arbeitsgruppen aufeinander abzustimmen und miteinander zu verzahnen. Während der Sommerferien – so ist zumindest der Plan – sollen die in diesem Prozess entstandenen Thesenpapiere zusammengeführt werden. Für das IV. Quartal erwarten wir den Abschlussbericht und – noch viel wichtiger – ganz konkrete Handlungsempfehlungen zu den vielen offenen Punkten, die Kollege Nowak soeben angesprochen hat. Dort haben wir großen Handlungsbedarf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Strategiekommission ist eine herausragende Chance, das Thema Mobilität in Sachsen weiter voranzubringen. Ich erhoffe mir ganz konkrete Handlungsempfehlungen. Wir müssen in Bewegung bleiben und uns den Herausforderungen stellen, denen wir in den nächsten Jahren begegnen. Dass es dabei noch einige Baustellen gibt, die nicht so leicht abgeräumt werden können, wie wir es uns vielleicht anfangs vorgestellt haben – als Beispiel sei das Bildungsticket genannt –, will ich nicht verleugnen. Aber klar ist auch: Wir stecken den Kopf nicht in den Sand, sondern es ist für uns ein zusätzlicher Ansporn, für die Mobilität der Sachsen zu kämpfen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! „Mobilität für Sachsen: bezahlbar, verlässlich, innovativ“ – auf diese drei Elemente Bezahlbarkeit, Verlässlichkeit und Innovation, die Ausgangspunkt der Fachregierungserklärung waren, möchte ich kurz eingehen.
Bezahlbarkeit. Das bisherige Regierungshandeln zwingt uns fast zu der Frage, für wen Mobilität bezahlbar sein soll. Für den Finanzminister, die kommunalen Aufgabenträger oder den Verbraucher?
Im Koalitionsvertrag heißt es, wie Herr Baum schon zitiert hat: Grundlage einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik im Freistaat Sachsen ist die Gewährleistung bezahlbarer und finanzierbarer Mobilität. Zur Bezahlbarkeit finden sie zwei Eckpunkte. Der eine Eckpunkt ist die Einführung eines einheitlichen, sachsenweit gültigen und kostengünstigen Bildungstickets. Der zweite Eckpunkt ist die Einführung eines landesweit gültigen Sachsentarifes im schienengebundenen Personennahverkehr.
Meine Damen und Herren! Wir begrüßen die beiden Vorschläge, aber wir müssen zum jetzigen Zeitpunkt, Mitte März 2017, Folgendes feststellen: Wie aus dem Haushaltsplan 2017/2018, Einzelplan 07 04, ersichtlich ist, sind Gelder für diese beiden Vorschläge zwar eingeplant, aber den Planungen stehen keine Ausgaben gegenüber. Das ist doch logisch, denn weder ein Bildungsticket noch ein Sachsentarif wurden bisher erfolgreich eingeführt.
Insoweit bleibt die Mobilität weiterhin vor allem für den Finanzminister finanzierbar. Für viele Schüler, Pendler und Auszubildende bleiben die Umsetzungsträgheit der Staatsregierung und die damit verbundenen Kosten jedoch ein erhebliches Mobilitätsproblem. Dieses Problem erreicht mittlerweile auch die Unternehmen, die auf Auszubildende aus dem Umland angewiesen sind; denn für viele Auszubildende sind die Mobilitätskosten ein wichtiger Faktor für die Entscheidung über den Ausbildungsplatz.
Deshalb passen Sie auf, Herr Minister Dulig, dass die Planungen für ein bezahlbares sachsenweites Bildungsticket nicht nach hinten losgehen und die Eltern am Ende mehr dafür bezahlen und der Nutzen nicht größer wird als bisher. Überlegen Sie genau, wofür Sie die im Haushalt eingestellten Steuergelder sinnvoll einsetzen, um Ihren Punkt im Koalitionsvertrag umzusetzen. Behalten Sie die Erwartungen der Eltern im Auge, wie zum Beispiel den Transport mit dem Bildungsticket zur Schule ihrer Wahl oder die eines Azubis zur Berufsschule oder zum Ausbildungsbetrieb innerhalb ganz Sachsens.
Wenn wir den Koalitionsvertrag aus dem Jahre 2014 und den eingangs zitierten Satz des Koalitionsvertrages für bare Münze nehmen, dann ist festzustellen, dass das SMWA bzw. die Staatsregierung es bis heute nicht geschafft haben, die Grundlage für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik in Sachsen zu schaffen.
Was hat sich bis jetzt getan oder verändert? Ja, die kommunale Pflichtaufgabe zur Beförderung der Schüler wird erfüllt. Aber darauf baut sich derzeit im ländlichen Raum der gesamte ÖPNV auf, und das spüren die Bürger zum Beispiel in den Schulferien und am Wochenende.