Protocol of the Session on December 18, 2014

Meine Damen und Herren! Ich erteile nun dem Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herrn Dulig, das Wort. Bitte sehr, Herr Staatsminister.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich freue mich sehr, dass ich jetzt der Erste sein darf, der von diesem neuen parlamentarischen Instrument Gebrauch machen darf. Ich finde es richtig, dass wir vielfältige Formen in diesem Parlament einführen, um zu einer neuen Lebendigkeit der parlamentarischen Demokratie zu kommen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Tagen konnte ich im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Strukturfondsförderperiode 2014 bis 2020 in Hellerau die Genehmigungen der beiden Operationellen Programme – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, EFRE, und Europäischer Sozialfonds, ESF – von Vertretern der EU-Kommission entgegennehmen. Auch wenn Sachsen erfreulicherweise nicht mehr zu den wirtschaftlich schwach entwickelten Regionen in Europa zählt, erhält Sachsen nach wie vor Strukturfondsmittel in erheblichem Umfang.

Der EFRE und der ESF bilden unverändert Schwergewichte der Investitionsförderung in Köpfe, Unternehmen und Infrastruktur in Sachsen. Mit EU-Mitteln in Höhe von 2,7 Milliarden Euro können wir bis 2020 wichtige Impulse für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung setzen. Die gute Entwicklung in Sachsen bedeutet auch, dass wir mit weniger Mitteln als bisher auskommen und diese eben noch effektiver einsetzen müssen. Genau das haben wir vor.

Wir als Staatsregierung erheben den Anspruch, nicht nur zu verwalten, sondern zu gestalten. Die neue Förderperiode steht ganz im Zeichen der Strategie Europa 2020. Auch die Strukturfonds sollen daher die Fördermittel auf die Schwerpunkte wissensbasiertes, ökologisch nachhaltiges und sozial integratives Wachstum konzentrieren. Sie sollen noch effektiver werden und klar definierten Zielen folgen.

Diese engmaschigen europäischen Vorgaben sind in Einklang zu bringen mit der spezifischen Situation in Sachsen, mit unseren Erfahrungen und Vorstellungen, wie wir die Zukunft Sachsens gestalten wollen. Noch immer

ist viel zu tun; neue Herausforderungen sind zu bewältigen. Einkommen und Produktivität hinken noch immer hinterher. Gerade Langzeitarbeitslose haben es nach wie vor schwer. Die demografische Entwicklung stellt in Sachsen eine enorme Herausforderung dar. Auch der Klimawandel macht keinen Bogen um uns. Die verheerenden Hochwasser sind uns alle noch in unguter Erinnerung.

Um Sachsen wirtschaftlich voranzubringen, setzen wir vor allem auf Innovation, Forschung und Entwicklung. Wir wollen nicht als verlängerte Werkbank am weltweiten Wettbewerb um die niedrigsten Kosten teilnehmen, sondern am Innovationswettbewerb mit neuen Produkten und Verfahren. Dazu müssen wir noch mehr in Forschung und Entwicklung investieren und die Ergebnisse dann auch wirtschaftlich erfolgreich umsetzen.

Genau aus diesem Grund wird EFRE noch stärker auf Innovation konzentriert. Fast 830 Millionen Euro bzw. 40 % der Mittel stehen für Forschung und Entwicklung in den Unternehmen und für anwendungsorientierte Forschungseinrichtungen und Universitäten zur Verfügung. Damit erhöhen wir auch die noch zu geringen FuEAktivitäten der von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägten Wirtschaft, und wir schöpfen das wirtschaftliche Potenzial der gut ausgebauten öffentlichen Forschungsinfrastruktur noch besser aus. Innovationen werden immer von Menschen gemacht.

Bildung und Qualifizierung sind die andere Seite ein und derselben Medaille. Deshalb werden wir mit dem ESF die Menschen in Sachsen weiterhin verstärkt dabei unterstützen, fit zu bleiben, sich zu qualifizieren und sich beruflich weiterzuentwickeln. Wir tragen damit nicht zuletzt angesichts der demografischen Entwicklung in Sachsen zu einem Umfeld für Unternehmen bei, mit dem sie erfolgreich sein können. Auch aus diesem Grund steht für mich der ESF gleichrangig neben EFRE.

Mit dem ESF werden wir trotz des geringeren Volumens mit unseren teils fortgeführten, teils neu aufgelegten Programmen ein breites Spektrum abdecken. Dabei sind die drei folgenden Schwerpunkte entscheidend: erstens Bildung, Ausbildung und Berufsausbildung, zweitens nachhaltige und hochwertige Beschäftigung und drittens soziale Inklusion und Bekämpfung von Armut und Diskriminierung. Hierfür können wir in den kommenden Jahren 662 Millionen Euro EU-Mittel einsetzen.

In dem mit rund 2,1 Milliarden Euro ausgestatteten EFRE gibt es neben der Innovation folgende weitere Schwerpunkte:

Erstens, KMU: die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen, besonders bei der Markteinführung neuer Produkte und Verfahren.

Zweitens, die digitale Offensive: Erstmalig werden im Rahmen der digitalen Offensive 80 Millionen Euro aus EFRE zusätzlich für den Ausbau von hochleistungsfähigen Breitbandnetzen mit der Zielrichtung KMU eingesetzt.

Drittens, Klimaschutz: Den Klimaschutz werden wir durch Investitionen vor allem in die Energieeffizienz und in umweltfreundliche Verkehrsträger mit rund

448 Millionen Euro deutlich stärker als bisher unterstützen.

Viertens, Hochwasserschutz: Wir stellen 135 Millionen Euro für den Hochwasserschutz bereit.

Fünftens, Wohn- und Lebensbedingungen: Mit 170 Millionen Euro werden die Wohn- und Lebensbedingungen in besonders benachteiligten Stadtgebieten gezielt verbessert. Erstmalig sind auch im ESF hierfür 30 Millionen Euro vorgesehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Operationellen Programme wurden von der vorherigen Regierung vorbereitet und eingereicht. Auch der Landtag hat den Erarbeitungsprozess konstruktiv begleitet und eigene Positionen eingebracht. Einige haben Eingang in die nunmehr genehmigten Programme gefunden, zum Beispiel ein noch stärkerer Fokus auf Innovation und der Verzicht auf die Förderung einiger weniger Straßenbaumaßnahmen zugunsten umweltfreundlicher Verkehrsträger.

Wir werden auch in der Förderpolitik neue Akzente setzen. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir in geeigneten Förderprogrammen soziale und tarifliche Standards verankern wollen. Wir stellen uns auch in Sachsen dem Anspruch, wirtschaftliches Wachstum ökologisch nachhaltiger als bisher zu erreichen und dabei keinen zurückzulassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Abg. Uwe Wurlitzer, AfD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben nun die Möglichkeit, Fragen zu dem Berichtsthema des Staatsministers zu stellen. Wer möchte von der CDUFraktion das Wort ergreifen? – Herr Abg. Heidan am Mikrofon 5. Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister Dulig, nach Ihren Ausführungen muss ich die Frage stellen: Wann beginnt denn nun die neue Förderzeit, wann beginnt die Umsetzung? Wann sind die entsprechenden Fachrichtlinien zu erarbeiten? Wie ist der Stand der Umsetzung?

Herr Staatsminister.

Zum einen stelle ich fest, dass wir mit der Genehmigung, die wir vor einigen Wochen erhalten haben, noch mit zu den Ersten gehören, die das in der Hand haben. Bis dahin waren wir nicht tatenlos, sondern es wurde vieles schon in Gang gesetzt, zumal bestimmte Richtlinien nicht neu geschrieben werden mussten, sondern angepasst wurden. Wir gehen davon aus, dass wir Anfang des Jahres grundsätzlich fast alles am Start haben.

Um das vielleicht noch zu differenzieren: Wir arbeiten seit einem Jahr an der Vorbereitung dieser Richtlinien, zumindest mein Haus und die beteiligten Häuser. Bezogen auf den Europäischen Sozialfonds sind bereits fünf der erwarteten acht Richtlinien veröffentlicht. Die noch offenen drei Richtlinien betreffen das SMWK mit dem ESF-Programm in Hochschule und Forschung, das SMWA mit der Technologieförderung und das SMI mit der nachhaltigen sozialen Stadtentwicklung in benachteiligten Stadtgebieten. Da sind wir kurz vor der Fertigstellung.

Ich gehe davon aus, dass die Förderung grundsätzlich Anfang des Jahres beginnen kann. Es sind auch schon erste Zuwendungsbescheide herausgegangen. Die SAB hat zum 28. November die ersten Zuwendungsbescheide versandt.

Bei EFRE sieht es so aus, dass die Mehrzahl der 20 Richtlinien und Verwaltungsvorschriften Anfang 2015 in Kraft tritt. In zwei Bereichen, der Technologieförderung und dem Hochwasserschutz, wird bereits mit den Mitteln der neuen Förderperiode gefördert; da sind wir also schon mittendrin.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Aus der Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abg. Meiwald am Mikrofon 1 zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Sie sagten es: Die Operationellen Programme, soweit sie jetzt genehmigt sind, tragen die Handschrift der alten Regierungskoalition. Meine Frage: Wird es seitens Ihres Hauses oder Ihrerseits noch Änderungen in der Ausrichtung oder in den Operationellen Programmen überhaupt geben, vor allem vor dem Hintergrund einer möglichen Mittelverwendung im Rahmen europäischer Programme für die Integration Asylsuchender?

Herr Staatsminister.

Zum einen sind die Themen, die in den OP abgebildet wurden, grundsätzlich so gestaltet, dass sie nicht infrage gestellt werden müssen. Sie sind so breit angelegt, dass sich auch innerhalb der angemeldeten OP die Schwerpunkte abbilden lassen, die wir in dieser Koalition haben.

Ich möchte nicht ausschließen, dass wir uns das noch einmal genauer anschauen, aber ich strebe es nicht an. Aus einem ganz simplen Grund: Das Verfahren, Operationelle Programme zu verändern, ist so umfangreich und würde zu einer so starken Verzögerung führen, dass das, wie ich glaube, nicht automatisch der bessere Weg ist. Wir schauen uns eher die Förderrichtlinien an und prüfen, inwieweit wir dort die Schwerpunkte noch einmal verändern oder verschieben können, um Punkte, die wir vielleicht eher in den Fokus rücken würden, in den bestehenden OP stärker abzubilden.

Das ist eher ein pragmatischer Umgang mit den angemeldeten OPs. Wer sich mit dem Ummeldeverfahren auskennt, weiß: Man muss erst einmal nachweisen, warum ein OP nicht funktioniert, um es dann zu verändern. Hier wäre ich sehr vorsichtig. Ich glaube, der andere Weg ist besser, zu versuchen, mit den eigenen Förderrichtlinien einen Weg zu finden.

Das zweite Thema betrifft die Integration Asylsuchender. Das gesamte Thema würde ich unabhängig vom ESF sehen. Wir brauchen Maßnahmen, wir brauchen Programme und Ansätze, wie wir das Thema Integration auch über Arbeit bei uns zum großen Thema machen. Wir prüfen gerade, inwieweit dazu ESF-Mittel eingesetzt werden können. Ich würde das Thema nicht von der ESFFörderung abhängig machen, sondern in die gesamte Integrationsdebatte einbeziehen. Integration funktioniert über Sprache, über gesellschaftliche Teilhabe und über Arbeit. Wir müssen schauen, wo wir die Programmansätze zusammenbringen können. Wir überprüfen, inwieweit es auch Möglichkeiten des ESF gibt. Aber das wird es nicht nur allein sein.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Nun die Frage aus der SPD-Fraktion. Herr Abg. Mann, darf ich Sie bitten, zum Mikrofon 3 zu gehen. Bitte, Ihre Frage.

Sehr geehrter Herr Staatsminister! Meine Frage bezieht sich auf das Antragsverfahren bzw. das Abrechnungsverfahren innerhalb der Strukturfonds. Der Aufwand ist durchaus sehr erheblich. Was hat man vor, bzw. welche Maßnahmen werden ergriffen, diesen zu vereinfachen und zu reduzieren?

Den Ruf nach Vereinfachung gibt es wahrscheinlich, seit es Anträge gibt. Immer, wenn es um ein Verfahren geht, wird zugleich nach Vereinfachung gerufen – zu Recht. Wir wissen, dass es gerade bei den europäischen Fördermitteln immer ein sehr komplexes Verfahren ist. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es nicht automatisch immer diejenigen in Brüssel waren, die für die Verkomplizierung gesorgt haben.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Hört! Hört!)

Meistens waren es nationale oder Landesregelungen, die zu einer weiteren Verschärfung geführt haben. Deshalb hat man sehr häufig zu Unrecht mit dem Finger auf Brüssel gezeigt.

Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die EU-Regelungen eins zu eins übernehmen wollen. Ich fand es schon bemerkenswert – bei der Veranstaltung waren die Repräsentanten der Europäischen Kommission anwesend und haben selbst darauf hingewiesen, welche Vereinfachungswege sie gehen. Es liegt jetzt an uns, diese Ausnahmen im Rahmen unserer sächsischen Haushaltsordnung so einzusetzen, dass wir stärker mit Pauschalen arbeiten können, dass wir das Abrechnungsverfahren

vereinfachen können. Diese Verabredung haben wir. Wir sind aber immer auch für neue Vorschläge dankbar.

Mir ist in diesem Zusammenhang wichtig – das war auch meine Botschaft bei dieser Veranstaltung –: Sehr häufig wurde in den letzten Jahren das gesamte Verfahren von der Philosophie des Misstrauens geprägt. Das heißt, man hat dem, der den Antrag stellte, von vornherein unterstellt, er könne es nicht ernst und ehrlich meinen. Wir sind der Meinung, wir müssen eine Ermöglichungsstrategie fahren. Wir müssen sehen, dass wir das, was uns die Europäische Union als Hausaufgabe aufgegeben hat, nämlich eine Output-Orientierung bei den Projekten zu gewährleisten, in dem Antragsverfahren umsetzen.

An dieser Stelle möchte ich auch die Frage beantworten, die Sie nicht gestellt haben.

(Heiterkeit)

Für mich ist in diesem Zusammenhang die Sächsische Aufbaubank Partner des Prozesses. Hier gilt für mich das Gleiche, was man gern auch mit Brüssel gemacht hat. Man hat immer den Schuldigen gesucht.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Zu Unrecht!)

Allzu häufig war es die Sächsische Aufbaubank, weil über sie die Verfahren abgewickelt wurden. Ich sage: Wir werden nur eine Vereinfachung der Verfahren erreichen, indem wir die Sächsische Aufbaubank als den Partner sehen, der er für uns ist. Die machen eine gute Arbeit. Wenn wir ihnen die Sicherheit geben für das, was wir an Vereinfachungen wollen, bin ich mir sicher, dass es dann in den Verfahren deutlich wird. Für mich ist die Sächsische Aufbaubank ein wichtiger Partner bei der Umsetzung der gesamten Programme, aber auch bei der Frage der Vereinfachung von Verfahren.

Vielen Dank, Herr Staatsminister, auch dafür, dass Sie das in der vereinbarten Zeit geschafft haben. Die AfD-Fraktion stellt keine Fragen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? – Am Mikrofon 4.