Meine Damen und Herren! Jetzt sind fünf Minuten herum, das Wasser ist noch nicht angerührt, keine Gans ist hier, mir hat niemand geholfen. Also kommen wir an dem Gesetzentwurf auch nicht vorbei. Stimmen Sie uns nachher zu.
Meine Damen und Herren! In acht der 13 Flächenländer in Deutschland ist die Mitgliedschaft von Bürgermeistern in den Kreistagen ausdrücklich zugelassen. Ginge es nach der Idee der AfD-Fraktion hier im Landtag, sollte es künftig in Sachsen so sein, dass eben hauptamtliche Bürgermeister dies künftig nicht mehr sein können.
Theoretische Abhängigkeiten und Vorteilsnahmen werden pauschal unterstellt. Deshalb wollen wir das einmal alles von vornherein per Gesetz ausschließen. Dabei ist die Idee der AfD inkonsequent, weil in einem ähnlichen Antrag der AfD deutlich wird – auch er beschäftigt sich mit der Position von Bürgermeistern im Freistaat Sachsen –, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Nach Auffassung der AfD soll nämlich gemäß dem anderen Antrag hauptamtlichen Bürgermeistern künftig erlaubt sein, gleichzeitig ehrenamtlicher Bürgermeister in einer anderen Gemeinde zu sein, zum Beispiel in der Nachbargemeinde. Hier stellt sich natürlich die Frage, inwiefern auch hier theoretisch denkbare Abhängigkeiten, Vorteilsnahmen, Interessenskonflikte oder dergleichen berücksichtigt wurden.
Aber zurück zum Thema und zu Ihrem heutigen Antrag. Wir haben in der Anhörung durch den Innenausschuss am 9. Juni die eindeutig geäußerten Bedenken zu dem eingebrachten Gesetzentwurf sehr aufmerksam verfolgt und kommen auch in der Ausschussdiskussion im Innenausschuss sowie im Verfassungs- und Rechtsausschuss zu der Überzeugung, dass es falsch ist, wenn Sie behaupten, dass andere Kreisräte gestärkt werden, wenn hauptamtliche Bürgermeister nicht mehr Kreisräte sind. Es ist auch falsch, dass, wie behauptet wird, Bürgermeister den Kreistag dominieren. Rund ein Viertel der aktuellen Kreisräte sind Bürgermeister, und bei uns im Vogtlandkreis sind es 14 von 86.
Es ist auch falsch, dass eine pauschale Abhängigkeit konstruiert werden kann, die dazu führt, dass die Probleme zwischen den Landräten und den Bürgermeistern einfach unter den Teppich gekehrt werden sollen. Richtig ist, dass auch wir Interessenskollisionen sehen können; aber im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von der AfD, stellen wir unsere sächsischen hauptamtlichen Bürgermeister nicht unter Generalverdacht.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, ist es auch hier bei uns selbst so, dass wir in die Situation eines Interessenskonfliktes geraten können; denn zum einen haben wir das Wohl des Landes und der Menschen im Blick, und auf der anderen Seite arbeiten wir natürlich auch daran, unsere heimatlichen Regionen entsprechend zu stärken. Aber auch wir stellen uns dieser Verantwortung, die uns der Wähler gibt, und führen diese Tätigkeit auch gewissenhaft aus.
Kurzum, aus unserer Sicht überwiegt der Vorteil der Teilnahme der Bürgermeister an den Kreistagssitzungen, und der Sächsische Landkreistag und der SSG haben das auch noch einmal betont. Warum ist das so? Die Bürgermeister verfügen über kommunalen Sachverstand und haben das Fachwissen und die Ortskenntnis. Das erleichtert natürlich die Arbeit. Die Bürgermeister kennen sich
im Kommunalrecht aus, und viele Vorschriften im Landkreis und in den Gemeinden sind identisch. Zudem können die Bürgermeister selbstverständlich Entscheidungsprozesse und Beschlüsse auch auf die Gemeindeebene tragen und dort inhaltlich begleiten.
weil Sie nämlich gerade darauf abzielen, dass die Bürgermeister sich sehr wohl zur Wahl stellen dürfen. Sie dürfen selbst dann die Stimmen für Ihre Liste sammeln, und dann sagen Sie ihnen, Pustekuchen, ihr dürft das Mandat nicht annehmen, wenn ihr weiterhin Bürgermeister bleiben wollt. In diesem Fall rücken dann aber Kreisräte nach, denen der Wähler überhaupt nicht so viele Stimmen gegeben hat. Insofern ist dies aus unserer Sicht ein klarer Angriff auf den Wählerwillen. Wir werden uns auch künftig für den Grundpfeiler der Demokratie entscheiden. Für uns ist es wichtig, dass die Wähler diejenigen in den Kreistag bekommen, die sie gerne dort haben wollen. An dieser Situation werden wir als CDU auch nichts ändern; diese Verfahrensweise werden wir auch künftig garantieren.
Meine Damen und Herren! Nun spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Schollbach. – Bitte sehr, Herr Schollbach, Sie haben das Wort.
Herr Präsent! Meine Damen und Herren! Eines muss man Ihnen lassen, meine Damen und Herren von der sogenannten Alternative für Deutschland:
Sie haben hier erreicht, dass CDU und LINKE im Sächsischen Landtag denselben Standpunkt vertreten; das kommt ja eher selten vor.
Das ist wirklich sehr bemerkenswert. Auch wir halten Ihren Gesetzentwurf für großen Quark. Ich will diese Einschätzung mit den folgenden Argumenten untermauern.
Zum einen: Die AfD hat es hier tatsächlich fertiggebracht, zwei sich ordnungspolitisch diametral entgegenstehende Gesetzentwürfe in den Landtag einzubringen.
Da haben Sie offenbar den Überblick verloren – vermutlich an anderer Stelle wieder einmal ein wenig viel gehetzt.
Es wird zunächst vorgeschlagen, meine Damen und Herren, dass ein und dieselbe Person gleichzeitig Bürgermeister mehrerer verschiedener Gemeinden sein darf. Diesem Gesetzentwurf ist es natürlich immanent, dass die vorgeschlagene Zulassung multifunktionaler Ausübung gleichartiger Ämter auf derselben Ebene zu Interessenkonflikten führen kann. Mit dem hier und heute zu beratenden Gesetzentwurf wollen sie nun demgegenüber erreichen, dass hauptamtliche Bürgermeister nicht gleichzeitig Kreistagsmitglieder sein dürfen, um angebliche Interessenkonflikte auszuschließen.
(André Barth, AfD: Genau! Das ist aber eine unterschiedliche Ebene, Herr Schollbach! Deshalb ist das nicht vergleichbar!)
Die Intentionen dieser beiden Gesetzentwürfe stehen offenkundig im Widerspruch zueinander. Darüber hinaus vermag der letztgenannte Gesetzentwurf auch inhaltlich nicht zu überzeugen; denn der Fall etwaiger Interessenkonflikte von Kreistagsmitgliedern ist bereits gesetzlich normiert, nämlich in § 18 der Sächsischen Landkreisordnung. In dieser Vorschrift sind jene Tatbestände, bei deren Vorliegen der ehrenamtlich Tätige weder beratend noch entscheidend mitwirken darf, eindeutig und abschließend geregelt.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle, insbesondere auf die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Nr. 7 der Sächsischen Landkreisordnung einzugehen. Diese Norm regelt den Grundsatz, wonach ein Mitwirken an einer Beratung oder Entscheidung dann ausgeschlossen ist, wenn diese Entscheidung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, in deren Organ das Kreistagsmitglied tätig ist, einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen kann. Diese Vorschrift nimmt allerdings ausdrücklich Gebietskörperschaften, in deren Organ das Kreistagsmitglied tätig ist, von diesem Grundsatz aus.
Nun muss man sich die Frage stellen: Was hat sich der Gesetzgeber hierbei gedacht? Aus welchem Grund wurde für diesen Fall ein Regel-Ausnahmeverhältnis normiert? – Die Antwort ist ganz einfach: Auch ein Bürgermeister nimmt als Kreistagsmitglied Interessen der Allgemeinheit wahr und vertritt die Bürgerinnen und Bürger.
Meine Damen und Herren von der AfD! Wenn man Ihre Argumentation jetzt einmal konsequent zu Ende denkt, wonach es Interessenkonflikte geben könnte, wenn Bürgermeister in Kreistagen sitzen, dann müsste das doch genauso für Mitglieder von Stadträten und Gemeinderäten gelten. Es ist vielen oftmals nicht klar, wird oft verwechselt: Nicht der Bürgermeister ist das Hauptorgan einer Gemeinde. Es ist der Stadtrat oder der Gemeinderat. Der sagt, wo es langgeht. Der bestimmt die Grundsätze. Der Bürgermeister ist lediglich Vorsitzender des Gemeinderates und Leiter der Gemeindeverwaltung. Man könnte böse sagen: Der Bürgermeister ist der Knecht des Gemeinderates.
So ist das richtig verstanden, wenn wir uns die Sächsische Gemeindeordnung im Verhältnis Gemeinderat – Bürgermeister anschauen. Das mag der Staatsminister des Innern unterhaltsam finden, aber möglicherweise kennt er die Gemeindeordnung einfach nicht so gut.
Meine Damen und Herren! Ich bin auf die Konsequenzen aus dem Vorschlag der AfD eingegangen. Sie schlagen wohlweislich nicht vor, dass Gemeinderatsmitglieder und Stadtratsmitglieder nicht gleichzeitig Kreistagsmitglieder sein dürften. Das müssten sie, wenn denn die von Ihnen beschriebenen Interessenkonflikte real wären.
Ich möchte auf einen letzten Punkt eingehen. Das ist die Frage der Verhältnismäßigkeit. Jetzt unterstellen wir einmal, es gäbe diese Interessenkonflikte. Dann müssten wir doch überlegen, was das mildeste Mittel ist, um diese Interessenkonflikte im konkreten Einzelfall zu beseitigen. Das sind dann die Befangenheitsvorschriften. Ich wies bereits auf § 18 der Sächsischen Landkreisordnung hin. Natürlich müssen wir hier das Prinzip der Verhältnismäßigkeit beachten. Es ist Ausfluss aus dem Rechtsstaatsprinzip Artikel 20 Abs. 3 unseres Grundgesetzes. Wenn Sie derart massiv eingreifen, greifen Sie letztlich auch in das passive Wahlrecht des Betroffenen ein. Deshalb müssen wir auf die Befangenheitsvorschriften zurückgreifen, wie sie in der Sächsischen Landkreisordnung argumentieren. Sie dürfen nicht so weit gehen, für Bürgermeister konsequent zu fordern, dass diese nicht Kreistagsmitglieder sein dürfen.
Kollege Voigt von der CDU wies zutreffend darauf hin, was die Sachverständigenanhörung ergeben hat. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Wir werden demzufolge in der Konsequenz diesen Gesetzentwurf – ich möchte es noch einmal betonen –, der großer Quark ist, ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die gerupfte Gans des Herrn Wippel werde ich ganz gewiss nicht eingehen. Was mir oberflächlich zu der Problematik einfällt, ist der Dienst in der Polizei und Abgeordneter oder Mandatsträger hier im Landtag. Darüber könnte man sich durchaus auch Gedanken machen. So weit gehen wir nicht.
Aber – und ich möchte es nicht unerwähnt lassen – schon seit Langem gibt es deutschlandweit – und in aller Regelmäßigkeit meist vor Kreistagswahlen –Diskussionen und politische Initiativen zum Ausschluss des Bürgermeisters aus den Kreistagen. Der erste Gesetzentwurf – das möchte ich auch nicht unerwähnt lassen – wurde schon im Jahr 1987 durch die GRÜNEN in den Landtag
Baden-Württembergs eingebracht. Verfolgt man die Diskussionen der letzten 30 Jahre, muss man durchaus feststellen, dass diese Problematik in allen Parteien und Wählervereinigungen kontrovers diskutiert wird. Es gibt einige Bundesländer – das hat Kollege Voigt schon erwähnt –, die Bürgermeister in den Kreistagen nicht zulassen. Aber acht von 13 Flächenländern, darunter auch Sachsen, lassen die Mitgliedschaft ausdrücklich zu. Warum? Weil es sich in der Vergangenheit bewährt hat.