Jetzt könnten Sie fragen: Wovon rede ich hier eigentlich? Was sind das für Finanzhilfen? Das sind direkte Finanzhilfen für Forschung und Entwicklung im Bergbau- und Technikbereich, auch im Bereich der CCS-Technologie. Das sind Altlastenkosten, Kosten für die Sanierung von Braunkohletagebauen, Modernisierungsbeihilfen, soziale Beihilfen, Kosten der Stilllegung der ostdeutschen Atomkraftwerke, Kosten für die Sanierung der Wismut, Kosten für die Sanierung von Morsleben, Kosten für die Sanierung der Asse, letztlich auch die Kosten für die gesamte Endlagerstandortsuche, die wir über den Staat bezahlt haben und noch bezahlen werden. Und das waren nur die direkten Finanzhilfen!
Diese gibt es auch für die erneuerbaren Energien, insbesondere für Forschung und Entwicklung. Das ist wichtig und richtig. Diese Aufwendungen machen aber nur einen sehr geringen Teil dessen aus, was ich für die konventionellen Energieträger vorgetragen habe.
Zu dem Thema Steuervergünstigungen gibt es auch einiges zu sagen. Der Staat verzichtet auf Wasserentnah
meabgaben und Förderabgaben, auch hier in Sachsen. Wir hatten vor ein paar Monaten in den Haushaltsberatungen eine Debatte darüber. Die Regierung lehnt die Erhebung solcher Abgaben ab.
Weiterhin ist, wenn man den großen Zeitraum, den ich gerade beschrieben habe, als Vergleichsmaßstab anlegt, die Stromsteuer zu gering.
Schließlich bieten bestimmte staatliche Regelungen den konventionellen Energien Vorteile. Ein Beispiel ist der Emissionshandel. Einige Kraftwerke zahlen immer noch zu wenig, weil dieses System nicht funktioniert.
Weitere Kostenfaktoren wären zu nennen: Belastungen der Wasserwirtschaft, Aufwendungen der Bergbehörden und der Atombehörden, Kosten durch Unfälle, Kosten durch Bergsenkungsschäden, Kosten von Umsiedlungs- und Infrastrukturmaßnahmen, Kosten der polizeilichen Sicherung von Atomtransporten. Selbst die Kosten des Katastrophenschutzes im Hinblick auf die Risikogeneigtheit für nukleare Unfälle wären an dieser Stelle zu nennen.
Das sind alles Kosten, die bereits entstanden sind; einige entstehen weiterhin. Ich wiederhole: 641 Milliarden Euro Subventionen haben wir als Steuerzahler für die konventionellen Energien bereitgestellt. Wenn Sie alle Kosten einbeziehen, können Sie nicht behaupten, erneuerbare Energien seien teurer als konventionelle. In dieser Rechnung sind übrigens noch nicht die Kosten enthalten, die der Klimawandel verursachen wird.
Also: Lassen Sie uns endlich den Kohleausstieg einleiten, das Klima schützen und Überkapazitäten abbauen! Lassen Sie uns die Kosten auch dadurch senken, dass Entgelte vereinheitlicht werden! Es muss endlich mehr Transparenz geschaffen werden!
Herr Böhme, da Sie die Kosten der Stromerzeugung aus fossilen Energieträger und aus Atomkraft angesprochen haben, möchte ich darauf eingehen. Sie haben alles nebeneinandergestellt nach dem Motto: Wenn wir das eine haben, brauchen wir das andere nicht. – Aber so ist es nicht.
Erstens. Die von Ihnen angesprochenen Forschungskosten haben auch unseren Unternehmen viele Umsätze gebracht, weil auch deutsche Unternehmen Kernkraftwerke, Braunkohlekraftwerke und Gaskraftwerke in der ganzen Welt gebaut haben. Dass man dem die Forschungsförderung gegenüberstellt, ist unsauber.
Zweitens haben Sie die Sanierung der Braunkohletagebaue angesprochen. Heute wird ein Braunkohletagebau über einen Rahmenbetriebsplan vom Betreiber mitfinanziert. Was Sie meinen, folgt dem Vorbild Ihrer Vorgänger
Als Drittes möchte ich Ihnen sagen: Die Gegenüberstellung ist auch deshalb sinnlos, weil trotz des Ausbaus der erneuerbaren Energien die Grundlast gewährleistet sein muss. Die Kosten, auch die gesellschaftlichen Kosten, für Braunkohle und Atomstrom entstehen also sowieso. Sie könnten natürlich so verlogen sein und diese externen Kosten nach Tschechien oder nach Frankreich schieben; aber das wäre nicht ehrlich. Die Kosten fallen sowieso an. Deswegen ist Ihre Argumentation einfach nur die halbe Wahrheit.
Ich sehe keinen Redebedarf mehr. Die Redezeiten der meisten Fraktionen sind ohnehin abgelaufen. – Ich bitte jetzt Herrn Staatsminister Dulig, das Wort zu nehmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Energiewende ist eine Aufgabe, die wir gemeinsam zu schultern haben. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in Ost und in West, die eben nicht allein zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher in Ostdeutschland gehen darf.
Es ist eine Frage der Fairness und der Gerechtigkeit, dass wir bei der Verteilung der Lasten zu Ausgleichslösungen kommen. In der Sache sind wir uns einig. Ich bedanke mich bei Ihnen für die Debatte. Ich unterstelle, dass Sie mit der Debatte dasselbe Ziel verfolgen wie wir, auch wenn ich aus der Debatte angesichts bestimmter Argumente, die Sie gebracht haben, durchaus etwas verunsichert herausgehe. Aber dazu später mehr.
Angesichts der Vielzahl der Argumente, die in der Debatte vorgetragen wurden – einige Behauptungen waren fachlich nicht untersetzt –, will ich unsere Haltung noch einmal klarmachen: Es gibt bei uns höhere Netzentgelte als im Norden und im Westen Deutschlands. Grund ist im Wesentlichen das ungünstige Verhältnis zwischen Erzeugung und Last.
Aber wir dürfen nicht dafür bestraft werden, dass die Erzeugungsbedingungen für erneuerbaren Strom im Osten günstiger sind. Wir dürfen auch nicht dafür bestraft
werden, dass wir hier eine geringere Lastabnahme durch Haushalte und Industrie haben. Dieser Umstand macht besonders viele kostenträchtige Netzeingriffe zur Systemstabilisierung notwendig. Die Bedingungen sind nun einmal bei uns so. Das haben wir uns nicht ausgesucht.
Heute ist es so, dass der Haushaltskunde in der ostdeutschen Regelzone – das ist nun einmal die 50Hertz-Zone – im Schnitt 4 Cent pro Kilowattstunde mehr zahlt.
Das sind rund 140 Euro pro Jahr Mehrbelastung für unsere Familien. Für einen an Mittelspannung angeschlossenen Industriekunden heißt es, hier durchschnittlich über 2 Cent je Kilowattstunde mehr aufzubringen. Das entspricht jeweils einem Aufschlag von über 60 %. Deshalb ist unsere Forderung gegenüber dem Bund seit Langem – um wenigstens einen Teil dieser Belastung zu mindern – die Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte für volatile Einspeisung, das heißt aus Fotovoltaik und Windkraft. Zweitens fordern wir die bundesweite Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte.
Wir haben es sehr begrüßt, dass das Bundeswirtschaftsministerium den Missstand grundsätzlich anerkannt hat. Der Referentenentwurf eines Netzentgeltmodernisierungsgesetzes enthielt einige gute Punkte. Nun sind wir aber mit dem in der letzten Woche vom Bundeskabinett beschlossenen Netzentgeltmodernisierungsgesetz konfrontiert. In den beiden genannten Punkten ist es für uns eine herbe Enttäuschung. Wir sind wütend, weil wir auf Zusagen gesetzt hatten, die uns vonseiten der Bundesregierung gegeben wurden.
Wir vertreten nach wie vor die Auffassung, dass die Streichung der vermiedenen Netzentgelte für KWKAnlagen falsch ist. Es gibt eben keine ausreichende Berücksichtigung der Netzdienlichkeit und der Grundlastfähigkeit der Anlagen. Bei steuerbaren Anlagen tritt ein realer wirtschaftlicher Verlust ein. Beseitigt wird letztlich nur die bisherige Entlastung des EEG-Kontos. Im Ergebnis bedeutet das eine bundesweite Wälzung der bislang regional gewälzten Kosten.
Nicht nachvollziehbar ist zudem die ersatzlose Streichung der bundesweiten Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte. Das war ja das Herzstück des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes. Der Bund selbst hatte doch vorher auf die sehr unterschiedlichen Entwicklungen der Netzentgelte hingewiesen.
Ich will an dieser Stelle noch einmal auf die Argumente eingehen, die von Ihnen, Herr Dr. Lippold, gekommen sind. Ich habe mich allerdings etwas gewundert, dass Sie in Ihrer Rede heute hier viel defensiver waren als in Ihrer Pressemitteilung. In Ihrer Pressemitteilung hatten Sie den Eindruck erweckt, als ob unsere Forderung nach einer bundesweiten Wälzung perspektivisch zu einer Erhöhung im Osten führen würde.
Sie haben suggeriert, unsere Forderung sei von Nachteil. Das verstehe ich nicht. Entweder meinen Sie, dass bei der Einspeisung nur die erneuerbaren Energien berücksichtigt werden sollten. Dann allerdings bin ich bei dem, was Herr Brünler gesagt hat: Der Verbraucher kann nichts für den Ist-Stand. Wir haben nun einmal hier diese Energiesituation.
Oder meinen Sie gar die Verteilnetze? Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Wälzung entlang der Verteilnetze fordern, dann schaffen Sie ein bürokratisches Monstrum. Deshalb reden wir von den Übertragungsnetzen und eben nicht von den Verteilnetzen. Das wäre bei 900 Verteilnetzen wirklich ein absurdes Unterfangen. Deshalb müssen Sie einmal erklären, wie Sie zu der Vorstellung gelangen, dass das Abwälzen bei den Übertragungsnetzen zum Nachteil des Ostens wäre.
Es besteht einfach die Gefahr, dass die Kosten der anstehenden Modernisierung westdeutscher Verteilnetze in ostdeutschen Stromrechnungen auftauchen würden. Das haben wir sehr wohl gesehen. Genau deshalb beschränken wir es auf die Übertragungsnetze.
Die Gefahr des selbst verschuldeten Kostenimports aus dem Westen, wie Sie es unterstellen, ist wegen des beschlossenen Erdkabelvorrangs ja nicht gegeben. Die Erdkabelkosten werden ja bereits bundesweit abgewälzt. Der eigentliche Grund für die Verteuerung, der eigentliche Kostentreiber sind die Redispatchkosten – die Dynamik der Kostenentwicklung bei den Netzeingriffen ist der eigentliche Grund. Den haben Sie zumindest in Ihrer Pressemitteilung nicht berücksichtigt und auch nicht in Ihrer Rede.
Die Kosten des Engpassmanagements werden nach wie vor nicht umgelegt, und das belastet den Osten eben besonders stark. Im Ergebnis heißt das, die Übertragungsnetzentgelte bei 50Hertz und auch bei TenneT sind fast doppelt so hoch wie bei Transnet BW und fast zweieinhalbmal so hoch wie in der Amprion-Zone. Durch diese Spreizung droht eine weitere Verschärfung. Die Spreizung wird größer, weil mit der fortschreitenden Energiewende Stromerzeugung und Energieverbrauch immer weiter auseinanderdriften. Unternehmen in Ostdeutschland
können im aktuellen System bestehende Wettbewerbsnachteile trotz aller Bemühungen eben nicht ausgleichen.
Wir brauchen die Reform. Wir werden uns auch weiter dafür starkmachen, egal, in welchem Bundesland Wahlen sind. Das werden wir als Vertreter der Staatsregierung im Bundesrat tun. Das werden wir in unseren Gesprächen mit der Bundesregierung tun, und wir werden es in Zusammenarbeit mit den sächsischen Abgeordneten des Deutschen Bundestages tun.
Weil es hier anscheinend nicht nur um die Frage der Netzentgelte geht, sondern eigentlich jeder versucht hat, seine Energiepolitik beizumischen, will ich noch einmal auf zwei, drei Argumente aus der Diskussion eingehen, die Sie gebracht haben.
Ich war wirklich irritiert über Ihre letzte Einlassung. Sie haben tatsächlich gesagt, der Strom solle dort produziert werden, wo er gebraucht wird. Wenn Sie das konsequent durchsetzen, dann ist es das Ende der Energiewende.