Protocol of the Session on February 1, 2017

gegangenen Quartal betreuten unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen sowie den zwischenzeitlich volljährig gewordenen, für die noch Hilfe gewährt wird – auch auf diese wurde bereits eingegangen –, dann vierteljährlich gezahlt werden.

Die Pauschale – ich glaube, auch das ist mehr als richtig – soll in einem zweijährigen Turnus überprüft werden, um letztlich sicherzustellen, dass die Kostenbelastung einerseits des Freistaates Sachsen, aber vor allen Dingen auch die auf der anderen Seite bei den Kommunen entstehenden Kosten überprüft werden, damit dort darauf reagiert und es neu ausgerichtet wird.

Daneben sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Betrieb einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung ohne Betriebserlaubnis zwar im Regelfall zu untersagen ist, in Fällen außergewöhnlichen, nicht anderweitig zu deckenden Bedarfs aber vorübergehend – hier liegt die Betonung auf vorübergehend – geduldet werden darf, soweit und solange dies unter Beachtung des Schutzauftrages der Jugendhilfe zur Sicherung des Kindeswohls erforderlich ist.

Diese Regelungen – die Vorredner haben in ihren Beiträgen auch noch einmal darauf Bezug genommen – hatten in der Anhörung und in den Ausschüssen die Frage ausgelöst, ob hierdurch nicht die Standards für den Schutzauftrag gegenüber den Kindern und Jugendlichen infrage gestellt werden. Aus meiner Sicht ist genau das Gegenteil der Fall. Insbesondere wird nunmehr ausdrücklich gesetzlich festgelegt, dass Duldungen nur eine befristete Übergangslösung für Notsituationen darstellen. Aus unserer Sicht rechtfertigt das nicht den Verzicht auf diese Regelung, sondern gebietet vielmehr die ausdrückliche Aufnahme in dieses Gesetz.

Eine weitere wichtige Neuerung im Gesetz: Die Klagemöglichkeit bei der Altersfeststellung wird beschleunigt. Lehnt ein Jugendamt die Inobhutnahme mit der Begründung ab, dass die Altersfeststellung die Volljährigkeit ergeben hat, dann soll ohne Vorverfahren Klage erhoben werden können, damit der Status schneller geklärt wird.

Meine Damen und Herren, so weit zu den wesentlichen Inhalten des vorliegenden Gesetzentwurfes. Ich darf Sie nun bitten, Ihre Zustimmung hierzu zu geben.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Eine Kurzintervention; bitte sehr.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Natürlich muss Kindern und Jugendlichen geholfen werden, das ist ganz klar. Aber in diesem Gesetz bereiten Sie sich auf den nächsten Ansturm vor, und das ist hier der springende Punkt. Wenn Sie sich einmal die Gesamtkosten vor Augen führen, dann sind Ressourcen nicht unendlich. Deswegen haben wir dieses Gesetz so kritisiert. Aber grundsätzlich muss

Kindern und Jugendlichen natürlich Hilfe gewährt werden; das steht außer Frage.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Aber nur deutschen!)

Wird dazu noch eine Antwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, damit können wir zur Abstimmung schreiten. Aufgerufen ist „Zweites Gesetz zur Änderung des Landesjugendhilfegesetzes“. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration, Drucksache 6/8084.

Es liegen zwei Änderungsanträge vor. Wenn diese eingebracht und zur Abstimmung gestellt worden sind, würde ich gern artikelweise abstimmen lassen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Dann beginne ich mit dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 6/8291 und bitte um Einbringung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Argumente schon vorgetragen. Wir möchten, dass Nr. 3 des Gesetzentwurfs gestrichen wird. Laut Gesetzentwurf sollen die im September 2015 erlassenen Ausnahmeregelungen in das Gesetz übernommen werden und damit Allgemeingültigkeit erlangen. Das lehnen wir ab. Wir befürworten eher eine Erhöhung der Standards. Das können wir jetzt nicht festlegen; zumindest die Streichung der Nummer 3 des Artikels 1 könnten wir aber heute beschließen.

Zu der Verwaltungskostenpauschale habe ich mich bereits geäußert. Sie ist so zu bemessen, dass bis zur Feststellung des tatsächlichen kommunalen Aufwands eine Erhöhung erfolgt, sodass eine Unterdeckung ausgeschlossen ist. Wir haben in unseren Änderungsantrag den Betrag von 1 445 Euro aufgenommen. Diese Höhe hat sich aus der Anhörung ergeben.

Zusätzlich beantragen wir, die Nr. 4 des Artikels 1 so zu ändern, dass von einer stichtagsbezogenen Berechnungsgrundlage abgesehen und stattdessen ein vierteljährlicher Mittelwert zur Grundlage der Pauschalenberechnung gemacht wird.

Abschließend beantragen wir, die Streichung des Vorverfahrens nicht zu beschließen.

Der Ministerin möchte ich in einem Punkt zustimmen: Herr Wendt, das, was Sie vorhin als Vorsitzender des Ausschusses gebracht haben, zeigt, dass Sie kein Herz für Kinder und Jugendliche haben. Ob die Kinder und Jugendlichen aus Deutschland sind oder ob sie bei uns Zuflucht suchen – sie alle brauchen Hilfe. Das ist wichtig. Von dem Vorsitzenden des Sozialausschusses erwartet man einfach keine solchen Aussagen.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN)

Wer möchte sich zu dem Änderungsantrag äußern? – Es gibt keinen Bedarf.

Dann lasse ich jetzt über den soeben eingebrachten Änderungsantrag abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Änderungsantrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 6/8300 auf und bitte jetzt um Einbringung. Herr Abg. Zschocke, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ziffer 2 unseres Änderungsantrags bezieht sich auf den hier schon diskutierten § 27 des Entwurfs. Ich möchte es noch einmal verdeutlichen: Mit dem erwähnten Erlass zur Ausgestaltung des Betriebserlaubnisverfahrens wurde eine hinreichende und zeitlich befristete Grundlage für die Ausnahmeregelung in Bezug auf die Erteilung der Betriebserlaubnis geschaffen. Wir sehen nicht, dass eine weitergehende gesetzliche Regelung, wie sie die Staatsregierung einführen will, notwendig ist; es gibt kein Regelungserfordernis.

Der neue Abs. 3 in § 27 sieht vor, dass der Betrieb ohne die erforderliche Erlaubnis vorübergehend geduldet werden dürfe „in Fällen außergewöhnlicher, nicht anderweitig zu deckender Bedarfslage“. Frau Ministerin Klepsch, diese Formulierung kann man eben auch so lesen, dass damit quasi beliebige Absenkungen von Jugendhilfestandards, die für die stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gelten, ermöglicht werden. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen leben, darf durch eine solche, gesetzlich verankerte Möglichkeit der Herabsetzung von Standards nicht ausgehöhlt werden. Daher wollen wir, dass Ziffer 3 des Artikels 1 gestrichen wird.

Punkt 3 unseres Änderungsantrags ist eine redaktionelle Folgeänderung.

Unter Punkt 4 unseres Änderungsantrags geht es – wie in dem Antrag der LINKEN – um den Ausschluss des Vorverfahrens bei der Altersfeststellung. Mit diesem Ausschluss werden die Rechtsmittel aus unserer Sicht in unvertretbarer Weise eingeschränkt. Das Argument, das Sie hier vortragen, es solle zügig Rechtssicherheit erlangt werden, überzeugt einfach nicht. Dies könnte dann nämlich bei jedem beliebigen Sachverhalt angeführt werden.

Die Feststellung des Lebensalters – darüber haben wir schon ausführlich debattiert – von unbegleiteten minderjährigen Ausländern ist mit der Entscheidung über die Anwendung des SGB VIII und damit auch mit dem weitreichenden Schutz- und Betreuungsauftrag des Staates verknüpft. Das heißt, weitreichende Konsequenzen für die Betroffenen sind die Folge. Diese müssen

selbstverständlich im Wege eines Vorverfahrens, das übrigens auch der Selbstkontrolle der Verwaltung dient, überprüft werden können. Daher wollen auch wir § 32 d des Landesjugendhilfegesetzes in neuer Fassung streichen.

Der Gesetzentwurf ist zwar notwendig – das habe ich gesagt –, aber er enthält Regelungen, die wir nicht mittragen können.

Sollten Sie unserem Änderungsantrag zustimmen, werden wir natürlich dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu dem Änderungsantrag Herr Homann, bitte.

Ich möchte mich noch einmal dezidiert zu der Frage der Betriebserlaubnisse zu Wort melden. – Herr Zschocke, bei allem Respekt vor Ihrem Engagement in der Kinder- und Jugendhilfe – es ist wichtig, dort genau hinzuschauen –, möchte ich Sie nochmals bitten, darüber nachzudenken, ob Formulierungen wie „beliebige Absenkung der Jugendhilfestandards“ wirklich den Kern der Sache treffen. Ich sage Ihnen: Das stimmt schlichtweg nicht!

„Beliebig“ – das klingt so, als ob das Jugendamt jetzt machen könne, was es wolle. Das ist dezidiert nicht der Fall. Wir haben eine klare Normierung vorgenommen. Es muss sich um eine begründete, vorübergehende Ausnahme handeln. Ich wiederhole meine Bitte, auch an dieser Stelle die Kritik sachgerecht zu formulieren. Ich finde, bei der Wortwahl Ihrer Kritik haben Sie ein oder zwei Nummern zu hoch gegriffen.

Da Sie vorhin einen anderen Eindruck erweckt haben, will ich noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir mit der jetzigen Novellierung keine Verschlechterung im Personalbereich beschließen. Herr Zschocke, Sie sprachen vorhin von überfüllten Einrichtungen und zu wenig Personal.

Ich finde es übrigens richtig, dass wir eine gesetzliche Regelung treffen. Wir sind die Abgeordneten, wir sind Gesetzgeber. Ich möchte gern, dass wir als Abgeordnete mit Gesetzen die Situation in diesem Land regeln. Dies sollte nicht durch Erlasse und damit am gewählten Souverän vorbei geschehen. Deshalb finde ich es grundsätzlich richtig, dass wir nach Erlassen schauen und diese dann in Gesetze überführen, wenn es Sinn ergibt. An dieser Stelle ist das der Fall.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es weiteren Redebedarf zu dem Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall.

Dann lasse ich über den soeben eingebrachten Änderungsantrag abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Trotz einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Ich fasse die Artikel gleich zusammen, weil es keine Änderungen gegeben hat: Überschrift, Artikel 1 – Änderung des Landesjugendhilfegesetzes –, Artikel 2 – Bekanntmachungserlaubnis – und Artikel 4 – Inkrafttreten. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte?. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Anzahl von Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist den Artikeln dennoch mit Mehrheit zugestimmt worden.

Jetzt lasse ich noch einmal über den Gesetzentwurf abstimmen. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten: Bei Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen ist der Gesetzentwurf dennoch mit Mehrheit als Gesetz beschlossen worden.

Meine Damen und Herren! Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 7

Zweite Beratung des Entwurfs