Protocol of the Session on February 1, 2017

Ich rufe auf: Artikel 4, Änderung des Gesetzes über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Energieeinsparung. Ich bitte bei Zustimmung um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist Artikel 4 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf: Artikel 5, Bekanntmachungserlaubnis. Ich bitte bei Zustimmung um das Handzeichen. – Danke.

Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist Artikel 5 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf: Artikel 6, Inkrafttreten, Außerkrafttreten. Ich bitte bei Zustimmung um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Artikel 6 ist mit Mehrheit zugestimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle den Entwurf Gesetz zur Neuregelung des Sächsischen Ingenieur- und Architektenrechts und zur Anpassung an die Richtlinie 2005/36/EG sowie zur Änderung des Gesetzes über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Energieeinsparung, Drucksache 6/6841, in der in der zweiten Beratung beschlossenen Fassung gemäß § 46 Abs. 5 der Geschäftsordnung als Ganzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Wiederum eine ganze Anzahl von Stimmenthaltungen. Damit ist der Entwurf des Gesetzes beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Zweite Beratung des Entwurfs

Zweites Gesetz zur Änderung des Landesjugendhilfegesetzes

Drucksache 6/6843, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/8084, Beschlussempfehlung des Ausschusses für

Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration

Den Fraktionen wird jetzt das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde ist: CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE – Staatsregierung, wenn gewünscht. Es beginnt für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dierks.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kinder- und Jugendhilfe hat in Deutschland einen hohen Standard, der jungen Menschen in sehr unterschiedlichen Lebenslagen jeweils passgenaue Unterstützung bietet. Das ist ein hohes Gut unseres Sozialstaats und klingt vielleicht wie eine Selbstverständlichkeit – ich möchte es trotzdem noch einmal betonen, weil es doch den einen oder anderen in unserem Land gibt, der das gern in Frage stellt –, und ich glaube, das ist ein hoher Wert, den es auch zu verteidigen gilt.

Dass diese Hilfe auch jungen Menschen zuteilwird, die in Deutschland Schutz suchen, ist sinnvoll und folgerichtig. Der Zustrom von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 hat nicht zuletzt auch die Kinder- und Jugendhilfe vor große Herausforderungen gestellt. Der prozentuale

Anteil der unbegleiteten Minderjährigen an den nach Deutschland kommenden Flüchtlingen schwankte in den letzten acht Jahren immer zwischen 2,5 % und 7 %. In den letzten beiden Jahren betrug er 5 %. Insofern hat sich das im prozentualen Verhältnis der Vorjahre bewegt. Jedoch stieg die absolute Zahl deutlich an: 2014 verzeichnete das BAMF Zugangszahlen von rund 4 000 unbegleiteten Minderjährigen, 2015 waren es rund 22 000, und im vergangenen Jahr rund 35 000 bundesweit. Der Freistaat Sachsen nahm 2015 bis Oktober 420 UMAs in Obhut und gewährte ihnen Hilfen. Von November 2015 bis Januar 2017 wurden insgesamt noch einmal 2 545 UMAs im Freistaat aufgenommen.

In Anbetracht dieser Zahlen ist es ein großer Verdienst von Verwaltung und Politik, aber vor allen Dingen von den Trägern und ihren Mitarbeitern, dass die Unterbringung und Betreuung der UMAs auf qualitativ hohem Niveau gewährleistet werden konnte.

(Beifall bei der CDU)

Dies gelang nicht zuletzt, das möchte ich betonen, aufgrund kurzfristiger Übergangsregelungen oder, anders gesagt: Das wäre nicht auf diesem Niveau gelungen, wenn wir diese Übergangsregelungen nicht gehabt hätten.

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Landesjugendhilfegesetzes setzen wir das im November 2015 in Kraft getretene Bundesgesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher auf Landesebene um. Damit stellen wir auch die vorläufigen Regelungen auf gesetzliche Füße und schaffen die Grundlagen für den finanziellen Ausgleich für die sächsischen Kommunen.

Ziel ist es zum einen, Grundlagen für künftige Ausnahmesituationen zu schaffen, und zum anderen, Verfahren mit bereits hier lebenden unbegleiteten minderjährigen Zuwanderern zu regeln. So greift der Gesetzentwurf die bereits 2015 in Abstimmung mit den örtlichen öffentlichen Trägern geschlossene Vereinbarung zur Schüsselverteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nach Einwohnerzahl auf die Kommunen auf und verpflichtet zur ärztlichen Erstuntersuchung mit Kostenübernahme des Freistaates.

Natürlich ist die hohe Zahl der Inobhutnahmen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge eine zusätzliche sächliche und personelle Belastung der kommunalen Verwaltungen, die nicht in die Leistungskostenerstattung nach SGB VIII fällt. Diese soll künftig durch eine Verwaltungskostenpauschale – pro UMA – an die Kommunen gedeckt werden. Über die Höhe von 843,50 Euro pro Quartal in den Jahren 2017 und 2018 haben sich die Kommunen und der Freistaat bereits im Sommer letzten Jahres geeinigt. Klar ist aber auch, dass eine Kostenpauschale fortwährend überprüft werden muss.

Neben den Finanz- und Verwaltungsregeln sowie Anpassungen der Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung für die Bereiche Hilfen für junge volljährige und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge finden auch sehr praxisbezogene und vorkehrende Regelungen Niederschlag im Gesetzentwurf. So ermöglicht der Entwurf in § 27 Abs. 3 in außergewöhnlichen Situationen wie dem unvorhergesehenen Zustrom großer Zahlen unbegleiteter Minderjähriger im Bedarfsfall – zeitlich befristet und solange das Kindeswohl gewahrt bleibt – auch die Duldung einer Einrichtung ohne Betriebserlaubnis.

Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren von den LINKEN und auch von den GRÜNEN, geht es um Notsituationen und Ausnahmefälle. Das ist keine Absenkung der Standards und hat erst recht keine Allgemeingültigkeit für den gesamten Betrieb im Freistaat.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall des Abg. Dirk Panter, SPD)

Die unverzügliche Unterbringung der jungen Menschen muss in diesen Situationen über den hohen Qualitätsstandards stehen. Dies gebietet auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das ist eine im Übrigen auch von den

Kommunen begrüßte Grundlage, um junge Menschen bei fehlenden Alternativen im Sinne des Kindeswohls unterbringen zu können. Abgesehen davon ist die Betriebserlaubnis schnellstmöglichst herzustellen; auch das regelt das Gesetz. Diese Regelung steht keiner Verstetigung und Steigerung der Qualität der Einrichtungen im Wege. Vielmehr würde das Fehlen dieser Ausnahmeregelung einen offenen Angriff auf das Kindeswohl bedeuten, weshalb ich auch nicht verstehen kann, warum gerade gegen diese Regelung so massiv zu Felde gezogen wird.

Eine wichtige Änderung im Gesetzentwurf ist daneben der Ausschluss des Vorverfahrens, der neue § 32 d. Entscheidet ein Jugendamt, die vorläufige Inobhutnahme eines Menschen aufgrund der Altersfeststellung abzulehnen, kann künftig ohne ein langwieriges Widerspruchsverfahren gegen die Verwaltungsentscheidung Klage erhoben werden. Mit Abschaffung des Vorverfahrens und dem direkten Weg über das Gericht kann die Rechtssicherheit so viel schneller hergestellt werden, ohne die Rechtsmittel des Betroffenen tatsächlich einzuschränken. Das gilt vielmehr, da ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat. Insofern bewirkt eine Ablehnung dieser Regelung eher eine Verschlechterung der Rechtsstellung der Betroffenen als eine Verbesserung von deren Rechtsstellung.

Am Schluss stehen – wie gehabt – eine umfassende Prüfung und eine richterliche Entscheidung. Die Abschaffung des Vorverfahrens ist nach SGB VIII eine Optionsmöglichkeit der Länder, die der Freistaat hier nutzt. Ich halte dies für sehr zweckdienlich, da dem Betroffenen letztlich bei jugendhilferechtlichem Status schneller die Leistungen zugesprochen werden können, die ihm zustehen und die für seine weitere Entwicklung notwendig sind.

Zusammenfassend schafft die Änderung des Landesjugendhilfegesetzes wichtige und teilweise längst praktizierte Grundlagen für eine kindeswohlorientierte Versorgung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher.

Die schriftliche Anhörung hat eine breite Zustimmung zu dem Gesetzentwurf aufgezeigt, insbesondere von den Kommunen. Insofern steht der Zustimmung zu dem Gesetzentwurf der Staatsregierung nichts im Wege.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Nun erteile ich Frau Kollegin Pfau für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem am

1. November 2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung von Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher wurde festgelegt, dass zukünftig unbegleitete Kinder und Jugendliche auf die Länder verteilt werden. Durch die nun bundesweite

Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel hat das Sozialministerium gehandelt und mit den Trägern der Jugendhilfe Vereinbarungen geschlossen, um eine vorübergehende Regelung zur Unterbringung zu schaffen, bis die nötigen Änderungen im Landesjugendhilfegesetz beschlossen sind. Neue Regelungen waren notwendig, da die Zahl der zu betreuenden Kinder und Jugendlichen in Sachsen stark gestiegen war.

Die Anpassung des Landesjugendhilfegesetzes ist nötig, um auf der kommunalen Ebene eine bedarfsgerechte Versorgung und Betreuung entsprechend den Standards der Jugendhilfe zu gewährleisten, das Kindeswohl sicherzustellen und die Belastungen der Kommunen gerecht zu verteilen, aber auch, um den Trägern der Jugendhilfe eine gewisse Sicherheit zu bieten. Eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung, Versorgung und Betreuung muss hier an erster Stelle stehen.

Zusätzlich wurden junge Volljährige in die Betreuung aufgenommen, sodass auch nach der Beendigung des 18. Lebensjahres Leistungen und Schutzmaßnahmen aus dem Bereich der Jugendhilfe in Anspruch genommen werden können. Diese Regelung begrüßen wir sehr, wissen aber auch, dass es für die kommunalen Träger einen Ausbau der Kapazitäten auf Dauer bedeutet.

Unsere Jugendhilfeträger auf der kommunalen Ebene – darauf hat schon mein Vorredner hingewiesen – haben in der Anfangsphase Großes geleistet, indem sie in großem Umfang Einrichtungsplätze geschaffen haben, damit alle Kinder und Jugendlichen untergebracht werden konnten. Dafür sollten wir an dieser Stelle einmal Danke sagen.

Nun zum Inhalt des Gesetzes.

Da Ende 2015 – wie schon erwähnt – in kürzester Zeit eine hohe Anzahl von Kindern und Jugendlichen aufgenommen werden musste, wurde es durch einen Erlass des Sozialministeriums möglich, dass Einrichtungen und andere Wohnformen auch ohne erforderliche Betriebserlaubnis zeitlich begrenzt betrieben werden konnten, obwohl rechtlich gesehen eine Betreibung ohne erforderliche Betriebserlaubnis rechtswidrig ist. Diese Sonderregelung war sicherlich in der damaligen akuten Situation nötig und sinnvoll. Jedoch soll nun diese Sonderregelung ins Landesjugendhilfegesetz aufgenommen werden. Auch wenn es in anderen Bundesländern solche Regelungen als Kannregelung gibt, sollte dies keine Vorbildwirkung für Sachsen haben. Nach der Auffassung unserer Fraktion und der vieler Jugendhilfeträger ist das nicht nötig und sinnvoll, da dadurch Standards gesenkt werden könnten, während doch das Kindeswohl an erster Stelle stehen muss. Ein einstweilig geduldeter Weiterbetrieb ohne Betriebserlaubnis kann die nötige hohe Qualität in der Betreuung und somit den Schutz der Kinder und Jugendlichen beeinträchtigen. Sinnvoll ist es, Kapazitäten besser auszubauen, um auch in Ausnahmesituationen die hohe Qualität gewährleisten zu können.

Allgemein haben wir in Sachsen eine steigende Zahl an Kindern, die leider zum Schutz aus der Familie genommen werden müssen. Selbst vor dem Sommer 2015 war es

in vielen Kreisen schwierig, schnell einen freien Platz zu finden. Die Situation hat sich deutlich verbessert, da die Träger ihre Platzkapazitäten enorm ausgeweitet haben. Ziel muss es aber sein, Reserven zu schaffen, um Schwankungen abzufangen.

Wichtig ist aber auch, dass neben der zu schaffenden Platzkapazität Fachkräfte eingesetzt werden. Dies stellt die Träger leider zurzeit vor unlösbare Probleme.

Wir begrüßen, dass den Landkreisen und kreisfreien Städten eine Verwaltungskostenpauschale durch das Land ausgezahlt werden soll. Jedoch halten wir den festgelegten Betrag von 843,50 Euro pro Quartal und Kind bzw. Jugendlichen für zu niedrig. Viele haben davor gewarnt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte hier wieder auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben.

In der Begründung für das Gesetz stellen Sie fest, dass die Verwaltungskostenpauschale den personellen und sachlichen Aufwand für die Verwaltungskosten decken soll, da die Kosten bis jetzt nicht über das Sächsische Flüchtlingsaufnahmegesetz gedeckt werden. Von einer Deckung kann aber mit dieser Pauschale noch keine Rede sein.

Zusätzlich sehen wir Probleme mit der stichtagsbezogenen Berechnungsgrundlage für die Auszahlung der Pauschale. Sinnvoller und gerechter wäre für uns an dieser Stelle eine Berechnung auf der Grundlage eines vierteljährlichen Mittelwertes, welche in der Stellungnahme zum Gesetz von verschiedenen Stellen angeregt wurde.

Nach der jetzt vorliegenden Regelung soll die oberste Landesjugendbehörde regelmäßig die Höhe der Pauschale alle zwei Jahre auf die Auskömmlichkeit prüfen und darauf achten, dass es auch zu keiner Überdeckung kommt, und gegebenenfalls die Höhe anpassen. Wir sehen hier den Landtag in der Verantwortung, auf Empfehlung der obersten Landesjugendbehörden und im Einvernehmen mit den Leistungsträgern die Höhe anzupassen.

Der Gesetzentwurf beinhaltet die Abschaffung des Vorverfahrens. Ziel soll es sein, eine möglichst schnelle Rechtssicherheit in Bezug auf den jugendhilferechtlichen Status der betroffenen Jugendlichen zu erlangen. Es soll kein Widerspruchsverfahren mehr stattfinden, sondern gleich der Klageweg beschritten werden. Damit werden die Rechtsmittel der Betroffenen eingeschränkt. Da es sich im konkreten Fall um die Festellung des Lebensalters des unbegleiteten Jugendlichen handelt, ist es sinnvoller, dies in einem Vorverfahren zu klären, da sich aufgrund der langen Verfahrensdauer eines gerichtlichen Verfahrens die Streitlage durchaus selbst erledigen kann, was für die Betroffenen mit weitreichenden Konsequenzen verbunden ist.

Zu den angesprochenen kritischen Punkten haben wir einen Änderungsantrag erarbeitet, den ich dann einbringen werde.