unseren Straßenzustand ist jedoch auch ein guter Substanzwert. Die Substanz der Straßenbefestigung, gekennzeichnet unter anderem durch Risshäufigkeit und Unebenheiten, ist vor allem für die Erreichung der Lebensdauer einer Straße von Bedeutung.
Das von der Straßenbauverwaltung praktizierte Erhaltungsmanagement orientiert sich derzeit weitgehend an den verfügbaren Daten und aktuellen Erfordernissen wie – erstens – den Ergebnissen der jeweiligen Frühjahrsbefahrungen des LASuV mit den Straßenmeistereien, zweitens dem Straßen- und Bauwerkszustand und drittens den vorhandenen baureifen Maßnahmen, der Verkehrsbedeutung, den Unfallschwerpunkten, den verkehrstechnischen Verfügbarkeiten und den Forderungen, die logischerweise aus Politik, Kommune und Bürgerschaft kommen, sowie den anlassbedingten Sofortmaßnahmen.
Unter Berücksichtigung der eben genannten Maßgaben wird von den einzelnen LASuV-Niederlassungen die Liste der Erneuerungsmaßnahmen erarbeitet und in drei Kategorien eingeteilt. Erstens sind das die zeitnah zu realisierenden Maßnahmen an Fahrbahnen, zweitens zeitnah zu realisierende Maßnahmen des konstruktiven Ingenieurbaus und drittens die Reservemaßnahmen. Diese Liste dient wiederum als jährliches Erhaltungsprogramm.
Was muss nun – damit komme ich zu meiner letzten Fragestellung, meine sehr geehrten Damen und Herren – in den nächsten Jahren unser Ziel sein?
Aus unserer Sicht müssen – erstens – die Bestands- und Verkehrsdaten der Straßen als Voraussetzung für ein Managementsystem vollständig erfasst werden.
Zweitens ist auch zukünftig der Fokus weniger auf den Straßenneubau, sondern mehr auf den Investitionsbedarf der Instandhaltungsmaßnahmen zur Werthaltung unserer Straßen im Freistaat zu richten. Damit haben wir in den letzten Jahren auch schon begonnen.
Hierzu ist – drittens – ein Erhaltungsmanagementsystem erforderlich, woraus aus den Instandsetzungsdaten der Straßen und Ingenieurbauwerke sowie den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ein Erhaltungsprogramm sowie darauf aufbauend ein effizientes Bauprogramm abgeleitet werden kann.
Viertens muss eine Festlegung des jährlichen Bauprogramms differenziert in Einzelmaßnahmen nach Dringlichkeit, Finanzierbarkeit und Durchführbarkeit vorgenommen werden.
Fünftens ist für derartige Optimierungs- und Abwägungsprozesse aus den vorhandenen Softwarelösungen ein System auszuwählen – dort haben wir tatsächlich noch ein Defizit –, welches uns in Zukunft den Substanzwert unserer Straßen zielgerichtet unter Einsatz der zur Verfügung stehenden Finanzmittel besser erhalten helfen kann.
Wir bitten Sie – das ist auch die Intention unseres Antrags –, auf diesem Weg mitzuarbeiten und in einem ersten Schritt heute unserem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, das war Herr Hippold für die CDU-Fraktion. In der zweiten Runde spricht nun Herr Abg. Baum für die SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Baum.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte in meinem ersten Redebeitrag davon gesprochen, dass wir zunächst eine Gesamtanalyse benötigen, um den Bedarf für den Erhalt unserer Infrastruktur zu ermitteln. Dazu gehören nicht nur eine Zustandsbeschreibung der Staatsstraßen und deren Klassifizierung, sondern meiner Ansicht nach auch, dass wir uns ansehen, wie ein effektives Controlling funktionieren sollte und wie wir eine effiziente Kostenkontrolle und damit einen zielgerichteten Mitteleinsatz bewerkstelligen. Vor allem aber gehört dazu, dass wir genau evaluieren, welcher Bedarf an Fachpersonal in den zuständigen Behörden notwendig ist, um unsere Infrastruktur effizient zu verwalten und zu erhalten.
Dies ist umso wichtiger, weil wir schon jetzt sehen können, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Straßenbauämtern an der Grenze ihrer Belastbarkeit arbeiten. Deshalb möchte ich jetzt und hier die Gelegenheit nutzen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LASuV bzw. der sächsischen Straßenbauverwaltung recht herzlich für ihre Arbeit zu danken.
Deshalb wird – ohne einer Analyse und den Ergebnissen, wie wir sie in unserem Antrag fordern, vorzugreifen – kein Weg daran vorbeiführen, dass wir mehr Fachpersonal einstellen müssen.
Auch hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir nicht lange zögern, denn auch bei Straßenbauingenieuren und ähnlichen Berufen gibt es mittlerweile einen eklatanten Fachkräftemangel. Das berichten mir nicht nur die Vertreter der Behörden, sondern auch ehemalige Kollegen aus der Wirtschaft – ich kenne dieses Problem schon einige Jahre aus meiner vorherigen beruflichen Tätigkeit. Bei der Bundesagentur für Arbeit war im Juni 2016 für Planungsingenieure im Straßenbau im sogenannten Engpassindikator ein Wert von 271 ausgewiesen, das heißt: deutschlandweit 271 offene Stellen auf 100 Arbeitslose. Das ist ein sehr hoher Wert.
Deshalb freue ich mich, dass wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner erreicht haben, dem SMWA für den nächsten Doppelhaushalt zusätzlich 60 Stellen zur Verfügung zu stellen. Wir können also damit rechnen, dass neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt werden. Sicherlich werden nicht alle komplett für den Bereich Straßenbau zur Verfügung stehen; auch in anderen Bereichen wie dem Arbeitsschutz gibt es erheblichen Nachholbedarf.
Außerdem, auch das muss ich an dieser Stelle betonen, haben wir seit zwei Jahren eine neue Strategie im Stra
ßenbau. Diese haben wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben und mit dem ersten Doppelhaushalt dieser Koalition auch bereits umgesetzt. In den Jahren 2013/2014 hat der Freistaat mehr als 271 Millionen Euro in den Neubau von Staatsstraßen investiert. Diese Summe haben wir mit dem neuen Haushaltsentwurf auf rund 36,7 Millionen Euro zurückgefahren. Gleichzeitig haben wir aber die Investitionen in den Erhalt massiv aufgestockt: auf nunmehr 107 Millionen Euro.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir greifen mit unserem Antrag die Schlussfolgerungen des Sächsischen Rechnungshofs auf und wollen die Anregung nun in konkrete Politik umsetzen. Unser Antrag betrachtet dabei zwei Ebenen: Erstens die Analyse, nämlich zu sehen, welche Straßen wir haben, welche wir brauchen und wie wir uns diese in Zukunft leisten können, und zweitens die Implementierung der Analyseergebnisse in eine Erhaltungsstrategie für die sächsischen Staatsstraßen. Dabei werden sicherlich viele der Schlussfolgerungen, die der Rechnungshof in seinem Bericht aufzeigt, aufgegriffen werden.
Wir brauchen also ein systematisches Erhaltungsmanagement. Wir brauchen eine bedarfsgerechte und vermögenserhaltende Finanzausstattung. Wir brauchen ein funktionales Staatsstraßennetz, das seine Aufgaben erfüllen kann. Außerdem brauchen wir ausreichendes und kompetentes Fachpersonal in unseren Landesbehörden, um diese Ziele auch umsetzen zu können.
Meine Damen und Herren! Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Dulig. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, welches Auto Sie Ende der Achtzigerjahre gefahren haben, in welchem Sie mitgefahren sind oder inwieweit Sie altersbedingt mitsprechen können. Ich erinnere mich daran, als Steppke im Trabi meiner Eltern in Meißen einen holprigen Weg entlanggefahren zu sein, um zu unserer Wohnung zu kommen. Das war ein Weg, der nicht nur mit großen Pflastersteinen und mit den entsprechenden Schlaglöchern versehen war, er wölbte sich auch in der Mitte. Man trug fast das Auto darüber, um es nicht zu beschädigen. Oder wenn ich an unsere Urlaubsfahrt ins Erzgebirge denke, wie lange diese gedauert hat – nämlich zwei bis zweieinhalb Stunden. Das lag nicht daran, dass die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn gegeben waren und ein Trabi auch so oder so nicht schneller fuhr, sondern dass der Zustand der Straßen so manche Fahrzeit nach
oben korrigierte, sodass man nicht schneller ankam. Wenn Sie sich also selbst daran erinnern, als Sie in den Achtzigerjahren unterwegs waren, was es bedeutet hat, über Straßen zu reden, dann wird vielleicht deutlich, was tatsächlich in den letzten 27 Jahren geschaffen wurde.
Dass wir ein leistungsfähiges Straßennetz und einen grundsätzlich guten Zustand unserer Straßen haben, wird immer erst deutlich, wenn man sich erinnert, wo man herkommt, wenn man über die Frage des Zustands unserer Straßen spricht.
Der Sächsische Rechnungshof hat eine beratende Stellungnahme zum Erhalt der staatlichen Straßeninfrastruktur abgegeben und ist im Hier und Jetzt gelandet. Die Basis dafür waren natürlich die umfangreichen Informationen, die sie von uns bekommen haben. Um es auch hier gleich klar zu sagen: Grundsätzlich bestehen keine Einwände zum Tenor der Bewertung des Sächsischen Rechnungshofes.
Der Zustand der staatlichen Straßeninfrastruktur ist uns als Staatsregierung bekannt. Dafür gibt es vielfältige und komplexe Ursachen. Das wurde auch in der Anhörung am 25. Oktober hier im Parlament nochmals intensiv erörtert.
Wir haben im Koalitionsvertrag gerade deshalb die Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur als Schwerpunktthema aufgenommen, damit auch klar wird, dass es um das Schwerpunktthema geht, nämlich Erhaltung vor Neubau. Auch im Landesverkehrsplan 2025 ist das Ziel an einer wesentlichen Verbesserung des Erhaltungszustandes des Straßennetzes fixiert. Das gilt es natürlich auch umzusetzen. Dafür notwendig und auch unabdingbar sind eine bedarfsgerechte Finanzausstattung, ein systematisches Erhaltungsmanagement und eine dementsprechende
Personalausstattung. In dem Bewusstsein haben wir als Koalition und als Staatsregierung bereits reagiert und wichtige Weichen gestellt.
Erhaltung hat ausdrücklich Vorrang gegenüber Neubau. Vorrang heißt nicht, dass wir nicht mehr neu bauen können. Wir haben nach wie vor Lückenschlüsse zu gewährleisten, auch wenn klar ist, dass der Schwerpunkt bei Erhaltung liegt. Das zeigte sich auch im letzten Doppelhaushalt. 2014/15 flossen jeweils rund 50 Millionen Euro in die Erhaltung der Staatsstraßen. Im Doppelhaushalt 2017/18 haben wir die Titelgruppe 75 – Um- und Ausbau der Staatsstraßen – mit jeweils 85,5 Millionen Euro gefüllt und davon den überwiegenden Teil für die Erhaltung der Staatsstraßen vorgesehen.
Wir haben vereinbart, für temporäre und besondere Bedarfe im SMWA unbefristet Beschäftigte mit einem Beschäftigungsvolumen von bis zu 60 Vollzeitäquivalenten einzustellen. Die neuen Beschäftigten sollen überwiegend die Straßenbauverwaltung für die anstehenden Aufgaben stärken, also die Umsetzung des Bundesverkehrswegeplanes und der Schlüsselprojekte, die Umsetzung der Ausbau- und Unterhaltungsstrategie und – was mir besonders wichtig ist – die Stärkung des Radverkehrs. All dies eröffnet Chancen, notwendige strukturelle Verän
Doch damit gebe ich mich auch noch nicht zufrieden. Wir müssen weiteres Personal für die Abarbeitung von fachlichen Kann-Aufgaben gewinnen. Dazu werden derzeit nochmals Optimierungsmöglichkeiten in der Struktur des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr ergebnisoffen geprüft. Ziel ist es, das Fachpersonal zu entlasten und der eigentlichen Facharbeit zuzuführen. Die Analyse soll einen Personalschlüssel für die optimale Aufgabenerledigung liefern. Wir brauchen für den Erhalt eine ganzheitliche Betrachtung des Netzes; daraus ableitend auch die Entwicklung spezifischer Regelungen für den wirtschaftlichen und ressourcensparenden Erhalt beziehungsweise Ausbau der Staatsstraßen.
Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, setzen wir uns heute einmal in unser Auto und fahren durch Sachsen. Und jetzt einmal ganz nüchtern und realistisch:
Nüchtern ist die Grundvoraussetzung, richtig. – Natürlich werden Sie auf Ihrer Tour garantiert genügend Straßen finden, die beschädigt sind und bei denen ein großer Sanierungsbedarf vorhanden ist. Fahren Sie durch Sachsen und schätzen Sie ein, wie groß der Bedarf ist. Ziehen Sie jede zweite Straße nicht in Betracht, weil sie beschädigt ist? Ist Ihr konkretes Erleben, wenn Sie durch Sachsen fahren, dass 60 % unserer Straßen kaputt sind? Ist das Ihr konkretes Erleben?
Warum frage ich das? Wir diskutieren die ganze Zeit über eine bilanzielle Frage. Wir reden die ganze Zeit über eine kaufmännische Sicht, die der Rechnungshof angewandt hat, die aber nicht mit der Realität im technischen Sinne übereinstimmt. Es sind reine Abschreibungsfragen. Deshalb bitte ich Sie darum, dass wir nüchtern tatsächlich sagen, wie der Zustand der Straßen ist, weil die Beschreibung des Rechnungshofes nicht mit dem tatsächlichen Zustand unserer Straßen übereinstimmt. Das ist eine rein kaufmännische Sicht. Das gehört zur Arbeit dazu.
Damit bagatellisiere ich nicht den Bedarf, den wir haben. Aber ich bitte um eine faire Betrachtung über den tatsächlichen Zustand. Es sind nicht 60 % unserer Straßen kaputt. Wir brauchen nicht nur den kaufmännischen Ansatz, sondern auch einen technischen Ansatz für die Bedarfsermittlung. Für die Bestimmung des Finanzbedarfs und die gezielte Erhaltung ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen: der überwiegend zufriedenstellende Zustand der Brücken, der relativ gute Zustand des Hauptnetzes und der schlechte Zustand des Nebennetzes der Staatsstraßen. Um diese Differenzierung bitte ich.
Ziel ist die Ermittlung belastbarer Haushaltsansätze und einer realistischen Anzahl von Baustellen im Staatsstraßennetz. Denn – und das dürfen wir nicht außer Acht lassen – das Netz muss auch bei intensiver Erhaltung funktionsfähig bleiben; das ist seine Aufgabe. Dafür
haben wir im letzten Jahr eine Projektgruppe mit der Entwicklung einer zweckmäßigen und systematischen Ausbau- und Erhaltungsstrategie beauftragt. Sie arbeitet zurzeit. Die Bestandserhebung ist noch nicht abgeschlossen. Umfängliche Ausführungen dazu wurden durch mein Haus in der erwähnten Anhörung gemacht. Derzeit wird der konkrete Ausbaubedarf ermittelt, um netzabhängig abgestufte Maßnahmen festlegen zu können.
Parallel erfolgt die Erarbeitung eines methodischen Ansatzes zur systematischen Erhaltungsplanung. Dabei spielt auch eine Rolle, wie hier bereits diskutiert wurde, inwieweit wir nicht auch überdimensionierte Straßen haben, inwieweit wir uns nicht auch auf andere Standards, auf andere Größen verständigen müssen. Genau das muss Bestandteil dieser Bestandserhebung sein, um die richtigen Maßnahmen abzuleiten. Wir haben ein großartiges Netz, und deshalb müssen wir auch schauen, inwieweit die Standards noch zeitgemäß sind oder wir das anpassen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Hier gibt es nichts zu verbergen. Wir brauchen auch hier eine neue Ehrlichkeit in der Verkehrspolitik, um die Fragen klar zu stellen. Deshalb haben wir die kommunale Ebene von Anfang an intensiv mit eingebunden und informiert. Es fanden schon mehrere Gespräche zwischen unserem Haus und den kommunalen Spitzen statt. Das setzen wir fort. Die Ergebnisse sollen nächstes Jahr vorliegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir warten nicht darauf, bis die Projektgruppe fertig gearbeitet hat. Deshalb haben wir im Haushalt Vorsorge getroffen. Und wir haben auch eine Richtlinie, die für unsere Kommunen sehr handhabbar ist und sich deshalb so großer Beliebtheit erfreut.
Wir arbeiten weiter an dieser Strategie „Erhalt vor Neubau“. Wir sind dazu in der Lage und müssen aber die grundsätzlich anderen Fragen ebenfalls klären, indem wir uns nicht nur auf eine kaufmännische Sicht der Betrachtung unserer Straßen zubewegen, wie es der Rechnungshof gemacht hat, sondern uns tatsächlich den technischen Fragen widmen. Das ist unsere Aufgabe, damit wir nicht nur jetzt über ein gutes Straßennetz verfügen, sondern auch in Zukunft.