Protocol of the Session on November 9, 2016

(Volkmar Winkler, SPD: Alles gesagt!)

Alles gesagt. – DIE LINKE noch einmal, Frau Dr. Pinka?

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Nein danke!)

Alles gesagt. – Die AfD, Herr Kollege Urban? – Sie nehmen Ihr Rederecht wahr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! 47 % der Fläche des Freistaats Sachsen sind landwirtschaftliche Nutzfläche. 13 % dieser Flächen dienen nicht der Nahrungsmittelproduktion, sondern dem Energiepflanzenanbau. Nur 1 % sind Brachen- oder Stilllegungsflächen.

In Bezug auf Kompensationsmaßnahmen besitzen wir folglich kein echtes Flächenproblem; im Gegenteil: Wir können es uns leisten, 13 % unserer Nutzflächen mit Energiepflanzen zu bestellen. Das sind in der Regel Monokulturen, die nur unter Pestizid- und Düngemitteleinsatz ausreichende Erträge bringen und die ohne die massive Subventionspolitik für Ökostrom wirtschaftlich überhaupt nicht tragfähig wären.

Dennoch sollte sich der Freistaat natürlich darum bemühen, dass Flächen nur dann neu versiegelt werden, wenn es dafür gute Gründe gibt. Aus Sicht der AfD-Fraktion sind dazu wichtige erste Schritte bereits getan worden.

Der Ausbau des Straßennetzes in Sachsen ist weitgehend abgeschlossen. Perspektivisch steht in manchen Regionen sogar ein behutsamer Rückbau an. Eine sorgsame künftige Verkehrsplanung kann den Kompensationsbedarf für Verkehrsflächen also stark reduzieren.

Viele sächsische Kommunen haben noch Reserven an Bestandsimmobilien, Brachflächen und Baulücken. Eine weitere Förderung der Revitalisierung auch dieser Potenziale kann unnötige Neuversiegelungen vermeiden.

Diesen positiven Entwicklungen steht allerdings ein neuer Trend diametral entgegen: die enormen Eingriffe in Natur und Landschaft durch Erneuerbare-Energien-Anlagen – der Bau von Windkraftanlagen insbesondere in Wäldern oder der Bau von Fotovoltaikanlagen auf Acker- und Grünlandflächen.

Ohne Ihre Illusion, das Weltklima in Deutschland oder gar in Sachsen retten zu können, blieben unserer Landschaft diese Eingriffe erspart, und die entsprechenden Kompensationen wären überhaupt nicht erforderlich.

(André Schollbach, DIE LINKE: Machen wir sie einfach wieder weg!)

Notwendige Kompensationsmaßnahmen sollten auch nicht, wie Sie es wollen, in die Biotoppflege gelenkt werden. Die unwirtschaftliche Pflege von Wirtschaftswiesen – denn nichts anderes ist es meistens – ist wie ein Fass ohne Boden und kommt über den Status einer dauersubventionierten Sisyphusarbeit nicht hinaus.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Was ist denn eine dauersubventionierte Sisyphusarbeit?)

Sinnvoll wäre es dagegen, Kompensationsmittel in den Aufbau eines sächsischen Biotopverbundnetzes zu lenken, dessen Pläne seit Jahren in den Schubladen Ihres Ministeriums verstauben, Herr Schmidt.

Die Vorschläge der Regierungsfraktionen für eine Landeskompensationsverordnung sind alles andere als ein großer Wurf. Sie plakatieren nur die Schäden Ihrer ideenlosen Politik für den ländlichen Raum.

Ich sage es noch einmal: Unsere Landwirte und die Menschen in den ländlichen Regionen haben wesentlich realere Probleme als die Umwandlung von ein paar Hektar Acker in Feldgehölze. Packen Sie die realen Probleme an!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Urban für die AfD. Möchten die GRÜNEN noch einmal sprechen? – Nein. Dann wären wir auch mit dieser zweiten Runde am Ende. Wollen wir eine dritte Runde eröffnen? – Bitte. Kollege Hippold eröffnet die dritte Runde für die CDUFraktion.

(Abg. Jan Hippold, CDU, tritt an ein Saalmikrofon)

Oder soll es eine Kurzintervention sein?

Keine Kurzintervention. Ich würde es aber gleich von hier machen, weil es wirklich relativ schnell geht.

Ich habe jetzt noch einmal Rücksprache gehalten. Ich möchte es einfach für das Protokoll richtigstellen. Thema Vorkaufsrechte: Es gibt im Freistaat Sachsen, damit hier nicht der falsche Eindruck entsteht, weiterhin Vorkaufsrechte. Jede Kommune hat beim Verkauf eines Grundstücks in ihrem Bereich ein Vorkaufsrecht. Das gibt es nach wie vor. Was es allerdings nicht mehr gibt, ist das Vorkaufsrecht zugunsten von Naturschutzmaßnahmen. Diesen Unterschied wollte ich einfach noch einmal festgehalten haben.

Die Kommune hat also auch jetzt noch Steuerungsmöglichkeiten, um Flächen zu erwerben, wenn sie verkauft werden, und sie später dem Naturschutz zuzuführen.

(Andreas Heinz, CDU: Hört, hört! –

Genau darum geht es!

Das war noch einmal Kollege Hippold von der CDU-Fraktion. Jetzt sind wir, denke ich, alle ins Bild gesetzt. Ich sehe jetzt aus den Fraktionen keinen weiteren Redebedarf. Ich schaue zur Staatsregierung. Es erhebt sich Herr Staatsminister Thomas Schmidt. Er wird jetzt für die Staatsregierung sprechen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte hat gezeigt, dass wir mit der Kompensationsverordnung über ein Thema reden, das in Teilen natürlich immer zu Kontroversen führen wird. Es ist so komplex und vielgestaltig. Es wird immer über räumliche und fachliche Interessen konträr zueinander diskutiert werden. Deshalb ist es auch nicht so einfach zu lösen. Es ist aber ein wichtiges Thema, das wir angehen müssen.

Herr Kollege Urban, Sie wissen, dass ich einige Beiträge von Ihnen hier schon als durchaus strukturiert anerkannt habe. Sie können doch aber im Ernst nicht sagen, wenn die Getreide- und Milchpreise unten sind, dann dürfen wir über solche Themen nicht reden. Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein! Natürlich müssen wir auch in Zeiten, in denen es in der Landwirtschaft einmal schwierig ist, über Themen des Naturschutzes, des Umweltschutzes und andere wichtige Themen sprechen. Also, das ist wirklich weit daneben. Das muss ich an dieser Stelle einmal sagen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Staatsminister, von Herrn Kollegen Urban?

Bitte.

Bitte.

Herr Staatsminister Schmidt, geben Sie mir recht, dass das Problem der gesunkenen Milchpreise und der gesunkenen Getreidepreise für die Land

wirte ein wesentlich größeres Problem ist als die Frage, ob der eine oder andere Hektar mit einer Hecke bepflanzt wird oder nicht?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nein! Da kann ich gleich widersprechen! – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Multitasking!)

Erst einmal sind die Milchpreise gerade wieder deutlich am Steigen. Das muss ich Ihnen sagen. Von 20 Cent im März sind wir jetzt bei fast 30 Cent. Das ist eine erheblich positive Entwicklung. Ich glaube aber, der Vergleich hinkt ganz einfach. Wenn wir die Wertigkeit aller Themen nach Gutdünken einschätzen, dann dürfen wir, wenn es noch ein schwierigeres Problem im Land gibt, über alles, was darunter liegt, nicht mehr reden. Also diese Auffassung von dieser Aufgabe des Parlaments habe ich einfach nicht.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Eingriffsregelungen zu minimieren ist ein Anliegen, das uns eint. Ich glaube, das hat die Debatte gezeigt. Es ist auch Ziel der Staatsregierung, die Inanspruchnahme von Landschaft und Natur, zum Beispiel für Bauvorhaben und Infrastrukturmaßnahmen, so weit wie möglich zu minimieren.

Die Trendumkehr bei der Flächeninanspruchnahme bleibt nicht nur in Sachsen eine große Herausforderung, sondern das ist in ganz Deutschland so. Auch das Ziel, im Jahr 2020 auf 2 Hektar zu kommen, haben wir nach wie vor. Die Flächeninanspruchnahme ist auch schon zurückgegangen. Wir sind jetzt bei reichlich 3 Hektar. Das Ziel bleibt uns erhalten. Auch solche Kompensationsverordnungen tragen dazu bei – so hoffen wir –, dies voranzubringen.

Natürlich spielt in diesem Zusammenhang auch die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzflächen für Kompensationszwecke eine große Rolle. Sie sollte so weit wie möglich minimiert werden. Wir haben die Behörden in unserem Geschäftsbereich bereits im Jahr 2011 mit einem Erlass darauf hingewiesen, dies so weit wie möglich zu minimieren. Doch diese Regelung ist nicht ausreichend. Wir brauchen verbindliche Regelungen für alle Eingriffsverursacher. Daher ist das Ziel einer Landeskompensationsverordnung auch im Koalitionsvertrag fixiert, um eine hohe Qualität der ökologischen Kompensation zu erreichen und gleichzeitig die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzfläche zu minimieren. Warum machen wir das erst jetzt? Weil wir eben auch die Bundeskompensationsverordnung haben wollten.

Lieber Kollege Günther, ich danke Ihnen für die Unterstützung. Darin sind wir uns völlig einig. Leider ist es gerade an den GRÜNEN-Ländern gescheitert. Sie haben am Ende diese Verordnung nicht mitgetragen. Es war auch kein Kompromiss zu finden, das bedaure ich sehr. Vielleicht haben landespolitische Aspekte eine Rolle

gespielt – Sie haben sich hier anders erklärt, deshalb möchte ich Sie an dieser Position nicht kritisieren.

Es geht, wie Sie richtig angesprochen haben, um Infrastrukturprojekte, die länderübergreifend sind. Wir reden von Stromtrassen, dem Gasleitungsbau und anderen Dingen, die bei der Kompensation einen Flickenteppich verursachen würden, den wir alle nicht wollen. Deshalb wäre eine Bundeskompensationsverordnung der richtige Weg gewesen. Sie kommt nun nicht und wir werden einen Landesweg gehen müssen. Wir wollen aber Regelungen aus dem Entwurf der Bundeskompensationsverordnung aufnehmen, zum Beispiel Stärkung des Vermeidungsgebots, die Forderung nach Multifunktionalität der Kompensationsmaßnahmen, Definition der Betroffenheit

agrarstruktureller Belange und der für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeigneten Böden sowie ein Biotopwertverfahren und eine Zusatzbewertung besonderer Funktionen.

Solche Punkte werden nun bei der Erarbeitung unserer Landeskompensationsverordnung Berücksichtigung finden. Wichtig ist, dass Kompensationsmaßnahmen zielgerichtet dort umgesetzt werden, wo sie den größten Mehrwert für Natur und Landschaft schaffen. Da ist für mich nicht der unmittelbar räumliche Zusammenhang zwingend, denn wir haben ja fünf Naturräume in Sachsen. Es ist dort der richtige Weg, wo es am Ende am wertvollsten umsetzbar ist. Zudem sollen Maßnahmen bevorzugt werden, die bei hohem ökologischen Wert keine oder nur einen sehr geringen Umfang landwirtschaftlicher Fläche beanspruchen. Auch das halte ich für ein richtiges Ziel, wobei wir alle wissen: Ein vollständiger Verzicht auf die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzfläche für Kompensationszwecke wird sich sicher nicht immer realisieren lassen, da grundsätzlich auf die Inanspruchnahme verzichtet werden soll.

Um den Erfordernissen des Naturschutzes wie auch der Land- und Forstwirtschaft gleichermaßen gerecht zu werden, ist die Integration von Leistungen für den Naturschutz in die Produktionsabläufe eine gute Möglichkeit. Deshalb sollen zukünftig durch Vorrang- und Bonusregelung Kompensationsmaßnahmen bevorzugt werden, die dauerhaft in die bisherige Nutzung integriert werden und die durchaus auch dazu beitragen können, Biotopverbünde herzustellen. Auch das wäre ein Aspekt, den wir hier mit berücksichtigen können.

Erst gestern fand eine Beratung mit der kommunalen Ebene darüber statt, wie diese Herstellung der Biotopverbünde wieder stärker beschleunigt werden kann. Auch das kann ich Ihnen an dieser Stelle mit sagen: Für produktionsintegrierte Maßnahmen aus landwirtschaftlichen

Flächen, zum Beispiel Ackerrandstreifen, Blühstreifen, Ackerbrachen und Maßnahmen im Wald, sind entsprechende Regelungen in der Landeskompensationsverordnung beabsichtigt. Ein besonderes Anliegen ist mir die Renaturierung von Fließgewässern einschließlich ihrer Uferbereiche, und die Herstellung der Durchgängigkeit in Fließgewässern soll mit den künftigen Regelungen besser

in Wert gesetzt werden. Dies entspricht auch den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie, wie Sie sicherlich wissen.