Danke schön. – Herr Wippel, können Sie mir Ihren Satz, wir seien – Sie sagten, „DIE LINKE ist“ – sozusagen von Teilnehmern der Demonstration angegriffen worden, genauer erläutern? Können Sie mir genauer erläutern, wer sozusagen aus unseren Reihen nach Ihrer Kenntnis dies getan haben und wie dies geschehen sein soll? Als Augenzeuge vor Ort sind mir nur Übergriffe auf unsere Demonstration,
und zwar vonseiten der von Ihnen gerade genannten eventorientierten Jugendlichen bekannt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sozusagen aus unserer Demonstration heraus jemand angegriffen wurde. Können Sie mir eventuell die Frage beantworten, wer das gewesen sein soll?
Sehr geehrter Herr Kollege Schultze, ich müsste jetzt aus einer nicht öffentlichen Sitzung des Innenausschusses zitieren. Das ist mir, glaube ich, nicht gestattet. Ich kann es aber so weit zusammenfassen, dass die Anmelderin selbst gesagt haben soll – so gebe ich es einmal wieder –, dass es nicht gelungen ist, auf alle Demonstranten ihrer Demonstration so einzuwir
ken, dass sie friedlich bleiben, und dass man nicht die Kontrolle über alle Demonstranten hatte. Darauf habe ich mich hier mit bezogen.
Der vorläufige Höhepunkt war der 13. September, als ein Deutscher von einem UMA mit einer Flasche beworfen worden ist. Er ist schwer verletzt worden, am Hals, und nach Polizeiangaben mit der Flasche in den Rücken gestochen worden.
Erst am 14. September ist dann vonseiten der Rechten mobilisiert worden. Dabei ist es so weit friedlich geblieben mit der Ausnahme, dass geschmacklose Parolen gerufen wurden. Dann kam es zu den Angriffen auf die Demonstranten, aber auch auf die eingesetzte Polizei vonseiten der unbegleiteten Minderjährigen.
Dazu muss ich ganz klar sagen: Diese gewaltbereiten Personen, diese gewaltbereiten Ausländer wollen wir nicht in Deutschland integrieren. Diese Personen müssen, sobald es möglich ist, abgeschoben werden. Für diese haben wir keinen Platz, zum Schutz der eigenen Bevölkerung, aber auch zum Schutz der wirklichen Flüchtlinge.
Die zweite Gruppe, die Sie meinen könnten, könnten die Rechtsradikalen sein. Das habe ich mir gedacht, und offensichtlich lag ich damit nicht ganz falsch, wenn ich die erste Rederunde sehe. Nun ist mir nicht ganz klar, ob Sie es wirklich so meinen. Ehrlich gesagt, kann ich es kaum glauben; denn Sie haben in der Vergangenheit alles getan, um genau diese Menschen aus der Gesellschaft auszugrenzen, sie zu stigmatisieren, sie öffentlich zu machen, sie anzugreifen und auch vonseiten der Antifa angreifen zu lassen in Richtung ihres Eigentums und ihrer Gesundheit.
Insofern frage ich mich, wie Sie nun eigentlich mit diesen Leuten ins Gespräch kommen wollen, um die Integration dieser Personen in die demokratische Gesellschaft voranzutreiben.
Ich wollte fragen, ob ich Sie richtig verstanden habe, dass Sie dafür sind, Menschen unter 18 Jahren abzuschieben. In der Verbindung hätte ich noch die Frage – da sind verschiedene Nationen dabei –, ob Sie dafür sind, Kinder und Jugendliche zum Beispiel direkt nach Aleppo abzuschieben, wenn Sie sich schon dafür aussprechen.
Sehr geehrter Herr Homann! Der Haupträdelsführer ist Libyer und älter als 18 Jahre, nämlich 20 Jahre alt, und schon wegen etlicher Delikte aufgefallen. Der kann natürlich abgeschoben werden. Um diese Person geht es. Ansonsten können wir abwarten, bis die Leute 18 Jahre alt sind, dann können sie abgeschoben werden, wenn sie weiterhin gewalttätig sind. Die Frage nach Aleppo ist natürlich eine absolute Fangfrage. Natürlich wollen wir niemanden nach Aleppo abschieben, aber in der Provinz Latakia fühlen sich die Menschen einigermaßen sicher.
Trotzdem geht es jetzt nicht darum, hier die Frage zu diskutieren, wann in Syrien Frieden ist und wann nicht. Die Erkenntnis ist ganz klar: Wenn die Leute aus Ländern kommen, in denen sie aktuell gerade nicht an Leib und Leben bedroht sind, dann können wir sie abschieben. Es muss auch ganz klar sein: Wer Straftaten begeht, auch nach der Genfer Flüchtlingskonvention, wer sich gegen die Rechtsordnung des Landes stellt, das ihm Schutz bietet, hat keinen Anspruch nach der GFK.
Kommen wir noch einmal zum 9. September zurück. Antifa und Solid haben zum Dialog eingeladen mit Worten wie „entgegentreten“ und „Querfronten zerschlagen“. Und auch auf dem Internetportal lauterbautzner.de wurde ganz klar dazu aufgerufen, nach 18:00 Uhr die Demonstranten zu exkludieren, weil sie es mit Inklusion nicht so hätten. Also, meine Damen und Herren von den LINKEN, Ihre Politik ist im besten Falle widersprüchlich, im schlimmsten Fall ist sie jedoch verlogen.
Oder meinten Sie vielleicht die Gruppe, die am 14. September aus Leipzig und Dresden angereist ist? Wollten die vielleicht zum Dialog einladen? Wenn mich nicht alles täuscht, dann hat der Polizeipressesprecher gegenüber Medien bekannt gegeben, dass bei der Durchsuchung von Fahrzeugen der Linksradikalen Einhandmesser und Quarzhandschuhe gefunden worden sind. Das ist aus meiner Sicht kein Dialog. – Mehr dazu in der zweiten Rederunde.
Herr Kollege Wippel sprach für die AfD-Fraktion. Jetzt ergreift für die Fraktion GRÜNE Kollege Lippmann das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als der Titel der Aktuellen Debatte angemeldet wurde, habe ich mir überlegt: Was soll man hierzu eigentlich noch sagen? Erneut rassistische Vorfälle in Sachsen. Hatten wir uns nicht nach Heidenau, hatten wir uns nicht nach Clausnitz versprochen, dass wir so etwas in diesem Hause nicht noch einmal diskutieren wollen?
Die erschreckende Hetzjagd in Bautzen zeigt erneut, dass wir massive Probleme in Sachsen haben, und wir müssen – insoweit ist der Titel der LINKEN richtig – die notwendigen Lehren daraus ziehen.
Erste Lehre: Nicht nur in und um Bautzen gibt es eine verfestigte rechte Szene, sondern in erheblichen Teilen des Freistaates. Aber am Beispiel Bautzen ist dies noch einmal deutlich geworden: Eines der entscheidenden Probleme in Sachsen ist das Naziproblem. Oder wie sonst kommen 80 Menschen, darunter viele Neonazis, an einem Abend zusammen, um anschließend Flüchtlinge zu jagen? Die saßen ja wohl kaum zufällig bei einem Kaffeekränzchen zusammen und sind dann mal auf die Straße getreten. Das war abgesprochen, das war geplant und das war der Höhepunkt wochenlanger Provokationen. Anstatt dies zu adressieren und zu fokussieren, wird dieses Problem in Teilen der Gesellschaft relativiert. Ich sage es Ihnen an dieser Stelle ganz deutlich: Ich bin es leid, dass man in Sachsen als Erstes permanent nach Entschuldigungen für rassistische Vorfälle sucht, auch diesmal an der Frage, wer begonnen hat.
Ich will gar nicht leugnen, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, wonach auch die Flüchtlinge an einer entstehenden Eskalation durchaus einen Anteil hatten. Dann muss man sich die Frage stellen, wie es so weit überhaupt kommen kann. Darauf haben Vorredner schon richtig abgestellt. Was ist mit den jeweiligen Integrationsbemühungen vor Ort schiefgelaufen? Wo muss angesetzt werden und wo muss gehandelt werden? Das sind die entscheidenden Fragen und nicht die Frage, wer schuld ist und wer angefangen hat.
Ganz klar, es braucht eine bessere Betreuung in diesem Zusammenhang, das sollte auch eine Lehre aus Bautzen sein.
Eine weitere Lehre sollte sein: Wir müssen aufhören mit der Debatte, wer angefangen hat und von wem die Schuld ausging. Das ist – entschuldigen Sie – nicht nur Kindergartenniveau, sondern der Rückfall in vorstaatliche Zustände nach dem Motto: Es gilt das Recht des Stärkeren – fängst du an, habe ich das Recht, zurückzuschlagen. Davon sollten wir als Gesellschaft und als Rechtsstaat bitte weit entfernt sein.
Wir müssen aber auch ganz klar sagen, dass niemand, egal woher er kommt und welche politische Einstellung er besitzt, das Recht hat, mit Gewalt zu entscheiden, wer sich im öffentlichen Raum bewegen darf und wer nicht. Das gilt grundsätzlich in unserer Gesellschaft und es ist Aufgabe eines Rechtsstaates, dies deutlich zu machen und durchzusetzen, und zwar nicht erst, wenn es zu spät ist!
Eine weitere Lehre, die es zu ziehen gilt, besteht darin, dass wir weiter das eine oder andere Problem beim polizeilichen Agieren haben, Herr Innenminister. Den Beamten vor Ort, die dort mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften einen ordentlichen Job gemacht haben, kann man keinen Vorwurf machen. Mal wieder stellt sich wie schon bei Heidenau jedoch die Frage: Was hat man da im Vorfeld übersehen, hat man eine Eskalationslage nicht ernst genommen und war man in der Folge etwas unzureichend darauf vorbereitet? Ich sage es an der Stelle ganz deutlich: Ich erwarte in Zukunft eine ernsthaftere und gewissenhaftere Lagesondierung bei der Polizei. Auf den Verfassungsschutz braucht man keine Rücksicht zu nehmen, der hilft im Zweifel sowieso nicht. Aber zumindest vonseiten der Polizei erwarte ich in Zukunft eine stärkere Klarheit.
Ich erwarte, dass Sie für ein stärkeres Problembewusstsein und stärkere interkulturelle Krisenkommunikation in Teilen der sächsischen Polizeiführung sorgen, Herr Innenminister. Teile müssen offensichtlich nicht nur zu einer Medienschulung, sondern denen muss auch mal der Ernst der Lage verklickert werden. Herr Innenminister, einen solchen Realitätsverlust – egal, ob das polizeilicher Jargon ist oder nicht, wie die Bezeichnung für harte Neonazis als „eventorientierte Jugendliche“ – können und dürfen Sie als Dienstherr nicht durchgehen lassen!
Als schlussendliche Lehre, die daraus zu ziehen ist, sollten wir in Sachsen endlich aufhören mit Debatten über das Image von Sachsen oder von Städten in Sachsen. Wenn wir die Zeit und die Ressourcen, die jetzt wieder in Imagedebatten gesteckt werden, mal in den Kampf gegen die Ursachen des Problems, was den Image-Schaden verursacht, stecken würden, wären wir viel weiter, als uns permanent im Kreis zu drehen.
An dieser Stelle muss man ganz klar sagen: Den größten Imageschaden haben jene verursacht, die rote Linien überschreiten und sich mit harten Neonazis an einen Tisch setzen wollten, und nicht jene, die im Kampf gegen Nazis und für Demokratie eben nicht nur am Image einer Stadt oder eines Landes, sondern an den Grundfesten einer Gesellschaft und deren Unterstützung interessiert sind. Das gilt es klar und deutlich zu sagen.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir die vorgenannten Probleme nicht anpacken, endlich adressieren
und fokussieren, dann wird es wohl leider nicht das letzte Mal sein, dass wir eine solche Debatte in diesem Hohen Hause führen. Ich hoffe, dass sie uns erspart bleiben möge.