Protocol of the Session on September 28, 2016

(Beifall bei der AfD)

Herr Baumann-Hasske, Sie glänzen auch selten mit Inhalt. Sie haben letztes Mal schon erzählt, dass es völlig unmöglich und völlig abwegig sei, Gesetze zu ändern.

(Unruhe im Saal – Glocke des Präsidenten)

Vielleicht fragen Sie sich einmal, warum Sie in einem Parlament sitzen! Unsere Aufgabe ist es, Gesetze anzupassen, wenn die Situation es erfordert.

Herr Anton war wieder einmal derjenige mit dem sachlichsten Beitrag. Herr Anton, ich werde am Ende der Debatte Einzelabstimmung nach Punkten beantragen, und dann werden wir sehen, bei welchen Punkten die CDU zustimmen kann. Vielleicht seien Sie nur kurz daran erinnert, dass diverse Fraktionen in den Landtagen – in Schleswig-Holstein und in Hamburg war es die CDU und in Nordrhein-Westfalen die FDP – ähnliche inhaltliche Ansätze verfolgen wie die AfD.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Man sollte also davon ausgehen, dass es eine ganze Reihe von Politikern in Deutschland gibt, die der Meinung sind, dass die aktuellen gesetzlichen Regelungen nicht ausreichen, weil sich die Situation geändert hat.

(Zuruf von der SPD: Das ist richtige Hetze!)

Was davon Hetze war, müssen Sie selbst prüfen.

Meine Damen und Herren! Laut Medienberichten prüft sogar die SPD – Herr Panter, das sollten Sie sich einmal vor Augen führen – und zwar Herr Kutschaty aus NRW, ob nicht grundsätzlich die Anerkennung von Ehen in Deutschland versagt werden soll, wenn keine Ehemündigkeit nach deutschem Recht besteht. All diese Ansätze haben wir in unserem Antrag verwirklicht. Natürlich ist eine gesetzliche Änderung immer nur ein Teil dessen, was man tun muss, um die tatsächlich Betroffenen zu schützen.

Im Übrigen, Herr Anton, weil Sie sich darüber freuten, dass wir angeblich bei Ihnen abgeschrieben haben: Es ist ein Bericht von „Terres des Femme“, in dem sich UNKinderrechts- und ein Frauenkomitee der UNICEF dafür aussprechen, dass das Mindestheiratsalter bei 18 Jahren liegen soll. Ich glaube, das ist eine gute Quelle, auf die sich nicht nur AfD und CDU, sondern alle Parteien berufen sollten.

(Zuruf von der CDU)

Deswegen bleiben wir bei unserer Forderung. Ich wiederhole es gern noch einmal, weil Ihnen allen sicherlich an den Rechten der Kinder und Jugendlichen gelegen ist, dass auch der Kinderschutzbund in Deutschland eine Änderung des Strafrechts gefordert hat, damit auch Ehen, die durch eine religiöse oder soziale Zeremonie und nicht vor einem Standesamt geschlossen werden, als Zwangsverheiratung und damit als Straftatbestand erfasst werden. Das finden wir richtig, und deshalb bitten wir Sie, in sich zu gehen, Ihre ideologische Verblendung außen vor zu lassen und diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der AfD)

Mit Frau Kollegin Dr. Petry sind wir jetzt in der zweiten Runde.

(Zuruf von der SPD)

Als Nächstes könnte die CDU das Wort ergreifen. – Gibt es in dieser zweiten Runde aus weiteren Fraktionen Redebedarf? – Das kann ich nicht feststellen. Möchte die AfD eine dritte Runde eröffnen? – Nein. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Sebastian Gemkow.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Eine Ehe gehen nach unserem Wertesystem erwachsene Frauen ein, und das selbstbestimmt und

gleichberechtigt. Kinderehen stehen mit unserem Verständnis von Ehe nicht im Einklang; deshalb ist klar, dass wir die betroffenen Kinder schützen. Das heißt, dass wir dafür Sorge tragen müssen, dass eine Eheschließung etwa einer 13-Jährigen in Deutschland nicht hingenommen wird, so sehr wir andere Kulturen und Ansichten auch respektieren. Solche Ehen anzuerkennen wäre ein falsches Signal.

(Beifall des Abg. Sören Voigt, CDU)

Trotzdem wird man der Thematik der Kinderehen mit vereinfachten Sichtweisen nicht gerecht werden. Plakative Forderungen helfen verheirateten minderjährigen Mädchen wenig. Wir müssen uns die Frage stellen, ob und wie wir unser Recht den veränderten Bedingungen anpassen müssen, um möglichst in jedem Einzelfall dem Wohl der Kinder gerecht zu werden.

Es spricht viel dafür, Ehen von unter 16-jährigen Minderjährigen generell die Anerkennung zu versagen. Man kann sich auch fragen, ob für Eheschließungen in Deutschland das Ehefähigkeitsalter auf 18 Jahre hochgesetzt werden soll. Aber für die Staatsregierung ist diese Thematik zu sensibel, um den scheinbar einfachsten Weg zu gehen.

Wir wollen, im Gegenteil, der Komplexität der Problematik gerecht werden und gleichzeitig einen möglichen Regelungsbedarf ausschließlich an den Interessen und am Wohl der betroffenen Kinder orientieren. Das Staatsministerium der Justiz beteiligt sich aus diesem Grund an der vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz eingerichteten Arbeitsgruppe. Seit Anfang des Monats – wir hatten in der letzten Debatte darüber gesprochen – wird untersucht, ob es geboten ist, die Anerkennung von Ehen, die nach ausländischem Recht geschlossen wurden, in Deutschland restriktiver als bisher zu regeln. Erste Arbeitsergebnisse werden voraussichtlich Ende des Jahres vorliegen.

Trotzdem kann keine Rede davon sein, dass das deutsche Recht per se unzulänglich wäre, dass seine Durchsetzung behindert würde und das Wohl der betroffenen Kinder in Deutschland bedroht wäre. Allein daraus, dass ein Kind im Ausland nach dem dort geltenden Recht eine Ehe geschlossen hat, folgt nach deutschem Recht nicht, dass der Ehe auch hier der gleiche Schutz zuteil wird, der in Deutschland geschlossenen Ehen grundgesetzlich garantiert ist. Daraus folgt auch nicht, dass der deutsche Staat hinnehmen muss, dass diese Ehen hier fortgesetzt werden oder sie sogar anerkannt werden müssen.

Ganz im Gegenteil: Die Schutzmechanismen, die das deutsche Kinder- und Jugendhilferecht und auch das Kindschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches vorsehen, gelten auch für diese Kinder. Das Jugendamt hat auch ein verheiratetes Kind in Obhut zu nehmen, wenn sein Wohl in Gefahr ist. Selbstverständlich gilt auch der strafrechtliche Schutz sexueller Selbstbestimmung,

unabhängig davon, ob das Kind eine Ehe geschlossen hat oder nicht.

Nicht zuletzt ist ausländisches Eherecht für die im Ausland geschlossene Ehe ohnehin nur insoweit anwendbar, als dieses Recht mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts vereinbar ist. Wenn das offensichtlich nicht der Fall ist, dann wird die Ehe durch die zuständigen Behörden vor dem Familiengericht angefochten und damit ihre Wirkung auch formal beendet.

Ob wir in diesem Punkt das in Deutschland geltende Eherecht restriktiver fassen müssen, prüft die BundLänder-Arbeitsgruppe. Ich möchte an dieser Stelle auch dafür werben, einen möglichen Regelungsbedarf in einem gesamteuropäischen Kontext und in ein gesamteuropäisches Wertegefüge einzuordnen. Das sind letzten Endes die Werte, an denen wir uns orientieren.

Kulturen aber, die die Ausbeutung von Mädchen durch Kinderehen ermöglichen, widersprechen diesen Werten deutlich. Der Schutz darf deshalb nicht den Strukturen gelten, die Ausbeutung ermöglichen, sondern unser Schutz muss sich am Wohl der betroffenen Mädchen orientieren, und das in jeder Hinsicht.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN und der SPD)

Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Gemkow. Nun hat die AfDFraktion die Gelegenheit eines dreiminütigen Schlusswortes. – Das wird nicht verlangt. Meine Damen und Herren! Wir können nun zur Abstimmung kommen. Frau Dr. Petry, Sie möchten punktweise abstimmen lassen, richtig?

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ja, bitte!)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/6502 punktweise zur Abstimmung. Ich beginne mit dem Punkt I. Wer diesem Punkt I des vorliegenden Antrags in der Drucksache 6/6502 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist Punkt I mehrheitlich abgelehnt.

Ich stelle nun den Punkt II zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen.

(Harald Baumann-Hasske, SPD, hebt die Hand. – Aufgrund des zustimmenden Verhaltens des Abgeordneten herrscht Heiterkeit im Plenum. – Zurufe von der AfD: Das kann ja mal passieren!)

Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist Punkt II abgelehnt.

Ich stelle nun den Punkt III des vorliegenden Antrags zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist Punkt III abgelehnt.

Ich stelle den Punkt IV zur Abstimmung. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Punkt IV mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Eine Gesamtabstimmung erübrigt sich, weil alle vier Punkte in der Einzelabstimmung abgelehnt wurden. Damit ist die Drucksache 6/6502 nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 11

Stationäre Suchttherapie im Strafvollzug umgehend ausbauen

Drucksache 6/5149, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen in folgender Reihenfolge Stellung nehmen: die einbringende Fraktion GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die einbringende Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Meier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir in Deutschland über das Thema illegale Drogen sprechen, dann nimmt der Freistaat Sachsen häufig eine eher recht unrühmliche Spitzenposition ein. Das gilt insbesondere für Crystal Meth, das in Teilen Deutschlands sowie in manchen westeuropäischen Staaten gerade erst bekannt wird, während es hier bereits im wahrsten Sinne des Wortes zum traurigen Alltag gehört und andere Drogen aus dem Fokus verdrängt hat.

Die Statistiken, zum Beispiel der Europäische Drogenbericht aus dem Jahr 2014, sind eindeutig. Die Rückstände von Crystal Meth im Abwasser der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sind im Vergleich zu den anderen 42 untersuchten europäischen Staaten besonders hoch. Nur die Städte Prag und Budweis weisen höhere Werte auf.

Nachdem sich die Staatsregierung mit der Akzeptanz dieser Fakten lange schwergetan und sich die Anzahl der Crystal-Konsumentinnen und -Konsumenten in Sachsen jährlich erhöht hat – seit Anfang des Jahres stagnieren die Zahlen glücklicherweise wieder –, gibt es nun endlich ein flächendeckendes, wenn auch noch ausbaufähiges Beratungs- und Hilfenetzwerk für Betroffene. Leider reichen diese genau bis vor die Tore der sächsischen Justizvollzugsanstalten. Zwar, das gehört zur Ehrlichkeit dazu,

wurde mit der suchttherapeutischen Station in der JVA Zeithain insbesondere für Crystal-Abhängige ein lange überfälliges Angebot geschaffen, das einen Beitrag dazu leistet, die Gefangenen im Sinne des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.