Protocol of the Session on December 17, 2014

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Für die AfDFraktion Frau Dr. Muster, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst zum Bibel-Zitat der LINKEN. Im Lukas-Evangelium steht nach meiner Kenntnis: „Ein jeglicher ging in seine Stadt, um sich zählen zu lassen.“ Das heißt, Jesus war kein Flüchtlingskind; Josef ging in seinen Heimatort Bethlehem zur Volkszählung.

(Lachen bei den LINKEN)

Wenn Sie die Zeit danach, die Zeit in Ägypten, ansprechen, dann ist das sicherlich nicht der Kernbereich der Weihnachtsgeschichte.

(Beifall bei der AfD)

Doch nun wollen wir wieder nach Deutschland gehen. Deutschland nimmt jährlich die meisten Menschen in Europa auf,

(Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

100 000 bis 200 000 Menschen aus EU-Ländern. 200 000 Menschen stellen einen Asylantrag. Unsere Partei bekennt sich ausdrücklich zum Schutz von Verfolgten und Flüchtlingen. Das ist eine Schutzquote bei uns von 30 %. Problematisch ist die Gruppe der Menschen, die nach keinem Gesetz ein Aufenthaltsrecht in Deutschland hat. Sie erhalten in einem rechtsstaatlichen Verfahren in Deutschland eine Ablehnung. Dies führt jedoch nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung oder einer freiwilligen Ausreise. Nein, regelmäßig führt es zu einer Duldung.

Ist es wirklich solidarisch, diese abgelehnten Antragsteller dauerhaft in Deutschland zu dulden und sie weiter an den Sozialleistungen teilhaben zu lassen? Je nach politischem Standpunkt fällt die Antwort unterschiedlich aus. Der Antrag auf Asyl führt faktisch in Deutschland zur Selbsteinbürgerung aufgrund der massenhaften Duldung.

Das nehmen unsere Bürger auf Dauer nicht hin. Hier fehlt seit mindestens zwei Jahrzehnten ein Einwanderungsgesetz. Neue Einwohner können nicht wie eine Flutwelle plötzlich und unerwartet in unser Land kommen. Wir brauchen eine aktive und moderne Gestaltung der Einwanderung.

(Beifall bei der AfD)

Wer einwandern will, der muss es dürfen. Und das bestimmt nicht der Antragsteller, das bestimmt das Aufnahmeland.

(Beifall bei der AfD)

Auch Pegida-Demonstranten ärgert die massenhafte Duldung. Eigentlich sollte es für Politiker selbstverständlich sein, die Sorgen ihrer Bürger ernst zu nehmen und sie auch zu kennen. Aber es ist offensichtlich zu einer Entfremdung der beiden gekommen. Regierung und Regierte kennen sich nicht mehr. Wie kann unser Staat von unseren Bürgern Rechtstreue verlangen, wenn der eigene Staat seine Gesetze nicht durchsetzt?

Auch der Ton macht die Musik, liebe Regierung. Wenn sich unter 15 000 Demonstranten tatsächlich 150 Rechtsextreme befinden, macht das ein Promille.

(Zurufe von den LINKEN und den GRÜNEN)

Die vehemente Ausgrenzung und Bürgerbeschimpfung – Sie dürfen auch mich gern beschimpfen – war das falsche Signal unserer Regierung. Jetzt sind Gespräche schwierig. Viele Bürger machen sich große Sorgen um die gestiegenen Asylbewerberzahlen, die Länge der Verfahren, massenhafte Duldung und auch um religiös motivierte Gewalttaten.

(Zuruf der Abg. Annekatrin Klepsch, DIE LINKE)

All dies treibt unsere Bürger auf die Straße und zeigt die gravierenden Versäumnisse der Politik. Auch PegidaSympathisanten befürworten die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylberechtigten. Dies zeigt eine INSA-Umfrage des gestrigen Tages.

Asylberechtigte müssen wir unterstützen und willkommen heißen. Schon Asylbewerber sollten Grundkenntnisse unserer deutschen Sprache erlernen. Eine vertiefte Integration kann es aber nach unserer Auffassung erst nach einem positiven Abschluss des Asylverfahrens geben. Eine Verkürzung der Verfahrensdauer auf drei Monate begrüßen wir ausdrücklich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Eine Kurzintervention, bitte.

Ich wollte die Frau Kollegin nur einmal fragen, ob es hinsichtlich der Verbindung von christlich-abendländischem Menschenbild und dem Wort „Flutwelle“ in Verbindung mit Menschen, die zu uns kommen, irgendeine Aufklärung gibt. Ich bekomme das nicht richtig zusammen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den LINKEN)

Frau Dr. Muster, möchten Sie antworten?

Die Flutwelle bezog sich auf die unbegrenzte Annahme von neuen Bewohnern in unserem Land.

(Zurufe von den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Für die Fraktion GRÜNE Herr Abg. Zschocke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Bibelstunde nicht fortsetzen, sondern mich mit einigen Argumenten auseinandersetzen, die immer wieder vorgetragen werden. Zuletzt haben wir wieder gehört, der Staat müsse konsequenter gegen Menschen vorgehen, die das Asylrecht missbrauchen, weil ansonsten Fremdenfeindlichkeit

gefördert würde.

Meine Damen und Herren, viele Menschen – Sie sprechen hier von einer „Flut“, ein schlimmes Wort, finde ich – verlassen ihre Heimat und nehmen lange, gefährliche Wege auf sich, um hier ein sicheres und besseres Leben zu finden. Da frage ich mich ganz ehrlich: Wo ist der Missbrauch bei einem Menschen, der der Hoffnung nach einem besseren Leben nachgeht?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wo ist der Missbrauch, wenn es Menschen ablehnen, auf die eine oder andere Art und Weise in ihren Heimatländern unterzugehen? Denn die Situation, vor der sie fliehen, haben sie ja nicht selbst ausgelöst. Hier in Deutschland – und das ist auch deutlich geworden – gibt es Gesetze und Behörden, die entscheiden, und Gerichte, die Entscheidungen kontrollieren. Selbst nach einem abgelehnten Asylantrag gibt es eben auch noch Rechtsmittel, und es gibt verschiedene Stufen der Duldung. Meine Damen und Herren, da ist Missbrauch schlicht und ergreifend das falsche Wort, weil es den Boden für rassistische Ressentiments bereitet.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Da gibt es immer wieder das Argument, wir müssten die Ängste und Sorgen der Bürger ernst nehmen. Ja, Frau Köpping, wo Unwissenheit herrscht und daraus Ängste entstehen, ist Aufklärung notwendig. Wo aber menschenfeindliches Gedankengut, meine Damen und Herren, sich hinter scheinbarer bürgerlicher Besorgnis versteckt, müssen wir widersprechen. Das können wir doch nicht hinnehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Diese 15 000 Demonstranten bekommen momentan eine große mediale Aufmerksamkeit. Es gibt viele Tausend Menschen in Sachsen, die sich mit Flüchtlingen solidarisch zeigen, die sich ehrenamtlich engagieren, am Wochenende, am Feierabend, um die Lebenssituation von Geflüchteten zu verbessern. Es gibt aber auch viele Geflüchtete, die anfangen, sich zu Wort zu melden, ihre Ängste und Sorgen zu formulieren; denn sie sind momentan auch Zielscheibe der Bedrohung, sie sind gefährdet.

Diese Ängste und Sorgen sollten wir ernst nehmen, meine Damen und Herren, und das Gespräch suchen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

In den letzten Tagen wird immer wieder die Forderung nach mehr Dialog erhoben. Ja, ernsthafter Dialog ist wichtig, meine Damen und Herren. Aber das hat eben auch Grenzen. Mit Menschen, die Fakten grundweg zurückweisen, die das gegenwärtige System als ein Lügensystem bezeichnen, die von „Lügenpresse“ reden, die keine anderen Meinungen zulassen als ihre eigene, die behaupten, ihre Demonstrationsfreiheit würde eingeschränkt, mit solchen Menschen ist ernsthafter Dialog schwer möglich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Zuruf der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Es gibt eben sehr viel Hass in der Pegida-Bewegung. Da müssen Sie nur einmal einen Blick ins Internet werfen. Dort werden Andersdenkende ganz schnell als Antidemokraten, als Linksfaschisten bezeichnet. Meine Damen und Herren, ich vermisse den Respekt

(Zuruf von der AfD: Wir auch!)

bei den Vertretern der angeblich gesunden Volksmeinung. Dialog erfordert Dialogbereitschaft und Respekt vor der anderen Meinung.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Ich bin nicht bereit, meine Damen und Herren, mit Menschen in einen Dialog zu treten, die Beifall klatschen, wenn GRÜNE standrechtlich erschossen werden sollen. Wir aber, meine Damen und Herren, haben Dialogbereitschaft, und wir sind auch im Dialog mit Flüchtlingen, mit Vereinen, mit Initiativen, mit allen Menschen hier in Sachsen – das sind viele –, die nach Lösungen für Probleme bei der Aufnahme von Flüchtlingen suchen.

Ich höre auch immer wieder das Argument, dass die Ängste der Pegida-Demonstranten unbegründet seien, weil der Anteil von Muslimen in Sachsen so verschwindend gering sei. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, das ist ein gefährliches Argument, denn das heißt ja im Umkehrschluss, dass ein höherer Anteil von Muslimen gefährlich wäre. Aber es ist doch nicht entscheidend, wie viele Muslime hier unter uns leben, denn nicht der Islam bedroht das friedliche Zusammenleben in Sachsen, sondern der Hass auf den Islam.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)