Protocol of the Session on August 31, 2016

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Wann denn?)

damit sie im System bleiben und andere Facetten, andere Sichtweisen an unsere Schulen bringen.

Die Situation ist herausfordernd. Es hilft uns aber auch nichts, meine Damen und Herren, und darin sind sich die Ministerinnen und Minister der Bundesländer einig, wenn wir uns die Lehrer gegenseitig abwerben.

Es braucht konstruktive Programme. In geschlossenen Ministersitzungen diskutieren wir darüber, wie wir den Lehrerarbeitsmarkt wieder so gestalten, dass genügend Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen. Wir brauchen mehr Lehramtsstudentinnen und -studenten, meine Damen und Herren, wir brauchen an unseren Universitäten eine höhere Abschlussquote unserer Lehramtsstudentinnen und -studenten.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen Referendariatsplätze, Einstellungskontingente, ja, wir brauchen Verbesserung der Attraktivität für unsere Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen. Wir brauchen Anreize für Tätigkeiten in ländlichen Regionen, die wir zuhauf bereits haben, unter anderem das Sachsenstipendium.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir kümmern uns intensiv um den Arbeitsplatz Schule. Sie können ganz sicher sein, dass wir einen Prozess initiieren, der mit klaren Konzepten untersetzt ist und der Wirkung zeigen wird, um unser Schulsystem weiterhin in einer Spitzenposition zu behalten und für alle Kinder und Jugendlichen Sachsens eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu gewährleisten,

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wir haben unsere Zweifel!)

denn nur so bleibt unser Wirtschaftsstandort Sachsen so stark, wie er jetzt ist.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die zweite Aktuelle Debatte ist damit beendet. Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Stärkung der direkten Demokratie im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/1088, Gesetzentwurf der Fraktionen

DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 6/6189, Beschlussempfehlung des

Verfassungs- und Rechtsausschusses

Es wird eine allgemeine Aussprache geben. Es beginnen die LINKEN, danach die GRÜNEN, CDU, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. – Ich erteile nun der Linksfraktion das Wort. Herr Abg. Bartl, bitte.

Frau Präsidentin, vielen Dank zunächst, dass Sie demokratisch die Reihenfolge einhalten.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Da die Einbringung unseres Gesetzentwurfs aus Gründen, über die noch zu reden sein wird, schon anderthalb Jahre zurückliegt, möchte ich Ihnen diesen kurz in seinen Grundzügen vorstellen.

Er sieht vor, dass künftig für das erfolgreiche Einbringen eines Volksantrages in den Sächsischen Landtag 35 000 statt 40 000 Unterstützungsunterschriften von stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürgern nötig sind. Für ein gegebenenfalls zu einem Volksentscheid führendes Volksbegehren sollen dann 175 000 statt bislang 450 000 Unterschriften erforderlich sein. Die Zahl der Unterschriften, die für ein solches Unterfangen benötigt werden, soll jedenfalls 1 % beim Volksantrag bzw. 5 % der Stimmberechtigten beim Volksbegehren nicht überschreiten.

Des Weiteren sieht der Gesetzentwurf vor, dass Volksanträge künftig nicht mehr nur in Form von Gesetzentwürfen eingebracht werden können, also auf einen direkten Gesetzgebungsakt abzielen, sondern die Bürgerinnen und Bürger den Landtag auch dazu veranlassen können, sich mit allgemeinen, für sie besonders wichtigen Gegenständen der politischen Willensbildung zu beschäftigen, also ein für sie wichtiges bestimmtes Thema zu beraten und zu beschließen.

Weiter soll die Behandlungsfrist eines erfolgreichen Volksantrages durch den Landtag von sechs auf vier Monate verkürzt werden, damit die Initiatoren aus der Nähe des Volkes, aus dem Bereich des Volkes rasch in ein Volksbegehren einsteigen können, wenn der Landtag dem Plebiszit nicht entspricht. Dann soll auch dem Landtag die

Möglichkeit und das Recht eingeräumt werden, einen von ihm schon angenommenen Gesetzentwurf quasi zur endgültigen Abstimmung an das Volk zu überantworten. Schließlich soll das Recht auf öffentliche Behandlung eines Volksantrages vor dem Plenum und den Ausschüssen des Landtags unter Anhörung eines Vertreters der Initiatoren des Plebiszits in der Landesverfassung festgeschrieben werden.

Wir fordern dieses Gesetzesveränderungen, die zwangsläufig in weiten Teilen auch Verfassungsänderungen sind, weil wir die Verfassung des Freistaates Sachsen auch 25 Jahre nach ihrer Annahme in diesem Parlament ernst und zugleich beim Wort nehmen.

Artikel 3 Abs. 1 eben jener Verfassung besagt nämlich: „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus. Sie wird vom Volk in Wahlen und Abstimmungen sowie durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Im Abs. 2 heißt es dann: „Die Gesetzgebung steht dem Landtag oder unmittelbar dem Volk zu.“ Die Sächsische Verfassung stellt mithin schon nach dem Wortlaut dem Landtag als gleichberechtigten Partner in der Gesetzgebung das Volk in Form der stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger zur Seite oder mit anderen Worten: Im Freistaat Sachsen ist das Volk ein dem Parlament gleichberechtigter Träger der gesetzgebenden Gewalt.

In der Verfassungsrealität der letzten 24 Jahre seit Verabschiedung der Verfassung hat diese Partnerschaft, hat dieses Recht zur Gesetzesinitiative von Parlament und Volk auf gleicher Augenhöhe nie funktioniert. Seitdem kam es zu acht Volksanträgen, von denen zwar alle die nötigen 40 000 Unterstützerunterschriften erhielten, drei wurden jedoch wegen formaler Mängel zurückgewiesen. Einem weiteren folgte kein Volksbegehren. Von den übrigen vier Volksanträgen scheiterten drei an dem vergleichsweise hohen Quorum für ein Volksbegehren von 450 000 Unterschriften. Nur ein einziges Begehren wurde zum Volksentscheid gebracht und dies auch erst,

nachdem die Einreicher vor dem Landesverfassungsgericht gegen eine restriktive Auszählung der Unterschriften durch die Verwaltung und die daraus folgende Ablehnung des Begehrens durch den damaligen Landtagspräsidenten geklagt und Recht bekommen hatten.

Am 21. Oktober 2011 fand der bislang einzige Volksentscheid in Sachsen seit der Wiedervereinigung statt, dessen Anliegen, dem Erhalt der kommunalen Sparkassen in Sachsen, mit großer Mehrheit zugestimmt wurde. Bezeichnend ist, dass die damalige Staatsregierung unter Führung der CDU dann noch versuchte, diesen erfolgreichen Volksentscheid durch ein neues Parlamentsgesetz, das Gesetz zur Änderung des Sparkassengesetzes, und die Errichtung des Sächsischen Finanzverbundes zu unterlaufen.

Seit 2003 hat es keine einzige weitere Gesetzesinitiative aus dem Volk gegeben, also 13 Jahre lang. Unserer Meinung nach liegt das ganz überwiegend an den viel zu hohen, demotivierend wirkenden Quoren gerade für ein Volksbegehren.

Die derzeitig festgelegten 450 000 Unterschriften machten bei der Verabschiedung der Verfassung 1992 etwa 10 % der Stimmberechtigten aus. In der Zwischenzeit hat das Land aber eine gute halbe Million an Einwohnern verloren, wodurch sich das Quorum aus demografischen Gründen auf beinahe 12 % erhöht hat. Damit liegt Sachsen im Vergleich der deutschen Bundesländer im oberen Bereich, denn die Mehrheit der Landesverfassungen legt ein Quorum von unter 10 % fest, zum Beispiel SchleswigHolstein 3,6 % oder Brandenburg 4 %. Nur in BadenWürttemberg mit beinahe 17 % und in Hessen mit 20 % liegen die Quoren noch höher, als das jetzt in Sachsen für ein erfolgreiches Volksbegehren erforderlich ist. Aber auch in diesen Ländern laufen derzeit intensive Reformbemühungen, um diese unglaublich hohen Hürden abzusenken und damit eine Gesetzgebung des Volkes überhaupt erst möglich zu machen.

Die von uns vorgeschlagene Reform würde mit nun nötigen 175 000 Unterschriften für ein erfolgreiches Volksbegehren, das dann zum Volksentscheid führt, das Quorum in Sachsen auf ein Niveau senken, wie es in vergleichbaren Flächenländern Brandenburg und Schleswig-Holstein seit Langem existiert. Nach unseren Vorstellungen sollte das Volksbegehrensquorum die 5-%-Marke nicht überschreiten. Davon erhoffen wir uns, dass es auch im Freistaat Sachsen wieder realistischer wird, eine Initiative der Volksgesetzgebung auf den Weg zu bringen, und dass dafür mehr Motivation besteht.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen nicht länger durch diese hohen Quoren davon abgehalten werden, sich aktiv an der Gesetzgebung zu beteiligen. Wir wollen, dass sie ihre verfassungsmäßig vorgesehene Rolle als gleichberechtigter Gesetzgeber neben dem Landtag tatsächlich ausüben können.

In der öffentlichen Anhörung des Gesetzentwurfes im Verfassungs- und Rechtsausschuss sahen das im Übrigen sieben von acht geladenen Sachverständigen ähnlich oder

genauso. Davon unbeirrt haben sowohl die CDU und die SPD als auch die AfD unserem Gesetzentwurf im Ausschuss ihre Zustimmung versagt. Die Koalition erklärte schlicht und unumwunden, dass sie sich darauf verständigt habe, dass es in dieser Legislaturperiode des Sächsischen Landtags keine Verfassungsänderung mehr gibt. Basta!

Ihnen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, sage ich dazu, dass es schlicht schäbig ist, wenn Sie sich in der 5. Wahlperiode des Landtages die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten, auch der damaligen Oppositionsfraktionen, zur Installierung der sogenannten Schuldenbremse in die Verfassung mit der Zusage erschlichen haben, man wolle zunächst diesen Komplex verfassungsrechtlich regeln, dann könne man über alle herangereiften Änderungen anderer Verfassungsnormen, wozu die einzelnen Fraktionen sogar schriftlich Bedarf anmelden durften, reden. Ihr Verhalten, liebe CDU-Fraktion, lässt vermuten, dass die begrüßenswerten Äußerungen des Ministerpräsidenten Tillich nach den unrühmlichen Ereignissen von Freital, Heidenau, Claußnitz und Bautzen Ende vergangenen bzw. Anfang dieses Jahres über die notwendige Stärkung der Demokratie nicht mehr als leere Floskeln waren.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Wenn es zum Treffen kommt, wie hier bei einem solchen Gesetzentwurf, kneifen Sie auf der ganzen Linie,

(Christian Piwarz, CDU: Nein!)

ganz eindeutig!

(Christian Piwarz, CDU: Ach!)

Sie eröffnen nicht einmal die Debatte über Inhalte des Gesetzentwurfes.

(Christian Piwarz, CDU: Natürlich!)

Das betrifft zum Beispiel die gesehene Überdehnung der Quoren, wenn man also sagt, dass sie zu sehr gesenkt sind. Das wäre alles zu bereden. Nein, Ihro Gnaden haben entschieden, dass es in dieser Legislatur keine Änderung der Verfassung gibt. Ende.

Sie holen sich zwar des Outfits halber in immer kürzer werdenden Abständen Vertreter von Parlamenten und anderen Gremien aus der der Volksgesetzgebung gegenüber freundlich gesinnten Schweiz ins Land und führen unter deren Beteiligung zum Beispiel am 30. Mai 2016 eine mit großem Gestus angekündigte Demokratiekonferenz durch. In deren Ergebnis aber verkünden Sie dann, dass sich die Koalition entschlossen habe, für absehbare Zeit auf die konsultative Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Gesetzgebung oder Gesetzgebungsakten und Parlamentsentscheiden zu setzen. Das geschieht nach Maßgabe des Führungsbeispiels der Beteiligung der Basis an der Debatte des Schulgesetzentwurfes der Staatsregierung.

Das Volk – die abstimmungsberechtigten Bürgerinnen und Bürger – ist im Freistaat Sachsen nicht gleichberechtigter Gesetzgeber, sondern gelittener Konsultant. Das ist nicht die feine englische Art. Das ist genau nicht das, was in der Verfassung als die Norm, die auch das Parlament in der Behandlung des Volkes bindet, vorgesehen ist. Das entspricht eben nicht dem Mitgestaltungsanspruch des Souveräns.

Dass Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der SPD-Fraktion – ich bedaure es sehr, das jetzt sagen zu müssen –, dabei mitmachen, schlägt für uns dem Fass den Boden aus.

Herr Staatsminister Tillich, Vizepremier –