Spannung, die Emotion herauszunehmen. Es ist ein schwieriges Thema, das wissen wir. Das haben wir, denke ich, ausgiebig hier besprochen. Trotzdem möchte ich noch einmal eines betonen: Wir haben in Sachsen – bei allen Problemen, die wir momentan haben und denen wir uns auch stellen – ein stabiles Schulsystem. Dieses Schulsystem ist deutschlandweit anerkannt.
Zweitens. Wenn es nicht so frisch wäre, würde ich vielleicht das Beispiel nicht nennen. Ich hatte gestern Abend ein Gespräch mit zwei Elternteilen – vielleicht einmal als Einzelfallbeispiel hier vorgetragen. Der eine sagte zu mir: Sagen Sie einmal, Herr Bienst, warum redet man Sachsens Schulsystem so schlecht? Ich sagte: Wie kommen Sie denn darauf? Er sagte: Ich habe drei Kinder. – Ich weiß nicht, ob es drei Töchter waren, ist auch egal. – Ein Kind geht in die Grundschule, das zweite in die Oberschule, und das dritte Kind geht an das Gymnasium. Er sagte: Ich habe überhaupt keine Probleme mit Schule. Das funktioniert reibungslos. Aus der Schule kommen auch keine negativen Aspekte. Gleiches bestätigte mir ein zweiter Vater, der aber nur zwei Kinder hat. Das eine Kind geht in die Mittelschule und das zweite in die Berufsausbildung. Das war das gleiche Argument. Er sagte, bringen Sie das bitte einmal rüber, dass das sächsische Schulsystem viele positive Aspekte hat.
Wir wollen diese positiven Aspekte auch in Zukunft so behalten. Ja – und da gebe ich Ihnen vollkommen recht –, woran wir arbeiten müssen – und daran müssen wir alle arbeiten –, ist, dass wir den jungen Leuten, die sich bereit erklären, in Sachsen Lehrer zu werden, sagen, dass auch die Schulart Oberschule existiert, dass die Oberschule attraktiv ist, dass die Schulart Berufsschule akzeptiert wird, dass man dort gut arbeiten kann und dass auch die Schulart Förderschule eine Möglichkeit ist, sich zu erfüllen. Das müssen wir den jungen Leuten erklären, damit sie bereit sind, in diese Laufbahnen zu gehen.
Ich stimme Ihnen zu, Frau Kollegin Falken: Die 2 000 Lehramtsstudenten, die wir jetzt auf den Weg bringen, reichen eigentlich. Das ist die ganze Wahrheit, weil wir bis zu 1 600 alte Lehrkräfte zu ersetzen haben. Aber sie reichen dann doch nicht, weil wir hier nicht nur Sachsen ausbilden, sondern auch fremde junge Menschen, die wieder in ihre Bundesländer zurückgehen. Unsere Aufgabe ist es, junge Menschen aus Sachsen zu animieren, hier in Sachsen die Ausbildung als Lehrer aufzunehmen und dann auch hier zu bleiben.
Letzter Punkt – dann, denke ich, sind der Worte genug gewechselt. Ich könnte Ihnen auch regionalbezogen Probleme nennen, zum Beispiel aus der Region Bautzen oder den Regionen Chemnitz, Dresden, Leipzig oder
Zwickau, in denen tatsächlich – und das sind ja Ihre Beispiele – zum ersten Schultag Lehrkräfte ausgefallen sind. Sie sind krank. Das ist nicht planbar. Im Zittauer Bereich zum Beispiel wurde eine neue Klasse gebildet. Dafür braucht man Lehrkräfte. Das ist nicht planbar. Oder es ist zum Beispiel ein Schulleiter ausgefallen. Dann wurde er langzeitkrank. Das ist nicht planbar. Das sind die Herausforderungen, vor denen wir in der momentanen Situation stehen, dass wir Probleme haben, Lehrkräfte in unser System zu bringen.
Aber wir stellen uns dieser Herausforderung. Wir sehen das sehr kritisch und wir werden diese Herausforderungen in Zukunft meistern.
Danke. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Bienst, ich muss sagen, das war jetzt wieder ein typisches Beispiel dafür, dass Sie gelegentlich zu einer selektiven Wahrnehmung neigen.
Ich hatte gestern auch ein Gespräch mit zwei Elternteilen, wie Sie so schön sagen, also Mutter und Vater. Es ging um das Thema Verwaltungsgerichtsurteil zur Bildungsempfehlung. Ich habe dann gefragt, warum die nicht zu Ihnen gegangen sind, also zur CDU. Ich bekam zur Antwort: Was soll man bei der CDU wollen? Sie sind verantwortlich für die Probleme, die Eltern mit diesem Bildungssystem haben. Selbstverständlich gibt es welche, die zufrieden sind. Das ist auch richtig so, weil das Bildungssystem sozusagen auch nicht von Ihnen lebt, Herr Bienst. Sie sind rausgegangen. Sie sind jetzt Abgeordneter. Es lebt von den vielen Lehrerinnen und Lehrern, die engagiert im Unterricht stehen und großes Interesse daran haben, dass die Kinder den Bildungserfolg erreichen, den sie sich wünschen. Aber Sie dürfen doch nicht so tun, als wenn es nur Ihre Wahrnehmung gebe.
Liebe Kollegin Zais, ich wollte einfach nur noch einmal darstellen, dass es Einzelfälle in Sachsen gibt. Das, was ich Kollegin Falken immer vorwerfe, dass sie die sächsische Schulpolitik immer an Einzelfällen darstellt, das wollte ich einfach nur einmal sagen und dass es auch noch andere Wahrnehmungen gibt. Um Gottes willen, ich möchte sächsische Schulpolitik nicht an Einzelfällen festmachen. Aber eines weiß ich: Die CDU wird auch deshalb gewählt, weil Schule in Sachsen ein stabiles System ist, weil Schule in Sachsen
anerkannt ist und akzeptiert wird. Genau das ist doch unser Credo, dass wir jetzt gemeinsam Probleme zu bewältigen haben, und die will ich doch nicht schönreden. Na klar haben wir die. Den Herausforderungen werden wir uns stellen, und wir werden sie auch gemeinsam lösen. Dazu brauchen wir die Opposition wahrscheinlich nicht.
Gibt es jetzt noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann bitte ich jetzt Frau Staatsministerin Kurth.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben viel gehört. Wir haben intensiv Argumente ausgetauscht. Die Zahlen zum Schuljahresbeginn habe ich bereits in einer Pressekonferenz zum Schuljahresauftakt benannt, und die Zahlen sind ausführlich analysiert worden. Sie konnten nachgelesen werden. Aber belastbare und aussagefähige Daten zu unserem Einstellungsverfahren, zur Unterrichtsversorgung und zum Unterrichtsausfall, meine Damen und Herren, liegen erst nach deren Analyse vor. Valides Zahlenmaterial werden wir in den Monaten Oktober, November und Dezember sicher ausführlich miteinander besprechen und im Ausschuss diskutieren.
Übrigens: Wir sind das einzige Bundesland, welches den Unterrichtsausfall monatlich erfasst, analysiert und im Internet für alle zugänglich macht. Unser System ist also transparent.
Ich stelle mich dieser Debatte selbstverständlich. Wir haben ein transparentes Planungssystem. Wir gehen transparent mit unserem Zahlenmaterial um, und ich werde nicht müde, mich den Debatten um Schulpolitik im Freistaat Sachsen zu stellen. Denn, meine Damen und Herren, Bildung und Erziehung gehen alle an. Schule steht in der Mitte der Gesellschaft und nicht am Rande des Abgrunds oder am Rande einer Katastrophe.
Umfassende und gute Bildung ist für jeden Einzelnen der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft. Das erleben wir gerade zum jetzigen Zeitpunkt, wenn ich an Schulen Besuche durchführe und die wunderbare Integration der Kinder sehe, die aus Kriegsgebieten geflüchtet sind.
Mein Ziel, meine Damen und Herren, ist, bestmögliche Bildung im Freistaat Sachsen beizubehalten. Wir werden das miteinander gestalten, und ich werde mich dafür auch unermüdlich einsetzen. Dabei, meine Damen und Herren Abgeordneten, sind sicherlich kreative Konzepte an unseren Schulen gefragt – Frau Friedel, Sie haben darauf hingewiesen, und wir sind dazu auch im Gespräch –, kreative Konzepte für einen bundesweiten Wettbewerb um Lehrerinnen und Lehrer. Ja, dieser Wettbewerb ist ausgebrochen aufgrund der veränderten Situation in den Bundesländern.
Richtig ist auch, meine Damen und Herren, dass wir 1 215 Lehrerinnen und Lehrer zum 1. August 2016 eingestellt haben. Dafür darf ich an dieser Stelle einmal ein ganz herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bildungsagentur sagen, die dieses Mammutprogramm an Einstellungen gewährleistet haben. Unser Schuljahr konnte pünktlich, solide beginnen.
Ja, wir haben einen Schülerzahlzuwachs. Es ist gut so, dass es mehr Kinder im Freistaat Sachsen gibt.
Ja, wir haben mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt an unseren Schulen als in den vergangenen Jahren und mehr Lehrerinnen und Lehrer, als aus dem Schuldienst am Ende des vergangen Jahres ausgeschieden sind.
Ja, meine Damen und Herren Abgeordneten, diese Lehrerinnen und Lehrer erteilen mehr Unterricht als im vorigen Schuljahr. Mehr Lehrer, weil wir jährlich so viele wie niemals vorher einstellen, und das inmitten des demografischen und gesellschaftlichen Wandels. Das ist eine Herausforderung, und die haben wir im Sommer dieses Jahres gemeistert. Meine Damen und Herren, mehr Lehrerinnen und Lehrer erteilen mehr Unterricht.
Wir haben weniger Schüler ohne Abschluss, Frau Zais, als noch vor fünf Jahren. Trotz Notstands haben wir uns von 11,6 auf 7,6 % Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss vorgearbeitet. Das ist ein stolzes Ergebnis, mit dem wir natürlich niemals zufrieden sind, weil wir dort noch besser werden müssen.
Aber wir sind nicht das Schlusslicht unter den Bundesländern. Unsere Lehrerinnen und Lehrer haben es geschafft, dass mehr Schülerinnen und Schüler einen Abschluss erhalten haben und erfolgreich ins Berufsleben treten konnten.
Richtig ist auch, meine Damen und Herren Abgeordneten, dass von den eingestellten Lehrerinnen und Lehrern 47 % Seiteneinsteiger waren, vor allem an unseren Grundschulen und Oberschulen. Ich stelle Ihnen die Frage: Wäre es für Sie eine Alternative gewesen, niemanden vor einer Klasse stehen zu haben, keinen Unterricht stattfinden zu lassen? Für mich nicht. Die Einstellung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger war keine leichte Entscheidung. Die Situation ist sehr herausfordernd, vor allem für unsere Lehrerkollegen, die dies übrigens mit großem Engagement und hervorragend meistern, die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger an unseren Schulen zu begleiten. Eines möchte ich, meine Damen und Herren Abgeordneten, ganz deutlich sagen: Fingerzeige und Einzelfalldiskussionen gegen die Lehrerinnen und Lehrer oder die Schule bringen uns überhaupt nicht weiter, auch nicht in einer Aktuellen Debatte in diesem Parlament.
Wir brauchen klare Konzepte für die Zukunft. Zurückschauen nützt nichts; wir müssen nach vorn schauen! Wir
brauchen klare Konzepte, damit Sachsen auch weiterhin ein erfolgreiches Bildungsland bleibt! Ich konnte in meiner Präsidentschaft der KMK im vorigen Jahr erfahren, dass wir ein hoch anerkanntes, qualitativ gutes Bildungssystem haben. Ich werde alle Anstrengungen unternehmen, dass wir dieses auch weiterhin behalten.
Seiteneinsteiger – dazu noch ein Wort. Seiteneinsteiger, meine Damen und Herren, bringen fachliche Qualifikationen mit. Sie bringen Erfahrungen aus anderen Berufsbereichen mit. Das ist sehr wertvoll für Lehrerkollegen und für das gesamte Schulkollektiv. Alle eingestellten Seiteneinsteiger sind weiter qualifizierbar.
Jetzt steht für uns eine Mammutaufgabe ins Haus. Die Aufgabe für das Kultusministerium, alle nachgeordneten Behörden und die Schulen heißt: pädagogische und didaktische Qualifizierung unserer Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger. Natürlich ist das auch eine Aufgabe für das Wissenschaftsministerium und die universitären Lehrerausbildungsstätten.