Protocol of the Session on August 31, 2016

Ich war in Mathematik nicht der Schlechteste; ich denke mal, um die sieben Jahre wird er brauchen, schätze ich mal so.

(Zurufe von den LINKEN)

Doch, doch, das schaffen wir; damit haben wir kein Problem.

Lassen Sie mich in meiner Rede fortsetzen. Klar haben wir ein Problem zu diesem Schuljahresbeginn: Wir müssen auf Seiteineinsteiger zurückgreifen, und das werden Sie uns sicherlich noch ankreiden. Aber Seiteneinsteiger können auch etwas Positives, etwas Bereicherndes für unsere Schullandschaft sein. Sie sollten aber nicht zur Regel werden, darin würde ich Ihnen vollkommen recht geben. Notwendig ist außerdem in diesem Bereich, dass wir eine Nachqualifikation zusichern, dass wir eine Nachqualifikation organisieren. Ich glaube, dass wir in Zukunft, wenn wir das vernünftig tun, gerade auch in diesem Bereich mit sehr guten Pädagoginnen und Pädagogen rechnen können.

Wir haben eine nächste Herausforderung: Wir benötigen unbedingt Bewerbungen – die ja auch nachlassen, wie wir alle wissen – für bestimmte Fachinhalte bzw. bestimmte Schularten, aber auch Fächerkombinationen, die auch die Bereitschaft haben, in bestimmten ländlichen Regionen zu unterrichten. Wir müssen Pädagogen akquirieren, ja, das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen.

Die Redezeit geht zu Ende.

Letztendlich – damit möchte ich die erste Runde schließen – kann ich keine Kardinalschuld bei der CDU erkennen, wenn junge Menschen nicht bereit sind, gerade in MINT-Fächern zu studieren, und andere Schularten wie Oberschule, Förderschule oder Berufsschule negieren.

In der nächsten Runde mehr. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und ganz vereinzelt bei der SPD – Beifall bei der Staatsregierung)

Die CDU-Fraktion wurde durch Kollegen Bienst vertreten. Jetzt spricht für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Friedel.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eine Weile überlegt, wie ich mich auf diese Aktuelle Debatte vorbereite, habe die Plenarprotokolle der Sitzungen von 2010, 2011 und 2012, in denen das alles schon Thema war, durchgewälzt, weil ich dachte, heute so ein paar knackige Zitate und Sprüche zu präsentieren wäre vielleicht nicht schlecht. Ich habe auch viele gefunden, habe mich dann aber doch gefragt, wozu eigentlich?

Oder ich könnte Fakten aufzählen – die Fakten, die auch 2010, 2011 und 2012 schon lange bekannt waren und die wir heute immer noch kennen –: steigende Schülerzahlen, steigende Aufgaben. Ich dachte mir dann aber, wozu eigentlich?

Wir haben nicht das Problem, dass Fakten nicht bekannt wären; wir haben immer noch alle miteinander gemeinsam das Problem, dass wir nicht alle die Fakten zur Kenntnis nehmen.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin ein bisschen müde geworden bei diesem Thema. Wir haben Vorschläge gemacht, andere haben Vorschläge gemacht, seit fünf Jahren werden Vorschläge gemacht – und trotzdem wird noch nicht eingesehen, was man einsehen muss. Das Geld, das der Freistaat Sachsen vor fünf Jahren dadurch gespart hat, dass er die benötigten Lehrkräfte nicht eingestellt hat, haben wir nicht wirklich gespart. Das werden wir jetzt ausgeben müssen, um Lehrkräfte einzustellen, die damals weggegangen sind; die sich gesagt haben, hier habe ich eh keine Zukunft, ich gehe woanders hin.

Wir werden wahrscheinlich sogar noch mehr Geld aufwenden müssen. Vor fünf Jahren hätten wir die Leute locker in Stufe 11 oder 13 einstellen können – sie wären dankbar gewesen, dass sie hierbleiben können. Mittlerweile hat sich die Situation verändert.

Weil ich dessen müde bin, will ich eigentlich gleich über etwas anderes sprechen und gebe nur noch ein, zwei Ratschläge für die jetzt laufenden Gespräche zwischen der Staatsregierung und den Lehrergewerkschaften mit: Lösen Sie bitte das Problem! Die normalen Ratschläge für Verhandlungen sind: Verhandeln Sie konstruktiv auf Augenhöhe mit den Partnern.

Ich muss ehrlich sagen, langsam müssen wir realisieren, dass es vorbei ist mit der Augenhöhe, und zwar in der anderen Richtung. Dieser Freistaat wird Bittsteller sein – dafür, dass er gutes Personal bekommt. Unternehmen, die gutes Personal suchen, die es halten und binden wollen, müssen in Personal investieren, sie müssen es umgarnen, sie müssen es werben, locken und binden – mit Geld und auch mit attraktiven Arbeitsbedingungen, bei denen eigene Ideen zählen und man seine inhaltlichen Vorstellungen umsetzen kann. All das behalten Sie bitte im

Hinterkopf, wenn Sie verhandeln – und lösen Sie das Problem!

Denn eigentlich müssen wir über ganz andere Angelegenheiten sprechen. Ich bin ein positiver und optimistischer Mensch und suche immer in der Krise die Chance. Nun kann man meinen, dass Sachsen ein konservatives Land ist – das sage ich auch manchmal. Trotz alledem erleben wir, wie einzelne Inseln der Zukunftsorientierung sprießen – geboren aus der Not, muss man dazusagen.

Ich nehme das Beispiel jahrgangsübergreifender Unterricht. Geboren aus der Not – Demografie und ländlicher Raum – haben wir mittlerweile nicht nur zahlreiche freie Schulen, die pädagogisch innovativ sind, sondern auch öffentliche Schulen, die sich mit diesem Konzept auf den Weg gemacht haben. Wenn man mit den Leuten spricht – Eltern, Lehrern, Schülern –, sagen sie alle, das ist etwas Gutes, denn das bringt uns mehr.

Wenn wir schon die Not zur Tugend in diesem Bereich gemacht haben, dann kann uns die Not auch in anderen Bereichen helfen, unser Schulsystem zu erneuern. Wir haben ein Angebot aus der Not heraus gehört – Stichwort Lehrermangel –: die Entschlackung der Lehrpläne. Prima, wir sind dabei, wann geht’s denn los?!

Die Neugestaltung des Lehramtsstudiums – prima, wir sind dabei, wann geht’s denn endlich los?! Denn wir müssen uns überlegen: Wie schaffen wir es, aus Kindern eben nicht nur gute Noten herauszubekommen; sondern wie schaffen wir es, das zu vermitteln, was Menschen im Leben brauchen – Selbstvertrauen, Mitgefühl, Problemlösungskompetenz, Stressresistenz? Wir haben vorhin über Innere Sicherheit, über Aggressivität und die Unfähigkeit, Konflikte gewaltfrei zu lösen, gesprochen. Wir müssen uns überlegen, wie wir das schaffen. Darauf geben uns nicht Pisa, TIMSS oder VERA als Bildungsstudien die Antwort, sondern eben andere.

Wir brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Bild von Schule, das anders sein muss und das wir als Ziel vor Augen haben müssen. Um so ein Bild zu entwickeln, ist es nicht der erste richtige Schritt, die Organisationsrahmen und Richtlinien der Kultusministerkonferenz zu studieren, denn vielleicht sind die anderen Kultusminister ja auch nicht schlauer als wir. Vielleicht sind sie auch im System gefangen. Vielleicht müssen wir das Bild eher dadurch entwerfen, dass wir auf die Schulen schauen, die den Schulpreis gewinnen. Vielleicht sollten wir mehr auf die Harald Leschs und Ranga Yogeshwars dieser Welt hören als auf Juristen und Kassenwarte.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass es der Staatsregierung gelingt, zügig und nachhaltig Problemlösungen zu entwickeln. Wir dürfen nicht Problemlösungsdarsteller bleiben, sondern wir müssen es schaffen, Schule hier in Sachsen auf ein Gleis zu stellen, auf dem sie ruhig, das heißt mit Zeit und Vertrauen, arbeiten kann. Schule soll das machen können, was sie wirklich machen soll,

nämlich gute Bildung für Menschen der Zukunft zu organisieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Für die SPD-Fraktion hörten wir gerade Frau Friedel.

Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Frau Kersten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Bienst, hatte ich mir für die diesjährige Debatte einen doch etwas kreativeren Titel gewünscht. Mir gefiel der vom letzten Jahr viel besser. Damals hatte uns die Fraktion DIE LINKE mit „Alle Jahre wieder – Das Märchen vom reibungslosen Schulstart“ ihre Affinität zu Märchen bekannt. In diesem Jahr nun ein deutlich sachlicherer Titel – auch gut –, welcher die Aufforderung zum Stopp des CDU-Versagens im Bildungsbereich beinhaltet.

(Lothar Bienst, CDU: Wo ist denn da die Sachlichkeit, Frau Kersten?)

Sie von den LINKEN wollen also die CDU stoppen. Als Erstes fiel mir dazu die Frage ein: Wie wollen Sie das denn machen? Um die CDU zu stoppen, brauchen Sie nämlich Mehrheiten. Ich nehme doch an, dass Sie in Ihrer Fraktion auch rechnen können. Wenn Sie die Mehrheitsverhältnisse in diesem Parlament einmal überschlagen, werden Sie schnell zu dem Ergebnis kommen, dass Sie, um die CDU zu stoppen, nicht nur die SPD auf Ihre Seite ziehen müssen, sondern auch die Opposition, und zwar die gesamte Opposition.

Genau damit geht Ihr Problem schon los. Sie sind ja nicht einmal in der Lage, mit allen Parteien der Opposition zusammenzuarbeiten. Sie bekommen das nicht hin. Gleichwohl lassen Sie, Herr Gebhardt, uns in der Sommerausgabe Ihrer Fraktionszeitschrift wissen – ich darf an dieser Stelle zitieren –:

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Was Sie so alles lesen!)

„Denn solange die“ – mit dem abfälligen „die“ ist die AfD gemeint – „im Landtag sitzt, gibt es keine Mehrheit gegen die CDU.“

Sie tun so, als ob es diese Mehrheit in den früheren Landtagen, als die AfD noch nicht dabei war, schon gegeben habe. Aber Sie tun vor allem so, als ob die AfD die Verhinderungsfraktion in diesem Hause sei, obwohl es doch gerade Sie sind, die zu Mehrheiten nicht bereit sind, wie ich gerade deutlich machen konnte.

Fassen Sie sich also bitte einmal an die eigene Nase! Schwindeln Sie nicht! Und bitte, Herr Gebhardt: Schreiben Sie nicht noch einmal, wie ebenfalls in dieser Sommerausgabe zu lesen war, dass Sie die „wahre Alternative“ seien. Das ist nun wirklich lächerlich!

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD – Lachen bei den LINKEN)

Es gibt nur eine Alternative.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach?)

Und die sitzt dort!

(Die Rednerin deutet in Richtung AfD-Fraktion.)

Dennoch danke, dass Sie uns kopieren wollen.

Doch zurück zur Schulpolitik! Ich erlaube mir einen Schwenk zur 32. Landkreisversammlung am vergangenen Freitag in Burgstädt. Dort war auch die Ministerin anwesend. Es hagelte ordentlich Kritik am Entwurf zum Schulgesetz. Frau Ministerin, Sie haben natürlich versucht, diese Kritik zu entkräften, und haben Ihren Entwurf vehement verteidigt. Für einige Ihrer Positionen bekommen Sie auch unsere Unterstützung, zum Beispiel für Ihre klare Positionierung zum Erhalt der Förderschulen. Sie haben auch erwähnt, dass es hinsichtlich der Mindestschülerzahlen an Berufsschulzentren großen Diskussionsbedarf gibt. Von daher bin ich auf die Ergebnisse dieser Diskussion gespannt.

Sie haben uns auch alle aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Studienplätze für das Lehramt an Oberschulen besetzt werden. Sie werden übrigens morgen Gelegenheit haben, sich zu Ihren Worten zu bekennen.

Über eine Aussage war ich allerdings mehr als erstaunt. Sie sagten, Sie würden gern mit Fachleuten die Diskussion über Veränderungen im Schulsystem aufnehmen, um über diese dann im Ausschuss mit den Abgeordneten zu debattieren. Frau Ministerin, das haben wir noch nie getan. Die Ausschüsse sind nicht mehr als ein Feigenblatt der parlamentarischen Arbeit. Sie sind definitiv kein Arbeitsgremium – bisher!

(Widerspruch von der CDU und der SPD)

Genau das ist mein Vorschlag: Fangen wir doch einmal an, im Ausschuss Diskussionen zu führen, die diesen Namen wirklich verdienen! Tragen wir doch tatsächlich einmal die Vorschläge aller Fraktionen zusammen und ringen gemeinsam um die besten Ansätze!