Vielen Dank, Herr Präsident; vielen Dank, Herr Kollege. – Herr Kollege, geben Sie mir darin recht, dass es eigentlich ein ganz wesentlicher Zug des Parlamentarismus ist, dass die Parlamente öffentlich diejenigen Dinge beraten, die sie dann gewissermaßen dem Bürger als Entscheidungen übergeben, und dass genau das eben in einer Art und Weise gemacht werden muss, die sowohl den Abgeordneten hilft, die Materie zu erkennen – allen, nicht nur den 18 Mitgliedern im Fachausschuss, ein paar Juristen, sondern eben tatsächlich allen Abgeordneten hier –, als auch darüber hinaus den geneigten Zuhörerinnen und Zuhörern, die das verfolgen? Soll dieser Grundsatz abgeschafft sein?
Dieser Grundsatz sollte nicht abgeschafft sein. Nur ist die Frage, die sich hier stellt: Diskutieren wir eine Thematik, die eigentlich in den Bundesfachausschuss gehört? Da ist sie auch, aber dort ist sie noch nicht einmal andiskutiert worden, weil gerade erst der Referentenentwurf vorliegt.
(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Die Öffentlichkeit ist schon informiert! – Klaus Bartl, DIE LINKE: Das steht in der Zeitung, Herr Kollege!)
Ja, natürlich steht es in der Zeitung. Wissen Sie, was heute alles in der Zeitung steht? Es steht jetzt schon in der Zeitung, was der Kollege Wippel heute gesagt hat.
Ich sage nur: Wehret dem vorschnellen Eingriff in Diskussionen. Das haben Sie gesagt: Wehret dem, diskutiert langsam darüber. Aber jetzt machen wir eine Geschichte, die noch nicht einmal ausgegoren ist.
Das war auch die Frage. Herr Bartl, ich nenne immer noch einmal die Frage der Fahrerlaubnisentziehung und des Fahrverbots; darauf komme ich gleich noch einmal. Ist das wirklich im Referentenentwurf gefordert? Wir gucken es uns einmal an.
Die Problematik ist, dass hier im Plenarsaal, soweit anwesend, soweit beteiligt, die wenigsten damit etwas anfangen können. Wir im Ausschuss hätten schon eher damit etwas anfangen können, und auch danach hätten wir es hier noch diskutieren können. Aber wir im Plenarsaal müssen dieses umfassende Thema nun auch so abschließend diskutieren, dass wir die Entscheidung des Bundesfachausschusses – der schon seit längerer Zeit darüber diskutiert; das hatten Sie auch schon angesprochen – dessen Mitgliedern vorwegnehmen wollen und das auch können. Ich kann es nicht; aber Sie können es. Das kann man, indem man die sogenannte gemeinsame Meinung an das Ende der Begründung formuliert und somit der Begründungstext im Ergebnis der Debatte – Sie haben es noch einmal wiederholt – die Staatsregierung auffordert, mit einer konsequent ablehnenden Haltung diesen Plänen auf allen Ebenen entgegenzutreten.
Ehrlich, damit wäre die Diskussion eigentlich beendet, bevor sie überhaupt begonnen hat, jedenfalls hier und heute im Plenarsaal, Herr Kollege Bartl.
Aber nein, wir stimmen hier gegen Ihren Antrag, denn er ist inhaltlich falsch, und er enthält Scheinprobleme. Die Wahrheit ist unserer Ansicht nach, dass keine markante Verlagerung des Sanktionssystems im Strafgesetzbuch überhaupt geplant ist. Vielmehr sieht ein vorliegender Referentenentwurf vor, ein Fahrverbot als Nebenstrafe in konkreten Fällen gegenüber Straftätern auch im allgemeinen Strafrecht zu ermöglichen. Das ist ein richtiger Ansatz, und er wird auch durch die Konferenz der Innenminister in der Berliner Erklärung gefordert. Entgegen Ihrer Behauptung gibt es dadurch keine Benachteiligung.
Eine Nebenstrafe dient der weiteren Sanktionierung. Wäre bei einem Straftäter eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung auszusprechen, so kann man sie dennoch zur Bewährung aussetzen, ihn aber gleich mit einem Fahrverbot belegen. Das ist übrigens gängige Praxis.
Halt. Wer macht das? Das ist für ihn eine ebenso harte Strafe. Sie bietet aber die Möglichkeit – das möchten wir
doch im Rahmen der Resozialisierung –, am täglichen Leben weiter teilzuhaben und die Resozialisierung wahrzunehmen. Das ist aber bei einer Gefängnisstrafe eben nicht der Fall. Insoweit ist das doch ein guter Ansatz. Es bleibt für uns dabei, dass solche Nebenstrafen, wir reden von Nebenstrafen, im Ermessen des Strafgerichtes, also im Ermessen des Richters, und im Einzelfall ausgesprochen werden können. Das war bei uns so. Das wird auch so bleiben. Wir als CDU-Fraktion vertrauen unseren sächsischen Gerichten nämlich. Sie gehen verantwortungsvoll mit dem Recht und den zur Verfügung gestellten Sanktionsmöglichkeiten um. Das ist der Sinn dieser Gewalt.
Weiter sieht der Referentenentwurf mit keiner Silbe – ich habe noch einmal nachgeschaut – den Entzug der Fahrerlaubnis vor. Er zielt lediglich auf das Fahrverbot als Nebenstrafe ab. Das ist doch in Ordnung. Schon der Antrag ist, das ist das Interessante, in seinen wesentlichen Teilen falsch. Damit ist die Diskussion obsolet. Es zeigt sich, dass er erst einmal in den Fachausschüssen des Bundestages, Herr Bartl, und nicht in den Fachausschüssen des Sächsischen Landtages diskutiert werden sollte. Er sollte erst diskutiert werden, bevor wir ihn – ich halte ihn für einen Scharfmacherantrag Ihrer Fraktion –, ohne Müh und Not hier im Plenarsaal zwischen Tür und Angel schnell besprechen.
Erlauben Sie erneut eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Bartl? Wird sie von Ihnen zugelassen, Herr Modschiedler?
Herr Kollege Modschiedler, geben Sie mir recht, dass unser Antrag lautet, dass wir debattieren und beschließen möchten, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, sich dafür einzusetzen, dass der Fahrerlaubnis- und Führerscheinentzug nicht als allgemeine Kriminalstrafe eingeführt werden? Geben Sie mir recht, dass der Antrag nicht sagt, dass Sie gegen den Referentenentwurf stimmen sollen? Das ist nur ein Gesetzesvorhaben. Hier wird in aller Breite über weitere Alternativen diskutiert. Darüber soll sich der Landtag, bezogen auf den Führerscheinentzug, eine Meinung bilden. Geben Sie mir recht, dass der Antrag dies erkennen lässt, wenn man ihn gutwillig auslegt?
Das ist wieder die alte Diskussion, die wir schon häufiger geführt haben. Wenn Ihnen die Argumente ausgegangen sind, dann streichen wir die Begründung weg und bleiben nur beim Antrag.
Wenn ich etwas lese, Herr Bartl, dann lese ich auch Ihre Begründung. Ich habe sie aufmerksam gelesen. Ich habe sie ebenso verwendet. Das, was Sie gerade gesagt haben, passt nicht zusammen.
Wenn ich die Begründung weglasse, dann haben Sie völlig recht. Wir liegen dann wieder richtig. Wir brauchen somit aber die Diskussion nicht. Das Problem ist Folgendes: Wir sollen mittels der Willensbildung über ein Thema eines Referentenentwurfs diskutieren. Ich bleibe aber bei folgender Aussage: Lassen Sie zunächst die Ausschüsse, die dafür zuständig sind, darüber diskutieren, bevor wir anfangen, uns in eine Diskussion hineinzuhängen, die noch nicht einmal stattgefunden hat. Ich mag nur an Folgendes denken: Wenn andere ankämen und sich im Rechtsausschuss in Themen hineinhängen würden, über die wir erst diskutieren möchten, dann wüsste ich, dass Sie der Erste wären, der am Mikrofon stehen und sagen würde, dass das nicht geht – und das zu Recht.
Mein kurzer Vorschlag lautet – das wäre auch das Sinnvollste, wie man damit umgeht –: Machen Sie den Antrag einfach zu einer Pressemitteilung der LINKEN zu den Planungen des Bundesjustizministeriums. Das wäre völlig in Ordnung. Wir warten gemeinsam ab, was bei der parlamentarischen Befassung herauskommt. Wir haben in unserem föderalen Deutschland – zwischen Land und Bund – noch geeignete Möglichkeiten, sofern notwendig, parlamentarisch aktiv zu werden – sei es vorab im zuständigen Fachausschuss des Landtages, indem wir uns damit auseinandersetzen. Das Parlament in Sachsen ist für uns nicht der richtige Ansprechpartner für dieses Thema. Pressemitteilungen für DIE LINKEN geben wir im Parlament noch keine heraus. Deswegen werden wir den Antrag ablehnen.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich nochmals auf die erste Aktuelle Debatte des Landtages zurückkommen. Ich darf mich einmal selbst zitieren: „Herr Wippel, wir würden dann in unserem Protokoll Ihres Redetextes prüfen, in welchem Kontext Sie das ‚leider‘ und ‚die politisch Verantwortlichen‘ da gebraucht haben.“ Inzwischen ist die Prüfung erfolgt. Ich lese einmal vor, was genau Sie heute Vormittag gesagt haben: „Nun haben wir die Quittung bekommen, jetzt auch in Deutschland erstmalig mit den Anschlägen in Bayern und Baden-Württemberg. Leider hat es nicht die Verantwortlichen dieser Politik getroffen, sondern es hat Chinesen getroffen, es hat Polen getroffen.“ Aus dieser Bemerkung ist ein zynisches Bedauern herauszulesen, dass es aus Ihrer Sicht nicht die Richtigen getroffen hat, nämlich die politisch Verantwortlichen. Was Sie gesagt haben, ist für unsere parlamentarische Debatte in diesem Haus inakzeptabel. Deswegen erteile ich Ihnen nachträglich einen Ordnungsruf.
(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf: Das hat er so nicht gesagt, auf jeden Fall so nicht gemeint!)
Wir fahren in der Rednerreihe weiter fort. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis. Nun hat Herr Baumann-Hasske das Wort.
Herr Bartl, nun bringen Sie mich ein wenig in die Bredouille. Die Kurzintervention, die Sie nun vorhaben, bezieht sich auf Herrn Modschiedler und nicht auf mich.
Danke, Herr Präsident! Ich möchte auf Herrn Kollegen Modschiedler erwidern. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE lautet wie folgt: Der Landtag möge beschließen, die Staatsregierung zu ersuchen, sich gegenüber der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat nachdrücklich dafür einzusetzen, dass weder das Fahrverbot noch die Entziehung der Fahrerlaubnis zu einer allgemeinen Kriminalstrafe umfunktioniert werden. Es ist also kein Antrag, der darauf gerichtet ist, einen bestimmten Referentenentwurf oder Gesetzentwurf, der konkret vorhanden ist, abzulehnen.
Er ist darauf gerichtet, in die Debatte einzusteigen. Die Debatte nimmt die Bevölkerung jetzt wahr. Sie nimmt sie nicht in drei, vier oder acht Wochen wahr, wenn die Fachausschüsse zusammengekommen sind und darüber nachdenken, wie sie zu der Entwicklung und Richtung stehen. Jetzt nimmt sie sie wahr. Jetzt möchte sie bei einer solchen Frage, die quer über das Land viele Menschen betrifft, die Meinung des sächsischen Parlaments wissen. In Sachsen haben die Bürgerinnen und Bürger ebenfalls die Erwartung und das Recht, dass das eigene Parlament dazu eine Meinung hat. Diese können wir weder in einen Fachausschuss verlagern, der geschlossen tagt und entgegen unseren vielfältigen Anträgen eben nicht öffentlich, noch als eine Presseerklärung einer Fraktion abtun. Das ist das falsche Demokratieverständnis gegenüber der Bevölkerung: Das Verhältnis zu dem Parlament ist souverän.