Protocol of the Session on June 22, 2016

Deswegen wird sich die AfD-Fraktion an dieser Stelle nicht an der Preisung des Meissner Porzellans beteiligen, das wir für ein Kulturgut halten und für einen Ausweis sächsischer Handwerkskunst weit über die Grenzen hinaus. Ich denke, auch das ist selbstverständlich und kein notwendiger Bestandteil dieser Debatte.

Was wir möchten, was wir fordern, ist, dass in den entsprechenden Gremien darüber diskutiert wird, wie beides geschafft werden kann: eine konservative Haltung zum Bewahren dessen, was uns allen kulturell wichtig ist, aber eine innovative Herangehensweise für die Produktions GmbH. Wir denken, dass eine Teilprivatisierung dieser noch in staatlichen Händen befindlichen Produktions GmbH ein möglicher Weg wäre, damit das erreicht wird, was bei anderen Porzellanmanufakturen in Deutschland, zum Beispiel der Berliner Porzellanmanufaktur oder dem Nymphenburger Porzellan erreicht wurde, nämlich, dass defizitäres Handeln beendet werden kann.

Wir halten den Weg in andere Lifestyle-Produkte, der eingeschlagen wurde, persönlich für wenig aussichtsreich. Das, was die Marke ausmacht, ist nun einmal das Porzellan und nicht Handtaschen, Krawatten, Zubehör oder Ähnliches.

Deswegen möchten wir über den Weg einer Teilprivatisierung weiterhin diskutieren, damit das, was Sie wollen, Herr Scheel – jetzt hört er nicht mehr zu –, erreicht werden kann, dass Arbeitsplätze gesichert und dieses Unternehmen nicht weiter bis zur Unkenntlichkeit zusammengeschrumpft werden muss. Hier muss gutes, verantwortungsvolles staatliches Handeln und Unternehmertum zusammengeführt werden. Ich denke, dass gerade diese Produktions GmbH ein Management braucht, das künftig bessere Erfolge zeitigt als bisher.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Frau Dr. Petry sprach für die AfD-Fraktion. Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Schubert.

Sehr geehrte Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meissner Porzellan als wichtiges sächsisches Kulturgut: Dazu stehen wir GRÜNE, dazu kann sich der Freistaat bekennen. Wir können auch mitgehen, dass der Freistaat natürlich ein besonderes Interesse an der Weiterführung dieser Manufaktur und der damit verbundenen 300-jährigen Tradition hat.

Unsere Position als GRÜNE ist allerdings die, dass wir uns hier gern auf den Markenkern beschränkt sehen wollen. Zur Stiftung will ich heute nichts großartig sagen, denn es war ein überfälliger Schritt. Das ist die Position, die wir vertreten. Was uns aber massiv stört – das haben wir an dieser Stelle mehrfach gesagt –, ist die zweifelhafte Expansionsstrategie. Wir denken, dass die Franchisemethode auf dem asiatischen, italienischen und südamerikanischen Markt gestoppt werden muss. Das bringt uns nicht weiter, das bringt auch die Manufaktur nicht weiter, denn der Freistaat steht als Gesellschafter – wir sind 100 %iger Gesellschafter – für die Ausfälle gerade. Das heißt, wir stehen für Ausfälle in Millionenhöhe gerade, und das sind Steuergelder.

Wir müssen uns intensiv darüber unterhalten, inwiefern wir diese zweifelhafte Expansionsstrategie wirklich weiter fahren wollen.

Im Jahr 2009 wurden solche Unternehmensentscheidungen getroffen, ohne dass alle Prognosen vorlagen. Wir denken, dass das eine fahrlässige Entscheidung gewesen ist, denn – ich habe es gerade gesagt – letztendlich steht das Unternehmen mit seinem Namen dafür gerade. Es zahlen die Beschäftigten und auch der sächsische Steuerzahler für diesen Größenwahnsinn.

Wenn man Fehler gemacht hat, muss man dafür geradestehen, Rückgrat beweisen und das Ganze beenden, denn sonst nimmt der gute Name, so wie es jetzt schon der Fall ist, tatsächlich massiven Schaden. Das kann nicht in unserem Interesse sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meiner Fraktion ist es wichtig, dass die Produktion ausschließlich in Sachsen stattfindet, denn bei dem übertriebenen Portfolio, das momentan im Rahmen der Franchisestrategie gefahren wird – Krawatten, Hochzeitskleider usw. –, ist das nicht der Fall, und das halte ich für falsch. Die Produktion muss in Sachsen bleiben! Nur so erhalten wir die Arbeitsplätze, nur so garantieren wir die Wertschöpfung vor Ort. Daran führt auch kein Weg vorbei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Presse war zu entnehmen, dass das Unternehmen plant, im Bereich „Technisch dekoriertes Porzellan“, wie es so schön heißt, spülmaschinenfest zu expandieren. Das sehen wir bei einer Manufaktur kritisch. Das wird nicht

viel bringen. Zu einem Handanlegen an das Alleinstellungsmerkmal „handbemalt“ sagen wir GRÜNE sehr deutlich Nein,

(Beifall bei den GRÜNEN – Beifall des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

weil damit einhergeht, dass die Zielgruppen verschieden sind. Entweder will ich Meissner Porzellan oder ich will Gebrauchsgeschirr. In unserer Familie war es bisher immer so – vielleicht ist es in Ihrer Familie auch nicht anders –: Für uns hatte Meissner Porzellan einen Wert, einen ideellen Wert. Das haben wir – wenn die Zeiten einmal schlecht werden – manchmal über Generationen hinweg eingepackt und in Truhen gelegt. Das haben wir nicht benutzt. Davon haben wir nicht gegessen. Das haben wir behütet.

(Daniela Kuge, CDU: Davon kann man aber nicht leben!)

Das heißt, es wurde weitervererbt. Wir können gern darüber sprechen, warum ich auf diesen Punkt zu sprechen komme. Vielleicht ist es, wie gesagt, bei Ihnen nicht anders gewesen.

Prof. Unland hat im Haushalts- und Finanzausschuss unter Geheimhaltung mehrfach zur Manufaktur gesprochen. Die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses konnten Fragen stellen, aber verwenden können wir das natürlich nicht. Wenn es um Geschäfts- oder Unternehmensgeheimnisse geht, dann verstehe ich das und gehe mit – das aber nur bis zu einem gewissen Punkt, denn sowohl die Angestellten als auch die interessierte Öffentlichkeit haben ein Recht auf Informationen, von denen nicht alle unter das Geschäftsgeheimnis fallen. Ich plädiere ganz sauber dafür, den Raum für Spekulationen einfach dicht zu machen.

Es geht nicht darum, alles bloßzulegen, aber es geht um sehr klare Aussagen, wohin der Freistaat mit dieser Beteiligung will und was alles dranhängt. Haushaltsrechtlich lohnt sich dabei noch immer der Blick auf § 65 der Sächsischen Haushaltsordnung. Dort wird sehr schön illustriert, dass Zuführungen an Beteiligungen klar zeitlich begrenzt sind, dass die Höhe der Zuführung erkennbar sein muss und dass auch klar erkennbar sein muss, wohin der Freistaat mit dieser Beteiligung will.

Wir GRÜNE habe erst vor einem halben Jahr mehr Transparenz bei staatlichen Unternehmensbeteiligungen gefordert. Der Entwurf des Beteiligungsberichtes ist da, aber wir sind damit noch nicht zufrieden. Uns fehlt das Vorwort, uns fehlen die Interpretationen und die Einschätzung dieser Zahlenkolonnen, die dort auftauchen; sie müssen einfach erklärt werden.

Ihre Redezeit.

Der Landtag hat die Budgethoheit. Es muss den Fraktionen und auch den Menschen draußen bekannt sein, worüber Sie beschließen.

Die Redezeit geht zu Ende.

Abschließend sage ich, dass die Manufaktur auf ihren Kern zurückgeführt werden muss, um Arbeitsplätze zu erhalten. Die Produktion muss ausschließlich in Sachsen erfolgen, und die Marketingstrategie muss auf Klasse und Qualität setzen. Denn ich persönlich – das als Abschlusssatz – habe keine Lust, dass –

Ihre Redezeit ist zu Ende, Frau Kollegin!

– das Meissner Porzellan dasselbe Schicksal ereilt wie das KPM-Porzellan aus Berlin, das auf diversen Flohmärkten in Berlin verramscht wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Am Ende der ersten Runde stand jetzt Frau Kollegin Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir eröffnen jetzt mit Sicherheit eine neue Runde. Für die einbringende Fraktion DIE LINKE ergreift Kollege Sodann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer Pressemitteilung Ihres Ministeriums, Herr Unland, vom 16.11.2014 heißt es – ich zitiere –: „Der Freistaat Sachsen bekennt sich zum kulturellen Erbe und zur 300-jährigen Tradition der Porzellanmanufaktur und betont die Bedeutung für die Identität der Region und ganz Sachsen.“ Weiter sagten Sie: „Ziel bleibt das wirtschaftliche Wachstum der Manufaktur mit dem Kerngeschäft Porzellan und die Sicherung der Arbeitsplätze.“ Ich muss es hier tatsächlich wiederholen: 300 Jahre Tradition, 300 Jahre künstlerisches Handwerk, 300 Jahre, in denen es den Künstlerinnen und Künstlern immer wieder gelungen ist, sich und die Manufaktur neu zu erfinden.

Ihrerseits kein Vertrauen in die Mitarbeiter,

(Zuruf des Abg Peter Wilhelm Patt, CDU)

sondern die Idee eines weltweit agierenden Luxuskonzerns mit der Herstellung von Schals, Klimbim, Tischchen, Deckchen, Törtchen – Ladenhüter im Wert von 2,8 Millionen Euro. Die italienische Tochter ist noch einen Euro wert. Für diesen Trip wurde 180 Beschäftigten gekündigt. Vor diesen Zahlen, Herr Patt, ist das, was Sie machen, Realitätsverweigerung und Schönmalerei.

(Starker Beifall bei den LINKEN)

Als ich vor einem Jahr sagte, die Manufaktur sei zu einem Intershop für Nippes, für neureiche Kleinbürger verkommen, haben Sie, Herr Michel, mich beschimpft, ich hätte die Mitarbeiter mit meinen Äußerungen beleidigt. Im Gegenteil: Ich habe mich vor die Künstlerinnen und Künstler gestellt, und das habe ich auch weiterhin vor;

denn der jetzige Weg, den der Ökonom Tillmann Blaschke einschlägt, Porzellan zu bedrucken, zeugt nämlich wiederum von Misstrauen und geht am Kern vorbei.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Jens Michel, CDU)

Damit findet keine Aufwertung, sondern eine Abwertung bzw. endgültige Entwertung des Meissner Porzellans und dessen Weltrufs statt.

Meinen Sie wirklich, dieses Hickhack ist hilfreich beim Ansehen der gekreuzten Schwerter – einer Traditionsmarke weltweit? Viele verbinden mit diesem Symbol Meissen: Eine schlechtere Öffentlichkeitsarbeit habe ich bisher noch nicht gesehen.

(Beifall des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Ich werde mich weiterhin schützend vor die Angestellten stellen; denn deren Kunst, wenn Dekore künftig vermehrt aufgedruckt werden, wird teilweise nicht mehr gebraucht. Reden wir hier von neuen Entlassungen? Und wo bleibt eigentlich der zweite Geschäftsführer, der sich in der Porzellankunst auskennt? Wo bleibt die Strategie? Wo bleibt die Philosophie – –

(Mario Pecher, SPD: Bewerb‘ dich doch, wenn du es besser kannst!)

Es gibt doch aber wohl einen Aufsichtsrat, der sich darum kümmern sollte.

Wo bleibt die Philosophie für die Entwicklung einer „Manufaktur“? Wo bleibt das Eingreifen des Freistaates, der zu 100 % beteiligt und damit zu 100 % verantwortlich ist?

Das zeigt den Umgang einer Staatsregierung und einer regierenden Fraktion mit einem kulturellen Erbe und die Ignoranz und die Empathielosigkeit für Kultur und Kulturschaffende im Allgemeinen.

(Beifall bei den LINKEN)

50 Millionen Euro Steuergelder sind bisher hineingepumpt worden. Was hätte man mit diesem Geld alles für die Manufaktur tun können?! Man hätte das Kulturgut erhalten, weiterentwickeln und sich diesen Imageverlust ersparen können, den es überhaupt nicht gebraucht hätte; denn vor Kurtzkes Ausflug nach Italien stand die sächsische Porzellanmanufaktur gar nicht schlecht da. Es gab Rückstellungen, und diese wurden im Zuge der Neuausrichtung eben auch aufgebraucht.