Protocol of the Session on May 27, 2016

Bitte zum Ende kommen!

Fast 60 Kitas haben sich daran beteiligt. Sie haben somit gezeigt, dass sie es wollen. 31 Modellstandorte wurden nach verschiedenen Kriterien ausgewählt. Jetzt geht es los! Anfang Mai wurde das Projekt gestartet. Parallel ist ein Projektbeirat gegründet worden. Ich bin den Mitarbeitern des SMK sehr dankbar, dass sie das Projekt so zügig umgesetzt haben. Ich wünsche mir wirklich viele positive Aspekte und Inspirationen

aus dem Projekt – auch für Kitas, die nicht daran beteiligt sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die SPD-Fraktion, bitte; Frau Abg. Pfeil.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen wunderschönen Guten Morgen! Heute steht ein schönes Thema zur Aktuellen Debatte und ich glaube, wir haben uns gemeinsam auf einen sehr guten Weg gemacht. Was passiert denn, wenn sich eine Kita auf den Weg zu einem Eltern-KindZentrum begibt? Was hat das für praktische Konsequenzen für Eltern, Kinder, aber auch für die Erzieher?

Der MDR-Beitrag vom 28. Mai im „Sachsenspiegel“ hat das ganz gut beschrieben: „Das Besondere am ElternKind-Zentrum ist, dass wir a) den Luxus haben, dass eine Beratung im Hause stattfinden kann, das heißt, durch eine spezielle Person, die Ansprechpartner für die Eltern ist, und b) sich das Angebot eben nicht nur an die Eltern richtet, deren Kinder die Kita besuchen, sondern auch an alle anderen Eltern im Sozialraum.“ Um es kurz zu fassen: Eltern-Kind-Zentren sind Kindertageseinrichtungen, die sich noch stärker als Willkommensort für Familien im Umfeld verstehen und Beratung und Unterstützung in allen Lebenslagen bieten können. Das reicht – mein Kollege hat es gerade gesagt – von der Hilfe bei Problemen mit Ämtern bis hin zu einem Fachvortrag.

Wir als SPD-Fraktion haben uns 2014 auf den Weg dahin gemacht und sind im Wahlkampf damit angetreten, haben es im Koalitionsvertrag verankert und ich freue mich ganz besonders, dass jetzt der Start des Modellprojektes erfolgt ist. Wir wollen mit diesen Zentren nicht nur rein praktisch wohnortnahe Angebote zur Unterstützung von Familien etablieren, sondern Kitas zu einem wirklichen integralen Bestandteil der sozialen Infrastruktur vor Ort machen. Noch mehr freue ich mich darüber, dass sich 55 Einrichtungen beworben haben. Das zeigt sehr deutlich, dass wir den richtigen Nerv getroffen und den richtigen Weg eingeschlagen haben. Aufgrund der Tatsache, dass nur 31 Einrichtungen ausgewählt werden konnten, ist doch eines klar: Der Weg muss weiter beschritten und ausgebaut werden.

In unseren Kindertageseinrichtungen sind 97 % aller Kinder ab dem 3. Lebensjahr. Es ist eben nicht nur ein Ort für Betreuung und Bildung, sondern auch ein Ort für Begegnung und Beratung. Tagtäglich kommen hier Mütter und Väter, Omas, Opas sowie Kinder und Erzieher zusammen. Hier fühlt man sich vertraut, unterstützt und versorgt. Mit dem Konzept der Eltern-Kind-Zentren kann dieser Aspekt mit wohnortnahen Familienangeboten noch stärker gefördert werden, eben nicht in einer neuen unbekannten Einrichtung, sondern da, wo man sich vertraut fühlt und auch effektiv aufgehoben ist.

Damit sind die Eltern-Kind-Zentren für die Eltern auch leichter zugänglich. Sie können schneller und unkomplizierter Hilfe und Unterstützung erfahren. Durch eine frühe Beratung kann ein breites Angebot an Informationen und Hilfen in allen Lebenslagen an die Eltern herangetragen werden. Wohnortnahe Angebote können zusammengeführt werden zu einem effektiven Netzwerk. Das ist eine präventive, wichtige Arbeit in Sachsen. Auch Familien mit besonders schwierigen Lebenslagen können hier passgenau Hilfe angeboten bekommen. Es sind gerade die Familien in Belastungssituationen – das hat mein Kollege gerade sehr privat beschrieben, welche Belastungssituationen das sein können –, die sich zunächst scheuen, eine Beratung anzunehmen und sich offen dafür zu zeigen. In einer Kita weiß man, wer einem gegenübersitzt, man kennt die Räumlichkeiten, man fühlt sich aufgehoben.

Ein kleines Aber gibt es dennoch. Schauen wir mal in die regionale Verteilung der Eltern-Kind-Zentren. Es fällt auf: Nicht alle Regionen sind vertreten. Asche über mein Haupt und das meiner vogtländischen Kollegen: Das Vogtland ist eben nicht darunter. Außerdem stellen wir fest, dass genau in den Regionen, in denen die Beratungsstrukturen schon sehr gut ausgebaut sind, nämlich in den vier großen Städten Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau – Plauen muss ich herausnehmen, weil es gar nicht dabei ist –, sich circa ein Drittel der Eltern-KindZentren befinden. Also genau dort, wo schon ein breites Beratungsangebot vorhanden ist, finden wir auch sehr viele Eltern-Kind-Zentren. In den Regionen wiederum, wo die Beratungsstruktur sehr schwach ist, hat man sich etwas schwerer getan, diesen Weg zu beschreiten.

Zur wirklich flächendeckenden Etablierung der ElternKind-Zentren – und diese ist notwendig – brauchen wir weitere Anreize. Wir müssen in Zukunft auch über zusätzliche Personalressourcen nachdenken. Weiterhin sehen wir, dass die Ausgestaltung der Eltern-Kind-Zentren sehr unterschiedlich ist, so wie auch jeder Sozialraum in Sachsen sehr unterschiedlich ist. Wir sehen auch, dass die Zentren sich sehr wohl überlegt haben, was sie anbieten können, welche Beratungsstrukturen schon vor Ort sind und was noch weiterentwickelt werden muss. Diese hohe Flexibilität hat das Modellprojekt zugelassen. Ich finde, es war sehr wichtig, dass man nicht von vornherein gesagt hat, ihr müsst genau das, dies und jenes abbilden, sondern ihr könnt selber entscheiden, welche Angebote ihr vor Ort schafft und was für euch leistbar ist. Wir sehen auch, dass in Städten wie Chemnitz und Leipzig, die bereits den Weg der Eltern-Kind-Zentren, vielleicht in etwas abgeänderter Form –

Bitte zum Schluss kommen.

– beschritten haben, schon viel weiter sind. Es ist wichtig, dass wir Kontinuität in das Projekt hineinbringen und weiter fortführen. Ich freue mich sehr über den Start und wünsche den Eltern-Kind-Zentren viel Erfolg bei ihrer Arbeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und vereinzelt bei den LINKEN)

Die Fraktion DIE LINKE, bitte. Frau Abg. Junge, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Sachsen ist bekanntlich ein Land mit einer großen Eisenbahntradition. 1839 fährt die erste deutsche Ferneisenbahn von Dresden nach Leipzig. Später bekam Sachsen eines der dichtesten Eisenbahnnetze Europas und hat es trotz aller stillgelegten Strecken heute noch.

Was hat das alles mit dem heutigen Thema zu tun? Hätten die Eisenbahnpioniere vor 170 Jahren nach den Maximen der heutigen Koalition gehandelt, läge kaum ein Kilometer Gleis in Sachsen. Dafür aber wäre Sachsen ein Disneyland der Modelleisenbahn geworden. Wir reden mal wieder über ein Modellprojekt in den sächsischen Kindertageseinrichtungen. Diesmal sollen sie zu den ElternKind-Zentren entwickelt werden. Erinnern Sie sich noch an das Modellprojekt „Familienbildung in Kooperation mit Kindertagesstätten“ in den Jahren 2001 bis 2007? Erinnern Sie sich noch an das Modellprojekt „Weiterentwicklung von Kindertagesstätten zu Kinder- und Familienzentren“ von 2009 bis 2012? Und erinnern Sie sich noch an das Modellprojekt „Maßnahmen zur Verstärkung der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund“ in den Jahren 2009 bis 2011?

Das waren alles sächsische Modellprojekte, um die sehr viel Wind gemacht wurde. Deshalb meine erste Frage an die Koalition: Welche spürbaren Veränderungen haben diese Modellprojekte für alle Kitas in Sachsen gebracht? Wer von den Koalitionsabgeordneten mir heute den wesentlichen Unterschied zu dem neuen Modellprojekt erklären kann, der möge es bitte tun.

Wir sollten einmal über den Begriff und den Inhalt eines Modells nachdenken. Zum einen meint man damit den Prototyp einer technischen Innovation und den ersten Versuch einer neuen Herangehensweise generell. Erweist sich ein Modell als erfolgreich, beginnt man mit dem Nachbau und der Anwendung in der Breite. Hätten Sie, verehrte Kollegen der CDU-Fraktion, die positiven Ergebnisse der vorangegangenen Modellprojekte nicht nur evaluiert, sondern auch ernsthaft in der Breite angewandt, hätten wir heute schon die von Ihnen geforderten Eltern-Kind-Zentren flächendeckend. Deshalb finde ich Ihre heutige Aktuelle Debatte weder aktuell noch originell.

Es gibt aber auch noch einen anderen Begriff von Modell, und da bin ich wieder bei der Modelleisenbahn. Man braucht das Modell nicht als Versuch, sondern man weiß schon vorher, dass die Lok in die große Welt fährt. Und genau das wird hier entsprechend angewandt. Das Modell ist vielmehr ein Ersatz für den unerfüllten Traum Lokführer zu werden.

Genauso verhält es sich mit Ihrem neuen Modellprojekt. Es beinhaltet völlig unspektakuläre Sachen, deren Funktionieren im großen Ganzen, sage ich einmal, gar nicht infrage steht. Aber was ist das Neue? Was ist das Kreative?

Würde man in Ihr Wahlprogramm hineinschauen und in den Koalitionsvertrag, was Sie versprochen haben – Frau Pfeil ging darauf ein –, müsste man, wenn man das wirklich flächendeckend umsetzen wollte, Ressourcen und damit wesentlich mehr Geld einsetzen. Das scheitert aber eigentlich an dem Modellprojekt.

Im konkreten Fall heißt das – ich mache es an den Zahlen fest –: Sie sagten 31 der circa 60 Bewerber nehmen ab dem 1. Mai an diesem Modellprojekt teil – 31 von 2 894 Kindertageseinrichtungen. Das sind stolze 1,07 %. Das ist schon gewaltig!

Deshalb meine zweite Frage an die Koalition: Sollten nicht alle Kitas Eltern-Kind-Zentren werden bzw. sich dahin entwickeln können?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Nach der Auffassung meiner Fraktion DIE LINKE braucht Sachsen nicht noch ein weiteres Kita-Modellprojekt, weil –

Bitte zum Ende kommen.

– ja – darauf möchte ich hinweisen; darauf komme ich noch einmal in der zweiten Runde – solche Modellprojekte sehr viel Personal binden, für die Konzeption, für die Einreichung und natürlich auch für die entsprechende Abrechnung. Die Einrichtungen, die leider nicht, sage ich einmal, den Zuschlag bekommen haben –

Frau Junge, bitte zum Ende kommen.

– ja –, haben letztlich auch viel Geld investiert.

Ich denke, die Effektivität des Modellprojektes ist infrage zu stellen.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abg. Wendt. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Ausbau von 31 Kindertagesstätten zu Eltern-Kind-Zentren werden in Sachsen pro Jahr 500 000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Projektierung ist im Mai angelaufen. Man muss sich wirklich fragen, warum sich von den fast 3 000 Kitas in

Sachsen nur 55 Kitas beworben haben. Die Frage stelle ich in den Raum, ohne sie zu bewerten.

Das Vorhaben knüpft an frühere Modellprojekte des Freistaates an. Grundsätzlich müssen wir aber feststellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Erziehung der Kinder vorrangig den Eltern vorbehalten sein muss und dass eine staatliche Bevormundung in diesen und anderen Einrichtungen nicht stattfinden darf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mir kein Urteil über Erfolg oder Misserfolg des Leipziger Modells – das dürfte Ihnen sicherlich bekannt sein – erlauben, aber eines ist bezogen auf die Zielsetzung festzustellen, und zwar war dieses Modell in Leipzig erfolgreich. Es hat aber auch deutlich gemacht, dass dieser Erfolg ohne ein Qualitätsmanagement, ohne die Einbeziehung und die bedarfsgerechte Fortbildung der Mitarbeiter und ohne eine auskömmliche Personalausstattung nicht möglich gewesen wäre.

Ihr Vorhaben, sehr geehrte Frau Staatsministerin Kurth, wirft natürlich sehr viele Fragen auf; ich hätte mir mehr Transparenz gewünscht, nämlich: Nach welchen Kriterien und in welchen Regionen sollen diese Zentren künftig aufgebaut werden? Wäre es unter Umständen nicht sinnvoller, diese Zentren bevorzugt in sozialen Brennpunkten oder in Regionen mit einem erhöhten Problemfamilienaufkommen zu installieren, bevor man Pauschalangebote anbietet, die zudem flächendeckend nur schwer zu leisten sind?

Des Weiteren ist die Vielfalt der einzelnen Angebote sehr hoch. Daraus ergibt sich die Frage auch für mich persönlich, wie diese qualifiziert realisiert werden sollen.

Zudem – das gebe ich zu bedenken –, ist Erziehungsarbeit vordergründig in den Familien zu leisten. Die Angebote dürfen nicht dazu führen, dass Eltern von ihrer elterlichen Pflicht entbunden werden; denn dadurch werden Erziehungskompetenzen eben nicht gestärkt, wie es auf der Internetseite des EKIZ Sachsen gefordert wird. Man würde Gegenteiliges erreichen und somit am Ziel vorbeischießen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erfahrungen aus dem Vorgängerprojekt aus Leipzig haben Folgendes wiedergegeben – ich möchte hier ein ganz kurzes Zitat aufgreifen –: „Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung sind die Schlüsselpersonen. Für die Arbeit dieser Schlüsselpersonen sind jedoch Ressourcen notwendig, vor allem personelle und zeitliche.“ Daraus folgend frage ich mich, wie das die ohnehin schon überlasteten Erzieher, die per se mit Zusatzaufgaben konfrontiert werden, leisten sollen. In welchem Umfang soll neues Personal eingestellt werden oder soll das Ganze geoutsourct werden? Bedenken Sie, die Hauptaufgabe der Erzieher ist die Arbeit mit den Kindern, nicht mit den Eltern.

Zuletzt sind noch weitere Fragen zu klären bzw. von der Staatsregierung zu beantworten: Was passiert nach der Projektierung? Werden die Kommunen dann wieder allein gelassen und gibt es danach vom Freistaat Sachsen keine

Unterstützungsleistungen mehr? Sollte das geschehen, werden die bereits sehr stark belasteten Kommunen eben keine Eltern-Kind-Zentren aufbauen oder wenn sie es tun, dann werden eventuell die Eltern mit höheren Beiträgen belastet. Ergänzend dazu wäre es interessant zu erfahren, inwieweit die Erfahrungen aus Leipzig in die Projektierung eingeflossen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, es gibt viele Fragen zu beantworten. Wir dürfen auf die Entwicklung und auf die ersten Ergebnisse gespannt sein. Daraus resultierend wird sich zeigen, ob diese Selbstbeweihräucherung angebracht ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nun die Fraktion GRÜNE, bitte. Herr Abg. Zschocke.