Protocol of the Session on May 27, 2016

(Dr. Frauke Petry, AfD: Hallo? Wir haben noch zwei Kurzinterventionen frei!)

Das geht bei der Aktuellen Debatte nicht.

(Unruhe bei der AfD)

Keine Aufregung! Alles in Ruhe! – Eine Kurzintervention.

Nur Akuratesse, bitte! Danke, Frau Präsidentin! – Herr Hartmann, es ist ja schön, dass Sie gerade dieses Zitat gebracht haben, weil es zeigt, was historische Verantwortung bedeutet: dass man es anders macht als damals.

Deswegen halte ich es für geradezu notwendig, darauf hinzuweisen, dass Politiker in Deutschland im Jahr 2016 nicht einer solchen Politik folgen wie offenbar die Reichsregierung im Jahr 2015. Sie haben gerade das beste Beispiel dafür geliefert, dass es notwendig ist, genau so zu reagieren.

(Beifall bei der AfD – Christian Piwarz, CDU: 1915!)

Die Antwort von Herrn Hartmann.

Nicht 2015, sondern 1915; das nur zur sachlichen Korrektur.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ja!)

Ansonsten bin ich sehr dankbar, dass ich die Einlassung gegeben habe; denn – damit sind wir wieder beim Thema „deutsche Sprache“ – dies gibt Ihnen die Möglichkeit, jetzt genau das klarzustellen. Ihre bisherigen Ausführungen beschränkten sich nämlich auf die Rolle der Türkei in Bezug auf die Armenier. Sie haben soeben erstmals den Bezug auch der damaligen deutschen Politik zu der Frage „Armenien – Türkei“ hergestellt. Es wäre wünschenswert gewesen, Sie hätten das am Anfang Ihrer Ausführungen gemacht. Insoweit können Sie mir dankbar sein, dass ich Ihnen Gelegenheit zur Klarstellung gegeben habe.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Lachen bei der AfD)

Die Fraktion DIE LINKE hat noch 50 Minuten.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Das wär’s! Ich muss mich korrigieren: 50 Sekunden. – Die Redezeit wird nicht mehr genutzt; gut.

Die SPD-Fraktion hat noch eine Minute.

(Harald Baumann-Hasske, SPD: Nein!)

Auch nicht mehr.

Auch die GRÜNEN nicht mehr; das war schon klar.

Dann frage ich jetzt die Staatsregierung. – Herr Minister Ulbig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch als Vertreter der Staatsregierung habe ich mir die Frage gestellt: Was soll dieser Antrag hier bei uns im Sächsi

schen Landtag? Denn wenn wir die Zuständigkeiten betrachten, ist klar: Beim Thema Visafreiheit für die Türken sind der Bund und die Europäische Union gefordert.

Ich möchte – anders, als es in der Debatte teilweise behauptet worden ist – klar und deutlich sagen, dass sich sowohl die Bundeskanzlerin und der Bundesinnenminister als auch der Präsident des Europäischen Parlaments klar und deutlich zu diesem Thema geäußert haben, und das auch – oder: trotz – der Provokationen von Erdoğan. Damit haben sie klar Position bezogen.

Der Freistaat Sachsen ist, was die formalen Zuständigkeiten anbetrifft, eben nicht zuständig. Wenn wir uns aufgrund möglicher Auswirkungen dieses Themas hier im Sächsischen Landtag damit befassen, dann sollte dies wirklich in der gebotenen Sachlichkeit erfolgen. Ich bin Christian Hartmann dankbar, dass er dafür gesorgt hat, dass über das Thema der Armenier so klar und deutlich diskutiert worden ist; denn der Debattenantrag war ganz klar missverständlich formuliert. Damit ist deutlich geworden, welchen Kurs die AfD verfolgt. Erst, wenn man Sie in einer öffentlichen Debatte sozusagen stellt, nehmen Sie Gelegenheit – hin und wieder –, eine Kurskorrektur vorzunehmen.

Ganz abgesehen davon, wie die Diskussion bisher gelaufen ist, will ich sagen: Die Sächsische Staatsregierung hat natürlich zu diesem Thema eine klare Position. Wir unterstützen das Agieren der Bundesregierung, die in der Flüchtlingsfrage eine Zusammenarbeit mit der Türkei vorgenommen hat. Wenn wir über Europa und die Sicherung seiner Außengrenzen sprechen, ist es doch selbstverständlich, dass man mit den Nachbarländern Europas nicht nur sprechen, sondern auch Vereinbarungen treffen muss, um sicherzustellen, dass die Anforderungen, die an die Sicherung der Außengrenzen gestellt werden, auch gewährleistet werden. Vor diesem Hintergrund kann ich an dem Agieren der Bundesregierung nichts Problematisches erkennen.

Ein zweites Thema gehört natürlich dazu: die innenpolitische Entwicklung in der Türkei. Da gehört es sich, dass man kritisch, deutlich und klar hinschaut, wenn es um Menschenrechte, um Meinungsfreiheit, um die Rechte von Abgeordneten geht. Da gilt es, die Stimme deutlich zu erheben und mit einer entsprechenden Haltung aufzutreten. Das ist auch in dem 72-Punkte-Programm entsprechend formuliert.

Drittens kommen wir zu dem Thema, um das es in dieser Debatte offenkundig gehen sollte, nämlich die Reisefrei

heit und möglichen Missbrauch, der gegebenenfalls damit im Zusammenhang steht. Es ist deutlich geworden, dass es mit Sicherheit zahlreiche Menschen gibt, die – Christian Hartmann hat es gesagt – vor dem Hintergrund des vereinbarten Kataloges die Reisefreiheit in Anspruch nehmen wollen und nach meinem Verständnis auch in Anspruch nehmen können.

Es ist nicht ausgeschlossen – das gehört zur Wahrheit dazu –, dass mit neu eingeführter Reisefreiheit auch ein Missbrauch verbunden sein kann. Wir haben das zugegebenermaßen im Zusammenhang mit der Reisefreiheit für die Einwohner der Westbalkanländer festgestellt. Daraus können wir aber die entsprechenden Lehren und Konsequenzen ziehen. Wenn man sich die Regelungen genau anschaut, stellt man fest, dass in solchen Fällen die Kriterien von Dublin III gelten würden, das heißt, eine Überstellung an andere Mitgliedsstaaten der EU wäre nicht möglich. Insofern gäbe es eine entsprechende Betroffenheit.

Dazu will ich sagen, dass wir insoweit in Deutschland und damit auch in Sachsen durch die Ereignisse in den letzten Wochen und Monaten ganz anders aufgestellt sind. Wenn jemand über diesen Weg nach Deutschland kommt und einen Antrag auf Asyl stellt, läuft ein entsprechendes Verfahren ab. Wir haben einheitliche Datenbanken. Entscheidungen werden klar und schnell getroffen. Wenn festgestellt wird, dass jemand, der einen Antrag gestellt hat, kein Aufenthalts- bzw. Asylrecht hat, ist er ausreisepflichtig. Wenn er der Ausreisepflicht nicht nachkommt, dann gehen wir auch konsequent mit dem Betreffenden um.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen: Es gibt überhaupt keinen Grund zur Panikmache, sondern ich formuliere klar und deutlich die Erwartung in Richtung der Bundesregierung, der Bundeskanzlerin und in Richtung Europa, darauf zu achten, dass die Voraussetzungen für die Visafreiheit gegeben sind. Erst wenn die entsprechenden Bedingungen in Bezug auf Grundrechte, Menschenrechte und anderes erfüllt und damit zum Teil auch die Fluchtursachen bekämpft sind, kann es die Visafreiheit geben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die 2. Aktuelle Debatte ist abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Frau Dr. Stange, zu

dem Thema Hochschule in Sachsen zwischen internationaler Exzellenz und regionaler Verantwortung. Hierfür

stehen ihr nach § 54 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung bis zu 10 Minuten zur Verfügung. Anschließend haben die Fraktionen über eine Dauer von insgesamt 35 Minuten die Möglichkeit, der Ministerin Fragen zu ihrem Bericht sowie zu einem weiteren Themenkomplex zu stellen. Als weiteren Themenkomplex hat die Fraktion AfD das Thema „Sorgt die Hochschulentwicklungsplanung für genügend Ärzte, Lehrer und Ingenieure im Freistaat Sachsen“ benannt.

Meine Damen und Herren! Es gilt wieder die Festlegung, dass in der ersten Fragerunde nur Fragen zum Berichtsthema der Staatsregierung gestellt werden. In der weiteren Runde können diese Fragen sowohl dieses Thema als auch den von der Fraktion AfD benannten Themenkomplex betreffen.

Meine Damen und Herren! Ich erteile nun der Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Frau Dr. Eva-Maria Stange, das Wort. Bitte sehr, Frau Staatsministerin.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Interessant, wie sich der Raum geleert hat. Wir werden trotzdem das Thema, das für das Land von extremer Bedeutung ist, aber offenbar sehr unproblematisch, sehr anständig diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einsteigen in diesen Spagat zwischen internationaler Exzellenz und regionaler Verantwortung der Hochschulen. Vor welchen Herausforderungen stehen die Hochschulen?

Erstens. Sie stehen einerseits vor der Herausforderung, einen höheren Bedarf an Akademikerinnen und Akademikern in Sachsen abzudecken zu müssen; denn wir haben zum einen eine demografische Entwicklung, die dringend nach Nachwuchs ruft, zum anderen auch höhere Anforderungen an bestimmte Berufsbilder, die bisher nicht akademisiert waren, wenn ich zum Beispiel an den Pflegeberuf denke. Dazu kommt, dass die jungen Studierenden heute wesentlich heterogener sind, als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Wir reden über soziale Heterogenität, wir reden über stärkere Internationalität und auch verstärkt über das Thema Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention, also Studierende mit Behinderungen, die in das Studium aufgenommen werden.

Eine zweite große Herausforderung ist die wachsende Bedeutung der Einwerbung von wettbewerblich vergebenen Mitteln, sogenannte Drittmittel, egal, ob das in Deutschland ist oder in der Europäischen Union oder auch über die Wirtschaft, dieser Anteil hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und ist von großer Bedeutung für die Attraktivität der Hochschulen.

Ein dritter wichtiger Punkt gerade auch für Sachsen ist die wachsende Bedeutung des Wissens- und Technologietransfers, nicht nur über die jungen Akademikerinnen und Akademiker, sondern auch über den Transfer des neuen

Wissens, der neuen Erkenntnisse in die Wirtschaft, ich sage immer in „klingende Münze“.

Ein weiterer Punkt ist das Thema Digitalisierung, das aktuell stärker dazugekommen ist, aber auch die Internationalisierung in Forschung und Lehre hat eine deutliche Entwicklung angenommen. Ich erinnere zum Beispiel an duale, also zweisprachige Studiengänge.

Der effiziente Einsatz und der veränderte Umgang mit den Ressourcen – Stichwort Hochschulsteuerung, Hochschulmanagement – sind Forderungen, die seit der letzten Hochschulentwicklungsplanung 2012 verstärkt in den Hochschulen umgesetzt werden müssen. Diesen Komplex kann ich nur anreißen, aber Sie ahnen schon anhand dieser Herausforderungen, dass die Hochschulentwicklungsplanung 2025, über die ich das letzte Mal berichtet hatte, diese Herausforderung aufgreifen muss.