Protocol of the Session on April 21, 2016

deutlich, dass wir einen Aufwuchs zu verzeichnen und daher auf diesem Gebiet einen Handlungsbedarf haben, der sich nicht allein auf die Zuständigkeit der sächsischen Polizei in der Repression beschränkt, sondern auch die Frage der gesamtgesellschaftlichen Arbeit in den Schulen, der Aufklärung und der entsprechenden Betreuung betrifft. Dieses Thema ist ein zentrales, auch mit Blick auf die Zukunft.

Zweites Themenfeld: Straftaten durch Schutz suchende Flüchtlinge und Asylbewerber insgesamt. Wenn wir dies ins Verhältnis zu den steigenden Zahlen von Asylsuchenden und Flüchtlingen setzen und uns dazu die Kriminalitätsentwicklung anschauen, wird aus den vom Staatsministerium des Innern vorgelegten Zahlen deutlich, dass es keinen erkennbaren Unterschied hinsichtlich der Strafauffälligkeit deutscher Straftäter im Vergleich zu hierher kommenden Asylbewerbern und Flüchtlingen gibt. Allerdings haben wir ein Problem mit Intensivstraftätern. Dazu bedarf es auch nicht der Diskussion, um das in Vergleich zu anderen Kriminalitätsfeldern zu setzen; denn es ist offensichtlich, dass eine kleine Gruppe von Asyl- und Schutzsuchenden, insbesondere aus nordafrikanischen Herkunftsbereichen, sehr viele Straftaten insbesondere im Spektrum schwerer Straftaten begeht. Wenn diese Tatsache einen Rückschluss auf alle Asylsuchenden und Schutzsuchenden zur Folge hat, so ist dieser unberechtigt, und deswegen gilt es insbesondere, an dieser Stelle konsequent vorzugehen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist einer der Schwerpunkte.

Ich will deutlich machen, dass das Thema Gewalttaten ein zentrales ist. Wir stellen eine zunehmende Radikalisierung der politischen Ränder fest, insbesondere von rechts, aber auch von links, und wir nehmen auch wahr, dass diese Gewaltbereitschaft und die Gewaltintensität zunehmend in die Mitte der Gesellschaft hineinträgt –

Die Redezeit!

– und eine zunehmende Belastung auch für die Beamtinnen und Beamten der sächsischen Polizei darstellen, aber eben auch und vor allen Dingen für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.

Die Redezeit ist zu Ende.

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, werde ich mich diesem Thema auch in einer dritten Runde widmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von den GRÜNEN: Wir freuen uns sehr darauf!)

Wir sind noch mitten in der zweiten Runde. Jetzt ergreift für die SPD-Fraktion Herr Kollege Homann das Wort. Die SPD-Fraktion ist ja ebenfalls einbringende Fraktion in dieser 1. Aktuellen Debatte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Oft wird Regierungsfraktionen ja vorgeworfen, sie redeten Sachen immer nur schön.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Nein, nein!)

Doch, doch, das wird uns oft vorgeworfen. Bitte schauen Sie sich doch einmal diesen Debattentitel an; das ist mir wirklich wichtig. Darin steht, es gibt weniger Straftaten, aber wir haben ein Problem bei politisch motivierter Kriminalität. Meines Erachtens sollte man auch einmal anerkennen, dass wir eben nicht mit einem Jubeltitel in eine Aktuelle Debatte gehen, sondern dass wir von Anfang an sagen: Leute, es gibt gute Nachrichten, es gibt schlechte Nachrichten; jetzt lasst uns darüber sprechen. Das, meine ich, ist eine anständige politische Kultur.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Deswegen ist der Titel so lang!)

Es ist eben so: Die Gesamtkriminalität ist um 3,8 % gesunken; aber leider ist die politisch motivierte Kriminalität um 30,5 % gestiegen. Insbesondere die Gewaltkriminalität ist im Jahr 2015 um 103 % auf 559 Fälle gestiegen. Es ist klar: Wir Sozialdemokraten und diese Koalition verurteilen politisch motivierte Gewalt in jeder Form. Wir setzen uns ein für unsere Demokratie. Wir sind wachsam. Deshalb schauen wir gerade bei diesem Teil der Kriminalität auch besonders hin.

Ich möchte gleich sagen: Ohne Frage gibt es Probleme mit Intensivgewalttätern unter Asylsuchenden. Wenn man sich jetzt aber einmal anschaut, wie das denn bei politisch motivierter Gewalt ist, sieht man: Straftaten politisch motivierte Kriminalität durch Migrantinnen und Migranten in Sachsen: 34, rechts motivierte Straftaten: 2 415. Ich glaube, das sagt alles darüber aus, wo in diesem Bereich das Problem in diesem Land liegt.

Am meisten diskutiert wurden ohne Frage die politisch motivierten Angriffe auf Asylunterkünfte: 118 Fälle in Sachsen, das ist ein Plus von 280 %. Die Zahlen aus den anderen Bundesländern liegen noch nicht vor, aber verfolgt man die Statistik der Polizei auf Bundesebene, dann sind es deutschlandweit 1 027 Attacken, davon 118 Fälle in Sachsen. Das heißt, jeder zehnte Angriff passiert in Sachsen, während nur jeder 20. Deutsche ein Sachse ist.

Es geht eben auch darum, in einer schonungslosen Analyse zu sagen: Ja, leider ist Sachsen ein Schwerpunkt rechts motivierter Kriminalität in Deutschland. Wir benennen dieses Thema klar.

(Zuruf der Abg. Marion Junge, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An einem Ereignis kann man das meiner Meinung nach gut klarmachen und erklären, dass es jetzt auch um konsequentes Handeln geht: Das ist der Zugriff in Freital. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich beim Generalbundesanwalt und bei allen, die an den Ermittlungstätigkeiten beteiligt

waren, bedanken. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen: Rechtsterrorismus ist ein Phänomen, das dadurch entsteht, dass sich ohnehin extrem radikale rechte Gruppierungen abschotten und weiter radikalisieren. Da es in Sachsen ohnehin schon recht viele extreme Gruppierungen gibt, ist auch die Gefahr für Rechtsterrorismus in Sachsen besonders hoch.

Das Zweite, das aus meiner Sicht klar sein muss – und damit kommen wir auch in die Diskussion–: Rechtsterrorismus ist ohne ein Umfeld nicht denkbar. Es gibt immer ein Umfeld um diese ohnehin radikalen rechten Gruppen herum. Wenn wir langfristig etwas bei der politisch motivierten Kriminalität bewegen wollen, dann müssen wir in diesen Umfeldern anfangen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Das heißt: Wenn wir uns über politisch motivierte Kriminalität unterhalten, dann müssen wir uns langfristig auch über Prävention unterhalten.

Ich war im letzten Jahr mit meinem Kollegen Albrecht Pallas nicht nur zu Demonstrationen in Freital, sondern bin auch an den Tagen danach nach Freital gefahren, um mich mit Menschen zu unterhalten, die sich dort engagieren. Sie haben gesagt, dass es ihnen schwerfällt, dass es ihnen an Unterstützung fehlt, dass sie sich zwar gern mit uns unterhalten, ihre Namen aber ungern in der Presse lesen möchten. Diese Kultur der Angst müssen wir aufbrechen. Ich glaube, das sind unsere Verbündeten, um langfristig die Umfelder von rechtsextremen, rechtsterroristischen Gruppierungen aufzulösen, indem wir die demokratische Zivilgesellschaft stärken.

Ein starker Staat bedeutet für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht nur mehr Polizei. Ein starker Staat bedeutet auch, dass wir handlungsfähig sind, um politische und auch soziale Fehlentwicklungen in diesem Land auszugleichen.

In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wir fahren in der Rednerreihe fort. Jetzt ergreift erneut Herr Kollege Stange für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst noch einmal auf die erste Runde zurückkommen. Wenn wir ein deutliches Absinken der Kontrolltätigkeit haben, stellen wir am Ende komischerweise auch weniger fest. Das ist nun einmal ein zwingender Zusammenhang.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Das heißt, die PKS kann uns tatsächlich im Höchstfall ein Anhaltspunkt sein. Wir müssen das aber im Kontext lesen, nämlich zusammen mit den Zahlen, die wir Ihnen –

entschuldigen Sie, Herr Staatsminister, das werden wir auch weiter tun – jeden Monat aus dem Kreuz leiern: über die Kontrolltätigkeit und, und, und. Das ist wichtig, um den Zustand unserer Polizei zu kennen.

(Unruhe bei der CDU)

Das ist Voraussetzung dafür, diese PKS einzusortieren.

Zweitens: FTL/360, liebe Kolleginnen und Kollegen. Herr Kollege Lippmann hat vorhin vieles gesagt, was uns genauso auf den Nägeln brennt. Eines lassen Sie mich aber auch noch sagen:

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Mach ich gern!)

Wenn der Generalbundesanwalt etwas an sich zieht, ist das etwas anderes, als wenn es ihm übergeben wird. Auch das muss man einmal ganz klar sagen.

(Beifall bei den LINKEN)

Das heißt, hier stimmt irgendetwas nicht bei der Generalstaatsanwaltschaft in Sachsen,

(Albrecht Pallas, SPD: Das gehört untrennbar zusammen, Herr Kollege! – Frank Kupfer, CDU: Absolut keine Ahnung!)

nach unserem Dafürhalten. Das halte ich für dringend aufklärungsbedürftig. Ich glaube, das werden wir auch entsprechend tun.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal zur PKS.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Herr Kupfer hat eine Nachfrage!)

Dort ist das Mikrofon. – Noch etwas zur Vergleichbarkeit bzw. zur richtigen Darstellung in der PKS. Ja, Prävention ist richtig; das müssen wir machen. Dann brauchen wir in der PKS aber die richtigen Zahlen. Wenn wir dann aber über Gewaltkriminalität sprechen und eben nicht ausdifferenzieren, welche Gewaltkriminalität wir vor uns haben, wenn unter antisemitische Vorfälle eben – jetzt sage ich es einmal so, wie es ist – auch antisemitische Äußerungen von Arabern fallen

(Henning Homann, SPD: Oder von linker Seite!)

oder auch von linker Seite, dann sortieren wir das in der PKS genauso komisch ein und kommen zu keinem klaren Bild.

Das klare Bild ist aber erforderlich, um handeln zu können und um auch klar belegen zu können, was Sie hier zu Recht sagen: dass die Gefahr in dieser Gesellschaft von rechts kommt. Sie kommt von rechts; das ist ganz klar. Wenn wir es mit zwei versuchten Tötungsdelikten gegen Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu tun haben, wenn wir es mit gezielter Körperverletzung zu tun haben, die darauf abzielt, Leib und Leben zu gefährden, sprich Menschen umzubringen, weil sie Ausländer sind, dann halte ich das für kreuzgefährlich in unserer Gesellschaft. Deshalb brauchen wir auch in unserer PKS im Freistaat Sachsen eine klare Differenzierung.

Noch etwas zur Prävention: Das ist nur ein Teil der Prävention. Die polizeiliche Prävention müssen wir ganz klar ausbauen. Derzeit sparen wir sie kaputt. Denn wen wollen Sie zur Präventionsarbeit zu den Seniorinnen und Senioren schicken, um ihnen zu sagen, wie sie ihre Wohnung tatsächlich einbruchsicher oder zumindest einbruchhemmend gestalten können? Da müssen wir deutlich nachbessern, damit am Ende nicht tatsächlich nur noch „Poldi“ als Präventionsbeamter in Sachsen übrig bleibt.

Lassen Sie mich noch etwas sagen: Sie haben recht, Kollege Hartmann, die Förderprogramme sind nur ein Teil. Ich glaube aber, wir müssen auch jenen unter die Arme greifen, die sich eben keinen Kredit mehr leisten können, weil sie mit ihrer Altersgruppe darüber hinaus sind. Sie bekommen keinen Kredit mehr. Da müssen wir auch über Zuschüsse nachdenken, um Einbruchsicherung abzusichern und möglich zu machen.

(Beifall bei den LINKEN – Staatsminister Markus Ulbig: Es geht ja auch um Mietwohnungen!)