Ehrlich gesagt, ich kann es bald nicht mehr hören und sage es Ihnen zum hundertsten Mal: Für unsere Partei – für alle, ob für Brandenburger, Sachsen-Anhaltiner oder Sachsen – steht der Zeitpunkt 2040, zu dem wir aus der Braunkohleverstromung ausgestiegen sein wollen.
(Alexander Krauß, CDU: Dann bringen Sie die Leute von den Bäumen runter, die jetzt im Braunkohlenrevier sind!)
Und alle diese Käufer sagen genau dasselbe wie wir: In 25 Jahren wollen sie die Braunkohleverstromung beenden, und nichts anderes wollen wir. Deshalb sind wir uns mit dem Gesamtbetriebsrat an dieser Stelle einig.
Denn wenn es Ihnen ernst damit ist, dass bis zum Jahr 2040 Braunkohle in Sachsen auch weiterhin verstromt wird, dann müssten Sie ein Interesse daran haben, dass genau jetzt, in dieser so sensiblen Phase, nicht weiterhin Unsicherheiten beim Thema Energiepolitik ins Land gebracht werden, sondern Stärke und Sicherheit.
(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist Ihre Unsicherheit!)
Ihre gesamten Debatten hier im Sächsischen Landtag waren geprägt vom Ausstiegsszenario und nicht vom vernünftigen Übergang, und wir stehen hier für Vernunft und nicht für Aktionismus,
(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Sie denken nur einen Tag voraus und wir Jahre! – Weitere Zurufe – Unruhe)
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum Schlusswort. Das haben die Fraktionen, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuerst, danach DIE LINKE. Dafür steht insgesamt eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung. Ich denke, Sie haben sich verabredet; Herr Dr. Lippold, Sie sind dran.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister, zeigen Sie mir bitte eine Stelle in unserem Antrag, in dem wir Kontrollen über das gesetzliche Maß hinaus fordern. Wir heben gerade auf das Bundesberggesetz ab und fordern, dass dessen Möglichkeiten durch das Oberbergamt genutzt werden, um die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu sichern.
Herr Kollege Rohwer, es geht überhaupt nicht um irgendwelche Interventionen in Unternehmen. Es geht um die Vertretung der Interessen des Freistaates Sachsen und seiner Bürgerinnen und Bürger. Denen sind wir hier zur Interessenvertretung verpflichtet und nicht den Aktionären von Vattenfall.
Mit einer Ausnahme vielleicht: Wenn Herr Krauß seinen Job ernst nimmt, dann hat er zumindest zwei Herzen in seiner Brust.
Woher das Misstrauen gegenüber der Sicherheit von Rückstellungen kommt, haben wir in der Antragseinbrin
gung eingehend erläutert und einen ganz realen Mangel an Sicherheit auch belegt. Herr Kollege Krauß, man kann nicht mit Gesetzen rekultivieren, selbst wenn sie noch so dick sind, sondern man braucht Geld dazu. Es geht jetzt darum zu sichern, dass dieses Geld auch verursachergerecht da ist, wenn es gebraucht wird.
Um eine Ablehnung des Antrags zu begründen, haben Sie ja die Notwendigkeit einer Neubewertung der Risikovorsorge für Bergbaufolgekosten in Zweifel gezogen, meine Damen und Herren von der Koalition. Wer das tut, der kommt gar nicht umhin, eine langfristige Perspektive für das Kohlegeschäft anzunehmen, ja, eine zu konstruieren, wenn es sie nicht gibt; denn genau diese langfristige Profitabilität war ursprünglich die Grundlage für die Annahme, künftig jederzeit aus der Fortführung des Geschäftes die Folgekosten des gestrigen Geschäftes bezahlen zu können und mithin die Basis für die heutige Praxis der Vorsorgerückstellungen.
Um eine solche Perspektive zu konstruieren, ist es heute modern geworden, das Bild der Brücke oder der Brückentechnologie zu verwenden. Das haben auch Sie wieder gemacht, Herr Kollege Rohwer, und das ist weder neu noch originell; denn so wurde bereits die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke begründet – genauso wie damals mit Blackouts, mit Verlusten an Versorgungssicherheit und steigenden Preisen an der Strombörse gedroht wurde. Aber durch gebetsmühlenartige Wiederholung wird das nicht richtiger.
Meine Damen und Herren, bei diesem verbalen Brückenbauprojekt stehen bereits die Brückenpfeiler auf unsicherem Grund, und außerdem ist es mit dieser Braunkohlenbrücke wie mit mancher Brücke auf einer Straße im Bau: Es klafft eine große Lücke darin. Spätestens bei etwa 45 % Jahresdeckung durch erneuerbare Energien – und die stehen für 2025 im Gesetz – geht der heutige Grundlastsockel im Strommix gegen null, und zwar rasant, und mit ihm das Geschäftsmodell für die Kraftwerke, die genau für diese Grundlast gebaut worden sind.
Wenn selbst der IGBCE-Vorsitzende zu der Aussage kommt, die Braunkohle könne sich noch etwa 15 Jahre rechnen, dann ist das schon eine Offenbarung, und diese ist nur an einer Stelle zu korrigieren. Es rechnet sich nämlich bereits heute nicht mehr – Aussage RWE, Herr Terium: Kein einziges Kohlekraftwerk verdient heute seine Vollkosten.
Je länger wir jetzt brauchen, durch Abbau der klimaschädlichsten Überkapazitäten und durch Einstieg in einen schrittweisen Ausstieg wieder ein Geschäftsmodell für den verbleibenden Kraftwerkspark zu schaffen, desto kürzer wird dann das Zeitintervall, in dem sich noch Mittel für die Vorsorge aus einem profitablen Geschäft sicherstellen lassen. Je länger man für diesen Schritt braucht, desto dringender werden Sicherungsmaßnahmen zur verursachergerechten Finanzierung der Bergbaufolgekosten.
Die Braunkohle sei unabdingbar für Sicherheit und Bezahlbarkeit, wird argumentiert – auch hier wieder, um ihr eine ertragbringende Zukunft zuzurechnen. Meine Damen und Herren, Braunkohlenstrom war nie billig. Er war lange Zeit alternativlos, und weil er das war, wurde ein Geschäftsmodell geschaffen, in dem sich international wettbewerbsfähige Stromgestehungskosten ergaben. Dazu wurden im gesellschaftlichen Konsens große Kostenblöcke aus den Büchern ferngehalten und direkt auf die Gesellschaft umgelegt.
Diesen Konsens, meine Damen und Herren, können Sie als gekündigt ansehen – gekündigt durch eine große gesellschaftliche Mehrheit –, denn die Braunkohle ist nicht mehr alternativlos. Genau deshalb ist die Ertragsperspektive nicht gesichert, und genau deshalb müssen wir heute unsere Interessen wahren und über die Deckung der Folgekosten neu nachdenken.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung, zunächst über die Drucksache 6/4447, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wer zustimmen möchte, hebt die Hand. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat dieser Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.
Wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 6/3955, Antrag der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt zu? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier keine Stimmenthaltungen und zahlreiche Stimmen dafür, aber nicht die erforderliche Mehrheit. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.
Ihnen liegen die eingereichten Fragen der Mitglieder des Landtags vor. Die Fragen wurden der Staatsregierung
übermittelt. Alle mündlichen Fragen werden schriftlich beantwortet und stehen deshalb nicht mehr im Raum.
Novellierung der Verordnung zum Schutz von Oberflächengewässern (Drucksa- che 627/15) am 18.03.2016 in der 943. Sitzung des Bundesrates (Frage Nr. 1)
1. Welche Bundesländer machen sich aus welchen Gründen und zu welchem Zweck dafür stark (Bundesratsinitia- tive und Ähnliches), die Festsetzung eines Wertes von 200 Milligramm pro Liter für den Parameter Chlorid für den „guten ökologischen Zustand" eines Oberflächenwasserkörpers zu streichen bzw. – wenn das nicht möglich ist – besagten Wert auf 400 Milligramm pro Liter anzuheben?
2. Welche Auswirkungen hätte die Überschreitung des Chloridwertes von 200 Milligramm pro Liter auf den guten chemischen und ökologischen Zielzustand (laut Wasserrahmenrichtlinie), wo wird der Chloridwert von 200 Milligramm pro Liter in sächsischen Oberflächengewässern überschritten bzw. wo droht eine solche Überschreitung, und welche Auswirkungen hat die Überschreitung des Wertes nach derzeitigen Erkenntnissen auf die Tier- und Pflanzenwelt der betroffenen Gewässer? (Fi- sche, bodenlebende wirbellose Organismen, Insektenlar- ven, Kleinkrebse, Würmer usw., Aufwuchsalgen, höhere Wasserpflanzen)
Zu Frage 1: Die Frage, welche Bundesländer sich „aus welchen Gründen und zu welchem Zweck“ für eine Streichung des Wertes von 200 Milligramm pro Liter für den Parameter Chlorid bzw. für die Anhebung auf 400 Milligramm pro Liter einsetzen, kann nur für Sachsen beantwortet werden:
Die Sächsische Staatsregierung wird diesen Wert im Bundesrat nicht beanstanden oder ablehnen. (Hintergrund: SMWA wollte Änderungen, aber im Bundesratsverfahren wurde eine Einigung erzielt.)
Welche anderen Bundesländer sich aus welchen Gründen und zu welchem Zweck für eine Streichung der 200 Milligramm pro Liter bzw. eine Anhebung auf 400 Milligramm pro Liter starkmachen, kann von der Sächsischen Staatsregierung nicht beantwortet werden. Diese Frage bezieht sich auf Angelegenheiten, die nicht in den Verantwor
tungsbereich der Staatsregierung fallen und somit nicht Gegenstand des parlamentarischen Fragerechts sind. Nach § 54 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags in Verbindung mit Anlage 5 sind nur Fragen über Angelegenheiten zulässig, für die die Staatsregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist.