In dieser Situation braucht es bei allen Verantwortungsträgern eine klare Haltung und ein daraus resultierendes unzweideutiges politisches Verhalten. Und damit bin ich hier im Haus, denn wenn der Ministerpräsident Sonntagsreden hält, aber Abgeordnete der CDU von Montag bis Samstag mit immer wiederkehrenden Provokationen Öl ins Feuer des sich verbreitenden Rassismus gießen, dann ist das nicht nur brandgefährlich, sondern sie haben ganz offensichtlich die aus unserer Geschichte zu ziehenden Lehren nicht verinnerlicht.
Gestatten Sie mir daher zum Abschluss meiner Rede noch einmal aus der am 27. Januar 2016 gehaltenen Rede von Frau Knobloch zu zitieren: „Jetzt ist die Stunde, die dämonischen Kräfte zu bekämpfen,
unsere politische Kultur zu bewahren, den Kampf um Demokratie und Freiheit zu führen und die europäische Idee zu retten.“
Meine Damen und Herren, nun Herr Abg. Baumann-Hasske für die SPDFraktion. Herr Baumann-Hasske, bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu den Inhalten dieses Zustimmungsgesetzes zum ausgehandel
Unsere Fraktion begrüßt es ausdrücklich, dass mit diesem Vertrag die jüdischen Gemeinden in Sachsen erneut mit anderen Glaubensgemeinschaften nach Zahl ihrer Mitglieder und Aufgaben weitgehend gleichgestellt werden. Das ist in Zeiten wie diesen, in denen in Deutschland erneut Minderheiten diffamiert werden, leider weniger selbstverständlich, als es noch vor einigen Jahren erschien.
Der Freistaat kommt damit dem verfassungsrechtlichen Gebot nach, bei der Förderung von Religionsgemeinschaften den Grundsätzen der Parität und der Neutralität zu genügen. Der Grundsatz der Parität verlangt insbesondere, die verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften als gleichrangig, gleichwertig und gleichberechtigt zu behandeln. Der Grundsatz der Neutralität verlangt darüber hinaus, dass Einflussnahmen auf die Religions- und Weltanschauungsausübung unterbleiben. Die Förderung darf nicht zu Eingriffen in das Selbstverwaltungsrecht der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften führen.
Nach dem neu ausgehandelten Vertrag soll, beginnend mit dem Jahr 2015, der jährlich zu leistende Betrag auf 950 000 Euro erhöht werden; Kollege Modschiedler hat es eben dargestellt. Dieser Betrag schließt die Kosten für im Rahmen der Vertragsverhandlungen ermittelte gestiegene Mehrbedarfe des Landesverbandes und seiner jetzt drei verbandsangehörigen Gemeinden bei Objekt- und Personalkosten ein. Insbesondere berücksichtigt er die gestiegenen Ausgaben im Bereich der Rabbiner, denn es gibt nicht mehr nur einen Landesrabbiner, wie ursprünglich – –
Die Regelungen zur Verteilung der Landesleistungen und zur Anerkennung leistungsberechtigter jüdischer Gemeinden werden an die Rechtsprechung angepasst. Dabei werden auch Kriterien für die Anerkennung als leistungsberechtigte jüdische Gemeinde aufgestellt, das heißt, es können mehr solcher Gemeinden hinzukommen, wenn sie die entsprechenden Kriterien erfüllen. Für den Freistaat Sachsen ist die Erfüllung dieser Kriterien die Voraussetzung für die Verteilungsentscheidung und die Zahlung von Landesleistungen.
Meine Damen und Herren! Im Ergebnis des Änderungsvertrages bleibt die Fördersumme des Freistaates Sachsen zur Förderung der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen unabhängig von der Anzahl sich neu bildender jüdischer Gemeinden, wie im bislang geltenden Vertrag, in der
vereinbarten Höhe begrenzt. Das heißt, wenn es weitere jüdische Gemeinden geben sollte, muss auf der bisherigen Basis erst einmal anders verteilt werden. Erst bei einer künftigen Nachverhandlung – die Nachverhandlungen sollen bereits nach sechs Jahren stattfinden – können auch die Mittel entsprechend erhöht werden.
Ich freue mich, dass ich in Vorbereitung des heutigen Tages erfahren konnte, dass die jüdischen Gemeinden in Sachsen mit dem Ergebnis dieser Verhandlungen weitgehend zufrieden sind und dass ihre Bedarfe in auskömmlicher Weise sichergestellt sind. Wir werden dem Vertrag unsere Zustimmung geben.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion wird dem Gesetz zur Förderung der Jüdischen Gemeinden zustimmen. Im Freistaat Sachsen lebten im Jahr 1994 rund 230 jüdische Mitbürger, im Jahr 2014 waren es schon 2 600 Mitbürger. Es gibt heute wieder jüdisches Gemeindeleben in Dresden, in Leipzig und in Chemnitz. Die größte jüdische Gemeinde befindet sich in Leipzig. Hier lebt die Hälfte aller jüdischen Mitbürger. Auch die Dresdner Synagoge am Hasenberg wurde in der Reichspogromnacht niedergebrannt. Der Freistaat stellt sich dieser Verantwortung. Die Geldleistungen aus diesem Vertrag fördern das jüdische Leben im Freistaat, bewahren kulturelles jüdisches Erbe und festigen das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Freistaat und den jüdischen Gemeinden.
Der erste Vertrag zwischen dem Freistaat und dem Sächsischen Landesverband der Jüdischen Gemeinden trat im Jahr 1994 in Kraft. Im Jahr 2006 erfolgt die erste Anpassung des Vertrages. Sie trat rückwirkend zum Januar 2005 in Kraft. Das war vor zehn Jahren.
Die Rechtsprechung und die Vergrößerung der jüdischen Gemeinden machten weitere Anpassungen erforderlich. Der Vertrag war an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von 2009 und dem Landesverfassungsgericht von Sachsen-Anhalt von 2013 anzugleichen. Die Gerichte hatten entschieden, dass die Verteilung der Landesmittel an die einzelnen jüdischen Gemeinden jetzt ausschließlich der Staatsregierung obliegt. Eine Verteilung der Gelder durch den Jüdischen Landesverband auch an nicht verbandsangehörige Gemeinden stellte einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot dar und sei somit rechtswidrig.
Zukünftig verteilt also der Freistaat Sachsen selbst das Geld an die jüdischen Gemeinden, an den Jüdischen Landesverband und auch an andere jüdische Gemeinden, die es derzeit in Sachsen noch nicht gibt.
Der vorliegende Vertrag konkretisiert die Vergabekriterien. Die Regelung ist aus Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen übernommen worden. Eine jüdische Ge
meinde wird gefördert, wenn sie mindestens sechs Jahre besteht, 75 Mitglieder und ein aktives Gemeindeleben hat sowie eine gewisse Eigenfinanzierung aufweist.
Nun zu den finanziellen Anpassungen. In den letzten zehn Jahren haben die drei jüdischen Gemeinden insgesamt 7,25 Millionen Euro erhalten. Aufgrund der gestiegenen Personal- und Energiekosten war auch hier eine Vertragsanpassung erforderlich. Derzeit gibt es nicht nur einen Landesrabbiner, sondern alle drei jüdischen Gemeinden in Sachsen haben ihren eigenen Rabbiner.
An der Finanzierung der Personalkosten beteiligt sich der Freistaat mit 80 %. Mit der Erhöhung der Landesleistung soll nach Aussage der Staatsregierung sichergestellt werden, dass die jüdischen Gemeinden finanziell handlungsfähig bleiben.
Insgesamt einigten sich der Landesverband und der Freistaat Sachsen auf eine jährliche Landesleistung in Höhe von 950 000 Euro. Dies entspricht einer Förderung von 360 Euro pro Mitglied. Spätestens nach sechs Jahren wird die Höhe der Landesleistung wieder überprüft.
Nun zur Zukunftsklausel. Eine weitere Neuregelung im Vertrag ist die sogenannte Zukunftsklausel. Das Kultusministerium prüft die Einrichtung eines Faches Jüdische Religion als ordentliches Lehrfach. So weit zum Vertrag.
Nun zu Ihnen, Herr Schollbach. Ich weiß, Sie sind im Gespräch vertieft, trotzdem möchte ich kurz darauf hinweisen, dass ich Ihre Rede als unwürdig empfunden habe und für billige Parteipolitik halte. Es ist schade, dass Sie gerade ein so wichtiges Gesetz genutzt haben, um hier einfach noch einmal billige Parteipolitik zu machen. Schade.
Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass wir als AfDFraktion diesem Gesetz zustimmen, wie alle anderen Fraktionen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Beschlussfassung zur Anpassung des Staatsvertrages mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden ist nach unserer Auffassung ein Höhepunkt in der laufenden Legislatur; Würdigung und kritische Betrachtung sind deshalb selbstverständlich.
Festzuhalten und zu würdigen ist nach der Auffassung unserer Fraktion, dass der Freistaat Sachsen mit dem 1994
abgeschlossenen Staatsvertrag entsprechend Artikel 109 der Sächsischen Verfassung seine Verantwortung für den Erhalt des kulturellen Erbes des Judentums im Freistaat angenommen und der Freiheit, den jüdischen Glauben zu bekennen und auszuüben, den gesetzlichen Schutz gewährt hat.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekennt sich ganz ausdrücklich zu den Grundintentionen des Staatsvertrages. Jüdisches Leben in Sachsen ist Teil unserer Gesellschaft. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass sich jüdisches Leben in Sachsen auch in Zukunft frei entfalten kann.
Heute sind die Jüdischen Gemeinden lebendige Zentren jüdischer Religion, Kultur, Bildung und Begegnung mit Ausstrahlung weit über den jeweiligen Standort hinaus. Wir sind froh, dass es wieder jüdisches Leben in Sachsen gibt. Es ist unser fester Wille – und das bleibt so –: Wir brauchen und wollen starke Jüdische Gemeinden in Sachsen.
Seit Anfang der 1990er-Jahre haben die jüdischen Gemeinden erhebliche soziale Leistungen für die Integration von eingewanderten Juden aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion in die Gemeinden und in die Gesellschaft erbracht. Die jüdischen Gemeinden tragen mit einer vielfältigen Kultur- und Bildungsarbeit dazu bei, Verständnis für jüdische Religion und Kultur in der sächsischen Bevölkerung zu verstetigen und Begegnungen zu ermöglichen. Gemeinsam mit Akteuren der Bildung sowie vielen freien Trägern werden in einer Vielzahl von Projekten und Veranstaltungen wichtige Beiträge für die Ausprägung von Akzeptanz gegenüber anderen Religionen und Kulturen erbracht. Die Jüdischen Gemeinden in Sachsen sind ebenso wichtiger Akteur der politischen Bildung und Teil des gesellschaftlichen Diskurses, insbesondere in der Vermittlung demokratischer Werte, auch durch präventive Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Rassismus und Fremdenhass.
Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Jüdischen Gemeinden als Teil unserer Gesellschaft in Sachsen stehen, haben wir erwartet, dass von der Änderung des Staatsvertrages ein deutlich artikulierter, finanziell untersetzter politischer Wille pro starke Jüdische Gemeinden in Sachsen ausgeht. Dieses Signal ist leider nicht in der erwarteten Stärke eingetreten. Da ist zunächst der Zeitpunkt der Vertragsänderung. Bereits seit 2010 versucht der Landesverband, auf der Grundlage des Artikels 7 eine Anpassung des Vertrages an die veränderten Kostenstrukturen der Gemeinden zu erreichen. Trotz vieler Lippenbekenntnisse ging nichts. Der Landesverband blieb Bittsteller, ohne gehört zu werden.
Auch die heutige Abstimmung über den Gesetzentwurf kommt ein reichliches Jahr zu spät. Die Nachzahlung für 2015 in Höhe von 225 000 Euro ist bisher nicht in den Haushalt 2016 eingestellt. Wir erwarten, dass es nach dem heutigen Tag nicht zu weiteren Verzögerungen kommt und die Auszahlung der Mittel unverzüglich erfolgt.
Während in anderen Bundesländern, zum Beispiel in Thüringen, Sachsen-Anhalt oder Baden-Württemberg, jährliche Dynamisierungen der Verträge vorgesehen sind, fehlt eine solche Regelung trotz des ausdrücklichen Wunsches des Landesverbandes auch im neuen Änderungsgesetz.
Seit Jahren leben die Gemeinden mit einer Unterfinanzierung des Verwaltungsapparates und steigenden Kosten für die Instandsetzung und Erhaltung der Synagogen, Gemeindehäuser und Friedhöfe. Das geht zulasten des Personals und der baulichen Substanz wichtiger religiöser und kultureller Bauten.