Aus diesen beiden Gründen werden wir dem ersten Teil Ihres Antrages nicht zustimmen können. Dem zweiten Teil Ihres Antrages stimmen wir gern zu und werden ihn auch unterstützen. Er ist in viele Punkte detailliert und untersetzt. Allerdings: Uns gehen diese Punkte noch nicht weit genug. Wir wissen, dass wir bei der weiteren Entwicklung der Sprachfähigkeit von geflüchteten Kindern und Jugendlichen und Asylbewerbern noch sehr viele Überlegungen anstellen müssen.
Ich möchte Ihnen aus der derzeitigen Praxis einige Beispiele nennen. Schülerinnen und Schüler, die aus der DaZ-Klasse kommen und in die Regelklasse gehen, werden sofort bewertet und benotet. Kinder und Jugendliche, die hier geboren sind und Deutsch als Muttersprache haben, haben ganz andere und bessere Voraussetzungen. Wir müssen darüber nachdenken und Verfahren finden,
Das führt im Übrigen nicht dazu, dass die Leistungen, die Kinder und Jugendliche haben, wirklich erfasst werden können. Es führt auch nicht dazu, dass es Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund leichter und einfacher auf ein Gymnasium schaffen, weil sie die Sprache noch nicht so gut beherrschen. Wir verschenken große Potenziale, die wir im Nachhinein leider nur sehr schwer wieder verändern können. Im Gegenteil: Solche Verfahren der sofortigen Zensierung von Schülerinnen und Schülern sind eher demotivierend und führen nicht zu einer erfolgreichen Integration.
Ich möchte noch ein zweites Beispiel erläutern, bei dem wir, wie ich glaube, schnell und zügig reagieren müssen. Die Einrichtung von DaZ-Klassen am Gymnasium war und ist ein richtiger Schritt. Wir haben es auch hier im Parlament gefordert. Aber es ist überhaupt nicht vernünftig durchdacht. Die DaZ-Klassen an dem Gymnasium sind lediglich in dem Gebäude des Gymnasiums. Die Schüler gehören zu den Mittelschulen. Selbst Gymnasiallehrer werden an die Mittelschulen abgeordnet, obwohl sie in ihrem Gebäude bleiben.
In der zweiten Phase der DaZ-Ausbildung gehen die Schülerinnen und Schüler in die Regelklasse des Gymnasiums. In der dritten Phase der Ausbildung, wenn sie dann in die Regelklasse kommen, müssen die Schülerinnen und Schüler an die Mittelschule, obwohl sie zuvor noch keinen Kontakt zur Mittelschule hatten. Das führt nicht zu einer erfolgreichen Integration. Hier müssen wir Regelungen treffen, die aus Sicht des Kindes und für die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler in diesem Falle sinnvoll und notwendig sind.
Herr Schreiber, falls Sie wieder fragen möchten, woher ich meine Informationen habe: Dieses Mal habe ich die Leiter der Bildungsagenturen in den Regionalstellen gefragt, da ich im Ausschuss dazu leider keine Antwort aus dem Staatsministerium erhalten habe.
Ich möchte für meine Fraktion beantragen, dass wir bitte teilweise – punktweise kann ich leider nicht sagen, Herr Präsident, weil ich das schwer in Punkte einteilen kann – den ersten Teil und den zweiten Teil des Antrages abstimmen.
Ich werde mich bemühen, Frau Abg. Falken. Aber ich gestatte mir trotzdem den Hinweis nach § 52 unserer Geschäftsordnung, dass wir hier keine Zulässigkeitsmängel festgestellt und insoweit auch nicht im Präsidium über die Zulässigkeit des Antrags diskutiert haben. Wir können also sehr wohl entscheiden.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Falken! Sie sind jetzt über das Stöckchen gesprungen. Ich habe auch überlegt: Springe ich da jetzt drüber oder nicht? Ich meine die christlich-abendländische Kultur. Ich habe mich aber dagegen entschieden, weil ich das für einen Nebenschauplatz halte.
Natürlich müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass unsere Gesellschaft und unsere Geschichte auch christlich-abendländische Wurzeln hat. Genau so haben wir humanistische und andere Wurzeln. Ich halte es für etwas müßig, sich diesem Fakt entgegenstemmen zu wollen.
Die Frage ist doch: Wie geht man damit um? Ich halte es schon für wichtig, dass wir dann auch bei der Idee der Subsidiarität wissen, wenn wir unser Staatswesen, unsere demokratischen Ideen vermitteln wollen, wo sie herkommt. Gleiches gilt auch bei der Frage Sozialstaatlichkeit aus der katholischen Soziallehre. Ich finde das nicht schlimm. Schlimm wird es, wenn wir uns – und da mache ich die Kurve –, über Leitkultur und Bekenntniszwang unterhalten. Das ist natürlich nicht Sinn und Idee einer Wertevermittlung, sondern es geht um Wissen und nicht um Bekenntniszwang. Ich denke, das macht der Antrag auch deutlich. Unser Schulgesetz muss künftig auch deutlich machen, dass es nichts Schlimmes ist, seine Geschichte zu kennen und wo man herkommt. Es gibt viele schöne Aphorismen: Wer seine Vergangenheit nicht kennt, kann die Zukunft nicht bewältigen. Aber natürlich muss der Umgang damit offen, produktiv und konstruktiv sein.
Das war eine Kurzintervention von Frau Abg. Friedel. Frau Falken, möchten Sie erwidern? Das Mikrofon ist für Sie freigeschaltet, bitte sehr.
Ich auch. – Für uns ist das nicht einfach eine Formulierung. Natürlich ist das eine Geschichte aus der Geschichte, die wir haben, das ist keine Frage. Selbstverständlich muss das auch eine Rolle spielen. Deshalb habe ich gesagt, dass es an der Schule natürlich auch über Religionen gehen muss. Das steht nicht infrage. Es muss auch über Werte von Religionen gehen. Das ist auch gar keine Frage.
Aber in dem jetzigen Referentenentwurf des Schulgesetzes ist wieder diese Formulierung der christlichen Bildung enthalten. Sie werden sich hoffentlich erinnern – wenn nicht, schauen Sie bitte einmal nach, weil Sie ja
sehr viele neue Abgeordnete in Ihrer Fraktion haben –, dass 2004 gerade die SPD-Fraktion mit Herrn Jurk vehement dafür gekämpft hat, dass genau diese Formulierung nicht in das neue Schulgesetz kommt. Ich hoffe, dass Sie das bei der Beratung in Ihrem entsprechenden Gremium wieder herausstreichen.
Ich möchte schon an dieser Stelle klar benennen, dass wir das nicht als „so nebenbei“ sehen. Natürlich muss man Wissen vermitteln. Das habe ich auch gesagt. Aber es kann nicht sein, dass das einer der Schwerpunkte in unserer Bildung ist.
Meine Damen und Herren! Wir setzen die Aussprache fort. Die Fraktion AfD ist an der Reihe. Frau Abg. Dr. Petry, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion hört sich wohl fair an. Wer könnte schon etwas gegen mehr schulische Bildung und gerade Spracherwerb sagen? Unserer Ansicht nach geht dieser Antrag aber an den wirklich drängenden Fragen und Problemstellungen vorbei und betreibt das, was wir so häufig in der Politik erleben: Symptom- statt Ursachenbekämpfung.
Unter Punkt I des Feststellungsantrags heißt es: „Die Voraussetzung für den Integrationserfolg ist, dass dieser Prozess von Kindern, Jugendlichen und Eltern mitgestaltet wird.“ Nun ist Mitgestaltung wahrlich wichtig, Mitbestimmung – vor allem im Vorfeld – aber wichtiger. Wo geschah dies bei den beteiligten Eltern, und dazu gehören auch die Eltern der bereits an den Schulen lernenden Kindern, vorab? Vor allem zu der Frage, wie viele Menschen, also auch Kinder, in Sachsen eine neue Heimat finden sollen, erleben wir ein weiteres Mal, was die gesamte Diskussion um die Migrationskrise beeinflusst und in weitem Maße in die Irre führt. Wir reden über den zweiten und dritten Schritt, bevor wir über den ersten Schritt geredet haben. Das heißt, bevor wir über Integration diskutieren, muss klar sein, wer letztlich integriert werden kann und soll. Es weiß inzwischen sogar Herr Oppermann – ich habe mich sehr darüber gefreut –,
(Patrick Schreiber, CDU: Hören Sie auf! Schonen Sie unsere Nerven! – Gegenruf des Abg. Uwe Wurlitzer, AfD: Sie nerven! Gehen Sie doch raus, wenn es Sie stört!)
dass Kriegsflüchtlinge nur ein begrenztes Bleiberecht haben. Insofern hat die Regierung selbst die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiche Integration missachtet. Sie hat sich nicht an das gehalten, was sie unter Punkt II des Feststellungsantrags fordert,
nämlich die Anerkennung der Grundwerte unserer Verfassungsordnung. Die zusätzlichen Probleme, die Ihre
Regierungskoalition in Berlin produziert hat und die Sie nach wie vor mittragen und vor denen nur die Schulen stehen, sind erst durch hunderttausendfachen Verfassungsbruch möglich geworden. Vielleicht lesen Sie einmal die entsprechenden Gutachten.
Erstens. Es muss nicht nur etwas über die Werteordnung gelernt werden in der CDU, sondern auch über Umgangsformen.
Hier wird gefordert sicherzustellen, dass die Lehrkräfte und die räumlichen Kapazitäten zur Absicherung des Unterrichts in Deutsch als Zweitsprache bedarfsgerecht an die steigenden Migrantenkinderzahlen angepasst werden. Diese Forderung überrascht uns und ist kaum nachzuvollziehen, weil unter anderem am Antrag Drucksache 6/2774 der GRÜNEN genau das abgelehnt wurde. Dort gab es nämlich die Begründung: Es kann immer zeitnah gemäß aktueller Herausforderung agiert werden.
Zweitens. Warum wird lediglich gefordert, den DaZUnterricht entsprechend abzusichern und nicht den gesamten Unterricht? Das heutige Problem im DaZBereich ist das morgige Problem im Regelunterricht.
Drittens. Die Forderungen für Migranten sind anhand der ansteigenden Zahlen verständlich. Aber wo war Ihre Zustimmung, als die AfD-Fraktion in der Haushaltsverhandlung 2015 eine Sicherstellung für den Unterricht im Allgemeinen gefordert hat?
Wie so oft offenbart der vorliegende Antrag genau die Politik mit zweierlei Maß, die Ihnen so viele Bürger vorwerfen.
Diese Politik ist auch im Punkt V enthalten. Dort wird es für erforderlich gehalten, die Befristungen im DaZBereich möglichst schnell zu entfernen. Wie sieht es denn mit der Entfristung der vielen befristeten Lehrkräfte im regulären Unterricht aus? Gerade im DaZ-Bereich ergibt die Befristung aufgrund der ständigen Aktualisierung der Lage und der angestrebten Entwicklungen in der Migrationskrise, nämlich die Umsetzung von Recht und Gesetz, den größten Sinn.