Protocol of the Session on November 13, 2014

Dann also eine Kurzintervention; somit formuliere ich das nicht als Frage.

Es ist mir kein einziges Unternehmen bekannt – auch nicht zu DDR-Zeiten –, das ausschließlich deshalb betrieben wird, weil es Arbeitsplätze schafft. Da sollte schon ein unternehmerischer Grund dahinterstehen.

Zweitens das Thema bezahlbarer, kostengünstiger Strom. Ich hoffe schon, dass Ihnen die Zahlen vom Bundesumweltamt bekannt sind, was die Kilowattstunde Braunkohlenstrom tatsächlich an volkswirtschaftlichen Kosten produziert. Das bezahlt tatsächlich jemand. Das bezahlt vielleicht nicht der großindustrielle Stromkunde, aber das bezahlen wir alle. So viel zum Thema kostengünstiger Strom.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Herr Krauß, bitte.

Also, Punkt 1: Wenn Politik über Wirtschaft redet, muss sie fragen: Was ist Sinn und Zweck? Ich finde – das ist eine christdemokratische Position –, dass Wirtschaft den Menschen dienen soll. Uns geht es nicht darum, dass irgendjemand große Gewinne macht, abgesehen davon, dass das ein Staatskonzern ist und der Gewinn dann sowieso wieder einfließt. Uns geht es darum, dass Menschen Arbeit haben. Ja, genau darum geht es! Wir freuen uns über jeden Unter

nehmer, der in Sachsen Arbeit schafft, ob das in der Braunkohle ist, in der Industrie oder sonst wo.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Wir wollen nicht, dass ein Einzelner – wie das bei einzelnen Solarfreunden der Fall ist, die in Freiberg zu Hause sind – sich dann ein zweites Schloss kauft. Nein, es ist nicht unser Ziel, dass man ein zweites Schloss hat. Wir wollen, dass Leute in Arbeit sind. Und dann können wir uns gern anschauen, was Strom kostet. Da kann man sich auch einmal den Strompreis an der Strombörse anschauen. Dort kostet konventionell hergestellter Strom derzeit etwas mehr als 3 Cent pro Kilowattstunde.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Entschuldigung, so wird er gehandelt, weil er eben sehr preiswert ist. Offensichtlich kann man damit immer noch Geld verdienen. Ansonsten würde Vattenfall kein Geld damit verdienen.

Und dann schaue ich mir mal Ihren Ökostrom an. Dort zahlt man das Zehnfache für Solarstrom. Da kommen Sie jetzt mit Preisen und sagen, die Braunkohle sei teurer. Das ist absoluter Schwachsinn. Zehn Mal mehr für Ihren Ökostrom und zehn Mal preiswerter Braunkohle! So einfach ist das.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

Gibt es jetzt weiteren Redebedarf? – Frau Dr. Pinka, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können es ja noch einmal zusammenfassen: Vattenfall hat im letzten Jahr Minus gemacht. Vattenfall wird in der Lausitz hoch subventioniert. Mining Engineering hat Minus gemacht, und dieses Minus muss ausgeglichen werden. Ich habe mir die Bilanzen angeschaut. Wir haben subventioniert, indem wir auf Feldes- und Förderabgabe durch den Einigungsvertrag verzichten.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich)

Wir verzichten auf Wasserentnahmeabgabe, und die Braunkohlensparte soll verkauft werden. Herr Gabriel will doch nicht umsonst, dass es im Paket verkauft werden soll. Es hat doch einen Grund, warum er das sagt. Es gibt zwei Sparten bei Vattenfall, die offensichtlich nicht defizitär sind. Deshalb diskutiert er doch und sagt, er wolle nur diese Rahmenbedingungen insgesamt haben. Wie er dazu kommt und wie er das gestalten will, ist mir sowieso unklar.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Krauß?

– Nein, später vielleicht, Herr Krauß.

Zu Herrn Urban möchte ich sagen, die Linken wollten nie und nimmer sofort aus der Braunkohle aussteigen. Wir haben einen Parteitagsbeschluss mit dem Datum „2040“.

Den hat auch Herr Christoffers immer befolgt. Aber der war beim Ausbau erneuerbarer Energien Sachsen weit voraus. Herr Christoffers hängt wohl stärker an der Braunkohle als wir, aber er hat im Land auch umgesteuert. Das haben wir nie getan.

(Beifall des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Als wir unser Energiepapier vor drei Jahren verabschiedet haben, hätten wir vielleicht anspruchsvoller vorgehen sollen. Das haben wir nicht gemacht.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich)

Wenn Sie mich fragen wollen, Herr Ministerpräsident: Gern, ich stehe Ihnen zur Verfügung.

(Heiterkeit)

Ich möchte festhalten, dass ich in der letzten Legislaturperiode mehrere Kleine Anfragen gestellt habe, zum Beispiel zu der Rückstellung von 1 Milliarde Euro, die Vattenfall gebildet hat. Ich habe nachgefragt, wie viel Geld wir schon für die Braunkohlensanierung durch die LMBV ausgeben mussten. Das waren 9 Milliarden Euro. Der Grundwasserwiederanstieg ist bei Vattenfall nicht bilanziell zurückgelegt. Diese Folgekosten bleiben sowieso beim Staat hängen.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Das habe ich schwarz auf weiß als Antwort von Minister Morlok bekommen. Herr Krauß, das können Sie bei meinen Kleinen Anfragen gern nachlesen. Ich wiederhole gern noch einmal, was mein Kollege Böhme angeregt hat: Wollen wir nicht Vattenfall bei seinem Ausstiegsprozess begleiten? Wollen wir nicht aufzeigen, wie man Zug um Zug aus der Braunkohle aussteigen kann, aber trotzdem hierbleibt? Wir stärken Vattenfall den Rücken beim Einstieg in die erneuerbaren Energien. Warum denn nicht?

Aber darüber will hier niemand mit uns diskutieren. Als ich irgendwann in einer Aktuellen Debatte gefragt habe, warum wir uns nicht Staatsanteile gönnen wollen wie zum Beispiel das Land Niedersachsen, haben Sie mich verhöhnt und verlacht. Jetzt kommt vielleicht der Zeitpunkt, wo wir darüber nachdenken.

In Ihrer Gegend gibt es zum Beispiel eine Gruppe, die sich „Die nächste Generation“ oder so ähnlich nennt. Die sind im Spremberger Stadtrat und schlagen so etwas vor. Das können Sie im Internet nachlesen: Warum bleibt die Verstromung der Braunkohle nicht wieder in der Hand der Länder? Warum diskutieren wir nicht einmal darüber? Dann braucht Vattenfall das Land vielleicht gar nicht zu verlassen, und dann müssen wir gar nicht über die Arbeitsplätze diskutieren, sondern über einen Strukturwandel.

Vielleicht machen wir alle da einmal den Flieger voll und fliegen gemeinsam nach Schweden. Ich bin gern dazu bereit. Vertreter von Sachsen, Brandenburg und aus dem Bundestag können gern in den Flieger steigen und dann Vattenfall vom Umsteuern überzeugen. Das können wir gern gemeinsam machen. Da bin ich mit dabei.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Sie leugnen immer weiter, dass Sie hier einen Anteil haben. Sie haben es vor drei Jahren verpasst, eine ordentliche Strategie auf den Weg zu bringen. Sie können sich jetzt gar nicht zurückziehen. Ihre Energiestrategie war falsch. Vattenfall hat ganz konsequent das gemacht, was man uns vor drei Jahren schon aufgezeigt hat. Dieser Ausstieg ist konsequent, und er war abzusehen. Die Schuld tragen Sie und Ihre Regierung.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich kann jetzt keine Kurzintervention zulassen, weil die CDU-Fraktion schon zwei weg hat.

(Unruhe)

Gibt es noch weiteren Redebedarf seitens der Fraktionen? – Herr Heidan, dann nutzen Sie bitte die Redezeit.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Sie haben aber kein Aufsichtsratsmandat?)

Um diese Frage zu beantworten, Herr Scheel: Ich habe meinen eigenen Aufsichtsrat. Da habe ich genug zu tun.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich halte es für nicht mehr lustig, Frau Dr. Pinka, was Sie hier erzählen. Wenn ein Stadtrat aus Spremberg den Vorschlag macht, ein Unternehmen zu halten, dann ist es doch dem Stadtrat unbenommen, für seinen Arbeitsplatz dort und für die Arbeitsplätze in der Lausitz zu kämpfen, weil wir es als nötig erachten, dass dort Arbeitsplätze entstehen und nicht nur die Wölfe heulen. Das müssen Sie doch endlich begreifen.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

An dieser Stelle geht es um Arbeitsplätze. Und da sind wir froh und dankbar, dass Vattenfall in den letzten Jahren diesen Strukturwandel in der Lausitz vollzogen hat. Sie haben eben keinen Raubbau betrieben. Sie sind anders vorgegangen, als das bis 1989 geschehen ist. Sie haben eben auch die Folgelandschaften beseitigt. Und wenn die LMBV 9 Milliarden Euro braucht, dann sind das die Lasten, die bis 1989 durch den Raubbau in der DDR entstanden sind.

Das ist doch die Wahrheit, das müssen Sie endlich begreifen und in der Debatte verdeutlichen. Es ist wichtig, dass wir uns auch in dieser Legislaturperiode über die Energieversorgung als Wirtschaftsstandort hier in Sachsen deutlich positionieren. Solange wir keine Möglichkeit der Speicherung für erneuerbare Energien haben, so lange brauchen wir den Kohleenergieträger als grundlastfähigen Energieträger hier in unserer Region, denn sonst machen wir das zum Freizeitpark. Das kann nicht im Sinne der Wirtschaftspolitik in Sachsen sein.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der AfD)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Von den Fraktionen kann ich das nicht mehr erkennen. Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Herr Minister Dulig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte nie gedacht, nach zehn Jahren hier meine erste Rede halten zu dürfen, jetzt in einer anderen Rolle. Ich setze Ihr Verständnis und Ihre Fairness voraus, wenn es um die Stellungnahme der Staatsregierung geht, dass ich in kurzer Zeit in guter Zusammenarbeit mit den Fachreferenten aus dem Ministerium und in Zusammenarbeit mit der Koalition und mit dem, was im Koalitionsvertrag aufgeschrieben wurde, jetzt hier eine Meinung präsentiere und Sie sicher sein können, dass diese in den nächsten Monaten noch weiter verfestigt und differenziert wird.

Jetzt haben Sie das Thema „Lausitz nicht verkohlen – Ja zum Strukturwandel, mit oder ohne Vattenfall!“ Worüber reden wir jetzt? Diese Überschrift lässt vieles erahnen, ich bin aus Ihrem ersten Redebeitrag nicht ganz schlau geworden. Reden wir jetzt über Energiepolitik oder reden wir über den notwendigen Strukturwandel in der Lausitz? Reden wir über Nochten II oder über die Zukunft von Vattenfall? Die Debatte macht es deutlich, denn es ist eher ein Schlagabtausch, wie man es mit der Braunkohle hält. Ja oder nein? Wenn wir über eine vernünftige Energiepolitik reden, sind wir doch eigentlich schon einen Schritt weiter, weil allen bewusst ist, dass die Zukunft nicht in der Braunkohle liegt, sondern bei 100 % erneuerbaren Energien.

Bei der Frage des Zeitpunktes, des Zeitraumes und sicherlich des Weges dorthin gibt es unterschiedliche Positionen. Dort differenziert es sich auch bei uns. Wir sind schon weiter, als Ihre Diskussion gezeigt hat. Wir haben uns in der Koalition auf Ausbauziele für erneuerbare Energien verständigt. Uns ist klar, dass wir unseren Beitrag leisten wollen und müssen, aber ich halte es auch für nicht tragbar: Wir werden keine Energiewende mit einem doppelten Ausstieg organisieren können. Wir können nicht den Kernenergieausstieg und den Kohleausstieg parallel in der gleichen Dimension vornehmen. Das ist unverantwortlich.