Protocol of the Session on November 13, 2014

Das alles müssen wir zur Kenntnis nehmen. Meine Fraktion ist, denke ich, die einzige in Sachsen, die schon vor Jahren einen Kohleausstiegsplan gefordert hat und immer noch fordert. Nun ist es an der Zeit, das in Angriff zu nehmen. Sie haben die letzten Jahre einfach verschlafen. Dass sich jetzt der Großkonzern Vattenfall, gegen den ich schon mit Klimaaktivisten demonstriert habe, selber den Braunkohleausstieg vorstellen kann, ist in meinen kühnsten Träumen nicht vorgekommen. Diese Chance sollten wir nutzen und endlich umsetzen. Jetzt darauf zu beharren, wie es Herr Gabriel gestern gesagt hat, dass die Kohle für die nächsten Jahrzehnte unersetzlich sei und wir alles so belassen sollten, wie es bisher ist, halte ich für einen fatalen Fehler und lasse ich auch so nicht zu.

Ich lese Ihnen nun kurz die Ergebnisse des neuesten IPCC-Klimaberichtes vor, die auch immer wieder dieselben, aber auch immer wieder die dramatischsten sind: „Die weltweit beobachteten Temperaturen von Land- und Ozeanoberflächen zeigen einen Anstieg von etwa 0,85 Grad zwischen 1880 und 2012 an. Jedes der letzten drei Jahrzehnte war an der Erdoberfläche sukzessive wärmer als alle vorhergehenden Jahrzehnte seit 1850. Im Zeitraum 1901 bis 2010 ist der mittlere globale Meeresspiegel um ca. 19 cm gestiegen. Die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs seit Mitte des 19. Jahrhunderts war größer als die mittlere Geschwindigkeit in den vergangenen zwei Jahrtausenden.“ Es geht also immer schneller und immer intensiver. „Seit 1950 wurden Veränderungen vieler extremer Wetter- und Klimaereignisse beobachtet, unter anderem ein Rückgang von kalten Temperaturextremen, die Zunahme von heißen Temperaturextremen, extrem hohen Meeresspiegelständen sowie der Häufigkeit von Extremniederschlägen und extremen Wetterereignissen.“

Auch wir in Sachsen spüren diese Auswirkungen, die im Vergleich zu dem, was uns noch bevorsteht, nahezu lächerlich erscheinen. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, den CO2-Ausstoß drastisch zu senken, dann müssen wir

uns vor den künftigen Generationen oder mindestens vor meiner Generation verantworten. Ich werde nicht zulassen, dass wir nichts unternehmen, und konstruktiv mit Ihnen an Lösungen arbeiten.

Eine Möglichkeit könnte es bei der aktuellen VattenfallProblematik sein, die zu veräußernden Kraftwerke als Freistaat zu erwerben. Darüber würde ich gern mit Ihnen in den Ausschüssen diskutieren. Wenn wir sie erworben haben, müssen wir über einen sukzessiven Ausstieg aus der Braunkohle diskutieren und auch den Beschäftigten dort eine Perspektive geben, die hoch qualifiziert sind und die wir für die Energiewende auf alle Fälle brauchen. Lassen Sie uns also nun endlich über einen Ausstiegsplan sprechen und nicht weiter an einer Technologie von gestern arbeiten. Das ist für die Zukunft unserer Region und für den Planeten.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN – Frank Heidan, CDU, steht am Mikrofon.)

Mir liegen jetzt keine Anmeldungen auf Wortbeiträge mehr vor. Herr Heidan möchte sicher eine Kurzintervention machen. Bitte sehr.

Ich möchte das Mittel der Kurzintervention zu den vorangehenden Beitrag nutzen. Herr Kollege, lesen Sie bitte einmal den Koalitionsvertrag der brandenburgischen Regierung. Diese wird von der Linksfraktion zum Teil mitgetragen. Auf Seite 19 steht: „Die Braunkohlenkraftwerke und damit verbundenen Tagebaue bieten zudem gute Arbeit für Tausende Brandenburgerinnen und Brandenburger.“

(Jan Löffler, CDU: Hört, hört!)

„Trotz des in der Lausitz schon weit fortgeschrittenen Strukturwandels sind sie damit struktur- und arbeitsmarktpolitisch, aber auch für die Kaufkraft und die Einnahmen der Kommunen in der Lausitz nach wie vor von großer Bedeutung.“ – Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Böhme, möchten Sie darauf antworten? – Nein. Herr Krauß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem Thema Braunkohle und Lausitz sind uns zwei Punkte ganz besonders wichtig. Der erste sind die Arbeitsplätze und der zweite bezahlbarer, sicherer und ökologisch erzeugter Strom.

Kommen wir zu den Arbeitsplätzen. Wir haben in der Lausitz 33 500 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt von der Braunkohle abhängen. 33 500 Menschen und ihre Familien leben von der Braunkohle. Jetzt nenne ich einmal das Durchschnittsgehalt: 3 300 Euro. Das ist in Sachsen kein normaler Durchschnitt. Und noch einen Satz sage ich dazu. Bei Vattenfall hat das Jahr nicht nur zwölf

Monate, sondern 14,2 Monate. Das ist die Bezahlung. Dann zeigen Sie mir bitte ein anderes Unternehmen, das seine Leute so fair und ordentlich bezahlt wie die Leute, die im Bergbau oder in der Stromerzeugung tätig sind.

(Beifall bei der CDU – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Dr. Pinka, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Krauß, mich würde interessieren, wie Sie für Sachsen die Interessen im Aufsichtsrat von Vattenfall wahrnehmen? Wie steuern Sie im Aufsichtsrat, dass Vattenfall quasi hierbleibt, vielleicht hier Zug um Zug aus der Braunkohle aussteigt und in die erneuerbaren Energien einsteigt? Das würde mich mal interessieren.

Es gibt eine Arbeitnehmermitbestimmung, auf die wir und viele Fraktionen hier sehr stolz sind, weil sie finden, dass Arbeitnehmer auch in Aufsichtsräte gehören. Die Arbeitnehmer haben die Aufgabe, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Schon klar!)

Herr Scheel, Sie kennen die Montanmitbestimmung leider Gottes nicht. Darin können Sie einmal nachlesen, dass dort auch Externe berufen werden, und zwar aus dem Grund, damit externes Wissen einfließt. Die CDU steht zu dieser Montanmitbestimmung, und ich bin sicher, auch die SPD steht dazu, weil es ein Grundpfeiler der Demokratie ist.

Auf die Punkte, die Sie angesprochen haben, komme ich noch.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Meine Fragen beantworten!)

Darauf komme ich noch zu sprechen.

Noch einmal zu den Arbeitsplätzen. Wir haben gut bezahlte, ordentliche Arbeitsplätze in der Lausitz und wir wollen, dass sie auch dort bleiben.

Wir wollen bezahlbaren, sicheren und möglichst ökologisch erzeugten Strom. Wir wollen grundlastfähigen Strom haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen Sie einmal zum Fenster hinaus. Bei solchem Wetter kann man mit einer Solarzelle oder einem Windrad nichts anfangen.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Jetzt würden die Lichter ausgehen, wenn wir Ihre Ideologie mitmachen und nur auf Wind und Sonne setzen würden.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Wir wollen auch, dass Deutschland Industriestandort bleibt. Hätten wir keinen preiswerten Strom, dann würde noch mehr Industrie aus Deutschland abwandern. Wir

wollen hier die chemische Industrie, die Papierindustrie und die Stahlindustrie haben und wir wollen nicht, dass Deutschland und Sachsen deindustrialisiert werden durch eine ideologische Politik, die von GRÜNEN und LINKEN gemacht wird.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Es wird immer viel über Mitbestimmung, auf die Leute hören und mehr Volksentscheide usw. gesprochen. Entschuldigung, schauen Sie doch einmal den Leuten aufs Maul. Schauen Sie einmal Ihren eigenen Wählern aufs Maul, die es auch in der Lausitz gibt. Es hat im vergangenen Jahr eine Umfrage gegeben, beauftragt von der IG BCE und von Forsa ausgeführt. Ich sage Ihnen jetzt einmal, was Ihre Wähler zum Thema Energieerzeugung aus Braunkohle sagen: 84 % der Wähler der LINKEN in der Lausitz sagen, die Braunkohle soll weiter genutzt werden. Gehen Sie doch auf Ihre Wähler zu und machen Sie Interessenpolitik für Ihre Wähler und nicht den ideologischen Blödsinn, den Sie hier verbreiten.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Das Gleiche können sich übrigens mit Abstrichen auch die GRÜNEN annehmen. Auch bei Ihnen sagen 58 %, die Energieerzeugung sollte weiter mit Braunkohle erfolgen. 58 % Ihrer Wähler, die ja zum Großteil wirklich ideologisch verblendet sind.

(Heiterkeit bei der CDU und der AfD)

Wenn man sich anschaut, wie es mit neuen Braunkohletagebauen aussieht – Kollege Heidan hat schon darauf hingewiesen, Sie haben im Koalitionsvertrag Welzow II zugestimmt. Übrigens für den Kollegen Böhme, weil er nicht mehr wusste, wogegen er eigentlich bei seiner eigenen Parteizentrale protestiert hatte: wahrscheinlich nicht gegen Nochten, denn das liegt in Sachsen. Wenn Sie in Brandenburg waren, war es wahrscheinlich Welzow II. Aber ich finde es ohnehin schon ballaballa, dass man seine eigene Parteizentrale belastet und dort gegen die eigene Politik demonstriert. Da schüttelt es einen.

(Heiterkeit bei der CDU – Frank Heidan, CDU: Das ist der neue Typus bei den LINKEN!)

Was hat das mit innerparteilicher Demokratie zu tun? Da versuche ich doch Mehrheiten zu bilden und nicht die eigene Parteizentrale zu besetzen. Da lernt man viel dazu.

Noch zum Thema neue Tagebaue. Abgesehen vom Koalitionsvertrag, abgesehen davon, dass der Wirtschaftsminister, der in Brandenburg bis vor wenigen Tagen von Ihrer Partei kam, gesagt hat, man soll die Tagebaue kaufen oder durch den Staat übernehmen: Da sagen 73 % der LinkenWähler, wir brauchen neue Tagebaue. Nehmen Sie sich die Wünsche Ihrer Wähler zu Herzen!

Was wir nicht brauchen, ist Zwangsbeglückung durch Leute, die mit der Lausitz ganz wenig zu tun haben und sich für die Menschen nicht interessieren, durch Leute, die maximal aus Dresden zu einer Demonstration anreisen und ein Schild hochhalten. Die Leute dort wollen keinen

Sand kehren. Sie wollen eine anständige Arbeit und sichere Arbeitsplätze haben. Deswegen, finde ich, ist die Braunkohle weiterhin notwendig.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Wenn Vattenfall sagt, man prüfe einen Verkauf, so ist mir persönlich völlig egal, was auf dem Schild steht, ob da „Vattenfall“ oder ein anderer Name steht. Mir geht es um die Arbeitsplätze, mir geht es um bezahlbaren, preiswerten und ökologisch erzeugten Strom. Das ist für mich die Priorität und nicht irgendeine Ideologie. Deswegen stehen wir – und ich glaube, das kann ich auch für die Beschäftigten sagen – dem Prozess ganz offen gegenüber. Wir haben ja auch schon andere Unternehmen, wenn ich an das mitteldeutsche Revier denke. Auch diese Unternehmen leisten eine sehr gute Arbeit. Wenn das andere machen, freuen wir uns drüber.

Bitte zum Ende kommen. Die Redezeit ist überschritten.

Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit und wünsche der Lausitz eine sehr gute Zukunft.

(Beifall bei der CDU und der AfD – Dr. Gerd Lippold, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Sie können eine Kurzintervention machen, wenn Sie das möchten. Bitte schön.