Protocol of the Session on February 29, 2016

Die inzwischen vielerorts gegründeten Bürgerwehren – ich gehe einmal von meiner Heimatstadt Chemnitz, Einsiedel aus – können über Monate die Daten von anderen Personen feststellen, Kennzeichen festhalten, die Kennzeichen auswerten, Flüchtlingshelferinnen stalken – nichts passiert.

Herr Bartl, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gern.

Hütter, Carsten, AfD: Wie bewerten Sie denn den Gewaltaufruf der Antifa gegen die AfD ganz speziell am 05.06?

Ich bin Jurist, ich muss es gelesen haben, dann kann ich etwas dazu sagen. Bringen Sie mir etwas, dann reden wir darüber.

(Lachen bei der CDU und der AfD – Zuruf von der AfD: Sonst sind Sie gut informiert und jetzt wissen Sie es nicht! – Christian Piwarz, CDU: Bezeichnend!)

Herr Bartl, Sie haben die Redezeit im Blick?

Ja, ich komme zum Ende.

Herr Ministerpräsident! Sie haben heute sehr viel Bemerkenswertes und Wahres gesagt. Das ist unstrittig.

Letzter Satz.

Nicht nur die Polizei, die sächsische Justiz, der sächsische Strafvollzug, auch viele andere Bereiche sind am Limit. Wir müssen jetzt endlich – wie heute – nicht nur gescheite Reden halten. Ich hoffe sehr, begonnen bei Ihrer Autorität, Ihrer Richtlinienkompetenz als Ministerpräsident, dass Sie das auch im Blick behalten.

Herr Bartl, bitte!

Wenn Sie den Mund spitzen, müssen Sie jetzt auch pfeifen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Abg. Schiemann. Bitte schön, Herr Schiemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich empfinde sehr viel Trauer, um auf Äußerungen zu reagieren, die vom Fraktionsvorsitzenden der LINKEN hier geäußert worden sind. Ich empfinde deshalb Trauer, weil mich das, was in Bautzen passiert ist, sehr betroffen macht. Ich werde nicht auf die Fragen reagieren, auf die es sich lohnen würde, auch Antworten zu geben – mit Respekt vor dem, was leider in Bautzen geschehen ist.

Aber eines will ich deutlich sagen: Wer denkt, den Hass mit Hass zu bekämpfen, hat selbst die Brandfackel in der Hand.

(Beifall bei der CDU, der AfD und vereinzelt bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt nur eine Möglichkeit für diesen Landtag: Gewalt und Hass gemeinsam abzulehnen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN – Beifall Staatsregierung)

Ich glaube, die sächsischen Bürger sind viel klüger, als es heute einige Redner in der Debatte angesprochen haben. Sie wissen, welch schwieriges Problem in diesem Staat zu lösen ist. Die Bundesrepublik Deutschland, aber auch die deutschen Länder stehen vor der größten Aufgabe, die nach der deutschen Einheit zu lösen ist, und ich habe keine Antworten von allen hier auf der linken Seite gehört, dieses Problem zu lösen.

(Beifall bei der CDU – Christian Piwarz, CDU: Sehr richtig! – Zurufe von den LINKEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Clausnitz und Bautzen sind nach wie vor laufende Verfahren, die bisher nicht abgeschlossen sind. Es gibt Anlässe im Leben, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei denen man kaum Worte finden und sich eine Tat nicht erklären kann. Man ringt nach Worten, kann die Situation nicht begreifen und weiß die eigene Bestürzung nicht zu beschreiben.

So stand ich am frühen Sonntagmorgen mit drei Stadträten der Stadt Bautzen und einigen Bautzner Bürgern erschrocken, fassungslos und voller Ärger am Ort des Unglücks in Bautzen. Als ich mit den Kameraden der Feuerwehren sprach, hatten diese bereits einen Einsatz von mehreren Stunden hinter sich. 60 Feuerwehrleute mussten den Dachstuhlbrand bekämpfen. In den Gesichtern konnte ich aber dennoch ganz klar die Frage erkennen: Wie wird es nun weitergehen? Das Gleiche begegnete mir bei Gesprächen mit den anwesenden Polizisten, die den Einsatzort abgesichert haben, ja auch bei den Bürgern wurde die gleiche Frage gestellt. Werden wir jetzt für alles verantwortlich gemacht, was in Deutschland schiefläuft?

Das waren die Fragen, die mir die besorgten Bürger, die Polizisten und die Feuerwehrleute schon am frühen Morgen gestellt haben. Anfangs noch erschrocken und fassungslos teilten wir Bautzner Verärgerung, Wut und

den Wunsch auf eine schnelle Aufklärung dieser schweren Straftat. Ich habe niemanden erlebt, der diese schwere Straftat akzeptiert hat. Auch wenn ich es bis heute nicht begreifen kann, warum es diese schwere Straftat in meiner Heimatstadt Bautzen, Budyšin, gegeben hat, möchte ich eines deutlich sagen: Hass, Gewalt und Straftaten sind keine Mittel politischer Auseinandersetzung. Diese lehnen wir mit aller Deutlichkeit ab, besonders die Tat in Bautzen. Viele Bautzner wissen, was in den Bautzner Gefängnissen geschehen ist, und sie wissen auch, welche Verantwortung wir für unsere Stadt Bautzen selbst täglich zu tragen haben. Das Motto „keine Gewalt“ war auch das Verbindende während der friedlichen Revolution in den Straßen Bautzens, das uns zusammenrücken ließ. Deshalb steht jetzt die übergroße Mehrheit der Bautzner Bürger zusammen, lehnt Gewalt ab und steht zum Friedensmotto „keine Gewalt“.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Und deshalb darf Bautzen auch nicht pauschal verurteilt werden. Es ist geradezu fahrlässig, den Bautznern einzureden, dass da nur Nazis herumliefen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Sagt doch auch keiner!)

Wie einer lokalen kleinen Zeitung zu entnehmen war, berichtete Michael S., ein Anwohner, der vor Ort war: „Es war ein sehr geordneter und professioneller Feuerwehreinsatz. Die paar Betrunkenen wurden schnell entfernt. Es waren auch höchstens 30 Leute da in den fast zwei Stunden, die ich vor Ort war, und von Behinderung war da nicht viel zu sehen, sonst hätte die Polizei sicher weiträumig abgesperrt.“

Die meisten Menschen, die da waren, haben ihre dort geparkten Autos aus dem Einsatzgeschehen weggefahren. Mehrere große Parkplätze, Parkgelegenheiten, deshalb weggefahren. Dazu bemerkte der Leiter der Bautzner Feuerwehr: „Als wir vor Ort eintrafen, war alles ruhig. Mit Schaulustigen muss man immer rechnen. Es waren wirklich nur eine Handvoll Leute, die gepöbelt oder geklatscht haben. Selbst Asylgegner fanden dieses Verhalten empörend.“

Wir Bürger von Bautzen werden auch nicht akzeptieren, dass eine Handvoll Leute unsere Stadt in Misskredit bringt. Das haben mir Menschen immer wieder auf den Weg mitgegeben: Bauarbeiter, Waggonbauer, Arbeitslose, Lehrer, Verwaltungsangestellte, Polizisten, Landwirte, Unternehmer, Frauen und Männer, Deutsche, Sorben und Ausländer, verschiedene Parteien. Und viele wissen, dass wir die Menschenwürde teilen müssen.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Deshalb stehen wir dazu: Wer bei uns Zuflucht gesucht hat, muss menschenwürdig behandelt und untergebracht werden. Niemand hat das Recht, einen Stein dagegen zu werfen. Wir müssen den Flüchtlingen helfen, die da sind. Wir haben aber auch Verantwortung für Arbeitslose, Hartz-IVEmpfänger, für Wohnungslose und die Steuerzahler im Freistaat Sachsen, ja für alle Menschen, die in Sachsen zu

Hause sind. Niemand soll empfinden, dass er benachteiligt wird. Wir Bürger lassen uns in Bautzen, ja in ganz Sachsen 25 Jahre harte Arbeit von niemandem kaputtreden. 25 Jahre haben die Menschen in diesem Land hart gearbeitet und die CDU und andere Parteien haben mitgeholfen. Ich lasse mir auch hier im Hohen Haus von keiner Partei diese Leistung kaputtreden.

(Beifall bei der CDU)

Diese harte Aufbauleistung des sächsischen Volks werden weder Kriminelle noch Ideologen kaputtreden. Ich erinnere nochmals an diese riesige zu lösende Flüchtlingsaufgabe. Ich habe nach wie vor die Sorge, dass die zu lösende Aufgabe in ihrer Größe nicht von allen erkannt wird. Die Bürger wollen die Einhaltung der Werte, die diese Gesellschaft zusammenhält. Sie wollen Frieden, sie wollen Rechtsstaatlichkeit, sie wollen die Einhaltung von Gesetzen, und sie wollen eine offene und ehrliche Diskussion, wie viel dieses Land in der Zukunft leisten kann. Es ist auch gerecht, eine offene Diskussion zu führen, denn das beschreibt auch den demokratischen Rechtsstaat. Der Diskurs muss in der Gesellschaft geführt werden. Es hat niemand die Wahrheit gepachtet, auch wenn er noch so laut brüllt, egal ob von dieser Seite oder von der anderen Seite.

(Beifall bei der CDU)

Ich persönlich halte es nach dem Motto:

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: „Ich habe recht!“ Das haben Sie die ganze Zeit bewiesen! – Lachen bei den LINKEN)

Es ist sehr gut, wenn jemand seine Meinung sagen kann, auch wenn ich diese Meinung nicht teile. Das ist der Grundsatz der Demokratie.

(Zuruf von den LINKEN: Genau!)

Das ist der Grundsatz der Demokratie, dass jeder seine Position vertreten kann.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Darf ich meine auch sagen?)

Aber dennoch wird die Wahrheit nicht durch lautes Brüllen festgelegt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht reden, sondern handeln, das erwarten die Bürger. Ich stehe an der Seite der Handelnden und helfe dort, wo ich helfen kann seit über anderthalb Jahren. Wir sind über 500 Helfer von Kirchen, von verschiedenen Parteien. In Bautzen ist das möglich, da bewirft man sich nicht mit ideologischen Steinen, sondern man versucht ein Problem gemeinsam zu lösen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ein Glück, dass wir Bautzen haben!)

Damit möchte ich deutlich machen, dass ich mich in meiner Heimatstadt, aber auch dort, wo ich hinkomme,

immer für die Belange von Kindern einsetze, egal ob hier geboren oder anderswo. Dafür werde ich mich von niemandem berichtigen lassen. Für Kinder lohnt es sich immer einzusetzen.

(Beifall bei der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Da kann ich sogar klatschen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bautzen wird sich weiter gegen Gewalt stellen, so wie wir das auf der Friedensbrücke gemeinsam mit einem Bild gegen Gewalt getan haben. Bautzen ist bunt, Bautzen ist mehrsprachig, Bautzen ist engagiert und Bautzen wird die Demokratie schützen.