Die Nutzung der Sporthallen für Gemeindeversammlungen, Wahlen und ähnliche Veranstaltungen soll durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung selbstverständlich
nicht ausgeschlossen werden. Sofern hier eine Klarstellung erforderlich sein sollte, kann diese im parlamentarischen Verfahren erfolgen.
Der Schulsport unserer Kinder und der Vereinssport unserer Bürger sollten jedoch Vorrang vor einer Belegung von Schulsporthallen durch Asylbewerber haben. Eine solche Werteentscheidung würde auch die Akzeptanz von Asylbewerbern bei den Bürgern erhöhen. Die Blockade von Sporthallen bei gleichzeitigem Leerstand öffentlicher Gebäude sorgt für verständlichen Unmut in der Bevölkerung. Dem sollten wir nicht Vorschub leisten.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen an den Ausschuss für Schule und Sport zu überweisen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist die Überweisung beschlossen, und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet, meine Damen und Herren.
Auch hier liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin für die Fraktion AfD. Für die Fraktion spricht Frau Abg. Dr. Muster. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 01.01.2014 traten im Freistaat Sachsen umfassende Reformen der Gemeindeordnung und der Kreisordnung in Kraft. Mit dem Gesetzesantrag möchte die AfD-Fraktion die Änderung des § 49 Abs. 4 der geltenden Gemeindeordnung erreichen. In diesem Abs. 4 heißt es: „Der Bürgermeister kann nicht gleichzeitig sonstiger Bediensteter der Gemeinde oder Bürgermeister einer anderen Gemeinde sein.“ Mit dieser Bestimmung sollen Pflichten und Interessenkollisionen vermieden werden. Die Ausnahmeregelung für ehrenamtliche Bürgermeister und die Rücksichtnahme auf kleine Gemeindeeinheiten wurde gestrichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist für mich nicht nachvollziehbar, weshalb sich dieses Hohe Haus seinerzeit gegen das ausdrückliche Votum des Städte- und Gemeindetages gestellt hat. Der Städte- und Gemeindetag hat im Gegensatz zum Landtag diesen Interessenkonflikt bei der Anhörung des Gesetzentwurfs verneint. „Wir sprechen uns dafür aus, es amtierenden Bürgermeistern weiter zu ermöglichen, zugleich ehrenamtlicher Bürgermeister in einer anderen Gemeinde zu sein. Es können die in der Begründung des Gesetzentwurfs angeführten Interessenkollisionen in der Konstellation ehrenamtlicher Bürgermeister in zwei Nachbargemeinden praktisch nicht vorkommen.“
Unsere Fraktion möchte den bewährten Rechtszustand wiederherstellen, wonach in kleinen Gemeinden jemand Bürgermeister nicht nur in einer Gemeinde, sondern in zwei Gemeinden sein darf. Uns sind aus der Vergangenheit mehrere Fälle des Doppelbürgermeisters bekannt, wo es sehr gut gelaufen ist und die Bürger sehr zufrieden waren. Darauf kommt es an. Es sind uns jedoch keine Fälle bekannt, in denen die alte Regelung für eine Gemeinde schädlich gewesen wäre. In der Wirtschaft sind Doppelmandate rechtlich zulässig, so, wenn zum Beispiel ein Vorstand eines Konzerns gleichzeitig Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft ist. Dabei regelt der § 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz eine mögliche Interessenkollision. Aufgrund der Befangenheitsregelung in der Gemeindeordnung sehe ich auch nicht das Problem eines Interessenkonfliktes bei einem „Doppelbürgermeister“.
Der einzige Doppelbürgermeister in Sachsen ist Horst Brückner. Er ist 62 Jahre alt und ehrenamtlicher Bürgermeister der beiden Nachbargemeinden Vierkirchen und Waldhufen im Landkreis Görlitz. Er zeigte sich von der
Neuregelung betroffen. Für ihn wurde noch eine Übergangsregelung im § 130 Abs. 2 Gemeindeordnung geschaffen. Die Gemeinden Waldhufen und Vierkirchen im Landkreis Görlitz hatten seit sieben Jahren Horst Brückner als Bürgermeister. Seit 20 Jahren leitet er seine Heimatgemeinde Waldhufen. Als sich 2008 kein Kandidat für das Ehrenamt in Vierkirchen findet, tritt er auch dort an und wird gewählt. Er wäre auch gern bei der Wahl 2015 erneut angetreten, wurde aber aufgrund der Änderung der Gemeindeordnung daran gehindert.
Nach der aktuellen Fassung ist es dem Bewerber nicht möglich, in zwei Gemeinden gleichzeitig ehrenamtlich Bürgermeister zu sein. Dabei prallen Gesetz und Realität aufeinander. In Waldhufen wurde Horst Brückner am 7. Juni 2015 mit mehr als 70 % im Amt bestätigt. Aber auch in Vierkirchen steht sein Name mit Abstand am häufigsten auf dem Stimmzettel, nämlich 55 %, also im ersten Wahlgang absolute Mehrheit. Da es keinen Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Vierkirchen gab, durften die Wähler selbst entscheiden, wen sie auf die leeren Wahlscheine schreiben. Dabei ist es den Bürgern in der Gemeinde nicht zu vermitteln, warum plötzlich nicht mehr möglich sein soll, was jahrelang tadellos funktioniert hat.
Die Gemeinde Vierhufen ist verpflichtet, kurzfristig eine Neuwahl zu organisieren, die jetzt für den 14. Februar 2016 festgelegt wurde. Sollte keiner der Kandidaten über 50 % der Stimmenanteile erhalten, wird es einen zweiten Wahlgang geben, der für den 13. März 2016 terminiert ist. Dann entscheidet die einfache Mehrheit. Stellt sich kein Bürger als Kandidat zur Verfügung, bleibt der Stimmzettel erneut leer.
Für die Bürger ist die 2014 getroffene Gesetzesänderung nicht nachvollziehbar – im Gegenteil. Ich zitiere Herrn Andreas Fünfkirch, den Leiter des Kinderkreises eines örtlichen Netzwerkes, der am 27. Juni 2015 gegenüber MDR Info erklärte, Zitat: „Es wird am Bürger vorbeientschieden. Der Bürgermeister hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Der wird kontrolliert wie kaum ein anderer, nämlich von zwei Gemeinderäten. Da gucken sie genau hin. Das haben die letzten sieben Jahre gezeigt, und es ist trotzdem viel gewachsen. Das muss erst mal eine Gemeinde nachmachen. Diese Möglichkeit sollte offenbleiben, wenn der Bürgerwille sagt, den wollen wir weiter haben.“
Ein weiteres Beispiel für die verunglückte Neufassung der Sächsischen Gemeindeordnung finden wir in Mittelsachsen. In der Gemeinde Zettlitz wurde am 15. November 2015 gewählt. Für den parteilosen Amtsinhaber Thomas Arnold, der gleichzeitig ehrenamtlicher Bürger
meister in der Nachbargemeinde Heringswalde ist, votierten 77,7 % der Wähler, obwohl sich dieser überhaupt nicht zur Wahl gestellt hatte und auch nicht gewählt werden durfte. Herr Arnold versuchte zwar, zunächst gerichtlich gegen die Neuregelung der Sächsischen Gemeindeordnung vorzugehen, erlitt aber vor dem OVG Bautzen eine juristische Niederlage, weshalb er seine Kandidatur zurückzog. Dennoch entschieden sich fast 80 % der Wähler für ihn – bei einer außerordentlich hohen Wahlbeteiligung von 62 %. Herr Arnold kommentierte den Ausgang der Wahl gegenüber der „Freien Presse“ am 16. November 2015 wie folgt: „Das eindeutige Votum ist ein Schlag ins Gesicht des Gesetzgebers.“
Hier regelt die Gemeindeordnung an der Realität vorbei. Dadurch wird der Bürger nicht etwa politikverdrossen, sondern verdrossen an den Politikern. „Die Regierung ist blamiert“, so kommentierte die „Freie Presse“ am 16. November 2015 den Vorgang. Die Entscheider in Dresden – gemeint ist das Parlament – mögen Politik im Interesse der Bürger praktizieren, –
– damit sich die Bürger vom Gesetzgeber ernst genommen fühlen und die Demokratie nicht unter die Räder kommt.
Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss zu überweisen, und bitte um eine konstruktive Beratung in diesem.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf „Gesetz zur Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung“ an den Innenausschuss zu überweisen. Wer diesem Vorschlag seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Vorschlag einstimmig entsprochen, meine Damen und Herren. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Schreiber.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem sich die 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtags in einer Enquete-Kommission mit dem Thema „Demografische Entwicklung im Freistaat Sachsen“ und in der 5. Legislaturperiode – also von 2009 bis 2014 – eine EnqueteKommission mit dem Thema „Technologie- und Innovationspolitik im Freistaat Sachsen“ beschäftigt haben, soll sich nun in dieser Legislaturperiode der Sächsische Landtag im Rahmen einer Enquete-Kommission mit der „Sicherstellung der Versorgung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege älterer Menschen im Freistaat Sachsen“ beschäftigen.
Wenn man sich anschaut, dass im Jahr 2013 – das sind zumindest die aktuellsten Zahlen des Statistischen Landesamtes – circa 150 000 pflegebedürftige Menschen in Sachsen wohnhaft waren, und wenn man sieht, dass es 2003 118 000 waren, erkennt man, wie die Steigerung ist. Die Steigerung ist nicht so, dass wir stehengeblieben sind,
sondern es wird sich weiter rasant entwickeln. Die Menschen werden immer älter. Die Menschen leben immer länger. Das ist auch gut so. Leider kommt das, was sozusagen auf der jüngeren Seite steht, nur unzureichend nach.
Heute ist aus meiner Sicht also ein großer Tag für viele Menschen in unserem Land, nicht nur für die Menschen, die pflegebedürftig sind oder die es vielleicht einmal werden, sondern auch ein großer Tag für ungefähr 60 000 Menschen, die im Freistaat Sachsen in der Altenpflege arbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle kennen die Herausforderungen, die das Thema Pflege mit sich bringt, sei es aus persönlicher Erfahrung, aus dem Bericht der Demografie-Enquete oder aus dem RaffelhüschenGutachten des Sozialministeriums. Man kommt nicht umhin, dem Thema eine noch größere Bedeutung einzuräumen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle einige wenige Herausforderungen nennen. Sachsen ist Alterspionier. Familienstrukturen sind im Wandel. Wurde früher mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt – in der Regel vom Ehepartner oder der Ehepartnerin, von der Tochter, vom Sohn, von der Schwiegertochter, vom
Schwiegersohn – so ändert sich dies jetzt sehr stark. Die Attraktivität des Pflegeberufes müssen wir steigern, aber ebenso die Wertschätzung der Pflege und der Pflege älterer Menschen in unserer Gesellschaft. Die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte wie auch die Situation der Angehörigen selbst sind zu verbessern. Bürokratie ist abzubauen. Es ist zu prüfen, mit welchen Maßnahmen die ambulante Pflege als Alternative zur stationären Pflege gestärkt werden kann.
Die Bundes-, aber auch die Landesregierung haben in den vergangenen Jahren nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen, um sich dieser Entwicklung zu stellen. Die Stärkung niedrigschwelliger Angebote, aber auch die Pflegestärkungsgesetze des Bundes mögen an dieser Stelle beispielhaft genannt sein.
Im Rahmen der Enquete-Kommission möchten wir uns noch intensiver als bisher mit diesen Punkten befassen. Die Kommission ist nach meinem Dafürhalten sehr gut dafür geeignet, kann sie es doch schaffen, in all den aktuellen Entwicklungen einmal einen Schritt zur Seite zu gehen und sich unbefangen und aus verschiedenen Blickwinkeln dieses wichtigen Themas anzunehmen. Ziel ist – wie es der Antrag deutlich macht – die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen. Dies ist aber erst ein zweiter Schritt. Die Enquete-Kommission soll auch dazu genutzt werden, eine aktuelle Bestandsaufnahme zu machen.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, aufzuzeigen, wie das System Pflege in unserer Bundesrepublik Deutschland funktioniert und wer dabei wofür zuständig ist. Damit wird sichergestellt, dass die Kommission realistisch arbeitet und keine Erwartungen geweckt werden, die wir an dieser Stelle mit unseren Möglichkeiten im Freistaat Sachsen nicht allein erfüllen können.
Ich erspare es mir jetzt, die einzelnen Handlungsfelder, die im Einsetzungsantrag aufgezeigt sind, noch einmal vorzutragen. Sie können sie nachlesen. Wichtig ist mir, dass wir auch die kommunale Ebene bei der Arbeit der Enquete-Kommission einbeziehen und das diese – sprich: die kommunale Ebene, aber auch der KSV, der Kommunale Sozialverband – verbindlich an den Sitzungen der Enquete-Kommission teilnehmen. Vor allem vor Ort zeigt sich, ob Pflege wirklich funktioniert oder nicht.
Lassen Sie mich noch drei Sätze zur Genese dieses Einsetzungsbeschlusses sagen. Die Idee, in dieser Legislaturperiode eine Enquete-Kommission einzurichten, die sich mit dem Thema Pflege und Sicherung der Pflege älterer Menschen beschäftigt, stammt bereits aus den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD vom vergangenen Jahr. Ich war, ehrlich gesagt, sehr erfreut, dass wir im Anschluss an diese Diskussion zum Beispiel mit Frau Schaper von den LINKEN, Herrn Zschocke von den GRÜNEN partei- bzw. fraktionsübergreifend gesessen und überlegt haben, wie wir solch eine EnqueteKommission auf den Weg bringen können.
Sie haben heute den Antrag vor sich, der nur von CDU und SPD als Koalition unterschrieben ist. Das ist dadurch bedingt, dass es auch bei solchen Themen Animositäten
zwischen Fraktionen hier im Haus gibt, die an dieser Stelle nichts miteinander tun wollen. Das lag weniger an den jetzt einreichenden Koalitionsfraktionen, sondern vielmehr an zwei anderen Fraktionen.
Ich möchte Ihnen nicht ersparen, vorzutragen, wie eine Enquete-Kommission definiert wird. „Enquete-Kommissionen sind überfraktionelle Arbeitsgruppen, die langfristige und bedeutende Fragestellungen lösen sollen, in denen unterschiedliche juristische, ökonomische, soziale oder ethische Aspekte abgewogen werden müssen. In einer Enquete-Kommission soll eine gemeinsame Position erarbeitet werden.“ Das heißt, die Definition der EnqueteKommission, die aus meiner Sicht noch einmal etwas ganz anderes ist als ein Untersuchungsausschuss oder ein regulärer Parlamentsausschuss, verpflichtet uns nach meinem Dafürhalten, gemeinsam, unideologisch an diesem Thema und vor allem an der Sache orientiert zu arbeiten.