Die Abwasserzweckverbände und deren Gesellschafter waren nicht bereit, die Abwassersatzungen zu ändern. Das heißt, dass eine vierköpfige Familie ab dem 1. Januar 2016, wenn sie eine abflusslose Grube hat, 6 000 Euro im Jahr für die Entsorgung ihres Abwassers bezahlen müssen, weil der Kubikmeter Abwasser im Zweckverbandsgebiet 20 Euro kostet. Das ist so. Wir vertreiben vielleicht Menschen aus solchen Wasserschutzgebieten, von deren Trinkwasser wir profitieren, da es ein hohes Gut für Sachsen ist, aus ihren Häusern.
Das war Frau Dr. Pinka für die einbringende Fraktion am Beginn dieser Rednerrunde. Jetzt folgt die CDU. Das Wort kann ich Herrn Kollegen Heinz erteilen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal kurz reagieren. Lieber Herr Wild, die Abwasserentsorgung ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Ich habe Ihnen das schon mehrfach erklärt. Ich möchte es gern noch einmal tun, damit Sie es im Protokoll nachlesen können. Natürlich ist das eine kommunale Pflichtaufgabe. Das bedeutet aber nicht, dass die Kommune jede Kleinkläranlage selbst betreiben muss, sondern dass der Aufgabenträger entscheidet, bis zu welcher Grenze gemeinschaftliche Lösungen wirtschaftlich sind und ab wann sich jeder Einzelne selbst kümmern muss.
Natürlich haben wir im Vorfeld überlegt, ob Fristaussetzungen sinnvoll sind. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass es nicht sinnvoll ist. In dem Moment, in dem man die Frist verlängert, fällt jedem der Spaten aus der Hand. Es wird nichts weiter passieren. Man ist drei Jahre später genau so weit wie heute, weil sich die Situation vom Anschlussgrad her nicht unwesentlich verändert hat.
Frau Dr. Pinka, ich komme noch einmal auf die armen älteren Leute zu sprechen. Für die Menschen, die unter das SGB fallen, wie Sie so schön sagen, landläufig Hartz IV genannt, ist das Thema geklärt. Die entsprechende ARGE oder das Jobcenter wissen, wie in diesem Fall zu verfahren ist. Sie werden finanziell überhaupt nicht belastet. Das legt die Kommune fest.
Größere Sorgen macht die Klientel, die nicht unter Hartz IV fällt und deren Einkommen zum täglichen Leben, aber nicht für Investitionen reicht. Für diese Leute haben wir die Kredite bei der SAB eingerichtet, bei denen der Freistaat dafür in die Haftung geht. Man kann es also tun.
Werter Herr Kollege Heinz, stimmen Sie mir zu, dass es selbst bei Ausschöpfung aller möglichen Ressourcen nicht möglich sein wird, die letzten 42 000 Anschlüsse im Jahr 2016 herzustellen?
Eine Fristverlängerung hätte nicht zur Folge, dass der Spaten aus der Hand fällt. Eine Fristverlängerung – –
Stimmen Sie mir zu, dass eine Fristverlängerung dazu beigetragen hätte, den gesetzeslosen Zustand gar nicht erst eintreten zu lassen?
Ich stimme Ihnen in diesem Punkt nicht zu. Wenn jemand in einen gesetzeslosen Zustand fällt, heißt das, dass er sich nicht gekümmert hat. Normalerweise müsste es wie folgt sein, das haben wir im Petitionsausschuss geübt: Wenn jemand das Ziel nicht schafft, muss er auf den Gesetzgeber, in diesem Fall die untere Wasserbehörde, zugehen und sagen, dass er es aus diesem oder jenem Grund nicht schafft, und um eine Verlängerung oder Duldung bitten. Die unteren Wasserbehörden werden damit verantwortungsbewusst umgehen.
Wenn man sich mit der neuen Richtlinie Siedlungswasserwirtschaft befasst – sie war bei den kommunalen Spitzenverbänden zur Anhörung –, stellt man fest, dass für die Umrüstung von Kleinkläranlagen bis zum 31. Dezember 2016 nur ein Termin enthalten ist, bis zu welchem die Förderung noch nach der alten Richtlinie möglich ist. Dieser Termin ist wahrscheinlich zu kurz gegriffen. Es kann Fälle geben, bei denen sich die Verhältnisse noch ändern werden. Das ist vielleicht bei den Ortschaften, die aufgrund der Braunkohle nicht mehr umgesiedelt werden müssen, der Fall, oder wenn sich Abwasserbeseitigungskonzepte ändern.
Den Termin 31. Dezember 2016 für Kleinkläranlagen wird man vielleicht zu gegebener Zeit noch einmal verändern müssen. Ansonsten sind die Verhältnisse so weit geordnet, dass das alles ordentlich abgearbeitet werden kann.
Herr Heinz sprach gerade für die CDU-Fraktion. Nun folgt eine Kurzintervention durch Herrn Kollegen Wild.
Wenn man im Dezember dieses Jahres ein Grundstück gekauft hat, welches noch umgerüstet werden muss, dann macht niemand den Käufer darauf aufmerksam, dass er innerhalb von einem Monat umrüsten muss. Die Monate und Jahre zuvor war das überhaupt kein Thema. Es gibt unzählige Fälle, in denen Grundstücke übertragen oder verkauft wurden, die erst jetzt damit konfrontiert werden. Sie fallen in einen gesetzeslosen Zustand. Für diese Fälle müssen Sie eine Lösung finden. Diese haben Sie bisher nicht gebracht.
Ich gehe davon aus, dass es nach wie vor Leute gibt, die noch nicht mitbekommen haben, dass der Zweite Weltkrieg vorbei ist. Es wird auch einige wenige Leute geben, die nach drei- oder fünfjährigem Wachkoma jetzt erst aus der Intensivstation wieder herauskommen. Auch diese wird die untere Wasserbehörde entsprechend behandeln, dass es dort nicht zu Inhaftierungen oder zu sonstigen Vorfällen kommen wird.
Gibt es bei der SPD jetzt weiteren Redebedarf? – Kollege Winkler? – Nein. Gibt es überhaupt weiteren Redebedarf einer Fraktion in dieser Runde? – Das ist nicht der Fall. Möchten Sie eine weitere Rederunde eröffnen? – Wenn es aus den Fraktionen jetzt keinen weiteren Redebedarf gibt, dann erteile ich das Wort der Staatsregierung. Bitte, Herr Staatsminister Schmidt.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man jetzt kurz vor Schluss zu diesem Thema die These aufmacht, dass mit großem Druck etwas umgesetzt werden soll, dann verwundert mich das wirklich sehr, denn die Frist ist seit Langem bekannt. Bereits 1993 wurde im Sächsischen Wassergesetz geregelt, dass in angemessener Frist – damals noch nicht mit Datum – der Stand der Technik herzustellen ist. Wenn man damals von einer angemessenen Frist gesprochen hat, hat wahrscheinlich niemand geglaubt, dass dies tatsächlich 22 Jahre dauern könnte. Wenn man damals von 10 oder 15 Jahren gesprochen hätte, hätte sich wahrscheinlich kein Mensch gewundert. Ganz im Gegenteil. Man hätte das sicher als angemessen betrachtet.
Mit dem Erlass von 2001 wurde konkret festgelegt, dass von diesem Zeitpunkt an immer noch 14 Jahre folgten, um den Stand der Technik bei der Abwasserentsorgung herzustellen. 2007 – das ist schon angesprochen worden – wurde dann noch die Kleinkläranlagenverordnung erlassen. Damit wurde für den Bürger verbindlich geregelt, wann er diesen Stand der Technik herstellen soll. Dass jetzt von Druck gesprochen werden kann, ist wirklich aus der Luft gegriffen.
Mich hat der erste Redebeitrag von Ihnen, Frau Dr. Pinka, etwas verwundert; denn Sie sind auf Ihr eigenes Thema so gut wie gar nicht eingegangen. Hier steht: „Die Frist für die Umrüstung von Kleinkläranlagen läuft ab. Zehntausende Betroffene brauchen jetzt eine Lösung über das Jahresende hinaus …“ Ich hatte den Eindruck, dass Sie uns damit vermitteln wollten, dass Sie jetzt schon einen Superstand erreicht haben, 95 %. Hören wir einfach mal auf. Ist das Ihr Ansatz, weil in der Landwirtschaft doch noch einiges getan werden muss – was ich nicht bestreite? Darüber können wir uns gern zu anderer Zeit noch einmal unterhalten, obwohl ich der Meinung bin, dass wir auch dort schon viel getan haben. Wie gesagt, wir gehen gern noch einmal an anderer Stelle darauf ein.
Wir haben nach derzeitiger Einschätzung noch 5 %, die diesen Stand der Technik nicht erreicht haben. Doch es ist zurzeit so, dass bei der SAB noch 7 600 Anträge liegen, die jetzt bewilligt werden. In diesem Jahr haben wir ein Drittel aller Kleinkläranlagen dem Stand der Technik entsprechend zur Antragstellung gebracht. Es sind mehr als 20 000 allein in diesem Jahr. Das zeigt doch, dass die Bürger verantwortungsvoll handeln, und die Zweckverbände versuchen, dies noch weiter zu forcieren. Auch die Verwaltung muss sich dafür einsetzen. Dass wir Druck auf die Verwaltung und die unteren Behörden ausüben, teile ich nicht; denn wir haben eine Genehmigungsfiktion eingeführt. Wer eine standardisierte Kleinkläranlage mit einer zugelassenen Baufirma auf seinem Grundstück umsetzt, der hat eine Genehmigungsfiktion. Da braucht kein langer Bescheid erlassen zu werden. Mit der Antragstellung ist das schon erledigt.
Wir sind trotz allem auf die Problemfälle eingegangen. Die Richtlinie Siedlungswasserwirtschaft 2016 ist in der letzten Woche im Kabinett beschlossen worden. Diese ist auch seit letzter Woche im Internet zu lesen. Hätten Sie hineingeschaut, dann hätten Sie es wahrscheinlich auch gelesen. Im nächsten Amtsblatt wird es veröffentlicht. Aber jeder Interessierte kennt diese Richtlinie auch.
Wir haben darin geregelt, dass es Übergangsregelungen geben wird. Wir haben das in dieser Debatte auch von vielen vernommen. Dort, wo bestimmte Härtefälle eintreten – es kann sein, das Abwasserbeseitigungskonzept ist noch einmal geändert worden, dass es Lieferschwierigkeiten gibt oder dass es ganz spezielle Fälle gibt, Schleife oder Ähnliches –, wird auch eine Förderung gewährt, wenn rechtzeitig ein Antrag gestellt wird. All das ist dort geregelt.
Ich muss Ihnen jetzt allerdings sagen: Den Termin noch drei Jahre, wie von der AfD gefordert wird, plötzlich zu verschieben, ist ein Punkt, den nicht nur die Staatsregierung nicht so will, sondern dass wir auch auf der kommunalen Ebene von den Bürgermeistern, den Landräten und vielen Bürgern, die pflichtbewusst ihre Anlagen umgerüstet haben, darum gebeten wurden, dies genau nicht zu tun.
Ich kann Ihnen versichern, dass genau dies bei unserer Abwasserkonferenz, die wir im Dezember bzw. Ende November durchgeführt haben, aus den Zweckverbänden kam und wir hier nichts ändern.
Der Umsetzungsstand ist nicht nur in Sachsen auf alles gleichmäßig verteilt – Herr Winkler ist auch darauf eingegangen –, sondern es gibt viele Zweckverbände, die einen sehr guten Umsetzungsstand erreicht haben. Es gibt aber auch einige, bei denen es schlechter aussieht. Auch das liegt nicht etwa nur an der Staatsregierung, sondern auch an der Arbeit vor Ort. Allerdings möchte ich auch hier niemanden nennen und Wertungen treffen. Auch das muss man sich im Detail ansehen, warum das so gewesen ist und wo die Ursachen liegen. Aber an der Staatsregie
rung bzw. an der Verwaltung des Landes kann es definitiv nicht liegen, wenn wir eine so unterschiedliche Karte in Sachsen haben und diese dadurch unterschiedlich umgesetzt wurde.
Wir haben auch Härtefallregelungen erlassen. Es wird ja immer wieder die 85-jährige alleinstehende Oma zitiert. Auch nicht jeder Einzelfall wird zu klären sein. Doch was wir getan haben, nämlich ein Darlehen ohne Sicherheiten auf den Weg zu bringen, was eine Belastung von 55 Euro im Monat nach sich zieht, ist durchaus angemessen und möglich.
Die Unterstützung unserer ALG-II-Empfänger erfolgt, wie das Andreas Heinz gesagt hat, über die Jobcenter und die ARGE. Dort können Anträge gestellt werden, und dann wird entschieden, was im Einzelfall das Beste ist. Es wird die Finanzierung von abflusslosen Gruben oder auch Kleinkläranlagen – je nachdem, was sinnvoller ist – schließlich auch über die ARGE und die Jobcenter gewährt.
Für die von Ihnen angesprochenen hartnäckigen Verweigerer werden wir jedoch keine Sonderlösung treffen, um irgendwelche Fristen hinauszuschieben und diejenigen, die die Umstellung auf den Stand der Technik wirklich bewusst nicht vollziehen, letzten Endes noch bevorzugen gegenüber 95 % der sächsischen Bevölkerung.
Noch einige Worte zur Richtlinie. Die Richtlinie 2009 Siedlungswasserwirtschaft läuft Ende des Jahres aus. In der Richtlinie 2016, die nun ab 01.01.2016 in Kraft tritt, werden die gewährten Übergangsregelungen enthalten sein. Darin sind allerdings auch einige neue Aspekte enthalten. Wir werden in Zukunft Kanäle nicht nur für Schmutzwasser, sondern auch für Regenwasser fördern. Das ist neu.
Ganz bewusst haben sich viele für das Trennsystem entschieden, um die Frachten in den Kleinkläranlagen nicht von Niederschlagsereignissen abhängig zu machen, sondern sie haben das Trennsystem von Regen- und Schmutzwasser eingeführt. Deshalb wird in Zukunft auch beides gefördert, dies noch dazu mit einem höheren Fördersatz, außerdem auch noch mit der Wahlmöglichkeit – was auch neu ist –, nämlich einen Zuschuss, eine Zinsverbilligung oder einen verlorenen Zuschuss in Höhe von 50 % zu bekommen. Auch der Fördersatz ist erhöht worden.