Alles gut. – Liebe Kollegen! Wir haben uns als AfD zu jedem öffentlich gewordenen Angriff positioniert und ihn verurteilt. Wir haben uns immer hinter Sie gestellt. Wir haben in diesem Zusammenhang immer darauf hingewiesen, dass Gewalt niemals ein Mittel politischer Auseinandersetzung sein darf.
Wir sind der festen Überzeugung, dass wir uns hier im Parlament streiten können und müssen, dass wir uns in Talksendungen und auf Podiumsdiskussionen auch verbal bekämpfen müssen, aber alles, was darüber hinausgeht – und dazu gehören Angriffe auf Mitglieder des Landtags und deren Mitarbeiter, Angriffe auf gewählte Parlamentarier in Kreistagen oder Stadtparlamenten und Angriffe auf Parteimitglieder –, ist ein Angriff auf die Demokratie hier im Land.
Wissen Sie, wie viele sich von Ihnen hinter uns gestellt haben? Wissen Sie, wie viele Fraktionen sich dazu geäußert und die Anschläge auf AfD-Büros verurteilt haben?
Keine. Es gab die eine oder andere Mitteilung von einzelnen Mitgliedern, aber von den Fraktionen hat sich keine hingestellt und die Gewalt gegenüber AfD-Büros verurteilt. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir sitzen hier alle im gleichen Boot.
Wenn wir als Partei, die rechtmäßig gewählt worden ist und hier im Landtag sitzt, sinken, dann werden Sie über kurz oder lang mit sinken. Das ist leider Gottes so. Ich hoffe, dass wir relativ zeitnah erkennen, dass wir alle im gleichen Boot sitzen und tätig werden müssen. Hart in der Sache, fair in der Zusammenarbeit und kollegial im Umgang – so stelle ich mir die Arbeit im Landtag vor, und das klappt zuweilen auch.
Ich weiß, dass es schwer ist, und auch ich muss mich hier und da noch mehr zusammenreißen, und wir müssen
lernen. Ich denke aber, dass das die Bürger von uns allen erwarten können, und ich bin davon überzeugt, dass es auch ihr gutes Recht ist.
Vielen Dank. – Da ich direkt angesprochen worden bin – Sie haben mich zitiert, dass ich einmal in einer Rede gesagt habe, dass der Ton gegenüber Politikern und Politikerinnen in unserem Land rauer geworden sei –: Das ist richtig. Das ist eine sachliche Feststellung. Ich glaube, jeder, der hier im Parlament sitzt, hat es in den letzten Wochen und Monaten zu spüren bekommen. Das war keine Bewertung, ob ich das gut oder schlecht finde. Aber ich habe auch in diesem Hause vor einigen Jahren einmal in Bezug auf das Thema Debattenkultur gesagt, dass der Landtag kein Streichelzoo ist. Dazu stehe ich ebenfalls.
Ich finde es allerdings äußerst misslich, dass Sie hier eine Kausalität zwischen der Äußerung, der Ton sei rauer geworden oder der Wind wehe rauer, und Gewalttaten gegenüber Abgeordneten herstellen; denn von diesen – das wissen Sie auch – distanziert sich meine Fraktion und distanziere ich mich persönlich in jedem Fall, natürlich auch in dem Fall, wenn es Ihre Büros betrifft, genau wie alle anderen auch.
Ich möchte einfach nur sagen, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass das hier in einen Zusammenhang bzw. auf eine Ebene gestellt wird, da ich glaube, dass eine gewisse Schärfe in der Tonalität doch ein sehr, sehr großer Unterschied zu Gewalttaten gegenüber Abgeordneten oder ihren Büros ist, und das verbitte ich mir einfach von Ihrer Seite.
Wenn das falsch angekommen ist, dann muss ich um Entschuldigung bitten. Das war kein Angriff gegen Ihre Person, ganz im Gegenteil. Aber wir hatten diesbezüglich schon einmal eine ähnliche Debatte, und darin hatten Sie zu unserem Redebeitrag geäußert, dass man damit leben müsse, wenn man in die Politik geht, dass der Wind wesentlich rauer weht.
Im Protokoll steht auch, dass dazu nicht gehört, dass in diesem Wind oder Sturm Steine fliegen. Nur das wollte ich damit sagen. Das hat nichts damit zu tun, dass ich Sie damit angreifen wollte; ganz im Gegenteil.
Werte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne Frage: Politische Gewalt, egal, auf welchen ideologischen Rechtfertigungsversuch sie gestützt wird und gegen wen sie gerichtet ist, ist zu verurteilen. Dies wurde nicht zuletzt in der letzten Plenarsitzung im November 2015 unmissverständlich durch unseren Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich mit sehr deutlichen Worten vor dem Hintergrund der Attentate in Paris erklärt.
Er sagte unter anderem in seiner Rede: „Wir alle sind aufgerufen, unsere Freiheit gemeinsam zu leben – als Bürger, als Demokraten, als Europäer. Wir leben Freiheit, wenn wir blindem Hass und roher Gewalt unsere Menschlichkeit entgegensetzen.“ Und, meine Damen und Herren, alle Fraktionen des Sächsischen Landtags haben auch den feigen Anschlag auf die Familie unseres Justizministers genau aus diesem Beweggrund verurteilt.
Ich denke, dass das, was wir verbal zu dieser Problematik ausdrücken mussten, in diesem Hohen Hause auch ausgesprochen worden ist. Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, und diesen haben wir Abgeordneten eben nicht allein mit Statements im Parlament zu verteidigen, sondern mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort durch eine klare Position, durch eine klare, demokratische Haltung zu unserem Rechtsstaat im politischen Diskurs.
Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass auch Polizei, Staatsanwaltschaften und die Richterschaft Mittel bekommen, um allen – allen –, welche sich nicht an demokratische Spielregeln halten, klar Paroli bieten zu können. In Sachsen wurde deshalb auch das Sonderdezernat PMK, Politisch Motivierte Kriminalität, gegründet.
Meine Damen und Herren der AfD-Fraktion, in einer Aktuellen Debatte in diesem Sommer stellten Sie schon einmal Politiker in den Fokus Ihrer Betrachtungen und meinten, diese wären Freiwild. Wir hatten es also erst vor einem halben Jahr mit ebendiesem mit dem Fokus auf Politiker gerichteten Problemkreis zu tun und haben uns damit ausführlich beschäftigt. Aber Sie bringen das heute wieder ins Plenum, und ich meine, Sie springen mit diesem Antrag erneut viel zu kurz.
Ihr Antrag zielt wieder vorrangig darauf ab, politisch motivierte Gewalt gegen uns Politiker zu verurteilen, aber man muss deutlich sagen: Wir sind nur ein Teil der Gesellschaft, gegen den derzeit verstärkt – auch körperliche – Gewalt ausgeübt wird. Ja, es ist zu verurteilen, dass Politiker der AfD angegriffen werden und deren Wahlkreisbüros mit zunehmender Intensität Ziel von Angriffen oder Anschlägen werden. Die CDU-Fraktion verurteilt dies auf das Schärfste, wie sie es auch bei Angriffen auf andere Abgeordnete und deren Büros getan hat und tun wird.
Ich meine aber, dass es einem in dem Kontext, in den Sie Ihren Antrag gestellt haben, so vorkommen kann, als sollten wir Politiker – konkret mit Blick auf Chemnitz –,
insbesondere die AfD, in eine Märtyrerrolle gedrängt werden. Der Antrag stellt eben nicht die Verbindung zu vielen anderen extremistischen Gewalttaten – ob politisch oder religiös motiviert, ob in Paris oder Heidenau, ob gegen Flüchtlinge in Unterkünften oder Andersdenkende auf Demonstrationen, gegen Polizisten oder friedliche und engagierte Bürger – her.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gerade das, was wir am vergangenen Wochenende in Leipzig erleben mussten, zeigt, dass wir unsere Auseinandersetzungen auch hier viel deutlicher mit den extrem menschenfeindlichen Handlungen von sich selbst linksextrem verortenden Verbrechern und deren Sympathisanten zu führen haben.
Es kann nicht sein, dass gewisse Leute – das sage ich auch an Politiker – unsere Freiheit, unsere demokratische Verfasstheit für ihren Kampf gegen genau diese Errungenschaften einsetzen. In unserem Kampf gegen Neonazis und deren Handeln und Gedankengut stehen wir Demokraten zusammen. Aber – das möchte ich kritisch anmerken – müssen wir nicht auch manchmal deutlich hinterfragen, ob manche Demonstrationen der Zivilgesellschaft gegen rechte Geschichtsklitterer einen Rahmen für solche Linksterroristen wie am vergangenen Wochenende in Leipzig ermöglichen oder befördern? Sollten wir alle nicht aufgerufen sein, gründlicher zu überlegen, ob wir unser demokratisches Grundverständnis tatsächlich immer dadurch öffentlich machen müssen, indem zu einer angemeldeten Neonaziveranstaltung von einigen Unverbesserlichen gleich fünf, sechs, sieben, acht oder mehr Gegenveranstaltungen angemeldet werden? Meinen die Veranstalter, das noch im Griff zu haben? Ist das, was im Leipziger Süden am Samstag passiert ist, vielleicht von einigen zumindest billigend in Kauf genommen worden? Ich stelle mir jedenfalls diese Frage sehr, sehr ernst.
Nun aber, verehrte Antragsteller, an Sie die Frage: Wie fällt Ihre tatsächliche Abgrenzung zu denen aus, die auf Demonstrationen Plakate mit Galgen zeigen, an denen Politiker hängen? Mit welchem Nachdruck schicken Sie diese von Veranstaltungen, die Sie unterstützen oder die von Ihnen mitgetragen werden, tatsächlich nach Hause? Wie klar grenzen Sie sich von denen ab, die mit offenen neonazistischen Hetzereien in Ihren Reihen agieren? Mir genügt der erhobene Zeigefinger Ihres Bundesvorstandes in dieser Hinsicht keineswegs.
Wie gesagt: Der Bogen ist weiter zu spannen. Es geht nicht um Politiker, es geht um unsere Demokratie, um unsere Gesellschaft und um alle Bürger. Ziel von Angriffen wurden nicht nur Politiker und Wahlkreisbüros, sondern in massiver Form auch Polizei und friedliebende Bürger. Sorgen wir dafür, dass nicht eine gewaltbereite, Angst und Terror verbreitende Minderheit ihre Ziele, unsere demokratischen Grundwerte zu erschüttern, erreicht! Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der AfD, trägt dazu aber leider wenig bei.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Eskalation von Konflikten, die wir zurzeit in Sachsen erleben, ist in erster Linie ein politisches, kulturelles, soziales und dann ein polizeiliches und strafrechtliches Problem, und in dieser Reihenfolge müssen wir es auch bearbeiten.
Vor wenigen Tagen erlebten wir den Anschlag auf das private Lebensumfeld von Staatsminister Gemkow. Ich habe damals gesagt, das ist Terror pur und verdient nur eine Antwort: Verachtung, Verfolgung und Verurteilung.
Wer Verletzungen von Familienangehörigen und politisch Verantwortlichen in Kauf nimmt, der ist durchgeknallt und muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln schnellstmöglich entschärft werden.
Dieser Anschlag war aus meiner, war aus der Sicht der LINKEN zugleich ein neuer Tiefpunkt politischer Unkultur in Sachsen. Dabei ist es mir herzlich egal, welche Pseudomotive der oder die Täter sich für ihr brachiales Vorgehen gegen das Fundament zivilisatorischen Zusammenlebens womöglich umhängen.
Die fortschreitende Enthemmung bei der Wahl der Mittel im poliltischen Konflikt ist ein zentrales Problem für die Demokratie in Sachsen. Ob illegale Plakate von Asylunterkünften, Brandanschläge, Übergriffe auf Flüchtlingshelferinnen und -helfer, Attacken auf Journalisten, Angriffe auf öffentliche Einrichtungen und Polizeikräfte, die nicht abreißenden Serien von Zerstörungen an Abgeordneten- und Parteibüros und die Angriffe auf Geflüchtete: Hier sind längst alle Grenzen überschritten. Das staatliche Gewaltmonopol gerät in Sachsen ins Wanken.
All das ändert nichts an meiner vorgetragenen Feststellung. Wer meint, mit Körperverletzungen und Sachbeschädigungen seinem Unmut Ausdruck verschaffen zu müssen, und selbst Unbeteiligte gefährdet, hat ein falsches Feindbild und muss strafrechtlich belangt werden.
Natürlich haben wir als Partei DIE LINKE ein politisches Problem, wenn Leute mit Pflastersteinen in der Hand Straßenbahnhaltestellen und wahllos alles, was sich in Wurfweite befindet, zerlegen und vorher und hinterher den Eindruck zu erwecken suchen, das geschehe aus linker Motivation. Selbstverständlich lässt sich aus linker Grundüberzeugung keine Rechtfertigung der Zerstörung von Straßenbahnhaltestellen ableiten und erst recht nicht, in der Nähe einer Asylunterkunft bürgerkriegsähnliche Zustände zu inszenieren.
Das hat meine Kollegin Juliane Nagel bereits am Sonnabend scharf verurteilt, und dem schließe ich mich an.