Meine Damen und Herren, die AfD ist einerseits für eine gute nachbarschaftliche Zusammenarbeit und ein befriedetes und wirtschaftlich starkes Europa, andererseits zeitgleich für die bestmögliche Vertretung unserer deutschen Interessen. Dies erreicht man aus unserer Sicht nur durch eine kritische Begleitung der teilweisen Mehrheitsentscheidungen innerhalb der Europäischen Union und durch ein klares Aufzeigen von Zusammenhängen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir bei Ihrem Antrag. Der Antrag vermischt EU-Belange und die nachbarschaftliche Zusammenarbeit mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik; und das eine ist durchaus unabhängig von dem anderen. Hier aber wird – wie so oft – versucht, beides miteinander zu vermischen.
Die deutsch-schweizerische Zusammenarbeit ist ein gutes Beispiel, wie das eine ohne das andere funktionieren kann. Auch malt der Antrag zuweilen eine rosarote EU-Welt und die herausragende Rolle Sachsens. Die Bürger wollen aber nicht nur die Vorteile der EU blumig vorgehalten bekommen, sondern auch kritische Fragen besprochen und gelöst haben. Beispielhaft wird in Ihrem Antrag von den Vorzügen des grenzüberschreitenden Austauschs gesprochen.
Zur Wahrheit der wirtschaftlichen Vorteile durch freien Waren- und Personenverkehr gehört auch der Nachteil bei Grenzkriminalität. Denken Sie an die vielen Diebstahl- und Einbruchdelikte – nicht nur, aber besonders im grenznahen Raum. Natürlich wird dann auch in Ihrem Antrag – fast am Ende – darauf eingegangen, wie man, um die Sicherheit in grenznahen Regionen zu stärken, finanzielle Mittel einsetzen muss. Parallelen aufzuzeigen traut man sich in Ihrem Antrag nicht.
Dasselbe geschieht bei der Fördermittelthematik. Im Antrag wird herausgestellt, dass viele Projekte nur durch europäische Fördermittel möglich werden. Selbstverständlich gibt es viele EU-Fördermittel; auch Sachsen profitierte in den letzten Jahren reichlich davon. Aber, meine Damen und Herren, Deutschland ist auch der größte Nettozahler in der Europäischen Gemeinschaft.
Deutschland erhält also bei wirtschaftlicher Betrachtung lediglich das Geld, das es eingezahlt hat. Verschwiegen wird, dass wesentlich mehr Geld zur Verfügung stünde, wenn nicht Milliardensummen über Brüssel für Bürokratie und den reinen Selbstzweck verschwendet würden.
Ein weiteres Problem ist der inländische Verwaltungsaufwand zum Mittelabruf und zum Teil bei der Kofinanzierung. Diese Systematik wurde erst durch die Europäische Union geschaffen, und die CDU hatte in Regierungsverantwortung hieran einen Anteil. Wie schon erläutert, wird
hier wiederum am Ende des Antrags darauf eingegangen, dass Verwaltungsvereinfachungen nötig seien. Bloß keine Parallelen oder Zusammenhänge aufkommen lassen!
Dieser Antrag ist ein wunderbares Beispiel für die Ambivalenz, die in der gesamten EU-Thematik und im Umgang damit steckt. Unter II 1 a) des Antrages soll erklärt werden, welche Schwerpunkte die Staatsregierung ab 2015 verfolgt. Unter II 1 f) soll dann erklärt werden, wie dem Bürger die Mitwirkung der EU nähergebracht werden soll. Meine Fraktion hat ein völlig anderes Verständnis davon, wie hier Politik gemacht werden sollte.
Solange man nicht die Bürger an der politischen Mitgestaltung aktiv mitwirken lässt, sondern ihnen lediglich Ergebnisse erklärt, wird man ihnen die EU aus unserer Sicht überhaupt nicht näherbringen können. Der Bürger will schließlich nicht erst entmündigt werden, damit man ihm dann erklären kann, was Gutes für ihn getan wird. Genau dies passiert aber in der EU.
Ein weiteres Beispiel: Im 8. Halbjahresbericht der Sächsischen Staatskanzlei zu wesentlichen Aspekten der Europapolitik werden auch die Verhandlungen zu TTIP thematisiert. Wörtlich ist darin ausgeführt, sie hätten grundsätzliche Bedeutung für Sachsen und das Subsidiaritätsprinzip. Im Antrag der Koalitionsfraktionen findet TTIP leider überhaupt keine Erwähnung, und jetzt sagen Sie nicht, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hätte! Mit der Verquickung von Nachbarbelangen und EU-Belangen hat es ja auch schon geklappt.
Abschließend noch einmal kurz zu den Nachbarbelangen. Selbstverständlich ist die grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit zwischen Sachsen, Polen und Tschechien weiter zu stärken. Beim Hochwasserschutz, dem Personennahverkehr und der Sicherheitspolitik spielt die Zusammenarbeit eine herausragende Rolle. Auch Projekte, die weiter in das Landesinnere der Nachbarländer führen, sind wichtig und richtig. Deshalb begrüßt meine Fraktion die Pläne zum Neubau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Prag nach Dresden. Deshalb begrüßt meine Fraktion auch die Entscheidung Polens, die Zugverbindung von Dresden nach Breslau zu reaktivieren.
Aber gerade an diesen Beispielen wird klar, dass die beste Politik keine langen EU-Wege bräuchte. Ein klarer Wille und unkomplizierte bilaterale Absprachen sind das, was wir brauchen. Der Antrag hingegen spricht Selbstverständliches an, ist aber gleichzeitig diffus und vermischt Nachbarbelange mit EU-Belangen. Wir werden uns deshalb enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion begrüßt es sehr, dass wir heute über die Europa
politik des Freistaates und die Europäische Union sprechen. Wir sind im zweiten Jahr dieser Legislaturperiode, und aus unserer Sicht ist es längst Zeit, dass die Staatsregierung einmal ihre europäischen Schwerpunkte erklärt. Seit Monaten fordern das die Europa zugewandten Teile der Opposition im Europaausschuss.
Die Staatsregierung hat mit Verweis auf diesen nun vorliegenden Antrag im Ausschuss nicht zu den Schwerpunkten berichtet. Ich weiß nicht, ob dieses Verfahren an dieser Stelle zielführend gewesen ist. Die Debatte über die Europapolitik des Freistaates und die europäische Integration hat Sachsen bitter nötig; denn zu häufig gerät Europa im Freistaat ins politische Kreuzfeuer populistischer Europafeinde und derer, die diesen auf den Leim gehen: auf der einen Seite die AfD, auf Abschottung, Entsolidarisierung und die Rückkehr zum Nationalstaat versessen,
auf der anderen Seite Teile der CDU, denen Europa als Sündenbock gerade gut genug ist. Die Staatsregierung sollte dagegen den Anspruch haben, das Zusammenwirken von Sachsen und der EU als positive Entwicklung zu gestalten.
Gestatten Sie mir eine Generalbemerkung zum Antrag: Wir GRÜNEN begrüßen die Initiative des Antrags grundsätzlich. Er fasst den Teil des landespolitischen Handelns in Bezug auf Europa und die Europäische Union zusammen, der selbstverständlich sein sollte – nicht mehr und nicht weniger.
Die Themen europäischer Förderpolitik, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und europäische Öffentlichkeitsentwicklung verdienen aber jedes für sich viel mehr Aufmerksamkeit, als dieser Antrag in der Öffentlichkeit je bekommen wird. Immerhin: Der heutige Antrag hindert uns in Zukunft nicht an einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit der sächsischen Europapolitik.
Lassen Sie mich nun auf den inneren Widerspruch in der Koalition zwischen europäischen Reden einerseits und antieuropäischem Handeln andererseits eingehen. Während Sie im Antrag richtigerweise fordern, dass der grenzüberschreitende Austausch täglich erfahrbar sein soll, haben Teile der Sächsischen Union einschließlich ihres Europa-Abgeordneten sowie ihres Generalsekretärs zuletzt wieder lauthals für dauerhafte Grenzkontrollen gekämpft. Wie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, passt das zusammen? Das ist eine Doppelzüngigkeit, mit der Sie Europa schaden, mit der Sie europäische Werte und Errungenschaften, wie die uneingeschränkte Freizügigkeit – und zwar nicht nur von Waren und Dienstleistungen, sondern von Menschen innerhalb Europas – dauerhaft aufgeben. Sie setzen damit das Wahlprogramm der AfD um. Das kann nicht das Ziel verantwortungsvoller Europapolitik sein.
Während Sie, wie im Antrag formuliert, eine verstärkte kulturelle Zusammenarbeit fördern wollen, sieht die Bildungsministerin zu, wie Sachsens Schülerinnen und Schüler europäische Fremdsprachen zugelost bekommen oder sogar leer ausgehen. Es fällt auf, dass der Antrag in diesem Zusammenhang wichtigen Fragen der europäischen Zukunft aus dem Weg geht.
Im Mittelpunkt Ihres Antrags, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, steht unverkennbar die Frage, was uns Europa geben kann. Das ist selbstverständlich nicht nur eine berechtigte Frage, sondern es ist auch ein sinnvolles Interesse sächsischer Landespolitik. Doch vermittelt diese Einseitigkeit auch einen Eindruck von Ihrer Auffassung von Europa und der Europäischen Union. Das Verhältnis Sachsens zur EU darf nicht nur in eine Richtung wirken. Uns sollte nicht nur interessieren, wie die europäische Kuh gemolken werden kann. Sie, Herr Schiemann, sind leider fast ausschließlich auf diesen Aspekt eingegangen. Wir müssen uns fragen, was wir zum europäischen Projekt beitragen können, wie wir die Zukunft Europas mitgestalten können.
Insofern interessiert mich, inwiefern sich die Staatsregierung für eine demokratische und transparente Europäische Union der Bürgerinnen und Bürger stark machen wird. Sie sollten sich dafür einsetzen, das Europäische Parlament zu stärken. Europawahlen müssen in Sachsen wieder höheren Anklang finden. Ein konstruktiver Diskurs über die Zukunft der Europäischen Union muss breit geführt werden.
Die Staatsregierung kann in Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn grenzüberschreitend den Strukturwandel in den Kohleregionen voranbringen, statt bei klimaschädlichen Kohlegeschäften zuzusehen, die letztendlich der europäische Steuerzahler auf allen Seiten der Grenze ausbaden muss.
Sie sehen, es gibt noch viel zu tun, um die sächsische Europapolitik auch europäisch und zum Wohle der Europäerinnen und Europäer in Sachsen auszurichten. Der Antrag lässt zentrale Punkte unberührt. Den enthaltenen Punkten werden wir uns aber nicht entgegenstellen und stimmen deswegen Ihrem Antrag zu.
Mit Frau Dr. Maicher endet die erste Rederunde. Jetzt ist meine Frage: Möchte die einbringende Fraktion in eine zweite Rederunde eintreten? – Ja, das sehe ich jetzt. Kollege Schiemann erhebt sich von seinem Platz und erreicht das Rednerpult. Bitte, Kollege Schiemann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, was die Aufregung soll.
Wir haben im Europaausschuss ein Verfahren vereinbart. Das ist von den anwesenden Mitgliedern respektiert worden – eindeutig. Wir haben eine Absprache im Europaausschuss erreicht. Wenn Ihre Rednerin bei dieser Absprache anscheinend nicht zugegen war, dann möchte ich jetzt wiederholen:
Es ist ausdrücklich von den Sprechern – auch der Linksfraktion – erbeten worden, dass wir unseren Antrag zur Diskussion im Plenum stellen, dass wir eine Aussprache zu dem Antrag führen und
im Nachgang, wenn die Fragen, die die Staatsregierung zu beantworten hat, beantwortet sind, in den Beratungen des Europaausschusses die Schwerpunkte diskutieren. Übereinkunft haben wir – –