Protocol of the Session on November 20, 2015

Tausende Vögel und Zehntausende Fledermäuse sterben jedes Jahr in Sachsen nur dafür, dass die Flügel sich drehen und dafür, dass sich ein paar selbstgefällige Politiker auf die Schulter klopfen können; denn der große Traum, von Sachsen aus an der Rettung des Weltklimas mitzuarbeiten, hat sich als Kindermärchen erwiesen.

Der Anteil Deutschlands an der Welt-CO2-Emission liegt bei unbedeutenden 2 %, der Anteil Sachsens ist völlig mikroskopisch. Trotz der vielen Windkraftanlagen, die unser Land verschandeln, hat der CO2-Ausstoß Deutschlands weiter zugenommen. Die meisten Kraftwerke müssen ohnehin weiterarbeiten, denn für den unstetigen Windstrom gibt es keinerlei größere Speichermöglichkeiten.

Windstrom wird bereits heute in riesigen Mengen vernichtet, weil ihn niemand braucht. Im Jahr 2014 musste von den deutschen Stromkunden Überschussstrom im Wert von 1 Milliarde Euro bezahlt werden, obwohl ihn niemand genutzt hat. Unsere Nachbarländer Polen und Tschechien wollen den subventionierten Überschussstrom aus Deutschland nicht annehmen, denn er überlastet ihre Stromnetze und verzerrt den heimischen Strommarkt. Polen und Tschechien bauen nun an ihren Grenzen große Phasenverschieber, um den subventionierten Strom aus Deutschland zu blockieren.

Die AfD steht für eine Politik der Vernunft. Deshalb wollen wir einen Stopp des weiteren Ausbaus erneuerbarer Energien, bis es Stromspeicher gibt, die die riesigen Mengen an Überschussstrom aufnehmen, und die erneuerbaren Energien mit anderen Energiearten wirtschaftlich konkurrieren können.

Ihr gestriger Antrag zur Förderung der Erforschung und Entwicklung von Energiespeichertechnologien ist richtig und hat deshalb auch die Zustimmung meiner Fraktion erhalten. Die praktische Anwendung dieser Speicher in relevanten Größenordnungen wird aber noch Jahre oder Jahrzehnte dauern. Vor dem Hintergrund des klimapolitischen und wirtschaftlichen Unsinns der Windkraftnutzung in der derzeitigen Form ist es umso unverständlicher, mit welcher Kaltblütigkeit und Verbohrtheit der Ausbau jetzt weiter betrieben werden soll.

Neben der Natur und der Landschaft gibt es ein weiteres Gut, von dem wir als Politiker Schaden abwenden müssen: Das ist die Gesundheit unserer Bürger.

(Dr. Gerd Lippold, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Urban, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, später bitte. – Windkraftanlagen emittieren Schallwellen, Infraschall von 0 bis 20 Hertz unterhalb der Hörschwelle und niederfrequenter hör- und spürbarer Schall von 20 bis 140 Hertz. Infraschall und niederfrequenter Schall werden nach Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts als Schwingungen auf einzelne Organe und Partien des menschlichen Körpers übertragen: Kopf, Gehirn und andere Körperorgane werden nach diesen Untersuchungen direkt und indirekt beeinflusst.

Einen baulichen Schutz gegen Infraschall gibt es laut amerikanischen Untersuchungen nicht. Er wird auch in geschlossene Gebäude und Räume übertragen. Immer mehr Menschen klagen über erhebliche Einschränkungen in ihrer Lebensqualität und massive gesundheitliche Beeinträchtigungen, nachdem in ihrem Wohnumfeld Windkraftanlagen errichtet wurden. Meistens klagen die Menschen beim Arzt über Nervosität, Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen, Konzentrationsmangel und Herz-Kreislauf-Probleme. Verantwortungsbewusste Ärzte fordern daher einen Abstand von 3 bis 5 Kilometern oder sogar von 10 Kilometern zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauungen.

Nach einer Studie des Umweltbundesamtes gibt es in Deutschland nur sehr wenige Studien zu Infraschall, die sich aber nicht mit einer Dauerbelastung im Umfeld von Windkraftanlagen auseinandersetzen. Das Umweltbundesamt stellt fest, dass die derzeit bei der Genehmigung von Windkraftanlagen angewendeten Gesetzesnormen und Messverfahren deutliche Defizite aufweisen und keine objektive Beurteilung der Dauerbelastung durch Infraschall und niederfrequentem Schall zulassen. Die „Technische Anweisung Lärm“ ist demnach nicht geeignet, um das Emissionsspektrum moderner Windkraftanlagen und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu bewerten.

Die 10-H-Abstandsregelung ist nicht populistisch und basiert nicht nur auf den Forderungen von Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen. Auch zahlreiche Ärztevereinigungen weltweit sehen die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Gesundheit von Anwohnern äußerst kritisch. Der Beschluss der 10-H-Regelung entspräche dem Vorsorgeprinzip, das Gesundheitsrisiken vermeidet, solange es keine gesicherte Datengrundlage gibt. Deshalb sollte der Freistaat eine entsprechende Abstandsregelung beschließen.

Aufgrund der bisherigen Untätigkeit der Regierungskoalition ist die Inanspruchnahme der Länderöffnungsklausel aber bis zum Fristablauf, dem 31.12.2015, nicht mehr realisierbar. Eine Fristverlängerung böte die Möglichkeit, auch noch im nächsten Jahr die gesetzgeberischen Grundlagen zu erarbeiten und diese im Sächsische Landtag zu beschließen.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Fritzsche. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! In § 249 Abs. 3 des Baugesetzbuches eröffnet der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit, landeseinheitliche Mindestabstände zu Windenergieanlagen festzusetzen. Nur der Freistaat Bayern hat von dieser Regelung bisher Gebrauch gemacht und einen entsprechenden Paragrafen in der Bayerischen Bauordnung eingefügt.

Daher verwundert mich Ihr Antrag schon ein wenig, hatten wir doch am 5. November 2015 im Innenausschuss eine Anhörung zur Sächsischen Bauordnung. Die AfDFraktion sah es nicht für notwendig an, einen Sachverständigen zu benennen, der zum Thema „Abstandsflächen von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung“ oder zur Inanspruchnahme der Länderöffnungsklausel hätte sprechen können. Das zeigt mir, dass es ein wirkliches fachliches Interesse von Ihrer Seite an diesem Thema überhaupt nicht gibt.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Nichtsdestotrotz hat in den vergangenen Monaten im Freistaat Sachsen eine intensive, zumeist fachliche, aber in Teilen auch emotionale Debatte zu diesem Thema stattgefunden. Neben den Mindestabständen hat sich herausgestellt, dass die laufende Fortschreibung der Regionalpläne, insbesondere zum Thema Windenergie im Sinne der Erlangung von Rechtssicherheit, absolute Priorität genießt und zügig zu Ende geführt werden muss.

Der vorliegende Antrag blendet völlig aus, dass mit dem Landesentwicklungsplan, LEP 2013, und dem Energie- und Klimaprogramm der Staatsregierung bereits Rahmenbedingungen formuliert werden. Außerdem ist festzustellen, dass Mindestabstände über das Emissionsschutzrecht ermittelt werden, diese einzuhalten sind, und die Planungsverbände diese Abstände in ihrer Planung bereits jetzt deutlich erkennbar überschreiten.

Nun geht es für uns darum, die regionalen Planungsverbände dahin gehend zu unterstützen, die Fortschreibung der Regionalpläne weiter zu verfolgen und – das ist ganz besonders wichtig – zur Verbindlichkeit zu führen. Der Planungsprozess soll dabei mit größtmöglicher Transparenz erfolgen. Bürgerinteressen sind im Rahmen der Gesamtabwägung entsprechend zu bewerten, und die Verbandsversammlung hat einen entsprechenden Satzungsbeschluss zum Regionalplan zu fassen.

Der Schutz der Wohnbevölkerung ist uns ein wichtiges Anliegen. Eine Nutzung der Länderöffnungsklausel ist nach intensiver, vor allem fachlicher Debatte, die sowohl innerhalb als auch außerhalb dieses Hohen Hauses geführt wurde, und aus planungssystemischen Überlegungen heraus nicht geboten. Ihren Antrag lehnen wir daher ab.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Nun die Fraktion DIE LINKE, Herr Abg. Böhme.

(Gunter Wild, AfD, steht am Mikrofon.)

Entschuldigung, Herr Wild. Ich habe Sie übersehen.

(Staatsminister Markus Ulbig: Er ist gerade erst hingesprungen! – Zuruf: Wer war noch am Platz?)

Was wünschen Sie?

Ich bin schnell noch zum Mikrofon gesprintet. – Eine Kurzintervention hätte ich gern auf den Beitrag des Herrn Fritzsche, wenn ich es richtig gesehen habe.

Gehört! Ja.

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Fritzsche, angesichts Ihres Redebeitrages möchte ich mich noch einmal direkt an Sie und die Fraktion wenden.

(Oliver Fritzsche, CDU: Hier sitze ich!)

Ach, hier sitzen Sie. – Das, was Sie als CDU-Fraktion hier mit sich machen lassen, grenzt schon wirklich verstärkt an Selbstbeschädigung:

(Zurufe von der CDU)

Die CDU hat ihre Stammwählerschaft im ländlichen Raum, während der Koalitionspartner SPD in sächsischen Großstädten signifikant ist.

Mit dem Windkraftausbau stärkt die CDU-Fraktion ihren Koalitionspartner SPD nicht – Herr Urban musste leider jetzt weg, deshalb verlese ich das für Herrn Urban –,

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Fritzsche, Sie gehen – –

– die sich gegenüber ihrer städtischen Wählerschaft nicht einmal die Windräder – –

Herr Wild, Sie gehen ein auf den Redebeitrag von Herrn Fritzsche?

Ich gehe auf den Redebeitrag des Herrn Fritzsche ein.

Das vermag ich gerade nicht zu erkennen.

(Lachen bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Markus Ulbig)

Herr Fritzsche hat gerade ausgeführt, dass er unseren Antrag ablehnt, und hat sich auf den Antrag im November bezogen – –

Und dagegen intervenieren Sie, das dürfen Sie selbstverständlich.

Ich interveniere jetzt dagegen.

Gleichzeitig belastet die CDU ihre eigene Wählerklientel mit der Ablehnung der Windkraftanlagen. Bis vor Kurzem haben Sie selbst noch diesen ideologischen Unsinn verlacht. Und nun lehnen Sie unseren Antrag ab. Wir könnten uns hier einfach zurücklehnen, das wollen wir nicht. Wir brauchen eigentlich die CDU. Die konservative Kraft, die Sie in der letzten Legislatur noch hatten, um diesem Unsinn ein Ende zu bereiten, haben Sie heute leider nicht mehr, und das nur aus Koalitionsgründen. Und das finden wir sehr, sehr traurig.

Danke schön.