Ihr sagt: die Türen auf, kommt alle nach Deutschland, wir kümmern uns um euch! – Das, meine Damen und Herren, akzeptiert der Bürger nicht.
Unser Ansatz ist, die Bürger mit ihren Sorgen ernst zu nehmen und nicht zu versuchen, sie zu erziehen.
Daneben gibt es nicht nur die einfachen Bürger, die Fragen haben, sondern es gibt auch die Rechtsextremen; auch das will ich nicht beschönigen. Es gibt ein rechtsextremes Problem, und der Staat muss mit aller Gewalt gegen diese rechtsextremen Ausschreitungen vorgehen.
Wir können feststellen, dass diese rechtsextremen Ausschreitungen eine neue Qualität gewonnen haben. Das, was man sonst von den Linksextremen kennt, dass sie gegen den Staat und gegen
(Beifall bei der CDU und der AfD – Klaus Bartl, DIE LINKE: Was? – Uwe Wurlitzer, AfD: Jawohl! Genau! – Empörung bei den LINKEN)
die Polizei vorgehen, findet man jetzt auch zunehmend bei den Rechtsextremen. Auch das, meine Damen und Herren von den LINKEN, ist eine Wahrheit. Ich stelle mich nicht hierhin und sage: Das, was die Rechten gemacht haben, ist suboptimal, so wie Sie von den LINKEN das getan haben.
Der Bürger möchte, dass die Politik handelt; und die Politik wird handeln. Die Politik muss auf den verschiedenen Ebenen handeln. Sowohl wir im Freistaat als auch die Europäische Union und der Bund müssen handeln. Wir brauchen eine europäische Verantwortung, wenn die Flüchtlingsströme in dieser hohen Zahl weiter auf Europa zukommen. Es kann nicht sein, dass Deutschland und Schweden die Hauptlast tragen. Wir brauchen eine gesamteuropäische Verantwortung.
Das heißt für mich auch, dass wir europäische Standards definieren müssen, sowohl was die Unterbringung als auch was die Versorgung betrifft. Das ist ebenfalls eine Wahrheit, die die Menschen erkennen; sie sind doch nicht dumm. Sie sehen doch, dass die Sozialstandards in Deutschland im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern am höchsten sind,
und natürlich kommen dann die Flüchtlinge lieber nach Deutschland, als dass sie woandershin gehen. Dort eine Gerechtigkeit herzustellen ist eine Aufgabe, der sich die Europäische Union stellen muss.
Eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge wird keinen Staat überfordern. Wir brauchen aus meiner Sicht auch eine gemeinsame europäische Definition der sicheren Herkunftsländer. Auch dort darf es keine Unterschiede geben, und jene, die aus sicheren Herkunftsländern kommen, müssen auch sofort und schnell wieder in diese zurückgeführt werden.
Zur bundespolitischen Verantwortung: Die Länder und Kommunen dürfen vom Bund nicht alleingelassen werden. Wir haben es letztlich auszubaden. Die Außenpolitik macht der Bund, nicht der Freistaat Sachsen.
Auch der Abbau von Abschiebehindernissen ist eine Forderung, die ich an den Bund stelle. Die Beschleunigung von Asylverfahren ist ein weiteres Thema, und Außenstellen der BAMF in Dresden und Leipzig zu schaffen ist eine Forderung. Wir müssen auch Integrationshemmnisse beseitigen. Ich kenne Asylsuchende, die hier die deutsche Sprache lernen, aber ihrer noch nicht mächtig sind; und ich kenne Arbeitgeber, die sagen: Wir würden Sie ja gern einstellen, aber mit diesen geringen Sprachkenntnissen kann ich Ihnen keine 8,50 Euro Mindestlohn zahlen.
Auch das ist ein Integrationshemmnis, über das wir sprechen müssen. Aber auch wir im Freistaat Sachsen haben unsere Verantwortung.
Die Schaffung der Erstaufnahmeeinrichtungen ist eine Riesenherausforderung, sowohl für die Exekutive als auch für die Legislative. Wir wollen Maßnahmen zur schnellen Integration treffen. Das ist ein wichtiger Bestandteil, deshalb ist es mir auch wichtig, dass jene, die hier ein Bleiberecht haben, schnell integriert werden und jene, die kein Bleiberecht haben, eben schnell wieder zurückgehen, damit wir uns auf diejenigen konzentrieren können, die in Deutschland langfristig ihre Heimat finden und hier
diesen auch über die nächsten Jahre weiter mit aufbauen. Das fordere ich auch von Asylbewerbern, die hier ein langes Bleiberecht haben.
Das Erlernen der deutschen Sprache und eines Berufes ist das Wichtigste. Ich bin der Initiative der Handwerkskammern in Sachsen außerordentlich dankbar, die sich ganz bewusst um Flüchtlinge kümmern wollen und ihnen Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen wollen, um sie hier zu integrieren. Es gibt also auf den verschiedenen politischen Ebenen genug, was wir tun können. Wir werden das in unserer Verantwortung auch tun – mit einem realistischen Blick.
Nach der CDUFraktion, für die Kollege Kupfer sprach, kommt nun die SPD-Fraktion zu Wort. Bitte, Herr Kollege Panter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wäre die Welt ein besserer Ort, dann müssten wir heute nicht zu einer Sondersitzung dieses Plenums zusammenkommen, dann gäbe es keine Kriege, keine Not und keine Flucht.
So ist es aber nicht, und wenn die Zustände im Sächsischen Landtag etwas einfacher wären, dann würde ich jetzt am Beginn meiner Rede nicht nur dafür danken, dass wir dieses Sonderplenum im Konsens aller Fraktionen einberufen haben. Dann würde ich mich vielleicht auch darüber freuen, dass wir gemeinsam einen Maßnahmenkatalog auf den Weg bringen würden, darüber, dass wir vielleicht in den letzten Wochen die üblichen ritualisierten Spielchen gelassen hätten und uns den Aufgaben, die vor uns stehen bzw. in denen wir uns mittendrin befinden, gemeinsam widmen würden. Ich würde auch dafür danken, dass wir einen an der Sache orientierten Konsens gesucht hätten. Die Dinge, bei denen wir keinen Konsens herstellen könnten, hätten wir beiseitegeschoben; die klären sich später. Wir hätten erst einmal das Gemeinsame gesucht. Wir hätten es auch gefunden und würden es dann gemeinsam umsetzen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass es so nicht ist. Ich wünsche mir, dass sich unsere Zusammenarbeit im Landtag stetig verbessert. Ich bin Realist, aber ich möchte an dieser Stelle nicht aufhören zu träumen. Wir müssen uns alle der Verantwortung bewusst werden, die wir als Sächsischer Landtag haben. Dafür lohnt es auch, dass wir ideologische Scheuklappen ablegen und am Gemeinsamen arbeiten. Ich hoffe, dass wir das in zwei, drei Jahren besser hinbekommen werden. Dafür werde ich mich mit ganzer Kraft einsetzen.
Aber ganz gleich, ob wir nun im Landtag besser oder schlechter zusammenarbeiten: Wir haben wirklich große Probleme gemeinsam zu lösen.
Seit langer Zeit nehmen Krisen und Konflikte in der Welt immer mehr zu und mittlerweile ist es so, dass wir in Sachsen, was die Weltpolitik angeht, nicht mehr nur Zuschauer sind, sondern wir sind mittlerweile auch ein Freistaat, der die Auswirkungen spürt.
Viele Menschen verlassen ihre Heimat, kommen zu uns und suchen Schutz. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen. Dabei sind für Deutschland Flucht und Vertreibung kein neues Thema. Vor 70 Jahren, am Ende des Zweiten Weltkrieges, hat unser Land 12 Millionen Menschen aufgenommen, und das in einer Zeit, in der alles in Trümmern lag, in einer Zeit, in der es nichts zu geben gab. Deshalb habe ich unglaublichen Respekt vor den Menschen, die das vor 70 Jahren geschafft haben.
Heute, 70 Jahre später, sind wir ein anderes Land. Wir leben in Frieden, und wir leben in Wohlstand. Ich wünsche mir, dass uns unsere Enkel in 70 Jahren Respekt zollen. Ich wünsche mir, dass sie uns Respekt zollen für die Art und Weise, wie wir mit Menschen, die geflüchtet sind, mit Menschen in Not in unserem Land umgegangen sind und wie wir sie integriert haben.
Unsere Verantwortung gegenüber unseren Großeltern, aber auch gegenüber unseren Enkeln ist es, Frieden und Wohlstand für die Menschen in unserem Land und für die Menschen, die zu uns kommen, zu bewahren. Das ist die Aufgabe unserer Generation.
Wir müssen uns aber auch eingestehen, dass wir die Herausforderungen unterschätzt haben. Punkt. Wir müssen für die Zukunft daraus lernen und müssen es besser machen. Für uns Sozialdemokraten gibt es diesbezüglich drei wichtige Punkte: Zum einen wollen wir, dass alle Menschen in diesem Land in Sicherheit leben können, zum Zweiten wollen wir, dass alle Menschen hier ein anständiges Leben führen können, und zum Dritten wollen wir ein zukunftsfähiges Sachsen. Wir wollen, dass Zuwanderung ein Gewinn für diesen Freistaat ist.
Wo sind wir heute in Sachsen beim Thema Sicherheit? Derzeit fühlen sich nicht alle Menschen in unserem Land sicher. Die Ereignisse in Heidenau, in Freital, in Dresden, in Döbeln, in Leipzig und an vielen anderen Orten in unserem Land sind beschämend. Wie muss sich jemand fühlen, der vor Bomben, vor Granaten, vor Schüssen und Hetzjagden geflohen ist und jetzt bei uns mit Sprengkörpern und Hasstiraden empfangen wird? Jeder, der nur einen Funken Anstand in sich trägt, muss wissen, dass das eine Schande für unser Land ist. Wir können das besser!
Ich weiß, dass einige, die rechts von mir sitzen, jetzt denken: Na ja, bei den richtigen Kriegsflüchtlingen haben wir gar nichts dagegen, wir meinen nur die falschen
Wirtschaftsflüchtlinge, die vom Balkan oder aus Afrika. Tja, es ist richtig: Wer aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommt, hat kein Anrecht auf Asyl.