Protocol of the Session on September 1, 2015

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Er muss auch zügig zurückgeführt werden.

(Beifall bei der AfD)

Ich würde vorschlagen, nicht zu früh zu klatschen, weil: Wer sind wir, dass wir Richter spielen?

(Uwe Wurlitzer, AfD: Dafür haben wir ja Richter! – Zuruf der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Wie können wir Menschen verbieten, das Beste für sich und ihre Kinder zu suchen? Ich denke, an dieser Stelle und in der heutigen Zeit wird klarer, dass wir in diesem Land ganz dringend ein ordentliches, ein transparentes Einwanderungsgesetz brauchen.

(Bravo! von der AfD – Beifall bei der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Zurück zum Thema Sicherheit. Es sind nicht nur Flüchtlinge, die hier Angst haben. In unserem Land gab es in den letzten Monaten eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft. Viele Frauen und Männer, viele Jugendliche und viele Rentner haben sich intensiv in Willkommensinitiativen engagiert. Sie geben Sprachkurse, spenden Bekleidung, Spielzeug, Geld und spenden auch Trost. Dafür gilt ihnen an dieser Stelle ein ganz großer Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Aber auch viele dieser Menschen haben mittlerweile Angst. Sie haben Angst, dass sie als „Gutmenschen“ beschimpft werden, sie haben Angst, dass sie zur Zielscheibe von Neonnazis werden. Wo sind wir hingekommen in diesem Land, wenn das Wort „Gutmensch“, also guter Mensch, ein Schimpfwort ist?!

(Beifall bei der SPD, vereinzelt Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Wir haben gemeinsam die Aufgabe, für mehr Sicherheit in unserem Land zu sorgen.

Ich möchte an dieer Stelle – es ist bereits angesprochen worden – ganz kurz auf die Ereignisse in Heidenau eingehen, die ich wirklich für unwürdig halte. Wenn eine Bundeskanzlerin von einem rechten Mob aufs Übelste beschimpft wird, dann geht das nicht, genauso wenig, wie ein Innenminister von der Antifa angepöbelt und vom Hof gejagt werden kann. Das ist für diesen Staat unwürdig.

(Beifall bei allen Fraktionen und der Staatsregierung)

Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, die Dinge konkret zu verändern; und wir packen diese Aufgabe an. Wir haben den Einstellungskorridor bei der Polizei erhöht. Wir werden alsbald das Thema Wachpolizei angehen und mehr Stellen zur Verfügung stellen. Wir haben ehrenamtliches Engagement auf strukturell bessere Beine gestellt.

Wir werden uns um die Erstaufnahme kümmern, damit auch sicherer Wohnraum zur Verfügung steht.

Nun ist Sicherheit eine Grundvoraussetzung dafür, dass Menschen ein anständiges Leben führen können. Aber das allein reicht nicht. Damit bin ich bei meinem zweiten Punkt. Für ein anständiges, integriertes Leben braucht es mehr. Zu Integration gehören Sprache, Bildung, Arbeit, und es gehört auch Teilhabe dazu, also Teil unserer Gesellschaft zu werden.

Es sind viele unserer Ideen in der Koalitionsvereinbarung festgehalten, und wir haben dafür die Mittel im Haushalt gemeinsam eingestellt. Jetzt gibt es auch Mittel für Vereine für Sprachförderung, für ehrenamtliches Engagement und für Integration.

An der Stelle möchte ich noch einmal die Menschen in unserem Land bemühen, die in den Vereinen, in den Kommunen, in den Kammern, in den Unternehmen und in den Initiativen ganz wichtige Arbeit leisten. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das als Staat nicht allein schaffen können, diese Aufgaben zu meistern.

Deshalb sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehr froh, dass wir mit Petra Köpping eine Integrationsministerin haben, die diese Idee von Integration, die wir als Koalition haben, umsetzt. Dafür vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU und den LINKEN)

Der dritte Punkt ist mir auch sehr wichtig. Ich möchte ihn mal „Unser Sachsen für morgen“ nennen. Die Politik im Freistaat Sachsen hat sich nicht immer nur nach einer Linie gerichtet. Es mag auch sein, dass man manchmal nicht von der Wand bis zur Tapete gedacht hat, aber in einem Punkt macht uns niemand etwas vor: Das ist der Punkt Demografie. Wir haben zwei Jahrzehnte darüber gesprochen, wie wir möglichst ordentlich schrumpfen können. Jetzt müssen wir umdenken, weil wir mit der Ernsthaftigkeit, mit der wir langfristig Demografie als Schrumpfung definiert haben, jetzt akzeptieren müssen, dass Deutschland ein Zuwanderungsland und Sachsen Teil dieses Zuwanderungslandes ist.

(Beifall bei der SPD, bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Die Redezeit, Herr Kollege!

Ja. – Vieles von dem, was wir heute als Problem wahrnehmen, ist eigentlich eine Chance. Das, denke ich, müssen wir akzeptieren.

Ich komme zum Schluss. Es ist vorhin schon erwähnt worden: Heute ist der 1. September und Weltfriedenstag. Wäre die Welt ein besserer Ort, dann gäbe es keine Kriege, keine Not und keine Flucht. Aber so ist es eben nicht. Wir brauchen eine ganz andere Friedenspolitik in der Welt. Aber das beschäftigt uns nicht hier im Sächsischen Landtag. Wofür wir in Sachsen zuständig sind, das ist der kleine, der innere Frieden in unserem Land. Den

müssen wir herstellen, den müssen wir bewahren und jeden Tag erneuern: mit einer guten Politik, mit Sicherheit, mit Integration, mit Zukunftsfähigkeit und vor allem mit dem menschlichen Anstand, den wir alle in uns haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Kollege Panter sprach für die SPD-Fraktion. Jetzt schließt sich Frau Kollegin Dr. Petry für die AfD an.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir treffen uns heute, am 1. September, zu einer Sondersitzung, und, Herr Ministerpräsident, Ihre Sandmannrede hat wieder einmal den Bürgern Sand in die Augen gestreut und nicht die wahren Probleme adressiert. Es ist eigentlich für eine Sondersitzung eine Schande, und ich möchte das Wort ganz bewusst benutzen, weil immer wieder so viel von „Schande“ gesprochen wird, wenn es um die Bürger geht, die sich angeblich oder tatsächlich falsch verhalten haben.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Ja, wir befinden uns in einer brenzligen Situation, und ja, der gesellschaftliche Frieden gerät in Gefahr. Aber warum ist das der Fall, meine Damen und Herren? Das ist unter anderem deswegen der Fall, weil seit Monaten – genau genommen seit Jahren – außer Acht gelassen wird, dass Europa auf eine derartige Entwicklung zuläuft, weil man achtlos Gesetzes geändert, achtlos Anreize geschaffen und auch achtlos das abgebaut hat, was Rechtsstaaten, was Rechtsordnungen und, ja, auch die Möglichkeit für Selbstbestimmung geschützt hat. Ich rede unter anderem von kontrollierten Grenzen – nicht nur innerhalb der EU, sondern auch an den Außengrenzen der EU.

Wenn wir jetzt Symptombekämpfung betreiben müssen – und diese müssen wir betreiben, weil wir in der Tat menschlich gefordert sind, mit den Asylbewerbern, die bereits hier sind, menschlich umzugehen –, dann greift doch all dies viel zu kurz. Wir werden dieses politische Problem, diese politische Aufgabe nur dann in den Griff bekommen, wenn wir auf mehreren Ebenen agieren. Ja, ich habe die Verweise auf Europa gehört. Herr Kupfer hat es etwas deutlicher gemacht als andere. Dennoch bleibt bestehen, dass gerade auf der europäischen und der nationalen Ebene in den vergangenen Monaten und Jahren viel zu wenig passiert ist.

Es reicht nicht, Herrn Juncker dazu aufzufordern, eine gerechtere Verteilung vorzunehmen, wenn einige Länder von vornherein davon ausgeschlossen sind und wenn wir als Deutsche uns damit wieder einmal zufriedengeben. Nein, dann müssen auch härtere Gangarten gegangen werden. Es ist unverständlich, dass Herr de Maizière die Umsetzung von Schengen kritisiert, wir uns darüber im Klaren sind, dass die Dublin-Abkommen schon lange nicht mehr eingehalten werden, und wir dennoch nichts tun. Das schützt gerade nicht unser Recht auf Selbstbe

stimmung, das schützt nicht den Rechtsstaat und das schützt auch nicht die deutschen Bürger. Das, meine Damen und Herren, ist auch zuallererst Ihre Aufgabe als Regierung.

(Beifall bei der AfD)

Es fängt meist mit der Sprache an, und ich habe es in diversen vorangegangenen Reden schon gesagt: Nein, wir reden nicht per se nur über Flüchtlinge. Über die müssen wir auch reden, aber sie machen laut offizieller BAMFStatistik gerade einmal ein reichliches Drittel aus. Wir müssen darüber reden, dass unter dem Etikett eines völlig anders verstandenen und geschaffenen Asylrechts Asylbewerber differenziert werden müssen nach tatsächlich politisch Verfolgten – gerade einmal 1 % laut BAMF-Statistik –, Kriegsflüchtlingen und einer großen Anzahl von Migranten, Einwanderungswilligen oder wie wir sie auch immer bezeichnen möchten. Deren Ansinnen ist zwar verständlich, aber unter dem Asylverfahren nicht mit unserer Gesetzeslage vereinbar. Deswegen kann das Asylrecht nicht dazu geeignet sein, Völkerwanderung zu bewältigen. Genau das scheint derzeit unsere Aufgabe zu sein.

(Beifall bei der AfD)

Falsche Anreize wurden bereits 2012 gesetzt, als das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass es unmenschlich ist, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dem Hartz-IV-Niveau anzupassen. Das war falsch. Das war ein falscher Anreiz und hat nicht allein, aber unter anderem zu der heutigen Situation geführt.

(Widerspruch von den LINKEN)

Einwanderung kann nur nach Regeln, nach Qualifikation erfolgen. Wenn anfangs immer davon geredet wurde, dass diese Art der – nach dem Asylrecht – erfolgten Einwanderung uns doch allen beim Fachkräftemangel hilft, dann wissen wir schon lange, dass es damals schon gelogen war und heute auch noch; denn die meisten der Asylbewerber, die zu uns kommen, sind eben keine Fachkräfte – wir können das gern statistisch erheben –, sie sprechen noch nicht einmal unsere Sprache. Wie sollen sie dann als Fachkräfte kurzfristig eingesetzt werden?

(Widerspruch von den LINKEN)

Herr Panter, ich bin ganz mit Ihnen einer Meinung, wenn Sie die Leistungen der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen von Flucht und Vertreibung würdigen. Aber bitte werfen Sie doch nicht Flucht und Vertreibung aus deutschen Gebieten nach dem Zweiten Weltkrieg in einen Topf mit der Völkerwanderung, die wir jetzt erleben.

(Beifall bei der AfD – Widerspruch von der SPD)

Noch ein Wort

(Unruhe im Saal)

zu den guten und den angeblich schlechten Menschen. Ja, es ist in der Tat kein Zeichen

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

von qualitativ hochwertiger Politik, wenn wir von guten Menschen und anderen reden. Das beweist aber nur, dass die Politik der letzten Monate und Jahre es völlig versäumt hat, sich mit Recht zu befassen. Man kann die Moral nicht über das Recht stellen und auch nicht umgekehrt. Sie sind zwei völlig unterschiedliche Kategorien, und wir als Politiker müssen in einem Rechtsstaat

(Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)