Protocol of the Session on July 9, 2015

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Minister Dulig hat dankenswerterweise schon mit der Einbringung unseres Antrages begonnen. Ich setze das fort.

Es gibt einen Fernsehsketch, bei dem der eine, ich nenne ihn einmal A, dem anderen, dem B, eine Ungeheuerlichkeit an den Kopf wirft. Der B fragt den A, ob er das nicht vielleicht zurücknehmen könne. Der A sagt: Nein. Der B sagt: Dann ist die Sache für mich erledigt.

Wissen Sie, warum das ein Fernsehsketch ist? Das ist so, weil das sehr komisch ist. Wissen Sie, warum das komisch ist? Weil es so absurd ist. Es ist so absurd, weil jeder an dieser Stelle eine angemessene Konsequenz erwartet. Hier könnte ich mit meiner Antragsbegründung eigentlich fast aufhören. Aber weil es hier nicht um ein Unterhaltungsprogramm geht, sondern um eine sehr ernsthafte Angelegenheit, um im Raum stehende Entscheidungen größter Tragweite für kleine Unternehmen, Städte, Gemeinden, Bürgerinnen und Bürger, sei die Parallele kurz erläutert, damit Sie sie auch verstehen.

Alle Genannten sehen hier Zumutungen. Offenbar sehen auch Sie Probleme, sonst hätten Sie diese nicht in Ihrem Antrag beschrieben und die Staatsregierung beauftragt, sich für deren Entschärfung einzusetzen. Was aber, wenn die Antwort auf diese Bemühungen einfach nur ein trockenes Nein ist? Was wollen Sie den Menschen da draußen wirklich sagen? Erklären Sie die Angelegenheit dann für erledigt? Komisch werden das nur die finden, die das Parlament schon heute nicht ernst nehmen. Der Rest wird sich von seinen gewählten Vertretern verraten und verkauft fühlen. Tun Sie das sich selbst und diesem Hohen Haus nicht an. Stimmen Sie deshalb für unseren Änderungsantrag. Bringen Sie damit endlich einmal Konsequenz in diese Sache, nämlich Konsequenz für den Fall, dass die Bemühungen nicht fruchten. Das ist die Nachvollziehbarkeit und die Konsequenz, die die Bürgerinnen und Bürger von ihren gewählten Vertretern erwarten. Das ist hier kein Fernsehsketch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Änderungsantrag in der Drucksache 6/2113 wurde von Herrn Dr. Lippold eingebracht. Herr Baumann-Hasske möchte eine Gegenrede halten. Bitte, die Gegenrede.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann vom Wortlaut her

diesen Änderungsantrag durchaus nachvollziehen. Ich hätte ihn noch ein bisschen ernster genommen, wenn das jetzt mit dem Fernsehsketsch nicht gekommen wäre. So lustig finde ich das nämlich gerade an der Stelle nicht. Das ist natürlich schon eine gewisse Verulkung des Anliegens.

Ich denke, dass dieser Zusatz in dem Augenblick angebracht ist, in dem wir wissen, dass das Verhandlungsergebnis den Anforderungen, die wir formuliert haben, nicht entspricht. Ich glaube, dann sehen wir uns wieder und werden dann sehr kontrovers darüber zu diskutieren haben. Ich glaube aber, dass bei diesen Verhandlungen über TTIP auch noch andere Ergebnisse herauskommen, die wir heute nicht kennen. Ich meine, wir sollten die Debatte dann führen und uns nicht heute darauf festlegen, zu welchen Konditionen wir dann Ja oder Nein sagen. Wir werden dann wahrscheinlich noch andere Kritikpunkte haben. Ich hoffe sehr, dass viele unserer heutigen Kritikpunkte bis dahin ausgeräumt sind.

Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.

Herr Brünler, bitte.

Wir werden diesem Antrag zustimmen, und zwar aus einem ganz einfachen Grund. Alles, was wir bisher gehört haben, was im Antrag der Großen Koalition steht und was der Herr Minister vorhin gesagt hat, sind im Wesentlichen wohlfeile Worte, die aber, wenn man sich diesbezüglich keinen Konsequenzen verpflichtet, nur wohlfeile Worte bleiben. Lassen Sie uns einfach die Probe aufs Exempel machen. Haben wir nicht die Scheu. Wenn wir tatsächlich glauben, dass das erfolgreich sein könnte, dann lassen Sie uns das hineinschreiben: Wenn es nicht funktioniert, dann sind wir konsequent und sagen Nein und stellen uns nicht nur hin, plustern uns kurz auf und fallen dann um.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Brünler.

Für und Wider sind ausgetauscht. Ich stelle jetzt den vorliegenden Änderungsantrag der GRÜNEN zur Abstimmung. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Ihnen liegt in der Drucksache 6/2120 ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor.

(Christian Piwarz, CDU: Es muss erst unser Antrag abgestimmt werden! – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das würde ich auch so sehen.)

Entschuldigung. Wir müssen zunächst natürlich über den Prioritätenantrag abstimmen.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/2010 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. – Stimmenthaltungen? – Wenige Stimmenthaltungen. Damit ist der in der Drucksache 6/2010 vorliegende Prioritätenantrag beschlossen.

Meine Damen und Herren, aber nun kommen wir zum Entschließungsantrag. Er liegt Ihnen in der Drucksache 6/2120 vor und wird für die Fraktion DIE LINKE von Frau Dr. Pinka eingebracht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie die eben durchgeführte Debatte gezeigt hat, sind wir nicht etwa am Ende der Auseinandersetzungen um die Bewertung der Risiken der Freihandelsabkommen für die Menschen in Sachsen angelangt, sondern wir sind offensichtlich noch mittendrin, und ich sage Ihnen, dass die Zeiten einer hierarchisch zugewiesenen Kompetenzverteilung von oben nach unten – also von der EU über Deutschland in die Bundesländer – einfach vorbei sind, wenn es darum geht, Besorgnisse und Bedenken der Menschen auf der lokalen und regionalen Ebene ernst zu nehmen.

Die Menschen in Sachsen sind es einfach leid, mit ihren Positionen und Interessen gerade zu solchen umstrittenen Themen wie Freihandelsabkommen über ihre gewählten Vertreter und die Staatsregierung Sachsens nicht direkt und nachhaltig bis zu den Entscheidungsebenen in der EU vordringen zu können. Die Menschen wollen sich stärker einbringen, und um dies sachlich und kompetent tun zu können, brauchen sie Informationen, und zwar nicht der Art, über welchen Link sie bei der EU irgendwelche Dokumente herunterladen können, sondern zu den möglichen konkreten Risiken, welche die in der Diskussion stehenden Freihandelsabkommen für Sachsen haben. Diesen regionalen Blick kann niemand außerhalb Sachsens entwickeln. Aber diese wichtige regionale Schaltstelle im Informationsfluss und in der Kommunikation wird derzeit – das haben die Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage gezeigt – nur unzureichend bedient.

Der Entschließungsantrag richtet sich deshalb hauptsächlich darauf, die Staatsregierung zu bewegen, ihre – um es höflich auszudrücken – Zurückhaltung in einer aktiven Mitgestaltung dieses Diskurses für Sachsen und mit Sachsen aufzugeben und mit einer eigenständigen Informationspolitik und einer Politik der transparenten und demokratischen Einbeziehung die Debatte zu versachlichen und eine direkte Einbeziehung der Zivilgesellschaft in Sachsen zu befördern.

Ich frage mich nämlich schon, wie sich die Staatsregierung eigentlich ein Bild von den Sorgen und Vorbehalten der Menschen zu TTIP machen will, wenn sie selbst feststellt – ich zitiere –: „Gemeinden, Städte und Landkreise im Freistaat Sachsen wurden bisher nicht in die Meinungsbildungsprozesse der Staatsregierung einbezogen oder über diese informiert.“

Fragen zur Bedeutung des Freihandelsabkommens müssen insgesamt tabulos und offen geführt werden. Es muss doch die prinzipielle Frage möglich sein, inwieweit insbesondere TTIP ein vom Ansatz her langfristig bedrohliches Potenzial enthält, da es eben in Richtung Weltwirtschaft nicht von vornherein auf eine Einbeziehung anderer Länder, sondern auf Ausgrenzung und den Ausbau einer Vormachtstellung des Westens gegenüber dem Rest der Welt gerichtet ist. Denken wir nur an ein mögliches Freihandelsabkommen mit Russland. Das Ergebnis wird sein, dass sich Konfrontation und Lagerdenken verschärfen und nicht abbauen werden, und damit nützen am Ende die besten Standards in der EU nichts, wenn es international zu weiteren Konfrontationen kommt. Daher: Versachlichen wir die Debatte! Liefern wir Informationen durch Offenheit und Transparenz! Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Pinka. Nun gibt es weiteren Redebedarf. Herr Kollege Schiemann, gleich vom Mikrofon aus oder wollen Sie nach vorn kommen? – Mikrofon 5.

Werter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben als Koalition, denke ich, zum Ausdruck gebracht, dass die sehr offene und kritische Diskussion in den letzten Stunden im Europaparlament, aber auch die Diskussion, die viele Initiativen, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften in den letzten zwei Jahren geführt haben, zur Verbesserung der Transparenz und der Demokratiefähigkeit dieses Abkommens beitragen kann.

Wir wissen nicht das weitere Ergebnis. Das müssen wir abwarten, und wir setzen jetzt darauf, dass die Bundesregierung, die für uns weiter die entsprechenden Verhandlungen führt, auch die Kompetenz vertreten wird, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden und damit den Freistaat Sachsen ebenfalls entsprechend zu vertreten.

Wir haben hier eine sehr offene Diskussion geführt, und ich denke, für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dulig noch einmal in einer sehr offenen Form wiedergegeben, was wir an kritischen, aber auch an als Chancen angesehenen Punkten bewerten. Ich weise zurück, dass wir mit diesem Antrag zu einer Qualitätsverbesserung im Verfahren beitragen. Für uns ist es wichtig, dass es zu einem gemischten Abkommen kommt. Dies ist die Grundlage dafür, dass auch der Freistaat Sachsen eine Chance hat, im Bundesrat seine Mitwirkungsrechte wahrzunehmen und Entscheidungen mit herbeizuführen. Das ist für uns strategisch wichtig. Aus diesem Grund werden wir diesen Entschließungsantrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schiemann. Gibt es noch Redebedarf? – Herr Dr. Lippold, bitte; Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Fraktion DIE LINKE! Was Sie zur Art und Weise der Beantwortung Ihrer Großen Anfrage durch die Staatsregierung schreiben, trifft sich in einigen Punkten durchaus mit unseren Erfahrungen, die wir mit unseren parlamentarischen Fragerechten gemacht haben und sicher weiter machen, und es steht Ihnen unbestritten zu, bei der Antwort auf diese Große Anfrage Nachbesserungen zu verlangen und zu konkretisieren.

Allerdings wollen Sie in diesem vor einer Stunde ausgeteilten Entschließungsantrag eben auch gleich so grundsätzliche Fragen wie die eines richtigen Wirtschaftens und eines alten Denkens in einer globalisierten Weltwirtschaft mit abräumen. Auch wir diskutieren intensiv über nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten in Wirtschaft, Gesellschaft und Welthandel. Das ist eine durchaus sehr komplexe Debatte, selbst innerhalb einer Partei; und von einem gesellschaftlichen Konsens sind wir umso weiter entfernt. Wir brauchen diese Debatte, wir brauchen sie aber gründlich und fundiert; und das ist mit Sicherheit nicht gegeben, wenn Sie versuchen, so etwas im Vorbeigehen in einem vor einer Stunde ausgeteilten Entschließungsantrag zu machen. Deshalb müssen wir uns an dieser Stelle enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Lippold. Herr Kollege Scheel, Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte nur noch einmal – –

(Christian Piwarz, CDU: Er ist doch schon eingebracht!)

Er ist schon eingebracht?

Ich möchte jetzt keinen Redebeitrag halten, sondern nur einen Antrag stellen –

Das geht nicht, Herr Scheel.

– auf punktweise Abstimmung, um den GRÜNEN die Möglichkeit zu geben, ihre differenzierte Sichtweise auf diesen Antrag zum Ausdruck zu bringen.

Oh, Entschuldigung!

Auch wenn die Entschließungsanträge naturgemäß immer relativ kurzfristig vorliegen, würde ich der Einfachheit halber sagen, dass wir über die römischen Punkte, also I, II und III, getrennt abstimmen.

Gut. Sie beantragen also punktweise Abstimmung, und zwar der römischen Ziffern, Herr Scheel?

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Korrekt, ja!)

Gut, das machen wir. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stelle den in der Drucksache 6/2120 vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE zur Abstimmung. Wer dem Punkt I des Entschließungsantrages seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist Punkt I abgelehnt.

Ich stelle Punkt II des Ihnen vorliegenden Entschließungsantrages zur Abstimmung. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? –

Einige Stimmenthaltungen, damit ist Punkt II ebenfalls abgelehnt.

Ich stelle Punkt III zur Abstimmung. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen, damit ebenfalls abgelehnt.

Meine Damen und Herren, da der vorliegende Entschließungsantrag in allen drei Punkten abgelehnt wurde, erübrigt sich eine Schlussabstimmung. Der Entschließungsantrag mit der Drucksachennummer 6/2120 ist abgelehnt und der Tagesordnungspunkt damit beendet.